Volle Kontrolle: Dichtigkeitsprüfmethoden im Vergleich

Der Markt für Dichtigkeitskontrollen auf Flachdächern ist groß. Trotzdem konnte sich in den letzten 30 Jahren kein einziges System flächendeckend                durchsetzen. Der Beitrag zeigt die wichtigsten Kontrollmethoden – integrierte Dachkontrollsysteme (IDL-Systeme) sind dabei im Kommen.

Undichtigkeiten bei Flachdächern machen sich üblicherweise nicht durch Wassereintritt ins Gebäude-innere bemerkbar, solange die Dampfsperre das Wasser zurückhält. Denn erfahrungsgemäß ist die Dampfsperre dicht und verhindert den Eintritt von Wasser ins Gebäude. Das Problem besteht freilich trotzdem, denn dafür steht das Wasser dann oft über Jahre unbemerkt in der Wärmedämmung und verhindert eine ausreichende Dämmleistung.

Es gibt eine Vielzahl von Systemen, die sich dem Problem der Undichtigkeit von Flachdächern annehmen. Vom Nebelsimulationsverfahren, bei dem eine Nebelmaschine in den Dachaufbau bläst, über die radiometrische Messung, bei der eine Neutronensonde zum Einsatz kommt bis hin zum Mikrowellenverfahren, das Wassermoleküle in Schwingung bringt: Die Leckortungssysteme sind häufig teuer, ihre Funktionsweise manchmal skurril, die Erfolge meist spärlich.

Der eigentliche „Marktführer“ der Dichtigkeitsprüfung ist der Dachdecker. Denn die Dachsichtung per Auge ist zweifelsfrei die am Häufigsten angewandte Methode, um nachzuschauen, ob ein Dach dicht ist oder nicht. Die häufigste Methode ist aber nicht gleich die sicherste, denn die Sichtprüfung ist relativ ungenau, erfolgt meist unsystematisch und unvollständig.

Sinnvolle Alternativen gibt es. Welche, zeigt die folgende Übersicht:

1. Die Sensor gestützte, kabellose Dachkontrolle

Funktionsweise: Die kabel- und batterielosen Sensoren (zum Beispiel der Firma Hum-ID) werden in einem orthogonalen Raster bei Neubau oder Sanierung mit in den Dachaufbau integriert und anschließend mit einem Scanner eingelesen. Nach Abschluss der Dach-Bauarbeiten kann jeder einzelne Sensor mit dem Lesegerät durch mehrere Schichten Dachaufbau, Kies und Begrünung hindurch ausgelesen werden. Jeder Sensor gibt dabei die entscheidende Information ab, ob er nass oder trocken ist.

Bewertung: Der große Vorteil dieser Methode ist, dass sie zu geringen Kosten so schnell und unkompliziert durchgeführt werden kann wie eine Standard-Dachsichtung per Auge. Geschultes Personal ist sowohl für das Verlegen als auch das Ablesen der Sensoren nicht erforderlich. Die Kontrolle kann praktisch zu jedem beliebigen Zeitpunkt durchgeführt und protokolliert werden, Schäden an der Abdichtung können schon in einem frühen Stadium erkannt werden. Wie bei allen integrierten Dachkontrollsystemen ist der Einbau des Systems bei Neubau oder Sanierung grundlegende Voraussetzung.

2. Die Potentialdifferentialmessung

Dieses Verfahren ist auch als Impulsstromverfahren bekannt und ist die aktuell am häufigsten angewandte  Messmethode.

Funktionsweise: Zunächst wird auf der zu untersuchenden Flachdachfläche eine Ringleitung (Weidezaundraht, 2,6 mm dickes Polyestergeflecht mit sechs Edelstahllitzen) verlegt. Diese wird mit dem Minuspol des Impulsgenerators verbunden. An der Tropfstelle im Gebäude wird der Pluspol angeschlossen. Nachdem die gesamte Dachfläche mit Wasser benetzt wurde, sendet der Generator einen Gleichstromimpuls über die Ringleitung auf die Abdichtungsbahn. Mithilfe des Empfängers und den angeschlossenen Messstäben lässt sich verfolgen, wie dieser Impuls den Weg zum Gegenpol sucht.

Bewertung: Auflasten müssen für die Anwendung der Methode im Normalfall nicht zwangsläufig entfernt werden. Ein Nachteil dieser im Vergleich zur kabellosen Dachkontrolle deutlich kostenintensiveren Methode ist der hohe Installationsaufwand. Abhängig von Größe und Geometrie des Daches kann dieses Messverfahren schwer bis unmöglich durchführbar sein.

3. Die Radiometrische Messung

Funktionsweise: Auffälligstes Utensil dieser zuverlässigen, aber auch aufwendigen Methode ist eine Neutronensonde. Ein Detektor registriert die Abbremsung der von der Sonde ausgestrahlten Neutronen durch Wasserstoffatome und wertet diese aus. Somit lässt sich sehr genau der Ort einer Leckage bestimmen. Die Messungen darf nur von speziell dafür ausgebildeten Personen durchgeführt werden.

Bewertung: Die radiometrische Messung ist eine der zuverlässigsten, aber gleichzeitig auch aufwendigsten und teuersten Methoden der Dichtigkeitsprüfung. Für die Messung muss radioaktives Material verwendet werden. Transport und Bedienung der Geräte erfordern umfangreiche Genehmigungen. Wegen der hohen Kosten kommt die radiometrische Messung nur sehr selten zum Einsatz.

4. Das Nebelsimulationsverfahren

Funktionsweise: Zur Anwendung dieses Verfahrens müssen zunächst alle Auflasten wie Kies und Dachbegrünung entfernt werden. In die Abdichtungsbahn werden Stutzen eingebaut, über die eine Maschine ein Nebelgemisch in den Dachaufbau bläst. An undichten Stellen tritt der Nebel aus – auf diese Weise werden potenzielle Lecks sichtbar gemacht.

Bewertung: Für den Einbau der Stutzen muss die Dachabdichtung partiell geöffnet und später wieder geschlossen werden. Dadurch entstehen neue Schwachstellen in der Dachkonstruktion. Außerdem ist bei diesem Verfahren mit hohen Kosten für das Freilegen der Dachabdichtung und den Einbau der Stutzen zu rechnen. Zudem ist diese Methode fehleranfällig. Kapillarrisse werden beispielsweise erst gar nicht erfasst und der austretende Nebel kann schon bei leichten Winden nicht mehr erkannt werden.

5. Die Weiterentwicklung: Das Tracergasverfahren

Funktionsweise: Das Tracergasverfahren ist eine Weiterentwicklung des Nebelsimulationsverfahrens. Auch hier muss Kies und Begrünung entfernt werden, um Stutzen einzubauen, über die das Tracergas in den Dachaufbau eingeblasen wird. Das Gas besteht aus einer Mischung aus Stickstoff und Wasserstoff. Durch die undichten Stellen tritt dieses Gas wieder aus und kann mit einem Gasdetektor erkannt werden.

Bewertung: Wie bei dem Nebelsimulationsverfahren liegt das Problem in dem kostenintensiven Aufbau sowie in der Beeinträchtigung der Ergebnisse durch die Vermischung mit Außenluft. Im Ergebnis können undichte Stellen auch übersehen werden

6. Das Mikrowellenverfahren

Funktionsweise: Das dielektrische Mikrowellen-Feuchtemessverfahren zielt darauf ab, Wassermoleküle durch Erzeugung eines elektromagnetischen Wechselfelds in Schwingung zu versetzten. Das Dach wird zunächst in Planquadrate eingeteilt und das Messgerät wird in den einzelnen Abschnitten angesetzt. Aufgrund der hohen Dielektrizitätskonstante (Wert für die Durchlässigkeit eines Materials für elektrische Felder) von Wasser wird das elektromagnetische Feld gedämpft und eingedrungenes Wasser kann lokalisiert werden.

Bewertung: Die Methode gilt nicht als besonders zuverlässig, da die Ergebnisse durch Salze und Metalle in den einzelnen Schichten verfälscht werden können. Noch dazu muss das Messgerät ruhig stehen, um eine brauchbare Messung durchzuführen, was aufgrund der höheren Windstärken auf Dächern nicht immer möglich ist. Das Verfahren lässt sich ferner immer nur auf bestimmte Schichttiefen anwenden, abhängig von der Anordnung der Mikrowellensensoren und der somit entstehenden Feldgeometrie. Eine Leck-Ortung bei Dachauflagen, wie zum Beispiel Kies oder einem Gründach ist mit der Methode nicht möglich.

7. Infrarot-Thermografie

Funktionsweise: Die Infrarot-Thermografie ist vor allem ein Verfahren zur Messung von Wärmestrahlung und dient der Auffindung von Schwachstellen in der Wärmedämmung. Darüber hinaus können aber auch mögliche Durchfeuchtungen entdeckt werden.

Bewertung: Das Verfahren kann ausschließlich dafür genutzt werden, Feuchtigkeit in der Oberflächenschicht zu detektieren. Wasser, das in tieferen Schichten steht, entgeht der Infrarot-Thermografie. Feuchte Bereiche können zwar anhand des Wärmebildes aufgespürt werden, müssen aber nicht zwingend mit dem Ort des Leckes übereinstimmen. Zudem ist ein Temperaturunterschied von mindestens 15° Celsius zwischen Innen und Außen für die Durchführung notwendig. Weitere Einschränkungen: Die Infrarot-Thermografie Methode kann nur bei Dächern ohne Dachauflagen und nur bei Trockenheit eingesetzt werden, das Ergebnis der Leckortung kann zum Beispiel durch Dachträger stark verfälscht werden.

Es tut sich was am Messtechnik-Markt

Der Einsatz von Messtechnik zum Auffinden von Leckagen auf Flachdächern ist nicht neu. Die meisten Ansätze entwickelten sich zur Blütezeit des gewerblichen Flachdachbaus in den 1970er und 80er Jahren. Erst in jüngster Vergangenheit etablieren sich Anwendungen, die flächendeckend in den Dachaufbau integriert werden. Systeme, wie zum Beispiel die kabellose Dachkontrolle, werden bei Neubau oder Sanierung in das Dach eingesetzt und prüfen regelmäßige die Dichtigkeit des Flachdachs – nicht erst dann, wenn es zu spät ist.

Im zweiten Teil des Beitrages geht der Autor auf diese kabellose Dachkontrolle genauer ein und erklärt den Einbau und den Betrieb.

Autor

Daniel Bochow ist Geschäftsführer und Mitinhaber der Kommunikationsagentur F&B Berlin. Seit 2013 betreut er als Marketingleiter die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Hum-ID GmbH.

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