Der Elektro-Transporter „eVito“ im Praxistest

Der „eVito“ von Mercedes-Benz gilt als Luxusliner unter den Elektrotransportern. Das Fahrzeug ist eine Weiterentwicklung der Verbrenner-Modelle aus der „Vito“-Reihe. Aufgrund seiner Reichweite ist der „eVito“ insbesondere für den lokalen Einsatz gut geeignet. Unser Autor hat eine Probefahrt mit dem „eVito“ unternommen und berichtet von seinen Eindrücken.

Der „eVito“ von Mercedes-Benz eignet sich vor allem für Handwerksbetriebe und Serviceeinsätze – selbst wenn unser Testmodell mit schickem Interieur und praktischen Features dem Fahrer eher den Eindruck vermittelt, er lenke eher einen hochwertigeren Kleinbus aus der V-Klasse. Aber egal, ob Kastenwagen mit Blechboden oder Tourer mit Teppichausstattung, der „Vito“ mit Elektroantrieb ist insbesondere für den lokalen Einsatz brauchbar. Das liegt an seiner Reichweite. Vollgeladen hat der „eVito“ laut offizieller Angabe eine Reichweite von 420 km. Seine Dieselbrüder schaffen mehr als das Doppelte.

Wer allerdings den Stromfresser Klimaanlage einschaltet, sollte im Sommer wie im Winter damit rechnen, noch öfter laden zu müssen. Und auch der gründliche Druck aufs Strompedal kostet im Vergleich zum Dieselantrieb überproportional viel Energie. Somit sollte man den flotten Ampelstart mit dem „eVito“ besser sein lassen – obwohl der mit dem 2,5-Tonnen-Geschoss echt Laune macht, weil er 90 Prozent aller Verbrenner stehen lässt. Der „eVito“ hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,5 t. Was die Zuladung im Vergleich zu Verbrennern deutlich reduziert – um mehr als 1,5 t. Die maximale Tourer-Länge beträgt 5,37 m.

Schnellladen in 45 Minuten

Den Ladestecker müssen traditionelle Diesel-Van-Fahrer erst finden, er sitzt vorne links am Fahrzeug Den Ladestecker müssen traditionelle Diesel-Van-Fahrer erst finden, denn er sitzt vorne links am Fahrzeug
Foto: Michael Sudahl

Den Ladestecker müssen traditionelle Diesel-Van-Fahrer erst finden, denn er sitzt vorne links am Fahrzeug
Foto: Michael Sudahl
Wo die Dieselvariante des „Vito“ den Tankstutzen hat, an der B-Säule, hat auch der „eVito“ die markante Klappe, die sich nur öffnen lässt, wenn die Fahrertür offensteht. Dahinter ist allerdings: nichts mehr. Dieses ungeschickte Detail verrät, dass der Stromer eine Weiterentwicklung der Verbrenner-Modelle ist. Eine andere Klappe ist vorne links, dort sitzen die Stecker für das Schnell- und Standard-Laden. Schnellladen heißt, in 45 Minuten ist die Batterie an einer Schnellladesäule von zehn auf 80 Prozent gefüllt. Die DC-Ladeleistung liegt bei 110 kW. Der Buchsenplatz an der Fahrzeugvorderseite ist von Vorteil, weil öffentliche Ladesäulen meist am Kopfende der Parkflächen platziert sind. Die Kabelstrecke fällt mit einem Meter zwar extrem kurz aus, wird aber so nicht zur Stolperfalle.

Dass der Tourer wie eine V-Klasse wirkt, ist erstens den Komfortsitzen für Fahrer und Beifahrerin zu verdanken (selbst bei langen Strecken gibt es keine Ermüdungserscheinungen) und zweitens an der Innenverkleidung in „gehobener Ausführung“. Der schwarze Teppich im Fond schluckt viel Schall.

Die Ladefläche, auf der unterschiedliche Sitzvarianten in zwei Reihen möglich sind, kann im Kastenwagen mit Holz- beziehungsweise Kunststoffboden ausgestattet werden Die Ladefläche, auf der unterschiedliche Sitzvarianten in zwei Reihen möglich sind, kann mit Holz- oder Kunststoffboden ausgestattet werden
Foto: Michael Sudahl

Die Ladefläche, auf der unterschiedliche Sitzvarianten in zwei Reihen möglich sind, kann mit Holz- oder Kunststoffboden ausgestattet werden
Foto: Michael Sudahl
Die Ladefläche, auf der unterschiedliche Sitzvarianten in zwei Reihen möglich sind, kann im Kastenwagen mit Holz- beziehungsweise Kunststoffboden ausgestattet werden. Ein Multifunktions-Lederlenkrad und ein digitaler Innenspiegel, der selbst in Tiefgaragen und bei Regen ein scharfes Bild liefert, sowie etliche Ablageflächen und Halter sorgen für eine Wohlfühlatmosphäre – fast wie in einer Limousine. Ein Infotainmentsystem, eine intelligente Leuchtweiten-­Regulierung und die HDR-Kamera in der Heckscheibe mit 180°-Sicht, die ein schärferes Bild liefert als der Fernseher zuhause, lassen Fahrer und Insassen schnell vergessen, dass sie in einem Transporter sitzen. Unterwegs unterstützen 13 Helfersysteme das Fahren. Sie halten Abstand und die Spur, bremsen automatisch in der Stadt, wenn Hindernisse oder querende Fußgänger auftauchen. Sie halten außerdem Abstand zum Vordermann und entlasten bei Autobahnfahrten oder im Stopp-and-Go-Verkehr. Hinzu kommen Müdigkeitswarner sowie Park- und Seitenwind-Assistenten. 

Die Dämpfung reguliert sich an jedem Rad einzeln und reagiert auf Fahrsituation und Straßenzustand, schnell und präzise über zwei getrennte Ventile für die Zug- und Druckrichtung in den Dämpfern. Das Fahren ist dadurch mehr ein Gleiten – und macht Laune. Die Kraft für Schub und Technik kommt von einer Lithium-Ionen-Batterie, die im Unterboden verschraubt ist, was wiederum das Schrauben im Motorraum verbietet. Dort herrscht Hochvolt-Niveau. Wer hier werkeln will, benötigt den passenden Schein mit Stempel. Einen Preis hat der Test-Tourer ebenfalls: Für knapp 89  000 Euro (Bruttoliste) fährt er vom Hof. Das Regalsystem „SR5“ von Fahrzeugausstatter Sortimo kann ab Werk in den Kastenwagen eingebaut werden – wahlweise links oder beidseitig. Zudem lassen sich die Systeme mit Ordnungs- und Schubladenelemente in diversen Größen ausstatten. Eine durchgängige Kompatibilität zu gängigen Werkzeugboxen ist gegeben.

Der "eVito" von Mercedes punktet aufgrund seiner hohen Reichweite in der lokalen Nutzung Der „eVito“ von Mercedes-Benz punktet aufgrund seiner Reichweite vor allem in der lokalen Nutzung
Foto: Michael Sudahl

Der „eVito“ von Mercedes-Benz punktet aufgrund seiner Reichweite vor allem in der lokalen Nutzung
Foto: Michael Sudahl

Aktuell bietet Mercedes-Benz eine besondere Aktion an: Wer bis zum 31. Mai 2024 einen „eVito“ online bestellt oder bei einem Mercedes-Vertriebspartner kauft, erhält dazu wahlweise ein Ladeguthaben in Höhe von 2380 € (Brutto) oder ein Wallbox-Paket mit einer Wallbox, einem Installations-Check für die Wallbox durch einen Elektroinstallateur und einen Zuschuss zur Installation. Mehr Informationen unter www.mercedes-benz.de

Autor

Michael Sudahl ist freier Journalist und bei der Agentur „Der Medienberater Fromm Sudahl“ in Schorndorf tätig.

Schnell-Check

Erster Eindruck: Schick und schnell – Der „eVito Tourer“ ist nah an der V-Klasse dran. Innenraumteppich und gehobene Verkleidungselemente schlucken Fahrgeräusche. Den Ladestecker müssen traditionelle Diesel-Van-Fahrer aber erst finden.

Fahrgefühl: Der „eVito Tourer“ ist kein Transporter. Die Umsicht ist gut, die HDR-Kamera im Heck macht Unfälle fast unmöglich. Luftfederung, Brems- und Seitenwind-Assistent sorgen für Pkw-Fahrkomfort.

Öko-Check: Der 150 kW-Motor (204 PS) des Tourers sorgt für eine A+++ CO2-Effizienz. Den Kastenwagen gibt es mit 85 kW. Der Stromverbrauch liegt laut WLTP bei 28,3 kWh/100 km. Die Reichweite ist für den lokalen Einsatz ideal. Wer mehr als 150 km bis zur Baustelle fährt, muss Ladestopps einkalkulieren, wenn er abends wieder zuhause sein will.

Hands-on: Der getestete Tourer ist ein „Personenbeförderungsmobil“, Zuladung 827 kg. Kasten und Tourer gibt es in den Längen 5,14 m beziehungsweise 5,37 m. Das Ladevolumen beim Kastenwagen beträgt 6 m³. Seine Zuladung ist mit 913 kg ebenfalls überschaubar. Die Laderaumbodenlänge beträgt ab den Vordersitzen 2,81 m. Laderaumbreite zwischen den Radkästen: 1,27 m.

Was haften bleibt: Mit weniger als 400 km realistischer Reichweite ist der „eVito“ vor allem für Handwerker geeignet, die überwiegend in der Heimatregion unterwegs sind.

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