Viergeschosser in Lauchringen erfüllen Brandschutz

Sichtbares Holz beim mehrgeschossigen Bauen

Zwei kürzlich fertiggestellte, viergeschossige Mehrfamilienhäuser in Lauchringen wurden mit Holzelementen und Dämmstoffen von zwei Schwarzwälder Unternehmen gefertigt. Die brandschutztechnischen Anforderungen erfüllte man mit speziellen Konstruktionen.

Fachlich einwandfrei geplante und ausgeführte Objekte mit modernem Erscheinungsbild fördern den Trend zu „Holz in der Stadt“. Dass Holzbauweisen zunehmend Einzug in den mehrgeschossigen Wohnungsbau halten, ist einer Reihe von Veränderungen im deutschen Baurecht zu verdanken, welche die Umsetzung zeitgemäßer Brandschutzkonzepte mit nachwachsenden Rohstoffen ermöglichen. 2015 hat sich Baden-Württemberg als erstes Bundesland in seiner Landesbauordnung vom sogenannten „Kapselkriterium“ für die Gebäudeklassen 4 und 5 im Holzbau verabschiedet. Wenn ein entsprechender alternativer Nachweis geführt ist, kann seither auf die allseitige brandschutztechnisch wirksame Bekleidung tragender und aussteifender Wände sowie Stützen aus Holz mit nicht brennbaren Baustoffen verzichtet werden.

Das bedeutet, dass es auch bei Wohngebäuden bis zu 13 Metern Höhe möglich ist, Brettsperrholzkomponenten einzusetzen. Das gelang auch bei einem Projekt in Lauchringen im Südschwarzwald. Federführend in der Planung war der ortsansässige Architekt Jörg Kaiser. Als Bauteilentwickler hat das Unternehmen Lignotrend mit geprüften Details den baulichen Brandschutz für die feuerhemmende Konstruktion mit sichtbar bleibenden Holzoberflächen gelöst.

Mit Vorurteilen im Holzbau aufräumen

Jörg Kaiser, der als baugewerblicher Architekt mit seiner Projektgesellschaft Wasenweg GmbH bei einem der Gebäude auch die Ausführung verantwortete, hatte für die Konstruktion beider Mehrgeschosser ursprünglich ein Hybridsystem aus Stahlbeton und Holz vorgesehen. Zwar integriert er Lignotrend-Elemente sowie Gutex-Produkte seit Jahren regelmäßig in seine Bauten – aber einen reinen Massivholzbau in Gebäudeklasse 4, ganz auf Basis der Brettsperrholzbauteile für Wände, Decken und Dach, hatte er trotz veränderter Landesbauordnung noch nicht konzipiert. Zu hoch schienen bislang die Hürden hinsichtlich Brandschutz, Schallschutz und Statik.

Noch während der Planungsphase erfuhr der Architekt, dass die Brettsperrholz-Elemente von Lignotrend auf höhere Gebäudeklassen weiterentwickelt und geprüft wurden. Grundlage hierfür sind hohlraumfreie Elemente für die tragenden Gebäudeteile. Architekt Kaiser nahm also die Herausforderung an und realisierte beide Wohngebäude in Massivholzbauweise mit den weiterentwickelten Brettsperrholz-Elementen. Dass dabei das Holz teilweise sichtbar bleiben konnte und an den Bauteilen mit astfreien Weißtannenholz zugleich eine designgeprägte Innenarchitektur möglich wird, freute den Architekten besonders.

Besondere Anforderung bei tragenden Wänden

Für tragende Wände mit einer erforderlichen Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten kam das Rippenelement „Ligno Uni Q3/HL“ in hohlraumloser Ausführung zum Einsatz. Der flächige Feuerwiderstand konnte über Gipskarton-Feuerschutzplatten hergestellt werden. Dabei wurde an den Ecken der Plattenstoß für den Brandschutz in doppeltem Versatz ausgebildet.

Für Steckdosen, Lichtschalter und andere Stellen, an denen die Gipskartonplatte durchdrungen wird, entwickelte Lignotrend für Bauteile der Gebäudeklasse 4 eine im Wandinneren brandschutzgerecht abgeschottete Elektroinstallation, in die einfache Hohlraumdosen eingebaut werden können. In diesem Bereich ist das tragende Holzbauteil hinter der Gipskartonplatte durch intumeszierende (aufschäumende) Materialien in Form von passgenau vorgestanzten Folien und entsprechend behandelten Holzklötzen geschützt, damit Feuer nicht über die Steckdosen ins Wandinnere eindringen kann. Dies wurde alles schon bei der Vorkonfektionierung der Bauteile bei Holzbau Amann eingebaut.

Für jedes Geschoss wurden die tragenden Wände beim Holzbauunternehmen Amann in Bannholz vorproduziert, die Deckenbauteile kamen direkt einbaufertig vom Hersteller Lignotrend. Die Dämmebene der entsprechenden Brettsperrholz-Rippenelemente („Ligno Uni Q3/HL“) wurde bei der Firma Ebi mit der einblasbaren Holzfaser „Gutex Thermofibre“ ausgeflockt.

Den Abschluss der Dämmebene bildet eine Putzträgerplatte (Gutex). Glaswolle kommt bei den HL-Wänden in den Hohlräumen für die Installationen zum Einsatz, da in der Gebäudeklasse 4 hohlraumfrei gebaut werden muss. „Dort wo die Installation verbaut ist, muss also ein Dämmstoff mit A1-Zulassung eingebracht werden. In diesem Fall Glaswolle in vorkonfektionierten Streifen, um einen Brand durch die Hohlräume nicht entstehen zu lassen“, erklärt Benedikt Albert, Projektkoordinator bei Lignotrend.

Für die Wohnräume beplankten die Handwerker die Wände mit 2 x 15 mm Gipskartonplatten. 2 x 18 mm Gipskartonplatten wurden im Treppenhaus montiert. Mit dem doppelten Versatz an den Ecken sind die tragenden Wände so mit einer Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten eingestuft. Zusätzlich sind in den Häusern vernetzte Rauchmelder installiert.

Wohnungstrennwände zweischalig

Alle Wohnungstrennwände im Riedpark sind zweischalig, ebenfalls aus „Ligno Uni Q3/HL“-Wandbauteilen konstruiert. Eine Dichtungsbahn, die geschossweise unter den Wandschwellen hindurch geführt ist und im Fußbodenaufbau zusammengeführt wird, verhindert den Rauchdurchgang zwischen den Wohnungen – vor allem an den Knotenpunkten von Decke und Wand.

Fertige Geschossdecken mit sichtbaren Holzoberflächen

Die Deckenbauteile sind mit ihren sichtbaren Holzoberflächen auch bezüglich des Innenausbaus endfertig. Der Feuerwiderstand ist rein über den theoretischen Holzabbrand gewährleistet. Die Decken-Elemente „Ligno Rippe Q3“ werden mit sogenannten Z-Lagen für den nötigen Feuerwiderstand konfiguriert und erhielten nach dem Einbau von Leitungen zwischen ihren Rippen für den Schallschutz eine Kalksplittschüttung. Damit entsteht im Brandschutzsinne ein hohlraumfreies Bauteil, das die strengen bauakustischen Anforderungen an den Schallschutz in Mehrfamilienhäusern sogar übertrifft.

Die Untersicht der Decken wurde je nach Wunsch der Eigentümer gestaltet – als geschlossene Holzfläche oder mit verschiedenen Akustikprofilen. In den Flurbereichen verbergen abgehängte Decken die Leitungen für das Lüftungssystem.

Steigschächte für Wasserleitungen und die elektrische Leitungsführung mussten hochfeuerhemmend abgeschottet werden. Hierfür wurden verschiedene Brandschottlösungen der Firma Hilti eingesetzt, die trocken und damit einfach einzubauen und nachweislich auch für den Einbau in den verwendeten Rippendecken geeignet sind. Mit ebenfalls intumeszierendem Verhalten im Brandfalle sorgen sie dort für eine brandschutzgerecht perfekt isolierte Leitungsdurchführung. Ohne Gipsbekleidung kann damit ein Feuerwiderstand von 90 Minuten erreicht werden.

Besondere Anforderungen im Treppenhaus

Sogar die beiden Aufzugstürme und die Treppenhauswände wurde aus großformatigen Brettsperrholztafeln mit 116 mm Dicke konstruiert. Im Treppenhaus als Fluchtraum  kamen lediglich für die Treppenläufe Betonfertigteile zum Einsatz. Damit es auch nach 60 Minuten als Fluchtweg genutzt werden kann, bekam auch die treppenhausseitige Wandschale eine Beplankung mit Gipskarton-Feuerschutzplatten. Für das Bauteil – eine „Brandwand-Ersatzwand“ – war die Feuerwiderstandsklasse REI 60-M zu erfüllen.

Holzfaserbasiertes WDVS

Damit die wohngesunde Massivholzbau-Philosophie nicht an der Gebäudehülle endet, entschieden sich die Planer für den Einsatz des aus nachwachsenden ­Rohstoffen basierende Wärmedämmverbundsystems „Thermowall“ von Gutex. Die Dämmebene in den Außenwänden entspricht einer zweiten Wandschale aus Dämmständern „U*psi F“ mit vorgesetzter „Thermowall“-Dämmung. Während die Gefache mit der Einblasdämmung „Thermofibre“ von Gutex gefüllt wurden, besteht das Holzfaser WDVS aus einer einschichtigen, homogenen Holzfaserdämmplatte und speziell darauf zugelassenen Putzkomponenten.

Autorin

Iris Darstein-Ebner ist Dipl.-Ing (Architektur) und arbeitet als Redakteurin bei der Fachpresse-Agentur Ruess Public B GmbH in Stuttgart, die unter anderem Lignotrend bei der Pressearbeit betreut.

Mit cleveren Details den baulichen Brandschutz sichern

Seit 2015 können Holzbauten der Gebäudeklasse 4 in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 52 der baden-württembergischen LBO ohne baubehördliche Prüfung der eingereichten Planung realisiert werden. Stattdessen wurde die Beauftragung eines Brandschutzgutachtens Pflicht, bei dem die geforderte Feuerwiderstandsdauer nachzuweisen ist. Die Anforderung der Musterholzbaurichtlinie nach einer hohlraumfreien Bauweise gilt weiter. Alle Bauteile müssen zudem so hergestellt und eingebaut werden, dass Feuer und Rauch nicht über Grenzen von Brand- oder Rauchschutzbereichen, insbesondere Geschosstrennungen, hinweg übertragen werden können.

Bautafel (Auswahl)

Bauherrschaft Projektgesellschaft Wasenweg GmbH, 79790 Küssaberg

(Eigentümergemeinschaft Kirchhoff, Maier, Schäuble)

Architekten Dipl.-Ing. (FH) Jörg Kaiser, Architekt, 79787 Lauchringen, www.architektkaiser.de

Holzbau Arbeitsgemeinschaft regionaler Holzbauunternehmen zusammen mit Lignotrend (Holzbau Amann, Holzwerkstatt Ebi, Holzerei Loderbauer, Maise Holzbau)

Brandschutzkonzept bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, 81925 München, www.bauart-konstruktion.de

Fertigstellung 2018

Produkte (Auswahl)

Wand Brettsperrholz (BSP)-Rippenelement „Ligno Uni Q3/HL“, Holzfaser-Einblasdämmung im Gefach der Holzständerkonstruktion („Gutex-Thermofibre“),

Holzfaser-Putzträgerplatte auf dem Stegträger („Gutex-Thermowall-gf“)

Decke BSP-Rippenelement „Ligno Rippe Q3 Z2“,

Dach BSP-Kastenelement „Ligno Block Q3 Akustik“,

Fassade „Lignotrend-Dämmständer U*psi F-200“, alle Brettsperrholzelemente von Lignotrend, 79809 Weilheim-Bannholz, www.lignotrend.de

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