Sanierung mit Bodengutachten und Schraubfundamenten

Ein in Bad Wörishofen errichtetes Haus auf Schraubfundamenten sollte nicht lange standfest bleiben. Etwa ein halbes Jahr nach dem Bau stellte man Setzungen am Gebäude fest. Der Zimmereibetrieb sanierte das Haus mit einer tieferen Gründung der Schraubpfähle, die nun vier Meter in den Boden reichen.

„Die Insektentschutztür klemmt!“ Mit dieser kleinen Information über das im Frühjahr 2018 gebaute „Austragshaus“ im Park des Marienbad-Hotels in Bad Wörishofen wurde das Team der Firma Staudenschreiner im Februar 2019 zu dem Haus geschickt, um nach der Ursache zu forschen (über den Bau des Hauses in Brettsperrholzbauweise haben wir ausführlich in der Ausgabe 8.2018 berichtet). Doch es sollte nicht nur die Insektenschutztür sein, die klemmt – der Schaden und damit die Herausforderungen waren beträchtlicher. Der komplette Bau, der auf 29 Schraubfundamenten ruht (Hersteller: Züblin, „MGA“ 1400 mm) neigte und senkte sich, an einer Stelle bis zu 10 cm. Die veranlassten Bodenuntersuchungen (u.a. mit Rammsonden) ergaben, dass sich im Untergrund – der aus verschiedenen Geröll- und Lehmschichten besteht – in einer Tiefe von 1 bis 2 Metern nur wenig tragfähiger Baugrund befand. Erst ab etwa zwei Metern Tiefe liegen Schichten vor, die größere Lasten aufnehmen können.

Sanierung durch Bodengutachten gestützt

„Wir mussten sofort reagieren und haben auch reagiert“, berichtet Günther Wolff, Geschäftsführer der Staudenschreiner Holzbau GmbH. Bauarbeiten im Untergrund dürfen in Bad Wörishofen nur bis Ende April durchgeführt werden. Mit Hilfe eines Bodengutachters konnte die Bodenbeschaffenheit geprüft und mögliche Alternativen sondiert werden. Erd- und Betonarbeiten unter dem Haus schieden aufgrund der notwendigen Gründungstiefe und des Zeitbedarfs aus. Ergänzend wurde der beratende Ingenieur Peter Mayer hinzugezogen und um seine Empfehlungen gebeten. Im Dialog mit Günther Wolff stellt sich als optimale Lösung das Einbringen neuer seitlicher Schraubfundamente heraus. Auf diesen neuen Fundamenten sollte der Trägerrost der Bodenplatte mittels Konsolen auflagern. Diese Lösung nutzte die verfügbare freie Zugänglichkeit des Fundaments und die Möglichkeit des Holzbaus, statische Ergänzungen an den Randträgern vorzunehmen.

Zunächst wurden daraufhin die Bohlen der Terrasse, die rundherum um das Haus läuft, entfernt. Damit lagen die eigentliche Bodenplatte und auch die alten Schraubfundamente frei. Mit Unterleghölzern und darauf positionierten Wagenhebern und Hebekissen konnte die Bodenplatte wieder in die Ausgangsposition und ins Lot gesetzt werden. „Zwischen dem Untergrund und der Bodenplatte war nur 25 cm Platz, wir mussten drunterkriechen, um bei den alten Schraubfundamenten entweder die Verbindung zu lösen oder abzuflexen“, erzählt Günther Wolff. „Das war eine Heidenarbeit!“

Neue, längere Schraubfundamente

Unterdessen wurden vom Stahlbauer spezielle „Stahlkonsolen“ gefertigt, die die Verbindung zwischen ­Bodenplatte und den neuen Schraubfundamenten herstellt. Für das Eindrehen der neuen, längeren Schraubfundamente wurde die Firma Höngberger aus Vilshofen beauftragt. Diese arbeitet für die Deutsche Fundamentbaugesellschaft, die mit einem Netzwerk an Montagebetrieben deutschlandweit den Einbau von Schraubfundamenten vornimmt. Der Geschäftsführer der Deutschen Fundamentbaugesellschaft, Johann Dirscherl, empfahl für die neuen Schrauben eine Fundamenteinbautiefe von 3,20 m. „Damit sind wir dann in eine Tiefe vorgestoßen, in der die Schrauben die benötigte vertikale Kraftaufnahme von 93 kN pro Stück erreichen“, erklärt Günther Wolff.

Die Konsolen sind über die gesamte Breite der Bodenplatte mit Gewindestangen verbunden, so dass sie die entstehenden Horizontalkräfte aufnehmen können. Zusätzlich ist unter der Bodenplatte eine Stahlplatte eingesetzt, die das Durchbiegen der Bodenplatte verhindert. Die Bauweise des einstöckigen Einfamilienhauses aus Brettsperrholz habe die Sanierung relativ einfach gemacht, sagt Günther Wolff. „Das Gebäude verhält sich wie ein steifer Kubus, ist extrem stabil und verwindungssteif“, sagt der  erfahrene Handwerker, „mit einer Holzrahmenkonstruktion hätte es sicherlich mehr Probleme gegeben“. Die Tragfähigkeit der neuen Schraubfundamente wurde mit einem Widerstandsmessgerät überwacht, das die sogenannte Mantelreibung, also den Widerstand zwischen Schraube und Erdreich mit einer LED-Anzeige anzeigt. „Die 3,20 m langen Schrauben haben sich hier als tragfähig erwiesen“, sagt Wolff.

Nur noch mit Bodengutachten

Die Sanierung war aufwendig, aber sie glückte. Im Gespräch zeigte sich Günther Wolff dankbar, dass alles gut gegangen ist und er mit seinem tollen Team die Schwierigkeiten meistern durfte und gleichzeitig viel Erfahrungen sammelte. Allerdings hätte er sich gewünscht, dass die Fa. Züblin Timber, der Hersteller der ursprünglichen Schraubfundamente, mit in die Sanierungsverantwortung geht.

Von Züblin Timber kam für das Bauvorhaben die Empfehlung mit 21 Schraubfundamenten á 1,40 m Länge zu arbeiten. Die Berechnung kam aufgrund der entsprechenden Angaben für das Bauvorhaben. Das Baugrundstück war ein Wiesengrundstück. „Es gab für uns keinerlei Anzeichen, dass der Untergrund nicht tragfähig ist“, sagt Günther Wolff. Der Radbagger, der den Humus abgetragen hatte, sei nicht eingesunken, es sei ein – auf den ersten Blick – völlig normaler lehmiger Untergrund, wie er im Voralpenland überall anstehen würde, so Wolff, auch der Fachberater hätte den Untergrund gesehen.

Helmut Rehm, Fachberater von Züblin Timber, schildert den Fall aus seiner Sicht folgendermaßen: „Die Anzahl der Fundamente ergibt sich aus der Lastaufnahme bei tragfähigem Untergrund.“ Den Untergrund hätte Günther Wolff allerdings untersuchen lassen müssen, um seiner Verantwortung als Bauausführender gerecht zu werden, so Rehm. „Dass der Boden nachgibt kann auch bei einem Betonfundament passieren“, argumentiert der Fachberater. „Ich trage die bauliche Verantwortung, aber ich arbeite auch schon lange mit dieser Firma zusammen“, sagt Günther Wolff, „da gibt es ein Vertrauensverhältnis!“ Das bestätigt auch Helmut Rehm, dem ebenso an einer weiteren „guten Zusammenarbeit“ gelegen ist. Am Ende haben nun alle aus dem Sanierungsfall gelernt, zudem wurde auch eine finanzielle Einigung erzielt. „Wir werden in Zukunft noch stärker darauf hinweisen, dass ein Bodengutachten unbedingt erforderlich ist“, sagt Helmut Rehm. Günter Wolff bestätigt, dass er in Zukunft auf jeden Fall ein Bodengutachten bestellen wird, wenn es um den Einsatz von Schraubfundamenten geht. Gelernt hat er bei dem Projekt aber auch, dass ein Bodengutachten nur eine Empfehlung sein kann. „Wichtig ist der Einschraubwiderstand, der erst beim Setzen der Fundamente in der Maschine angezeigt wird“, sagt Wolff.

Autor

Rüdiger Sinn ist Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Bautafel (Auswahl)

Bauprojekt Sanierung Austragshaus Auer, Bad Wörishofen

Bodengutachten /Baugrunderkundung Dr. Christian Schön, 86150 Augsburg

Sanierungsbeauftragter Dipl.-Ing. (FH) Peter Mayer, Beratender Ingenieur der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau, 86830 Schwabmünchen

Schraubfundamente Deutsche Fundamentbaugesellschaft, 93413 Cham, www.schraub-pfahl-fundament.de

Sanierungsbetrieb Staudenschreiner Holzbau GmbH, 86830 Schwabmünchen, www.staudenschreiner.de

Partnerbetrieb (Schraubfundamente) Alois Höngberger – Zimmerei / Holzbau, 94474 Vilshofen/Sandbach, www.zimmerei-hoengberger.de

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