Ein Haus auf 30 Stützen

Bernhard und Evelyn Auer betreiben das Marienbad-Hotel in Bad Wörishofen in Bayern. Ein Kurhotel mit parkähnlichem Garten und altem Baumbestand. Das Wellness-Hotel bietet Kneippkuren, ein Hallenbad und eine Sauna. Entspannen kann man sich auf der Liegewiese, im Kurpark und letztlich bietet die Umgebung des bayerischen Kurortes alle Möglichkeiten der Erholung an.
In Kürze wird das Hotel an die Tochter, also die nächste Generation, übergeben. In diesem Zuge planten Evelyn und Bernhard Auer ein sogenanntes Austragshaus, also einen Rückzugsort, wie er früher Gang und Gäbe war und für die Alten die Möglichkeit bietet, nah am Ort zu sein und doch weg von der trubeligen Geschäftigkeit.
Das Austragshaus sollte auf dem rund 8000 m2 großen Grundstück errichtet werden. Aufgrund der Lage und des alten Baumbestandes hatte die Gemeinde ein Wörtchen mitzureden. Sie befürchteten durch den Neubau, der zwischen den alten Bäumen eingebettet werden sollte, dass die Bäume in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.
Fundamente könnten Bäume schädigen
Nicht nur beim Entwurf für das Haus mit einer Wohnfläche von rund 78 m2 konnte die Zimmerei Staudenschreiner aus Schwabmünchen punkten, sondern Geschäftsführer Günther Wolff hatte auch für die Bedenken der Gemeinde Verständnis und gleich eine Lösung parat. Die Zimmerei ist auf ökologischen Holzbau spezialisiert, Betonfundamente sind seit jeher – wegen der schlechten Energiebilanz – ein Dorn im Auge des Holzhausbauers. So ist der 59-jährige auch immer auf der Suche nach neuen Lösungen. In diesem Fall schlug der Experte für den lehmigen Untergrund mit recht hohem Grundwasserstand Schraubfundamente vor. Verbaut hatte die Firma solche Fundamente zuvor noch nie, es sollte also eine Premiere werden.
Zügiger Baufortschritt
Bodenplatte, Dach und Wand mit Zellulose gedämmt
Auf das Fundament aus Schrauben wurde dann die Unterkonstruktion für die Bodenplatte gesetzt. Zunächst wurden 16 x 20 cm Lärchenholzschwellen (BSH) aufgebracht und mit den Tellern der Schraubfundamente verschraubt. Eine zementgebundene Faserplatte („H20 Powerpanel“ von Fermacell, 12,5 mm) bildet die Unterseite der Bodenplatte, darauf wurden in der Vorfertigung TJI-Träger („Finnjoist TJI-89“-Träger von Metsäwood) montiert, um einen 360 mm Dämmraum für die Gefache zu bilden.
Umgedrehte Montage
Zur Montage wurden zunächst die TJI-Träger auf den Schwellen positioniert und mit der „H2O-Powerpanel“ verschraubt. Danach wurden mit Hilfe des Baggers (ein Kran war auf der Baustelle nicht vorhanden) die Bodenelemente umgedreht, positioniert und miteinander verschraubt.
Nun wurden von den Handwerkern sämtliche Installationen in die Bodenplatte eingebracht, danach konnte die Oberseite mit OSB-Platten verschraubt und mit Zellulosedämmstoff gedämmt werden.
Der Rohbau nahm etwa eine Woche in Anspruch, die
Alles aus einer Hand
Das Haus hat große Fensteröffnungen nach Süden, ein Raffstore ist für die Verschattung zuständig. Ein bereits vorhandener kleiner Teich ist in unmittelbarer Nähe der Terrasse und sorgt für die Wohlfühlatmos-phäre. Der große Baumbestand mit Linden und Eschen sorgt automatisch für einen sommerlichen Hitzeschutz.
Auch den Innenausbau hat die Firma Staudenschreiner komplett übernommen. Verlegt wurde Esche als Fußboden, eine Wand- beziehungsweise Fußbodenheizung und ein Holzofen mit Wassertasche runden das Energiekonzept ab. Der 800 Liter Solarspeicher wird von einem Scheitholzofen mit Wassertasche gespeist. „Dem Kunden war es wichtig, alles aus einer Hand zu bekommen“, sagt Günther Wolff.
Schraubfundamente mit vielen Vorteilen
Das erste Bauvorhaben mit Schraubfundamenten ist Günther Wolff damit geglückt und eine gute Referenz für weitere. Wolff würde diese Methode jederzeit wieder anwenden. „Das System ist sehr einfach und hat sich vor allem bei lehmigem Untergrund bewährt. Im grobkörnigen Kies dagegen sind die Auszugswerte schlechter. Hier verdrängt die Schraube den Kies und der Boden lockert sich, die Schraube hält nicht so gut“, berichtet der Handwerker über seine Erfahrungen. Bei geeignetem Standort und Untergrund sind Schraubfundamente also auf jeden Fall eine Alternative zu Beton. Nicht nur aus gesamtenergetischen Gesichtspunkten ist ein Schraubfundament Streifenfundamente sogar überlegen: Der logistische Aufwand reduziert sich, unmittelbar nach der Einbringung kann weitergebaut werden, die Eingriffe in die Natur sind geringer und es wird kein Boden versiegelt. Und nach Ablauf der Nutzungsdauer eines Objektes sind die Fundamente zu 100 Prozent wiederverwendbar. Gute Argumente also, um mit dieser Art von Fundamenten zu arbeiten.
AutorRüdiger Sinn ist Redakteur der Zeitschrift dach + holzbau.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Austraghaus in Bad Wörishofen,
Hotel Marienbad
Bauherrengemeinschaft Evelyn und Bernhard Auer, 86825 Bad Wörishofen
Grundfläche 102 m2
Wohnfläche 78 m2
Baukosten 280 000 Euro (schlüsselfertig)
Bauzeit 1. März bis Ende Mai 2018
GU Staudenschreiner Holzbau GmbH, 86830 Schwabmünchen, www.staudenschreiner.de
Herstellerindex (Auswahl)
Schraubfundamente „MGA Fundament“ 114 x 1400 mm, Züblin Timber Aichach GmbH, 86551 Aichach, www.zueblin-timber.com
TJI-Träger „Finnjoist TJI-89“-Träger von Metsä Wood, Metsä Wood Deutschland GmbH, 28237 Bremen, www.metsawood.com/de
Bodenplatte Holzrahmenkonstruktion mit TJI-Trägern und wasserfester „H20 Powerpanel“ (Abdichtung zum Boden), Fermacell GmbH, 47259 Duisburg,
Zellulose-Dämmung Isocell GmbH,
A-5202 Neumarkt am Wallersee, www.isocell.com