Werterhalt von Flachdächern

Ein sicheres (Flach)dach über dem Kopf zu haben, ist immer noch der wichtigste Bestandteil des Werterhalts von Gebäuden. Nur wenn ein Dach wirklich dicht und trocken ist, kann es seine schützende Funktion erfüllen und eine sichere Basis für vielfältige Nutzungsmöglichkeiten bilden.

Flachdächer sind als Nutzdächer zunehmend begrünt oder werden zum Aufstellen von Photovoltaikanlagen genutzt. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Dämmung und Dachabdichtung. Bei der Sicherung des Werterhalts von Dächern ist ein professionelles „Roof Management“ mittlerweile ein wichtiger Bestandteil im Facility Management und wird nicht nur von professionellen Immobilienbetreibern nachgefragt. Erste Ansätze ergeben sich mit Wartungsverträgen, die für das Dachdeckerhandwerk eine etablierte Lösung sind. Weitergehende, modulare Dachwartungskonzepte können im Rahmen eines „Roof Protection Plans (RPP)“ mit zertifizierten Dachwartungskonzepten zu einem professionellen „Roof Management“ verknüpft werden. Das professionelle Management von Flachdächern ermöglicht darüber hinaus einen Paradigmenwechsel, der auch mit einem Einstieg in die Digitalisierung verbunden ist. Dabei ist die Bestimmung des Feuchtegehalts im Flachdach die wesentliche Größe, die Aussagen zum Zustand des Dachpakets eines Warmdaches zulässt und somit auch Aussagen über die zu erwartende Lebens- und Nutzungsdauer einer Konstruktion ermöglicht. Neben Feststellungen zur Dichtigkeit einer Abdichtung ergeben sich weitere Fragen, die auch im Sinne der Nachhaltigkeit zu beachten sind:

  • Funktioniert eine Abdichtungsmaßnahme vor dem Aufbau einer Dachbegrünung oder einer PV-Anlage?
  • Wann ist ein Dach wirklich so nass, dass es funktionsunfähig ist?
  • Ab welchem Feuchtegehalt wird die Situation für das Dachpaket und/oder die Konstruktion kritisch?
  • Besteht die Möglichkeit, „nasse“ Dächer ohne zusätzlichen Energieaufwand natürlich zu trocknen und somit die Nutzungsdauer zu verlängern?

Modulares Dachwartungskonzept

Ein „Roof Protection Plan“ ist ein modulares sowie zertifiziertes Dachwartungskonzept und gibt eine Struktur für das Facility Management vor. Neben den Grundleistungen einer Dachwartung beinhaltet der „Roof Protection Plan“ zusätzliche Bausteine für die Bestandsaufnahme, Katalogisierung und Vermessung mit moderner Technik wie zum Beispiel Drohnen sowie Dichtigkeitsprüfungen auf dem Flachdach. Wichtige Aufgabenfelder ergeben sich zudem durch die regelmäßige Überprüfung von Sicherheitseinrichtungen sowie ein Monitoring-Programm.

 

Dichtigkeitsprüfung und Leckageortung

Ein wesentlicher Bestandteil eines professionellen „Roof Managements“ ist die zerstörungsfreie Dichtigkeitsprüfung und Leckageortung mit „Sensor Leak Detection (SLD)“-zertifizierten Messverfahren. Eine verlässliche Aussage über den Zustand einer Dachabdichtung ist nach erfolgter Verlegung bei Neubau- und Sanierungsprojekten sinnvoll, aber auch zur Zustandsbeschreibung einer bestehenden Dachabdichtung. Darüber hinaus werden Dichtigkeitsprüfungen zur Feststellung der Abnahmefähigkeit zunehmend vorausgesetzt. Denn selbst bei sorgfältiger Abdichtungsarbeit ist der Augenschein oder die Prüfung der Abdichtung mit einer Prüfnadel nicht sicher. Auch eine Dichtigkeitsprüfung durch das Fluten der Dachfläche ist nicht sinnvoll. Nicht nur, dass hierfür eine Unmenge Wasser verbraucht wird; vielmehr ist mit dieser antiquierten Methode keine zuverlässige Status-Quo-Prüfung möglich, denn: Allein aus der Feststellung, dass es auf der Dachunterseite nach einem gewissen Zeitraum nicht tropft, kann nicht geschlossen werden, dass die Dachabdichtung auch tatsächlich dicht ist. Vielmehr kann beispielweise eine vollflächig verschweißte, bituminöse Dampfsperre auf der Betontragdecke ein Durchtropfen verhindern. Im Versagensfall ist sogar der Schaden bereits eingetreten.

 

Einsatz von elektrischen Messverfahren

Abgestimmt auf die jeweilige Flachdachkonstruktion sowie die speziellen Rahmenbedingungen werden zerstörungsfreie, elektrische Messverfahren zur Leckageortung eingesetzt. Die Messverfahren werden als Varianten des Impulsstromverfahrens sowie des Hochspannungsverfahren beschrieben.

Dabei kommen das Nass-Ortungsverfahren (Low Voltage-Sensor Leak Detection, kurz: LV-SLD) sowie das Trocken-Ortungsverfahren (High Voltage-Sensor Leak Detection, kurz: HV-SLD) zum Einsatz. Das Nass-Ortungsverfahren wird meist nur im Schadensfall eingesetzt. Das Trocken-Ortungsverfahren eignet sich ideal zur Dichtigkeitsprüfung und somit auch zur Abnahme des Gewerks. Das liegt daran, dass beim LV-System eine Tropfstelle beziehungsweise eine vollständige Erdung bereits vorhanden sein muss. Mit dem Trocken-Ortungsverfahren können auch Feuchtigkeitseinschlüsse, so genannte „Feuchtewolken“ im Dachschichtenpaket geortet werden, ohne dass diese bereits bis zur Unterkonstruktion vorgedrungen sind. Insbesondere bei neu abgedichteten Dachflächen liegt meist noch keine Tropfstelle vor, da in den meisten Fällen die Dampfsperre ausreichend funktioniert. Grundsätzlich können alle nichtleitenden Dachabdichtungen, wie zum Beispiel FPO, TPO, PVC und mit Einschränkungen auch EPDM, mit einem elektronischen Ortungsverfahren überprüft werden. Dabei gelten, physikalisch betrachtet, die Ohmschen Gesetze, die beschreiben, dass die Elektronen immer den Weg des geringsten Widerstands, also über den besten Leiter, in diesem Falle also das Wasser beziehungsweise die Feuchtigkeit, finden.

Zur Interpretation der Messergebnisse, aber auch zum Einsatz des richtigen Messverfahrens für die zerstörungsfreie Prüfung ist geschultes und zertifiziertes Personal entscheidend. In der Praxis bieten Dienstleister mit geschulten Dachdeckern („Roof Managern“) ihre Expertise an. Wird eine Dichtigkeitsprüfungen als Bestandteil einer Bauabnahme gefordert, so muss die Prüfleistung auch vertragsneutral und unabhängig erfolgen, um vor Gericht bestehen zu können. In diesem Fall kann ein Verarbeiter sich nicht selbst prüfen. Hier sollte der Bauherr oder Dachhandwerker auf zertifizierte Unternehmen zurückgreifen. Aber ein Handwerker kann zur Erlangung der Feststellung eines abnahmefähigen Gewerks eine Dichtigkeitsprüfung verlangen.

Im zweiten Teil des Beitrags in der dach+holzbau  8.2023 (erscheint am 30.11.2023) werden verschiedene Möglichkeiten des „Roof-Monitorings“ beschrieben.

 

Autor

Christoph Zebe ist Fachplaner für Dachabdichtungsarbeiten und betreut als Fachjournalist das Unternehmen NIS (Nordic Industrial Services GmbH) bei der Pressearbeit. Er lebt und arbeitet in Kaiserslautern.

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