Mit Rautenziegeln und Walzbleischaren

Dachsanierung der St. Josephskirche in Bonn

Die Dachflächen der St. Josephskirche in Bonn wurden saniert und ihr Dachtragwerk ertüchtigt. Das ursprünglich mit Schiefer gedeckte Hauptdach erhielt eine neue Eindeckung aus rautenförmigen Dachziegeln. Die Kuppel des Kirchturms wurde mit Walzbleischaren in Hohlwulsttechnik eingedeckt.

Der schlichte, aber monumentale Backsteinbau der römisch-katholischen St. Josephskirche in Bonn stammt aus den 1930er Jahren. Die Kirche prägt die Straßenkreuzung an der Ecke Graurheindorfer Straße und Kaiser-Karl-Ring im Stadtteil Bonn-Castell. Die Architekten Aloys Böll und Otto Neuhaus aus Köln planten die einschiffige Hallenkirche mit hohem Chorraum und einem frei sichtbaren Altar. An der rechten Seite des mächtigen Gebäudes platzierten sie den Kirchturm. Der moderne Baustil des Gebäudes sollte dazu beitragen, sichtbare Unterschiede zwischen den Konfessionen abzubauen. Nach der Einweihung der Kirche 1934 wurde das Gebäude 1944 während eines Bombenangriffs beschädigt und danach mit einfachen Mitteln repariert. In den 1970er Jahren wurde die Kirche renoviert und umgestaltet. 2019 begann die umfassende Dachsanierung der Bonner Kirche.

Alte Schieferdeckung nicht mehr funktionstüchtig

Ursprünglich waren die Dächer der Kirche und des Kirchturms mit Schiefer eingedeckt. Die Deckung wies aber mit der Zeit deutliche Schäden auf, etliche Schiefersteine waren bereits abgefallen und die gesamte Deckung in weiten Teilen nicht mehr funktionstüchtig. So kam es seit längerer Zeit zu eindringendem Regen, der nicht nur die Standfähigkeit der Unterkonstruktion, sondern auch die innenliegende Holzdecke des Kirchenschiffes und somit auch die wertvolle Orgel in der Kirche gefährdete. Eine umfassende Sanierung des Daches war nötig.

Mit der Planung der Sanierung wurde das Architekturbüro Saul aus Bonn beauftragt. Den Auftrag für die Dachsanierung erhielt die Firma MH Handwerk Dachbau GmbH aus Hillesheim, die umfassende Erfahrungen in der Sanierung von Kirchen vorweisen kann. Der Dachdeckerbetrieb war auch an der Neudeckung der Dachflächen auf Burg Eltz mit Moselschiefer beteiligt, mehr dazu lesen Sie hier. Der erfahrene Dachdecker- und Zimmereibetrieb wurde sowohl mit der Ertüchtigung des Dachtragwerks als auch mit der Neueindeckung beauftragt. Die Arbeiten wurden in enger Abstimmung mit dem beauftragten Architekturbüro sowie der Kirchengemeinde und dem Erzbistum Köln geplant und durchgeführt.

Sparrenfußpunkte ergänzt, erneuert und ersetzt

Im ersten Schritt räumten die Dachdecker das alte Schieferdach des Kirchenschiffs ab. Dabei zeigten sich bereits deutliche Schäden an der Tragkonstruktion sowie an Teilen der Schalung. In der Folge mussten alle Fußpunkte der Sparren ergänzt, erneuert und ersetzt werden. Hierzu verankerten die Zimmerer eine neue Fußschwelle auf dem umlaufenden Ziegelmauerwerk. Mit Ankern aus L-förmigen Holz-Mehrschichtplatten wurden die Dachsparren am Tragwerk neu befestigt. So werden die nach außen gerichteten Horizontalkräfte sicher aufgenommen und in die Stahlkonstruktion des Daches eingeleitet.

Schalbretter im Traufbereich erneuert

Die alten Aufschieblinge waren nur unzureichend befestigt und mussten erneuert werden. Die neuen und verstärkten Aufschieblinge ermöglichen die Ableitung des Regenwassers über die Traufe. Auch die morschen Schalbretter im Traufbereich wurden von den Zimmerern und Dachdeckern erneuert. Das hängende Sprengwerk des Daches aus Stahlträgern und Holzsparren wurde umfassend ertüchtigt.

Vierlagige Unterdeckbahn über der Schalung

Als behelfsdeckende Maßnahme vor der Neudeckung des Daches verlegten die Dachdecker auf der 1100 m² großen Dachfläche und auf der Schalung die Unterdeckbahn „Divoroll Universal+ 2S“ von BMI Braas. Durch ihr integriertes Gittergelege gilt die Unterdeckbahn als hoch reißfest. Das wasserabweisende „Dura Protect“-Hochleistungs-Vlies als hydrophobiertes Gewebe in der Bahn lässt nach Herstellerangaben Feuchtigkeit leicht abfließen und verhindert Kapillareffekte. Die Bahn eignet sich mit dem abgestimmten Systemzubehör als Behelfsdeckung und entspricht den Klassen UDB-A und USB-A des Regelwerks des ZVDH. Sie kann auch als Vordeckung, besonders bei Schiefer und Faserzementplatten auf geschalten Dächern, verlegt werden. Dabei erleichtert die integrierte Doppelklebezone die winddichte, regen- und insektensichere Verlegung. Die Dachdecker befestigten die Unterdeckbahnen im überdeckten Randbereich auf der Schalung. Fixiert wurden die Bahnen mit der Konterlattung mit unterlegter Nageldichtung.

Rautenförmiger Dachziegel

Bei der Wahl der neuen Dacheindeckung entschied sich das Planungsbüro Saul in Abstimmung mit der Kirchengemeinde und dem Erzbistum Köln für einen speziellen, rautenförmigen Dachziegel, der sich optisch an klassischen Schieferdeckungen orientiert. Zum Einsatz kam der matt engobierte Dachziegel „Smaragd“ in der Farbe Anthrazit von BMI Braas. Der Rautenziegel hat eine Länge von 475 mm und eine Breite von 443 mm. Mit einer variablen Decklänge von 20 mm lässt sich der Ziegel gut für Bestandsgebäude einteilen und wird in Reihe gedeckt. Dabei sorgt ein optischer Untersichtschutz für ein harmonisches Deckungsbild. Zur einfacheren Verlegung erleichtert eine Eindeckhilfe in der Mitte des Dachziegels die Ausrichtung an der senkrechten Schnürung. Das soll für ein symmetrisches Erscheinungsbild der Deckung sorgen. Mit seiner Regeldachneigung von 16° gilt der Ziegel als sicher gegen Regeneintrag. Das Gewicht des Dachziegels beträgt laut Hersteller 3,7 kg, der Ziegelbedarf liegt bei 12,5 bis 14 Ziegeln pro Quadratmeter Dachfläche. Für die regelkonforme Windsogsicherung musste ein statischer Einzelnachweis geführt werden, da die Kirche höher als 25 m ist. In die Windlastberechnung ging als Zusatzwert die Unterkonstruktion mit der winddichten Unterdeckung („Divoroll Universal+ 2S“) als geschlossener Deckunterlage ein. Im Einzelnachweis wurde so die erforderliche Anzahl der Befestigungsmittel für eine fachregelkonforme Windsogsicherung in den Dachbereichen Ortgang, Traufe und First sowie den Mittenbereich ermittelt. Zur Windsogsicherung kam die Sturmklammer „DZ 4“ aus korrosionsbeständigem Edelstahl zum Einsatz. Die Sturmklammer wird ohne Einschlagen in den seitlichen Falz des Ziegels und um die Traglatte des darunter liegenden Dachziegels geklemmt.

Erste Ziegelreihe mit Traufplatten erstellt

Die Dachflächen wurden von den Dachdeckern mit einem durchschnittlichen Lattabstand von 180 mm eingeteilt. Dabei erleichterte der variable Verschiebebereich des Dachziegels „Smaragd“ von 20 mm die Dacheinteilung und die Anpassung an die Bestandskonstruktion. Dieser Verschiebebereich erleichterte auch den Übergang im Bereich des Aufschieblings. Dieser Dachknick ist nach Fertigstellung der Arbeiten kaum noch sichtbar.

Die erste Ziegelreihe an der Traufe wurde mit einer Traufplatte eingedeckt. Der Trockenfirst wurde mit der Firstrolle „Metallroll“ sicher gegen Flugschnee und Regeneintrieb abgedeckt. Den „Linienfirst N“ schraubten die Dachdecker ebenso wie die Firstreihen mit Edelstahlschrauben fest.

Kuppeldach in Walzblei ausgeführt

Das Dach des Glockenturms der St. Josephskirche bekam im Zuge der Sanierungsarbeiten eine neue Verkleidung. Das Kuppeldach des Turms war, wie das Dach der Kirche, ursprünglich mit Schiefer eingedeckt. Durch seine gewölbte Form ergaben sich aber bei dieser Deckung Unterschreitungen der Dachneigungsgrenzen. Außerdem bestand die Gefahr von nicht ausreichender Regensicherheit der Schieferdeckung. Das Planungsbüro sowie die Kirchengemeinde entschieden sich für eine Ausführung des Kuppeldachs in Walzblei. Die Dachdecker und Klempner der MH Handwerk Dachbau fertigten hierzu die einzelnen Walzbleischare in der Werkstatt vor. Auf der Baustelle wurden die konischen Schare per Hohlwulsttechnik verbunden.

Kunststoffdachbahnen für die Kehlen

Die umlaufenden Kehlen des Kuppeldachs dichteten die Dachdecker mit „BMI Wolfin GWSK“-Kunststoffdach- und dichtungsbahnen ab. Die selbstklebende Dachabdichtungsbahn kann ohne mechanische Befestigungselemente verlegt werden. Sie erleichterte die Verlegung in den beengten Grabenbereichen des Kirchturms. Ein kleiner Anbau der Kirche wurde ebenfalls mit der Kunststoffdachbahn „GWSK“ von BMI Wolfin abgedichtet. Die Verlegung der kaltselbstklebenden Dachbahnen erfolgte hier direkt auf einer Polystyrol-Gefälledämmung. Die Abdichtungsbahn hat auch ohne zusätzliche Ausrüstung mit Flammschutzmittel eine sehr niedrige Brandlast und bietet so ein günstiges Brandschutzverhalten. In den Eckbereichen und bei Rinneneinläufe setzten die Dachdecker materialidentische Formteile ein. Abschließend wurden die Nähte materialgerecht mit dem Produkt „Wolfin Flüssigfolie“ versiegelt. Die Verwahrung der Wandanschlüsse im Mauerwerk des Kirchenschiffes erfolgte mit gekantetem Bleiblech. Die Fugen wurden anschließend mit Bleiwolle dicht ausgestopft.

Mit dem Aufsetzen des neu vergoldeten Kirchenkreuzes konnten die Sanierungsarbeiten der St. Josephskirche zu einem erfolgreichen Abschluss geführt werden. Dabei wurde mit der Dachsanierung der St. Josephskirche in Bonn keine beliebige Bauaufgabe erfüllt. Für den gelungenen Bauablauf sorgte auch die erfolgreiche Zusammenarbeit aller Baubeteiligten.

Autor

Horst Pavel ist Direktor der Anwendungstechnik bei BMI in Deutschland.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Dachsanierung der St. Josephskirche in Bonn

Bauherr Kirchengemeinde St. Joseph, 53111 Bonn,
www.sankt-petrus-bonn.de/kirchen/st-joseph

Planung und Bauleitung Architekturbüro Saul, 53121 Bonn, https://www.architekt-bonn.com 

Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten MH Handwerk Dachbau GmbH, 54576 Hillesheim, www.handwerk-daecher.de

Produkte (Auswahl)

Unterdeckbahn „BMI Braas Divoroll Universal+ 2S“,

Dachziegel „BMI Braas Smaragd“ Matt engobiert, Anthrazit, BMI Steildach GmbH,

Kunststoffdach- und dichtungsbahnen „Wolfin GWSK“, BMI Wolfin, www.bmigroup.com

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