Notausgang für Starkregen

Eine effektive Notentwässerung führt oft durch die Attika. Aber jede Durchdringung ist ein potentielles Risiko. Daher gilt es, mit möglichst wenig Durchdringungen möglichst viel Wasser vom Dach zu schaffen. Leistungsfähige Gullys können dabei helfen.

Anstauendes Regenwasser ist eine Last für Dachabdichtung und Statik und immer häufiger eine echte Bedrohung für die Gebäudesubstanz. Ein nur 10 cm hoher Wasseranstau entspricht in etwa einem Gewicht von 100 kg pro Quadratmeter. Für ein 200 m2 großes Flachdach bedeutet dies eine Zusatzlast von 20 000 kg, bildhaft verdeutlicht: das Gewicht von etwa 14 durchschnittlichen Pkw.

Schutz und Entlastung bietet eine effektive Notentwässerung, die übrigens schon seit 2002 Pflicht ist. Die DIN 1986-100 schreibt seit diesem Zeitpunkt den Einbau von Notabläufen verbindlich vor, wenn die Statik des Daches die zusätzliche Belastung nicht tragen kann. Das Notablaufsystem ist meist die wirtschaftlichere Lösung und muss so geplant werden, dass es mindestens die Differenz zwischen Jahrhundert- und Berechnungsregen sicher und frei auf schadlos überflutbare Flächen entwässert. Für besonders schützenswerte Gebäude, wie beispielsweise Krankenhäuser, muss die Notentwässerung sogar den gesamten Jahrhundertregen sicher abführen. Nach DIN 1986-100 ist jedes Flachdach dabei gegen den Jahrhundertregen, definiert als „fünfminütiges Regenereignis einmal in 100 Jahren“ am Gebäudestandort abzusichern. Allerdings treten diese Jahrhundertregenereignisse statistisch gesehen in den letzten Jahren immer häufiger auf. Keinesfalls darf ein Notablaufsystem an die Leitungen der Hauptentwässerung, die in die Kanalisation führen, angeschlossen werden. Diese sind im Falle eines Starkregenereignisses schnell überlastet.

Attikaentwässerung hat Vorteile

Attikaentwässerung ist heute eine der beliebtesten Notentwässerungstechniken und dies aus gutem Grund. Noch nie gab es so viele und so leistungsfähige Entwässerungslösungen, die den individuellen Anforderungen der Einbausituation entsprechen. Als außenliegende Entwässerung, erfordert sie nur kleine Durchdringungen in der Attika und keine innenliegenden Rohrleitungen. Das reduziert Feuchterisiken und Wärmebrücken. Attikagullys sind leicht zu montieren und zu kontrollieren.

Das Weniger-ist-mehr-Prinzip

Weniger Durchdringungen in der Attika, das bedeutet auch weniger Kernbohrungen, weniger Anschlussarbeiten und vor allen Dingen die Minimierung von potentiellen Feuchteschäden. Das tückische bei Undichtigkeiten in der Attika ist, dass sie oft erst entdeckt werden, wenn bereits Wasserschäden sichtbar werden. Müssen bei verrohrten Entwässerungssystemen zwei Bauteile innerhalb der Attika verbunden werden, zum Beispiel ein Attikagully innen auf dem Dach und ein Fallrohr außen an der Fassade, so empfiehlt sich der Einsatz einer Sicherungsschelle, die beide Bauteile fest zusammenhält. Noch besser ist es allerdings, die Durchdringungen generell zu minimieren.

Mehr Ablaufleistung, weniger Durchdringungen

Ein gutes Beispiel für problemlösungsorientierte Produktkonzeption ist der neue „SitaTurbo Max“-Attikagully. Als Fortentwicklung des bisherigen „SitaTurbo“-Attikagullys befördert er als Speier über acht Liter pro Sekunde durch die Attika auf schadlos überflutbare Flächen. Damit übertrifft er die fünf Liter pro Sekunde seines Vorgängers bei weitem. Ein runder Einlauf mit perfekter Geometrie und viereckigem Ablaufstutzen, der mit bis zu 2000 mm Länge verfügbar ist: Diese Kombination entlastet Flachdächer schnell von Starkregen. Ein „SitaTurbo Max“ fördert so viel Wasser vom Dach wie sieben herkömmliche Attikagullys mit Rundrohr, die bei 45 mm Anstauhöhe pro Sekunde 1,2 Liter abführen. In der Praxis heißt das: sechs Durchdringungen weniger.

Ein festes Raster von Anstauelementen in Höhen von 10 mm bis 55 mm bedient die gängigsten Anstauhöhen. Erreicht die Wassersäule auf dem Dach die berechnete Höhe, läuft die Notentwässerung an.

Zur Not zurückhalten

Speziell im urbanen Raum nimmt das Thema Retention, also eine gezielte Wasserrückhaltung und Abflussverzögerung auf dem Dach, einen immer größeren Stellenwert ein. Das Ziel dabei ist es, die Wassereinleitung in die Kanalisation zu verlangsamen, damit diese bei einem Starkregen nicht kollabiert. Den gefürchteten Rückstau auf das Dach, der die Statik gefährden kann, gilt es unter allen Umständen zu verhindern. In Abhängigkeit von der Statik des Gebäudes kann eine Retention in Form eines Gründachs auf vielen Flachdächern umgesetzt werden. Positiver Nebeneffekt: Ein solches Dach beugt der sommerlichen Überhitzung vor. Dennoch ist auch hier eine Notentwässerung erforderlich.

Durch den Einsatz des „SitaTurbo Max“, aufgerüstet mit einem zusätzlichen, individuell kürzbaren Anstauring aus Polyethylen, können extreme Höhen bis zu 200 mm überbrückt werden, also Anstauhöhen, die gerade für Gründächer erforderlich sind.

Notentwässerung entastet die Grundleitungen

Eine Notentwässerung durch die Attika kann auch eine Lösung sein, wenn bei Sanierungsarbeiten zu kleine Grundleitungen ermittelt wurden. Sind diese zu klein dimensioniert, kann es bei Starkregen zu einem Rückstau kommen, der im Extremfall bis auf die Dachfläche reicht. Eine hohe Wassersäule belastet nicht nur die Dachstatik, sondern auch die Rohrverbindungen. Attikagullys stellen hier eine wirtschaftliche Alternative zur aufwändigen und in der Regel gar nicht realisierbaren Erweiterung des Grundleitungsnetzes dar. Mit einem Minimum an Aufwand lässt sich ein Maximum an Sicherheit erzielen, das auch bezüglich der Regelwerke anerkannt ist.

Hauptentwässerung durch die Attika

Immer wieder gibt es Objekte, bei denen auch die Hauptentwässerung durch die Attika abgeführt wird. Manche Planer und Bauherren wollen keine innenliegenden Rohrleitungen und auch keine Wärmebrücken in der Dachkonstruktion. Sie schätzen die einfache Montage und die leichte Erreichbarkeit aller Installationselemente bei Wartungs- und Reparaturarbeiten. Doppelt nützlich macht sich hier zum Beispiel der „SitaIndra“-Abfluss mit seiner extrem flachen Bauweise, der sowohl für die Haupt-, als auch für die Notentwässerung eingesetzt werden kann. Nur 98 mm, also Handbreit hoch, fügt sich das schlanke Bauteil aus wärmedämmendem PU-Integral-Hartschaum auch in anspruchsvolle Wärmedämmaufbauten. Um eine lückenlose GEG-gerechte Montage (GEG = Gebäudeenergiegesetz, seit 1.11.2020 Nachfolger der bisherigen EnEV) sicherzustellen, kommt er direkt im Set mit dem passenden Dämmkörper. Für den Einsatz als Notentwässerung wird der Ablauf mit dem gelben „SitaMore“-Anstauelement aufgerüstet. Bei der Hauptentwässerung, die in Verbindung mit dem „SitaPipe“-Edelstahl-Rohrsystem realisiert wird, schluckt ein „Indra“-Abfluss bis zu 15 Liter pro Sekunde.

„Geschlossene“ Kaskadenentwässerung

Eine einfache Speierentwässerung auf tiefergelegene Dachflächen scheint ein einfaches, probates Mittel zu sein, für die es jedoch keinerlei Rechtssicherheit gibt und für die Planer und Ausführender im Schadensfall gleichermaßen verantwortlich sind. Um in diesen Bereichen Sicherheit zu schaffen, wurde die „SitaAttika“-Kaskade entwickelt, ein modulartig angelegtes, „geschlossenes“ Rohrleitungssystem, das unkontrollierten Überflutungen von Gebäudeteilen, wie zum Beispiel Terrassen, Balkonen oder Loggien effektiv vorbeugt, die für einen derartigen Wasseranfall nicht ausgerüstet sind. Mit dem „SitaIndra“ auf der obersten Dachebene führt dieses System das Wasser sicher vom Dach – bei der Hauptentwässerung über Fallrohre und bei der Not-entwässerung über Speier. Angesichts des Trends zu Staffelbauten und barrierefreier Bauweise bringt das Kaskadensystem, das in die Wärmedämmebene eingebettet wird, eine echte Problemlösung. Stolperfallen auf den Dach- und Terrassenflächen werden vermieden.

Für neue Sicherheit im Bereich raumgreifender Attikadurchdringungen bringt die „SitaAttika“-Durchführung „Fluid“ neue Möglichkeiten, beim Umkehrdach ebenso wie beim Warmdach. Mit 1000 mm langem Stutzen und integrierter Dichtung gibt sie die Sicherheit, dass im Inneren der Attika alles dicht ist. Ein großes Anschlussblech erleichtert die schnelle Eindichtung mit Flüssigkunststoff. So ermöglicht die „SitaAttika“-Durchführung eine geschlossene Kaskadenentwässerung nun auch oberhalb der Abdichtung.

Autor

Christian Behr ist Produktmanager bei der Sita Bauelemente GmbH in Rheda-Wiedenbrück.

Berechnungsregen und Jahrhundertregen

Nach DIN 1986-100 sind die Entwässerungsbauteile jedes Flachdaches für die am Gebäudestandort geltenden Regenspenden zu dimensionieren.

Zwei Werte müssen in die Planung einfließen:

der Berechnungsregen r(5,5): Ein nach Regendauer von 5 Minuten und Jährlichkeit von 5 Jahren definiertes Regenereignis, in Liter je Sekunde und Hektar [l/(s . ha)], zur Dimensionierung der Hauptentwässerung.
der Jahrhundertregen r(5,100): Ein fünfminütiges Extremregenereignis, in Liter je Sekunde und Hektar [l/(s . ha)], das einmal in hundert Jahren am Gebäudestandort erwartet werden muss, zur Dimensionierung der Notentwässerung.
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