Gewachsene Entwässerung

Die Firma Grauthoff ist seit ihrer Gründung im Jahre 1956 über Generationen hinweg gewachsen. Heute umfasst das Werk in Rietberg-Mastholte 31 Hallen. Die Entwässerung der mittlerweile gut 37 600 m² umfassenden Flachdachflächen wurde ebenfalls Stück für Stück erweitert und sollte nun saniert werden.

Wie saniert man die Entwässerung eines Ensembles von Bestandsgebäuden, wenn über den alten Grundleitungen Maschinen, Produktionsanlagen oder ganze Bauwerke stehen? Diese Frage stellte sich bei der Sanierung der bis zu 70 Jahre alten Flachdachentwässerung der Grauthoff Türengruppe GmbH. Durch stetige Anbauten und Hallenneubauten war der Werkskomplex des Unternehmens in Rietberg auf eine Fläche von 202 m Breite und 216 m Länge gewachsen. Die Entwässerungskanäle und Grundleitungen des Komplexes waren nicht nur in die Jahre gekommen und schlecht zugänglich, sondern auch zu klein für die heute am Standort zu erwartenden Regenmengen.

Das Werk der Grauthoff Türengruppe GmbH in Rietberg wurde im Laufe der Jahrzehnte erweitert, nun musste die Dachentwässerung saniert werden
Foto: Sita Bauelemente GmbH

Das Werk der Grauthoff Türengruppe GmbH in Rietberg wurde im Laufe der Jahrzehnte erweitert, nun musste die Dachentwässerung saniert werden
Foto: Sita Bauelemente GmbH
Die geplante Sanierung sollte Stück für Stück erfolgen, ohne die Arbeiten im Werk zu stören. „Es war nicht möglich, im laufenden Betrieb Erdarbeiten für neue Grundleitungen im Gebäude auszuführen. Der Stillstand von Maschinen wäre die Folge gewesen und musste auf jeden Fall vermieden werden“, erklärt Dietmar Holtkemper, Geschäftsführer der Grauthoff Holding GmbH. Mit Sonderlösungen, viel Detailarbeit und etwas Kreativität konnte eine Alternative für die Sanierung während des Betriebs gefunden werden, die auch in Zukunft die sichere Entwässerung des Gebäudekomplexes ermöglicht.

Umleitung auf die Notentwässerung

Für das Grauthoff-Werk in Rietberg-Mastholte ist ein Berechnungsregen r (5,5) von 347 l/s x ha und ein Jahrhundertregen r (5,100) von 687 l/s x ha angesetzt. Eine Ertüchtigung und Leistungssteigerung der Hauptentwässerung stieß aufgrund der Faktenlage schnell an ihre Grenzen und reichte als alleinige Maßnahme nicht aus. Gelöst wurde das Problem, indem ein Teil der Regenspende aus der Hauptentwässerung auf die Notentwässerung umgeleitet wurde. Diese musste ohnehin nachgerüstet werden, da sie heute in der DIN 1986-100 gefordert wird.

Von oben führt die Hauptentwässerung in die Sammelleitung der Notentwässerung. Elektroschweißmuffen sichern jede Richtungs­änderung
Foto: Sita Bauelemente GmbH

Von oben führt die Hauptentwässerung in die Sammelleitung der Notentwässerung. Elektroschweißmuffen sichern jede Richtungs­änderung
Foto: Sita Bauelemente GmbH
Die Hauptentwässerung übernehmen in der aktuellen Ausbaustufe 39 „Sita DSS Profi Gullys“ mit „Airstop“. Mit einem Durchmesser von DN 75 führen sie 564 l/s ab. Allerdings werden von dieser Wasserlast nur 150 l/s x ha über die bestehende Hauptentwässerung abgeleitet – mehr schaffen die alten, zu klein dimen-sionierten Grundleitungen nicht. Die Differenz zur aktuellen Regenspende wurde der Notentwässerung beaufschlagt, was zur Folge hat, dass diese häufiger anläuft. Bei der Entwässerung der Dachflächen des Grauthoff-Werks in Rietberg hat es oberste Priorität, das Wasser von dem weitläufigen Hallendach zu schaffen, ehe es zu einer statischen Last wird. Nicht nur die nachweislich gestiegenen regelmäßigen Regenmengen müssen von der Entwässerung bewältigt werden, sondern vor allem die sturzflutartigen Starkregenereignisse, bei denen in Sekundenschnelle extreme Wasserlasten auflaufen. In einem Worst-case-Szenario bei Starkregen für den Grauthoff-Hallenkomplex muss man bei den 37 600 m² Flachdachfläche mit 2583 l/s rechnen, das entspricht einer Wassermenge von etwa 18 Badewannenfüllungen.

Die Auslegung einer leistungsfähigen Notentwässerung bot sich auch als wirtschaftliche Alternative zum Ausbau des Grundleitungsnetzes an. Für die Notentwässerung sind jetzt zusätzlich 162 „Sita DSS Profi Gullys DN 75“ mit „Sita More“-Anstauelement im Einsatz. Sie schaffen eine Wassermenge von 2019 l/s vom Dach. Ausgestattet mit Anschlussmanschetten aus der jeweiligen Bitumen-Dachbahn konnten die Dachgullys einfach an die Dachflächen angeschlossen werden.

Kreativ an der Wand entlang

Da die Rohre nicht in allen Hallen an der Decke befestigt werden konnten, mussten Wandbe­festigungen teils individuell angefertigt werden
Foto: Sita Bauelemente GmbH

Da die Rohre nicht in allen Hallen an der Decke befestigt werden konnten, mussten Wandbe­festigungen teils individuell angefertigt werden
Foto: Sita Bauelemente GmbH
Weil Erdarbeiten für die Erstellung neuer Grundleitungen aufgrund der daraus resultierenden Störung des laufenden Betriebs keine Option waren, musste eine andere Lösung gefunden werden. Das „Sita Pipe“-Druckströmungssystem eignet sich als Entwässerungssystem für Werkshallen und passte auch für dieses Objekt, da die Rohre parallel zur Hallendecke verlegt werden, kein Gefälle notwendig ist und keine senkrechten Fallleitungen dem Werksbetrieb im Weg stehen. Laut Dachdeckermeister Thorsten Ackermann vom ausführenden Unternehmen Ackermann Bedachungen bestand eines der Probleme in den innenliegenden Hallen darin, das Wasser nach außen zu leiten. Es mussten Konstruktionen gebaut werden, die die Rohrleitungen aufnehmen konnten – Hilfskonstruktionen aus Stahl, die wiederum das Sita-Schienensystem für die Rohrbefestigung aufnehmen konnten. Normalerweise werden die PE-Entwässerungsrohre des „Sita Pipe“-Systems von der Decke abgehängt. Dies verbot sich bei der Entwässerungssanierung der alten Hallen mit Leimbinder-Koppelpfettenkonstruktionen aber aus statischen Gründen. Daher wurde ein deckennahes Montagesystem auf Höhe der Hallendecken parallel an den Wänden befestigt. Das spezielle Wandbefestigungssystem entstand in Zusammenarbeit mit der Firma Müpro, die auch die statistische Berechnung dafür lieferte. Die höhenverstellbare Konstruktion wurde dann mit dem ­„Sita Pipe“-Befestigungssystem kombiniert.

Die große Herausforderung war immer wieder die Sanierung im Bestand. Da der Betrieb nicht gestört werden durfte, musste teilweise auch nachts und an den Wochenenden gearbeitet werden. In manchen Hallen ist es außerdem sehr eng, und dadurch, dass die ganze Konstruktion tiefer an der Wand verlegt wurde, verlief sie in den Bereichen der Rolltore und anderer Produktionseinheiten.

Die wasserführenden Leitungen mussten so verlegt werden, dass sie dem Rolltor nicht im Wege sind
Foto: Sita Bauelemente GmbH

Die wasserführenden Leitungen mussten so verlegt werden, dass sie dem Rolltor nicht im Wege sind
Foto: Sita Bauelemente GmbH
Die Rohrleitungen mussten deshalb mit Bögen um Maschinen, Hallentore oder Treppen geleitet werden. Das flexible „Sita Pipe“-System erwies sich hierbei als Problemlöser. Am Ende wurden für die Hauptentwässerung etwa 400 m PE-HD-Rohre verlegt, gesichert durch das „Sita DSS Befestigungssystem“. Für die Notentwässerung wurden 3105 m Rohrleitungen verbaut. Der längste Strang ist 158,9 m lang, im Durchschnitt haben die Stränge eine Länge von etwa 70 m.

Aufgrund der vielen Baukörper, der niedrigen Deckenhöhen und der statistischen Gegebenheiten war das Bauvorhaben besonders komplex. Hohe Flexibilität und kreative Lösungen waren gefragt. Durch die nachträgliche Notentwässerung nach DIN ­1986-100 entspricht der Hallenkomplex nun den aktuellen ­Sicherheitsstandards.

Autor

Daniel Fecke ist staatlich geprüfter Versorgungstechniker und Regionaltechniker bei der Sita Bauelemente GmbH.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 02/2023

Entwässerung im Umkehrdach

1 JACKODUR_Umkehrdach_Daemmschicht_02.jpeg

Die Dachabdichtung im Umkehrdach wird durch die aufliegende Dämmung geschützt, etwa vor UV-Strahlung, was den Alterungsprozess der Abdichtung verlangsamt. Ein Umkehrdach kann als genutzte...

mehr
Ausgabe 07/2025

Neubau mit verdeckter Entwässerung

Neubau einer Villa in Köln-Rodenkirchen mit Kupferschindeln an der Fassade und verdeckt installierter Haupt- und Notentwässerung

Der Neubau in Köln-Rodenkirchen zeigt auf den ersten Blick, dass der Bauherr fernab von Standards denkt. Die Villa besteht aus einem hohen, kupferverkleideten Kubus, der in einem etwas niedriger...

mehr
Ausgabe 02/2025

Fachwissen zur Flachdachentwässerung

„Sita Fibel“ in der dritten Ausgabe verfügt über ein neues Gliederungskonzept

Bei der Flachdachentwässerung gibt es eine Flut von Bestimmungen, Normen und Regelwerken zu beachten – Vorgaben, die über viele Informationskompendien verteilt sind. Um Praktikern und Planern das...

mehr
Ausgabe 03/2019

Sita-Fibel für die Flachdachentwässerung

Rund um die Flachdachentwässerung gibt es viele Bestimmungen, Normen und Regelwerke, die über viele Informationskompendien verteilt sind. Um Praktikern und Planern das Zusammensuchen zu ersparen,...

mehr

Dachentwässerung für Umkehr-Retentionsdächer

Systemlösung von Sita aus drei Entwässerungsbauteilen

Kürzlich diskutierte ein Fachkreis des Bundesverbands Gebäudegrün e.V. (BuGG) das Thema begrüntes Umkehrdach, bei dem die Regenentwässerung eine zentrale Rolle spielt. Die Ergebnisse dieser...

mehr