Varianten für den Anschluss an der Traufe

Entwässerung direkt in die Regenrinne oder unterhalb der Rinne

Die Traufe ist eines der Schlüsseldetails am Steildach. Normalerweise wird das von der Dachfläche kommende Regenwasser hier direkt in die Regenrinne geleitet. Eine Entwässerung der regensichernden Zusatzmaßnahme unterhalb der Regenrinne kann in vielen Fällen aber eine sinnvolle Alternative sein.

Die Dachentwässerung findet in zwei Ebenen statt. Das oberflächig anfallende Niederschlags- und Schmelzwasser wird von der Regenrinne aufgenommen und abgeleitet. Ei­ne wesentlich geringere, jedoch nicht zu ver­nach­läs­si­gen­de Menge Wasser entsteht auch auf der regensichern­den Zusatzmaßnahme (etwa einer Unterdeckbahn). Über diese zweite Ebene wird das über Deckfugen in der Ziegel- oder Dachsteindeckung ein­ge­drungene Niederschlagswasser und das sich aufgrund bauphysikalischer Prozesse bildende Kondens­wasser zur Traufenkante abgeführt. Während das Wasser von der Bedachungsoberfläche immer in die Regenrinne abgelei­tet wird, stehen für die Entwässerung der regensichernden Zusatzmaßnahme zwei Wege zur Verfügung:

Variante 1: Die Ableitung erfolgt direkt in die Regenrinne über eine mit einem Rinneneinhangblech versehene keilförmige Traufbohle (siehe Foto rechts).

Variante 2: Die Ableitung erfolgt unterhalb der Regenrinne über ein Tropfblech. Das Tropfblech kann auf der Traufschalung oder auf einer auf den Sparrenenden eingelassenen Traufbohle ange­bracht werden.

Variante 1: Entwässerung in die Regenrinne

Bei der Entwässerung von der Unterdeckbahn direkt in die Regen­rinne werden Regen- und Kondenswasser unmittelbar und gemeinsam abgeleitet. Das Ende der Unterdeckbahn liegt da­bei auf dem Rinneneinhangblech. An diesem Punkt muss für einen ausreichenden Lüftungsquerschnitt ge­sorgt werden. Der freie Querschnitt, der sich aus der Pro­filierung von Dachziegeln/Dachsteinen ergibt, reicht hier in der Regel nicht aus, sodass zusätzlich Traufenzu­luft-Elemente eingebaut werden müssen. Ist eine belüftete Dachkonstruktion vorgesehen, können die für die zweite Lüftungsebene erforderlichen Zuluft­öffnun­gen optisch unauffällig hinter der Regenrinne eingeplant werden.

Die Lüftungsquerschnitte für belüftete Dächer werden nach DIN 4108:2018-10 „Wärmeschutz und Energie-Ein­sparung in Gebäuden - Teil 3: Klimabedingter Feuchte­schutz, Abs. 5.3.3 Dächer“ dimensioniert. Demnach muss der freie Lüftungsquerschnitt an der Traufe mindestens zwei Prozent der zugehörigen Dachfläche betragen, mindestens jedoch 200 cm²/m Traufe.

Schnee in der Rinne kann Entwässerung behindern

Im Winter kann sich diese Konstruktion jedoch auch als nachteilig erweisen. Schnee, der sich in der Regenrinne anhäuft, kann sowohl die Dachentwässerung behindern als auch die Entwässerung der Unterdeckbahn. Der da­durch verursachte Rückstau kann zu Feuchteeinträgen in die Dachkonstruktion führen, wenn anstauendes Wasser über Löcher von Nägeln oder Tackerklammern eindringt. Zusätzlich können sich unter der Dachdeckung Eisschanzen bilden. Gleichzeitig behindert der Schnee auch die Unterlüftung der Dachdeckung, was zusätzliche Tauwasserbildung zur Folge haben kann. Auch bei flach geneigten Dächern zeigen sich Nachteile: Die Keilbohle kann hier zur Wassersackbildung führen, die eine geregelte Wasserableitung behindert. Es ist also schon im Vorfeld zu prüfen, ob die Verwendung einer Keilbohle mit der am Objekt vorhandenen oder geplanten Dachneigung kompatibel ist.

Variante 2: Entwässerung unterhalb der Regenrinne

In vielen Fällen ist Variante zwei eine Alternative. Die Entwässerung der regensichernden Zusatz­maßnahme erfolgt hier unterhalb der Regenrinne über ein am Sparrenende montiertes Tropfblech. Darauf folgen dann die Konterlattung und die Traufbohle zur Montage der Regenrinne. Die Unterdeckbahn ent­wässert also nicht in die Regenrinne, sondern das abgeleitete Nie­derschlagswasser tropft unterhalb am Tropfblech ab. Da die Unterdeckbahn bei dieser Konstruktion flach bis zum Sparrenende geführt wird, ist eine Wassersackbildung aus­geschlossen. Auch Schnee kann den Wasserablauf nicht behindern, da er sich ja „eine Etage höher“ in der Regenrinne sammelt. Schnee, der in die Konter­latten­ebene eingeblasen wird, kann auch über das Tropfblech herausrieseln, soweit das nicht durch ein Insektenschutzgitter eingeschränkt wird.

Abtropfendes Wasser kein Hinweis auf Undichtigkeit

Bei dieser Ausführung ist es angebracht, den Auf­traggeber im Vorfeld darüber zu informieren, dass es normal ist, wenn über das Tropfblech Wasser abtropft. Als nützlicher Nebeneffekt ergibt sich dabei auch eine Art „Frühwarnsystem“: Wenn in Teilbereichen regelmäßig bei oder kurz nach Regenfällen deutlich höhere Mengen Wasser als üblich ab­tropfen, sollte man die Dachdeckung auf mög­liche Ober­flä­chenschäden überprüfen, bevor es zu einem nennens­werten Schaden in der Konstruktion kommen kann.

Nicht geeignet bei „wasserdichten Unterdächern“

Bei „wasserdichten Unterdächern“ ist Variante 2 der Traufenausbildung allerdings ungeeignet, da in diesem Fall die regensichernde Zusatzmaßnahme die eigentliche was­ser­führende Ebene darstellt. Es ist also damit zu rechnen, dass große Mengen an Regenwasser unterhalb der planmäßigen Dachentwässerung abgeführt werden. Hier ist die regensichernde Zusatzmaßnahme zwingend direkt in die Regenrinne zu entwässern. Aufgrund der geringen Dachneigung wird dabei die Traufbohle flächen­bündig mit der Schalungsebene montiert und die Dach­rin­nenhalter eingelassen, um eine behinderungsfreie Dach­entwässerung realisieren zu können.

Abstand zwischen Rinne und Deckungsvorderkante

Konstruktiv ergibt sich daraus eine Vergrößerung des ver­tikalen Abstandes zwischen der Deckungsoberkante und der Rinne. Bei extremen Regenfällen kann das dazu füh­ren, dass das auf der Dachdeckung ablaufende Nieder­schlagswasser über die Regenrinne hinwegschießt. Das lässt sich durch eine Vergrößerung des horizontalen Ab­standes der Rinne zur Deckungsvorderkante kompen­sieren (siehe Bild rechts). Das Rinneneinhangblech muss in die­sem Fall größer dimensioniert werden, damit das Wasser vom Deckwerkstoff über das Traufblech hinweg sicher in die Dachrinne eingeleitet werden kann. Wie weit der Deckwerkstoff das Traufblech überdecken muss, ist ab­hängig von der Dachneigung und wird in den Fachregeln für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk beschrieben:

Dachneigung > 22° mindestens 100 mm,
Dachneigung ≥ 15° bis ≤ 22° mindestens 150 mm,
Dachneigung < 15° mindestens 200 mm.

Fazit – zwei Ausführungsvarianten

Bei der Traufenausbildung wärmegedämmter Dachkon­struk­­tionen mit regensichernder Zusatzmaßnahme gibt es zwei mögliche Ausführungsvarianten für die Ent­wässe­rung der Zusatzmaßnahme. Beide Varianten sind praxiserprobt und, bei Einhaltung der Fachregeln und der Verarbei­tungs­richtlinien der Material­hersteller, handwerksgerecht und gewährleistungssicher.

Autor

Arne Witzke ist Dachdeckermeister und Anwendungstechniker bei der Dörken GmbH & Co. KG in Herdecke.

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