DIN 68 800: Trockenes Holz statt ­Chemie

Baulicher Holzschutz vor chemischem Holzschutz – dieser Devise wurde bei der Überarbeitung der Holzschutznorm DIN 68 800 gefolgt. Chemischer Holzschutz darf nur noch zur Anwendung kommen, sofern grundsätzliche und besondere bauliche Maßnahmen keine Einordnung in eine niedrigere Gebrauchsklasse erlauben.

In der aktualisierten Normenreihe DIN 68 800 sind viele Konstruktionszeichnungen enthalten, die es zum Beispiel erlauben selbst eine Holzschwelle in der Gebrauchsklasse(GK) 0 einzuordnen. Auch in vielen anderen Einbausituationen lässt sich die Gefährdung von Massivholz durch Pilze und Insekten mittels konstruktiven Holzschutzes verringern, so dass Holzschutzmittel im Hochbau nur noch in den seltensten Fällen angewendet werden dürfen.

Baulicher Holzschutz vor chemischem Holzschutz

DIN 68 800-2 (Holzschutz vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau) gilt für alle tragenden Bauteile aus Holz. Im Normentext wird explizit erwähnt, dass eine Anwendung auch für nicht tragende Bauteile empfohlen wird.

Dachlatten, die ebenfalls zu den tragenden Bauteilen gehören, dürfen folgerichtig im Hochbau nicht mehr frisch und / oder imprägniert eingesetzt werden. Genauer führt die Norm zu diesem Thema auf: „Latten hinter Vorhangfassaden, Dach- und Konterlatten sowie Traufbohlen, ferner Dachschalungen werden der Gebrauchsklasse GK0 zugeordnet.“ In GK0 sind keine Holzschutzmittel erforderlich und somit prinzipiell zu vermeiden!

Zusätzlich sollten „Ausführungen mit besonderen baulichen Holzschutzmaßnahmen nach DIN 68 800-2 (…) gegenüber Ausführungen bevorzugt werden, bei denen vorbeugende Schutzmaßnahmen mit Holzschutzmitteln nach der DIN 68 800-3 erforderlich sind.“ (DIN 68 800-1).

Grundsätzliche bauliche Maßnahmen sind außerdem stets zu berücksichtigen, auch wenn sich die Gebrauchsklasse dadurch nicht ändert. Dieses bezieht sich einerseits auf die Feuchte während Transport, Lagerung, Montage und Einbau und weiterhin auf die Feuchte im Gebrauchszustand.

Explizit wird außerdem das Thema Aufenthaltsräume angesprochen. Hier ist laut Norm gänzlich auf vorbeugend wirkende Holzschutzmittel zu verzichten. Ein Aufenthaltsraum ist in diesem Zusammenhang zu verstehen als „Raum, der zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet ist“. Zu diesen zählen beispielsweise neben Wohnräumen auch noch Hobbyräume, Werkstätten und Büros.

Grundlegend für die Auswahl der nötigen baulichen Maßnahme ist die Kenntnis der Gebrauchsklasse der Bauteile. Die Gebrauchsklasse eines Bauteils, die schon während der Planung berücksichtigt werden sollte, lässt sich mit Hilfe eines Bestimmungsschemas (vgl. Schema Seite 58) ermitteln.

Im Holzbau spielen generell die Gebrauchsklassen GK 0 und GK 3.1 die größte Rolle. GK 0 kann durch baulichen Holzschutz in nahezu allen Fällen von Konstruktionen „unter Dach“ erreicht werden. GK 2 kommt nur in wenigen Fällen, beispielsweise bei einer Eissporthalle oder einem Kompostwerk, zum tragen, da in diesen Fällen mit einer Befeuchtung durch Kondensation zu rechnen ist. GK 3.1 kann bei Konstruktionen, die der Bewitterung ausgesetzt sind, ebenfalls durch bauliche Maßnahmen erlangt werden.

Einbaufeuchte, Schutz vor Insektenbefall

Bei den grundsätzlichen baulichen Maßnahmen fordert die Norm konkret, dass die Einbaufeuchte in allen Gebrauchsklassen bis einschließlich GK 3.1 nicht höher als 20 Prozent liegen darf. In der Vorgängerversion der Holzschutznorm wurde noch die Möglichkeit eingeräumt, halbtrockenes Holz einzubauen, sofern innerhalb von sechs Monaten eine Holzfeuchte von weniger als 20 Prozent erreicht wird. In der aktuellen Norm fällt diese Alternative komplett weg. Beim Einbau muss Holz in den Gebrauchsklassen GK 0 bis GK 3.1 einen geringeren Feuchtegehalt als 20 Prozent aufweisen.

Selbst wenn das Holz erst während der Bauphase auf über 20 Prozent Holzfeuchte auffeuchtet, muss nachgewiesen werden können, dass eine Holzfeuchte von weniger als 20 Prozent spätestens innerhalb von drei Monaten erreicht wird. Prinzipiell muss man deshalb eine Feuchteerhöhung vorab vermeiden. Dies kann durch eine geeignete Abdeckung auf der Baustelle und geschützte Lagerung des technisch getrockneten Holzes erreicht werden. Im Allgemeinen sollte Holz möglichst mit dem Feuchtegehalt eingebaut werden, der während der Nutzung zu erwarten ist. Um den optimalen Feuchtegehalt, passend zur Nutzungsklasse nach Eurocode 5 (EN 1995-1-1), zu erreichen, empfiehlt es sich auf technisch getrocknetes Schnittholz zurückzugreifen. Konkret sollte die Holzfeuchte an die Nutzungsklassen, wie in der Tabelle auf Seite 58 dargestellt, angepasst sein.

Beim Einbau trockenen Konstruktionsholzes ergeben sich, neben der Anpassung an die zukünftige Feuchte, weitere Zusatznutzen. Allein der Einsatz technisch getrockneten Schnittholzes mit einer Holzfeuchte im Gebrauchszustand kleiner als 20 Prozent reicht laut Norm aus, um einen Bauschaden durch Insekten vorzubeugen. Einhergehen muss die Trocknung dann mit einer Trocknungstemperatur von ≥ 55 °C und einer Trocknungsdauer von mindestens 48 Stunden.

Technisch getrocknete und festigkeitssortierte S10-Latten in den Standarddimensionen 30 x 50 mm und 40 x 60 mm sind bereits am Markt erhältlich. Hersteller, Handel und Einkaufsgenossenschaften haben sich bereits im Vorfeld auf die neue Situation eingestellt. Besonderes Augenmerk sollte man bei der Bestellung von Latten darauf legen, dass sie trocken sortiert (TS) sind. Bei der Sortierung nach der technischen Trocknung werden verdrehte Latten aussortiert mit dem Ergebnis formstabiler maßhaltiger Produkte.

Bei der Lieferung sind neben den Begleitpapieren auch die Kennzeichnung und die Sortierung zu überprüfen.

Insgesamt kann man das Fazit ziehen, dass Massivholz und ganz speziell die Latten, genau wie Holzwerkstoffe, trocken eingebaut werden müssen.

Zusätzliche Vorteile beim trockenen Bauen

Zum einen ergibt sich durch das verringerte Quellen und Schwinden eine hohe Maßtreue, gleichzeitig ist mit einer erhöhten Formstabilität zu rechnen, sofern das Schnittholz trocken sortiert wurde. Die Maßtreue und Formstabilität wirkt sich auf die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle aus, da bei angepasster Holzfeuchte das Schwinden unterbleibt und keine Risse auftreten.

Auch vorbeugend gegen eine Korrosion metallischer Bauteile ist technisch getrocknetes Schnittholz empfehlenswert. Die Resistenz trockenen Schnittholzes gegen Pilz- und Insektenbefall war schließlich der Grund, der zur Anpassung der DIN 68 800 führte.

Baurechtliche Regelung

Baurechtliche Verbindlichkeit im Sinne der Landesbauordnungen beziehungsweise der technischen Baubestimmungen der Länder erlangt die DIN 68 800, sobald die Musterliste der Technischen Baubestimmungen des DIBt von den Bundesländern umgesetzt wird. Dies kann, auf Grund der einzuhaltenden Notifizierungsfristen in der EU, frühestens am 15. April 2013 geschehen. Erst nach der Umsetzung der Liste der technischen Baubestimmungen durch die Länder wird die DIN 68 800 baurechtlich verbindlich. Vorreiter ist Baden-Württemberg; hier hat das Ministerium in einer Mitteilung an die zuständigen Baurechtsbehörden erklärt, dass DIN 68 800-1 und DIN 68 800-2 gleichwertig mit den aktuell gültigen technischen Baubestimmungen, gemäß Landesbauordnung § 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4, sind. Nichtsdestotrotz stellt die Norm bereits jetzt die anerkannten Regeln der Technik dar, und es empfiehlt sich, diese anzuwenden.

Autorin

Natalie Rykena ist Produktmanagerin im Egger Sägewerk Brilon und ist für alle Massivholzprodukte zuständig.

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