Sprühen statt kleben

Sprühbare Luftdichtung in der Praxis

Eine luftdichte Gebäudehülle wird bei schwer erreichbaren Anschlüssen und Details zur Herausforderung. Sprüh- und streichbare Folien sind hier eine gute Alternative zu Klebebändern. Wir zeigen, wie ein Holzbaubetrieb eine sprühbare Luftdichtung in der Praxis einsetzt und woraus es dabei ankommt.

Es gibt eine Vielzahl von Standard- und Sonderprodukten, um eine luftdichte Gebäudehülle herzustellen. Ob sich diese Produkte für die Praxis eignen, zeigt sich aber erst auf der Baustelle: Es gibt nach wie vor Anschlusssituationen und Details, die – wenn überhaupt – nur mit einem hohen Planungs- und Arbeitsaufwand gelöst werden können. Besonders bei Sanierungen, aber auch im Neubau bei komplizierten Untergründen und anspruchsvollen Situationen blickt man oft in fragende Gesichter, wenn es um Luftdichtung geht. Hinzu kommt der immer stärker werdende Zeit- und Kostendruck am Bau.

Aufsprühen oder auftragen

Speziell für diese komplizierten Bereiche wurden sprüh- und streichbare Folien entwickelt. Diese Produkte können sehr flexibel eingesetzt werden. Auch die Anwendung ist denkbar einfach: Sie werden mit einem Airlessgerät aufgesprüht oder mit einem Pinsel/Spachtel aufgetragen. Durch das Einlegen von Vliesen als Träger können größere Fugen überdeckt werden. Diese Folien schmiegen sich wie eine zweite Haut an die Geometrie des Baukörpers an und haften fest auf bauüblichen Untergründen.

Blau bedeutet flüssig, schwarz ist fest

Ganz neu ist dieses Prinzip nicht. Die Flüssigdichtung basiert stofflich auf den seit Jahrzehnten bewährten Arylat-Anschlussklebern. Das heißt, es bestehen langjährige Praxiserfahrungen hinsichtlich der Alterung und Flexibilität. Als Lösemittel wird einfach Wasser eingesetzt. Je schneller es trocknet, desto schneller wird aus der flüssigen Dispersion eine flexible Folie. Bei saugenden, beispielsweise steinigen Untergründen dauert dieser Prozess nur wenige Minuten. Auf nicht saugenden Untergründen, etwa auf Beton oder bei kalten, feuchten Klimabedingungen im Winter, dauert es entsprechend länger. Dabei ist die Beurteilung, ob die Folie schon trocken ist, ganz einfach: Während des Trocknungsprozesses ändert sich die Farbe der Dispersion von blau zu schwarz.

Randbedingungen beachten!

Das klingt verlockend, doch ganz so einfach ist es nicht. Wie bei der Verarbeitung von allen Materialien müssen Randbedingungen berücksichtigt werden, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Die Folie benötigt einen tragfähigen Untergrund mit einer definierten Poren- und Fugenbreite, die ohne weitere Maßnahmen 3 mm nicht überschreiten soll. Sind größere Fugen vorhanden, müssen diese zuerst mit einer Spachtelmasse geschlossen, mit einem Vlies überbrückt oder Klebeband überklebt werden. Auch die Auftragsdicke ist entscheidend. Die beste Deckung wird erreicht, wenn zunächst horizontal gesprüht wird. Anschließend wird eine weitere Lage durch vertikales Sprühen aufgetragen.

Zeit gespart bei Sockelanschlüssen

Die Erfahrungen von Handwerkern auf Baustellen zeigen, dass die Verarbeitung der Flüssigfolie leicht von der Hand geht und schon nach kurzer Zeit gute Ergebnisse erzielt werden. Kevin Reinhold, Holzbauingenieur und Projektleiter bei Holzbau Moser in Hirschfeld, hat die Flüssigfolie „Aerosana Visconn“ von Pro Clima mit seinem Team ausprobiert. Nach der Baustellenschulung mit einem Pro Clima-Techniker hat der Holzbauingenieur ein Airlessgerät für den Betrieb angeschafft. „Wir sind vor allem im Objektbau unterwegs und realisieren Gebäude wie Schulen, Kitas, Pflegeheime oder auch Aufträge für Wohnungsbaugesellschaften. Da kommen schnell mal 400 bis 500 Laufmeter pro Objekt an Sockelanschlüssen zusammen. Mit der Sprühdichtung sparen unsere Leute gut ein Drittel der Arbeitszeit ein. Mussten wir bei der herkömmlichen Abdichtung mit Klebebändern erst den Untergrund aufwändig reinigen und primern, können wir die Folie jetzt direkt auf den sauberen Untergrund aufsprühen.“ Zudem können Hilfswinkel, die sonst demontiert und nach dem Abkleben wieder montiert wurden, einfach übersprüht werden. Dieser oft ungeliebte Arbeitsschritt entfällt also.

Im Stehen statt auf den Knien

Die Mitarbeiter von Holzbau Moser schätzen besonders die rückenschonende Arbeitsweise – das Abdichten lässt sich jetzt im Stehen erledigen, wo früher stundenlang auf den Knien gearbeitet werden musste. „Die anfängliche Skepsis gegenüber dem Airlessgerät ist gewichen“, so Kevin Reinhold. „Die Maschine lässt sich einfach bedienen und die vergleichsweise kurzen Rüstzeiten können wir gut in den normalen Baustellenablauf integrieren.“ Künftig sollen zwei bis drei Mitarbeiter für die Arbeit mit der Sprühdichtung ausgebildet werden. „Sockelanschlüsse sind aber nur der Anfang: Ich kann mir gut vorstellen, künftig auch bei anderen Anschlussbereichen wie bei Hybridbauten oder in der Sanierung – also immer, wenn unterschiedliche Bauweisen und Materialien aufeinandertreffen – mit der Sprühfolie zu arbeiten“, sagt Kevin Reinhold.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Jens-Lüder Herms ist gelernter Zimmerer und hat Bauingenieurwesen studiert. Für die Forschung und Entwicklung bei Pro Clima erarbeitet er praktische Lösungen für die Gebäudedichtung.

Vorteile der sprühbaren Dichtmasse

Arbeitsergonomie: Durch das Aufsprühen der Luftdichtung sind Details leicht zu erreichen. Schwierige Anschlüsse mit unregelmäßigen Untergründen, Winkeln und Zugankern lassen sich leicht und schnell abdichten. Aufwendiges Abkleben auf den Knien oder im Liegen bei Bodenanschlüssen oder Balkenköpfen entfällt. Die Sprühverlängerung in Kombination mit einer Winkelspitze sorgt für einen großen Arbeitsradius.

Arbeitsschritte sparen: Anschlüsse können in einem Arbeitsgang abgedichtet werden. Arbeiten wie Primern, Verkleben oder Trennpapier aufsammeln und Entsorgen entfallen.

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