Dachsanierung auf Burg Eltz mit Moselschiefer

Bei den Dächern der Burg Eltz finden sich Zeugnisse alter Dachdeckerkunst und älteste Belege für die Haltbarkeit von Moselschiefer als Dachdeckungsmaterial. Die Burg erhielt in großen Teilen eine neue Schieferdeckung – insgesamt 1800 m² in Altdeutscher Deckung aus Moselschiefer im scharfen Hieb.

Die Burg Eltz am Elzbach, einem Zufluss der Mosel, wurde erstmals 1157 erwähnt. Sie zählt heute zu den besterhaltenen Burgen Deutschlands und wird jährlich von rund 250 000 Gästen besucht. Das Bauwerk hatte das Glück, nie unter einer ernsthaften kriegerischen Auseinandersetzung gelitten zu haben. Das Besondere an dieser Burg ist deshalb nicht nur ihr originaler historischer Zustand, sondern auch die hier einst gefundenen uralten Belege der Dachdeckerkunst und die erhaltenen Belege der verwendeten Baumaterialien. Hier fand das Unternehmen Rathscheck mit Moselschiefer gedeckte Flächen, die nachweislich über 200 Jahre alt waren.

Die Burg Eltz ist eine sogenannte Ganerbenburg, was bedeutet, dass die Nachkommen des Burgerbauers diese Burg gemeinsam erbten, bewohnten und bewirtschafteten. In der Hochzeit der Burg wohnten hier über 100 Familienmitglieder und Gesinde auf engstem Raum zusammen. Neben dem ältesten und ursprünglichen Gebäudeteil der Burg, der Platt-Eltz, einem Wehrturm aus dem 12. Jahrhundert, erbauten die Familienlinien der Eltz-Rübenacher, der Eltz-Kempenicher und der Eltz-Rodendorfer innerhalb der Burgmauern jeweils ihre eigenen Familienunterkünfte. Auf diese Weise entstand eine sogenannte Randhausburg. Die Bebauung ist zwischen sechs und zehn Geschossen hoch. Die dichte Nutzung der Burgfläche spiegelt sich in der überaus komplexen Dachlandschaft wider. Heute sind die Grafen von und zu Eltz von der Kempenicher Linie die alleinigen Eigentümer der Burg, denn die Familienlinie der Rodendorfer starb im 18. Jahrhundert aus und die Rübenacher verkauften ihren Anteil im Jahr 1815.

In den 1980er Jahren wurde in einem ersten Schritt die Nordwestseite der Burgdächer, unter anderem das Rübenacher Haus und einige Dächer vor- und angegliederter Wirtschaftsgebäude saniert. 2011 und 2012 fand die großflächige Dachsanierung der übrigen Dächer statt.

Die Dachdeckerbetriebe, die hier zum Einsatz kamen, sind allesamt Empfehlungen. Der Burgherr versicherte sich der Beratung von Franz Wierschem, einem in Fachkreisen bekannten, pensionierten Meister seines Faches. Von den sechs empfohlenen und aufgeforderten Unternehmen trauten sich nur zwei die Umsetzung einer solch handwerklich komplexen wie logistisch anspruchsvollen Aufgabe zu und gaben ein Angebot ab. 

Dachdeckermeister Harald Handwerk aus Hillesheim, Sachverständiger des Dachdecker- und Klempnerhandwerks, deckte die großen und vielfältig verschnittenen Dächer der Eltz-Kempenicher und der Eltz-Rodendorfer-Häuser. Die Grünewald Dachtechnik aus Bruttig-Fankel deckte in einem weiteren Bauabschnitt das Dach der Platt-Eltz ein.

Komplexe Logistik

Eine große Herausforderung an diesem Objekt war die schwierige Zuwegung und die überaus komplexe Logistik. Eine Burg, das ist ja der Sinn eines solchen Bauwerkes, sollte schließlich schwer zu erklimmen sein. Die Dachdecker mussten jeden Tag zuerst über einen verschlungenen Forstweg und am Elzbach entlang über eine extra für diese Baustelle errichtete provisorische Brücke zu einer kleinen Wiese am Fuß der Burg fahren. Von dort aus gingen sie schließlich über 70 m hohe Gerüste zu ihren Arbeitsplätzen. Dort angekommen mussten die Materialien, auch wenn ein Kran zur Verfügung stand, sehr oft noch weit über die Gerüste transportiert werden.

Dachdeckermeister Harald Handwerk hat, um der Vielfalt der Dächer gerecht zu werden, seinen Dachauftrag in 54 einzelne Aufgaben unterteilt. Jeder Dachteil wurde in der Fläche und mit allen seinen Anschlussdetails mit dem interessierten wie sachkundigen Bauherrn, Dr. Karl Graf zu Eltz, besprochen. Insgesamt entstanden unter der Federführung von Harald Handwerk 1500 m² Schieferdächer komplett neu. Die größte einzelne Dachfläche betrug 85 m². In den vielen komplexen Dachflächen wurden noch unzählige Gauben eingebunden. Insgesamt deckten die Dachdecker an diesen Dächern rund 40 Tonnen Moselschiefer von Rathscheck ein.

Ästhetischer scharfer Hieb

Im ersten Schritt mussten Teile der hölzernen Dachstühle ertüchtigt werden. Nach Abschluss dieser Arbeiten folgte eine 28 mm dicke Nut-Feder-Vollschalung aus Fichtenholz und eine Vordeckung. Auf den durchweg sehr steilen Dächern der Burg kamen Schiefer der Sortierungen 1/12 bis 1/32 zum Einsatz. Dies entspricht Steinhöhen zwischen 30 und 16 cm. Verwendet wurde Moselschiefer im sogenannten scharfen Hieb. Diese Steingeometrie sichert eine höhere Seitenüberdeckung und damit eine sehr hohe Regensicherheit. Der scharfe Hieb kam vor allem aus ästhetischen Gründen zum Einsatz, denn bei diesen steilen Dächern hätte auch der normale Hieb ausgereicht.

Wie komplex die Arbeiten an den Burgdächern waren, zeigt ein Beispiel einer Dachfläche an einem der sogenannten Kempenicher Häuser. Diese etwa 60° steile Dachfläche erstreckt sich über 3 ½ Geschosse.

Eine Dachfläche als Beispiel

An der Traufe beginnt die Deckung über der Regenrinne mit 28 cm hohen Steinen und endet am First mit 18 cm großen Steinen. Obwohl die Fachregel für ein solches Dach mindestens 6 Steinhöhen verlangt, wurden hier aus ästhetischen Gründen insgesamt 8 Steinhöhen eingesetzt.

Beginnend mit einem Fußgebinde schließt die tiefst gelegene Dachfläche mit einer rechten Wangenkehle an die Wand an. Diese Wangenkehle beginnt mit einem Einfäller und ist mit Schwärmer in die Wanddeckung eingebunden. Alle Kehlsteine haben einen runden Rücken und einen runden Bruch.

Die darüber liegende linke Hauptkehle, die bis zum Schornstein führt, ist vom Wasserstein aus gedeckt und mit einem Schwärmer in die Dachfläche eingebunden. Wichtig bei einer solchen Kehle ist, dass wie hier sich Deck- und Kehlstein auf dem Wasserstein berühren.

Unter dem Schornstein geht diese Hauptkehle in eine schräg verlaufende Brustkehle des Schornsteins über. Rechts vom Schornstein wurde eine linke Wandkehle vom Wasserstein aus gedeckt. Links vom Schornstein (hier nicht sichtbar) befindet sich eine vom Einfäller aus gedeckte rechte Wandkehle. Die Verschneidung von Hauptkehle und Kaminkopf wurde mit Walzblei unterfangen. Die über beziehungsweise links vom Schornstein weitergeführte Hauptkehle endet am Frist. Das Firstgebinde läuft aus dem First aus, deckt die Kehle als Kragengebinde ab und geht in ein Deckgebinde, das hinter den Schornstein weiter läuft, über.

Die Walmdachgauben mit geteilter Walmfläche sind rechts mit einer ausgehenden (fliehenden) Wangenkehle in die Dachdeckung zwanglos eingebunden. Links sind die linken ebenfalls ausgehenden (fliehenden) Wangenkehlen mit einem oder mehreren, sogenannten unterteilten Schwärmern eingebunden. Die Dachflächen der Gauben sind rechts mit rechts gedeckten Hauptkehlen und zwanglosem Übergang in die Dachfläche eingebunden. Links sind links gedeckte Hauptkehlen mit unterteilten Schwärmern in die Dachdeckung eingebunden. Die Firstgebinde der Gauben gehen in Kragengebinde und dann in Deckgebinde über.

Der Schmuckgiebel, ein höher stehender Fachwerkgiebel, verläuft in drei Bögen von Traufe bis First und nähert sich an zwei Stellen der Dachfläche so sehr, dass hier kein Platz für eine Wandkehle war. Das Deckgebinde mit einem gestaffelten Endort verläuft deshalb bis vor den Schmuckgiebel und ist dort, jeder Stein einzeln, mit Bleischichtstücken eingebunden. Die Deckung der Mauerkrone / Fachwerkkrone ist auf ausdrücklichen Wunsch des Bauherrn in dieser Steingröße und Geometrie ausgeführt worden.

Das achteckige Türmchen ganz links im Bild wurde zuerst an allen Graten mit Bleikappen, 16 cm breit unterdeckt. Vom Fußgebinde ausgehend beginnt die Deckung der einzelnen Flächen links mit einem gestaffelten Anfangort mit einem oder zwei Stichsteinen und endet rechts mit einem gestaffelten Doppelendort. Die einzelnen Schieferflächen stehen in vorherrschender Wetterrichtung mindestens 5 cm über.

Diese kurze Schilderung beschreibt im Ansatz nur drei der insgesamt 54 Dachflächen. Dabei präsentiert sich die hier vorgestellte Dachfläche noch relativ einfach. Im Extremfall waren die Verschneidungen hinter großen Schornsteinen oder Türmchen so eng, dass ein Handwerker gleichzeitig an drei Kehlen arbeitete. Mit großer Sachkenntnis wurde diese Baustelle im Mai 2012 abgeschlossen. Burg Eltz präsentiert sich heute den vielen Besuchern ohne Gerüste wieder in ganzer Pracht. Ein empfehlenswertes Ziel auch für Dachdecker.

Autor

Gerard Halama ist Fachjournalist und betreibt ein Büro für Fachpublizistik in Bremen.

Im Extremfall waren die Verschneidungen hinter großen Schornsteinen oder Türmchen so eng, dass ein Handwerker gleichzeitig an drei Kehlen arbeitete

Die Herausforderung war die kleine Gliederung der Dachflächen

dach+holzbau: Wie fühlt man sich, wenn man gerade die berühmte Burg Eltz als Objekt erfolgreich abgeschlossen hat?

Harald Handwerk: Ich bin schon seit 30 Jahren in diesem Geschäft unterwegs und seit 20 Jahren Sachverständiger im Dachdecker- und Klempnerhandwerk. Dennoch habe ich auch heute noch stets einen riesigen Respekt vor jedem Dach. Die Burg Eltz ist insofern eine respektable Gesamtleistung.

Was war die größte Herausforderung an diesem Objekt?

Die Schieferdächer mit ihren vielen Detaillierungen waren es nicht. Dieses Handwerk beherrschen wir. Die Herausforderung war die enorm kleine Gliederung der Dachflächen, die Enge der Details und die sich daraus ergebene komplexe Logistik. Es gibt nur wenige Dachflächen über 30 m² und immer wieder kleine Gauben. Die normalen, gewohnten Abläufe wurden hier sehr oft unterbrochen. Wir mussten immer wieder Details und ihre Lösungen besprechen und koordinieren. Wirklich schwierig wurde es an den ganz engen Stellen, wo wir mit Blei vollenden mussten.

Haben Sie dennoch in jedem Detail unermüdlich auf Perfektion geachtet?

Ich bin Perfektionist. Das wissen meine Mitarbeiter. Respekt vor der Arbeit und die Ernsthaftigkeit dieser Aufgabe sind mir wichtig. So haben wir hier, ebenso wie auf allen unseren Baustellen, trotz aller Komplikationen meine persönlichen Vorgaben umgesetzt. Wo beispielsweise die Fachregel sechs Steingrößen fordert, lasse ich grundsätzlich acht Steingrößen eindecken. Erst dann entsteht die stimmige Optik einer Altdeutschen Deckung.

Es hieß, hier konnten nur schlanke Dachdecker arbeiten?

Ja, das stimmt tatsächlich, die Verschneidungen der Dachflächen waren so eng, die Dichte der Gerüste so groß, dass wir hier sehr gelenkige Dachdecker brauchten. Ein 90-Kilo-Mann hätte an diesem Objekt in so manche Kehle nicht gepasst.

Sie selbst haben das Dach in 54 Einzelaufgaben aufgeteilt. Was hat es damit auf sich?

Die von uns ausgeführten Dächer der Kempenicher und Rodendorfer Häuser umfassen insgesamt 54 Dachflächen. Darin sind die Türme sowie unzählige Gauben nicht berücksichtigt. Die Einteilung in einzelne Flächen diente uns als Überblick. Sie wurden darüber hinaus noch in Hof- und Feldseite unterteilt. Unser Angebot umfasste deshalb sehr viele Einzelpositionen. Als Beispiel möge nur ein zehneckiger Turm gelten, bei dem alle Anfang- und Endorte mit mehr als 100 m Länge mehr ins Gewicht fallen als die eigentliche Fläche.

Bautafel (Auswahl)

Objekt Sanierung Burg Eltz, D-56294 Münstermaifeld mit 1800 m² Schieferdeckung,

www.burg-eltz.de

Bauherr Dr. Karl Graf zu Eltz

Architekten Heinrich + Steinhardt GmbH, D-56170 Bendorf, www.heinrich-steinhardt.de

Kempenicher und Rodendorfer Dächer, etwa 1500 m² Harald Handwerk GmbH (heute: MH Handwerk Dachbau), 54576 Hillesheim, www.handwerk-daecher.de, Subunternehmer: Weiler Bedachungsgeschäft GmbH, D-56751 Polch, www.daecher-von-weiler.de 

Platt-Eltz, etwa 300 m² Grünewald Dachtechnik GmbH & Co.KG, 56814 Bruttig-Fankel, www.gruenewald-dachtechnik.de

Material Moselschiefer, Altdeutsche Deckung
mit scharfem Hieb, Sortierung 1/12 bis 1/32 und Zubehörsteine, rund 40 Tonnen

Hersteller Rathscheck Schiefer, 56727 Mayen-Katzenberg, www.rathscheck.de

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