Modularer Aufbau mit Ausblick - Neue Akademie für internationale Zusammenarbeit Bonn

Das über 6000 m² BGF umfassende Gebäude der Akademie für internationale Zusammenarbeit in Bonn ist ein zweigeschossiger Holzbau mit Hohlkastenelementen und einem Brettschichtholztragwerk. Besondere Herausforderungen beim Bau ergaben sich am Übergang von den Stahlbetonwänden zum Holzbau.

Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) benötigte für ihren Standort am Bonner Kottenforst ein neues Seminargebäude, in dem sie jährlich bis zu 2000 Mitarbeiter für ihre Einsätze im Ausland ausbilden möchte. Für den Neubau war 2014 ein beschränkter Wettbewerb mit 18 Teilnehmern durchgeführt worden, dem ein EU-offenes Bewerbungsverfahren vorgeschaltet war. Das Architekturbüro Waechter + Waechter konnte diesen Wettbewerb gemeinsam mit dem Landschaftsplanungsbüro LOEK Landschaftsarchitektur und Ökologie mit dem ersten Platz belegen.

Seit Januar 2018 wird das Gebäude mit insgesamt 44 Schulungs- und Seminarräumen genutzt. In den Fort- und Weiterbildungen, die im Seminargebäude durchgeführt werden, geht es sowohl um Sprachunterricht und Landeskunde als auch um Sicherheitstrainings für Einsätze in Konflikt- und Krisenregionen. Die Umsetzung als Holzbau erschien den Architekten naheliegend, da es sich beim Bauherren um einen Dienstleister für Projekte der nachhaltigen Entwicklung handelt. Vorgegeben war das Ziel einer DGNB-Zertifizierung in Bronze. Tatsächlich erreicht wurde die Zertifizierung in Gold.

Netzartiger Grundriss

Die wabenartige Grundstruktur entstand zum einen von innen heraus, um unterschiedlichen Lern-, Lehr- und Arbeitsformen Raum zu geben, zum anderen aus dem von der Natur geprägten Standort am Waldrand. Das Erdgeschoss ist umlaufend von einer geschosshohen Verglasung geprägt, die dem Gebäude einen aufgeständerten Charakter verleiht. Im Obergeschoss ist die Fassade mit vertikalen Holzlamellen versehen, die die dahinterliegenden Räume vor sommerlicher Überhitzung schützen. Markant ist auch die Dachlandschaft, die aus einer Vielzahl unterschiedlich geneigter, pyramidenartiger Oberlichter besteht. Die Ge­­­­samtfigur umschreibt eine liegende Acht, in deren Mitte sich Eingang, Foyer und der Pausenbereich des Seminargebäudes befinden. Die geschützten Lernräume sind an der Außenfassade angeordnet.

Holzskelett: Konstruktion und Montage

Zwei Raster mit den Größen 5,25 m x 5,25 m und 5,25 m x 3,50 m bilden die Grundlage für die Tragstruktur aus Stützen und Unterzügen aus Fichten-Brettschichtholz. In diese Gitterstruktur eingehängt sind Hohlkastenelemente aus KVH (80 x 240 cm) mit einer oberseitigen Beplankung mit OSB- und einer unterseitigen Beplankung mit Dreischichtplatten. „Dank der Hohlkasten-Elemente konnten wir die Spannweiten von 5,25 m mit geringem Holzverbrauch und somit sehr wirtschaftlich überspannen“, sagt Felix Waechter, Geschäftsführer und Inhaber des Architekturbüros Waechter + Waechter Architekten, „jedes Element bildet einen Kasten mit relativ geringer Höhe, dessen Beplankung oben und unten auch statisch wirksam ist.“

Stahlbeton-Treppenhäuser für die Aussteifung

Die gesamte Holzkonstruktion steht auf einer Stahlbeton-Bodenplatte. Zwei Stahlbeton-Treppenhauskerne mit jeweils einem Aufzug sowie Sanitärräumen dienen der Aussteifung des Gebäudes und gliedern durch zusätzliche Stahlbetonwände das Gebäude in einzelne Brandabschnitte. Zwei zusätzliche Fluchttreppenhäuser an der Nord-Ost- und der Süd-West-Seite des Gebäudes dienen ebenfalls der Aussteifung. Nachdem die Stahlbetonkonstruktion erstellt war, wurde abschnittsweise mit dem Aufbau der Holzkonstruktion bis zum Dach begonnen.

Holzdecken zwischen Erd- und Obergeschoss

Hierfür wurden zunächst die kreuzförmigen Stützen aufgestellt und über spezielle Stahlverbindungen die Unterzüge angeschlossen. Einige der Stützen wurden dabei so ausgeführt, dass in ihrem Inneren die Dachentwässerung verläuft. In dieses Grundgerüst konnten dann die vorgefertigten Hohlkasten-Deckenelemente zwischen Erdgeschoss und Obergeschoss eingehängt werden. Der Hohlraum ist werkseitig mit 14 cm Mineralwolle gedämmt. Um den Schallschutzanforderungen im Gebäude gerecht zu werden, wurde die Holzdecke zudem um einen Massivaufbau ergänzt. Auf der oberen Dreischichtplatte wurden Betonplatten in Bitumenkleber verlegt sowie mittels Stützfüßen mit weichfedernden Gummipads und Hohlbodenträgerplatte ein weiterer Hohlboden als Installationsebene gebaut.

Den oberen Abschluss bilden 5,5 cm Calciumsulfat-Fließestrich und ein 2,5 cm dicker, geschliffener Terrazzobelag.

Sehr kleinstrukturiertes Gebäude

„Bei der Akademie für internationale Zusammenarbeit handelt es sich um ein sehr kleinstrukturiertes Gebäude, für das wir eine große Anzahl von Bauelementen gleicher Bauart mit sehr hohem Vorfertigungsgrad anfertigen mussten“, sagt Gerold Tönjes, Geschäftsführer der ausführenden Firma Grossmann-Bau „die Oberflächen der vorgefertigten Elemente waren dabei in Schreinerqualität gefordert.“

Pyramidenförmige Dachaufbauten

Durch die unterschiedlichen Rastergrößen ergeben sich für die Pyramidenaufbauten im Dach unterschiedliche Neigungen, was die Dachlandschaft besonders spannend macht. Die Dachelemente bestehen jeweils aus zwei Holz-Hohlkasten-Modulen, die am höchsten Punkt mit einer Stahlrohrstütze abgestützt werden. Die in Schreinerqualität angefertigten Oberflächen der statisch wirksamen, unterseitigen Dreischichtplatten der Deckenelemente erhielten eine Akustiklochung. Auf den Hohlkastenelementen der Decken liegen auf einer 4 mm Elastomerbitumen-Dampfsperrschweißbahn 22 cm hohe KVH-Sparren mit Steinwolldämmplatten und Glasvlies in der gleichen Ebene. Abgedichtet sind die Dachaufbauten mit Kunststoffdachabdichtungsbahnen von Soprema. Das Dachbrüstungselement, die Stahlstütze sowie der Hohlkasten wurden auf der Baustelle zusammengefügt und als ein Element auf die Unterzüge gesetzt.

Übergänge vom Holz- zum Stahlbetonbau

„Eine besondere Herausforderung bei diesem Projekt war, dass die Holzkonstruktion, die überall sichtbar sein sollte, zwischen den Betonkernen angeordnet werden musste und daher beidseitig Zwangspunkte entstanden sind“, sagt Niklas Fritz aus dem Ingenieurbüro merz kley partner, „daher mussten an den Übergängen Fugen zur Aufnahme der gesamten Holzbautoleranzen vorgesehen werden. Da im Massivbau aber ganz andere Maßtoleranzen als im Holzbau gelten und sich die Holzbautoleranzen über eine große Länge aufsummierten, gab es einzelne Punkte, an denen die Toleranzfuge stark ausgereizt wurde.“ Grundsätzlich machen Übergänge zwischen Stahlbeton- und Holzbau eine sehr gute Detailplanung notwendig. So haben beispielsweise alle Deckenelemente auf den zwei Auflagerseiten Z-Profile aus Stahl, um die vertikalen Lasten in die weiterführenden Bauteile – in der Regel die Unterzüge – zu übertragen. In den Übergängen zu den Stahlbetonwänden gibt es hingegen längsseits keine Unterzüge, so dass die Elemente an definierten Stellen über Z-Profile in einer Aussparung in den Stahlbetonwänden aufliegen. An den übrigen Längsseiten der Elemente werden diese durch aufgenagelte Stahlwinkel am Stahlbetonkern mit Dübeln fixiert.

Wenig Bauteilanschlüsse nötig

Ein besonderes Detail machten die Punkte notwendig, an denen die Unterzüge der Holzkonstruktion auf die Stahlbetonwände stoßen. Hier sitzen schmale Holzstützen vor der Stahlbetonwand. Der Anschluss der horizontalen Aussteifungslasten des Holzbaus an den Massivbau erfolgt hier über einen in die Wand eingelassenen Schweißgrund, an den die Zug-Kopplungsbleche der Unterzüge auf der Baustelle verschweißt wurden. Grundsätzlich konnte durch die Reduzierung auf zwei Rasterfeldgrößen auch die Anzahl unterschiedlicher Bauteilanschlüsse reduziert werden.

Tragwerk in F30 durch Brandabschnitte

„Es hat sich viel getan in punkto Brandschutz und Holzbau in den letzten Jahren“, sagt Professor Felix Waechter, „dennoch wird in jedem Bundesland etwas anders mit dem Thema umgegangen.“ Das bestätigt auch Bauingenieur Fritz: „In Österreich und der Schweiz gibt es sehr viel einheitlichere Regelungen. Da unterscheiden die einzelnen Bundesländer nicht so stark wie in Deutschland.“ Dennoch stellte der Brandschutz letztendlich keine Hürde dar. Vor allen Dingen die Stahlbetonkerne mit ihren verlängerten Wänden in F90-Qualität stellten beim Brandschutzkonzept durch die Gliederung des Gesamtvolumens in einzelne Brandabschnitte eine wesentliche Basis dar. So musste das gesamte Tragwerk lediglich in F30 ausgeführt werden.

Autorin

Dipl.-Ing. Nina Greve hat Architektur in Braunschweig und Kassel studiert. Sie arbeitet als freie Autorin unter anderem für die Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau und lebt in Lübeck (www.abteilung12.de).

Bautafel (Auswahl)

Projekt Neubau eines Seminar- und Trainingszentrums der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Bonn-Röttgen

BGF 6245 m2

Bauzeit 2016 – 2017

Bauherr Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, 53113 Bonn,

www.giz.de

Architektur und Generalplanung Waechter + Waechter Architekten BDA, 64283 Darmstadt

Objektüberwachung Hochbau Waechter + Waechter Architekten BDA, 64283 Darmstadt, www.waechter-architekten.de mit ap88 Architekten Partnerschaft mbB, 69126 Heidelberg, www.ap88.de

Landschaftsarchitektur LOEK Landschaftsarchitektur und Ökologie, Darmstadt, 64285 Darmstadt,

www.loek.de

Tragwerksplanung Ingenieurbüro merz kley partner ZT GmbH, A-6850 Dornbirn, www.mkp-ing.com

Brandschutz BPK Fire Safety Consultans GmbH, 40472 Düsseldorf, www.bpk-fsc.de

Holzbau- und Dacharbeiten Grossmann Bau GmbH & Co.KG, 83026 Rosenheim,

www.grossmann-bau.de

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