Filigrane Fenster für ehemalige Fabrikhallen

Sanierung der Flottmann-Hallen in Herne unter Denkmalschutzauflagen

Die Flottmann-Hallen in Herne genießen einen guten Ruf als Location für moderne Kunst und Kultur, allerdings unter erschwerten Bedingungen: Marode Verglasungen und ein ungedämmtes Dach sorgten jahrelang für Probleme in den ehemaligen Fabrikhallen. Nach mehreren Sanierungen ist der Kulturbetrieb seit Herbst 2024 wieder möglich. Dabei wurden neue Firstverglasungen und Lichtbänder von Glasolux in den Dachflächen der Flottmann-Hallen eingebaut.

Die Adresse „Straße des Bohrhammers Nr. 5“ mag für Auswärtige erstaunlich klingen. Doch in Herne, das den Beinamen „Stadt der Bohrhämmer“ trägt, ist diese Bezeichnung selbsterklärend. Schließlich wurden hier ab 1908 jene Werkzeuge gefertigt, ohne die der industrialisierte Steinkohleabbau im Ruhrgebiet kaum denkbar gewesen wäre. 

Das fünfschiffige Gebäudeensemble der Flottmann-Hallen in Herne wurde 1908 für die Produktion von Bohrhämmern errichtet. Seit 1986 ist das denkmalgeschützte Areal dem Kunst- und Kulturbetrieb gewidmet
Foto: Cornelia Suhan

Das fünfschiffige Gebäudeensemble der Flottmann-Hallen in Herne wurde 1908 für die Produktion von Bohrhämmern errichtet. Seit 1986 ist das denkmalgeschützte Areal dem Kunst- und Kulturbetrieb gewidmet
Foto: Cornelia Suhan

Die Maschinenfabrik H. Flottmann & Co. gründete hier nach der Jahrhundertwende eine Schmiede, eine Schlosserei sowie eine Ausstellungs- und Versandhalle. Nach den Plänen der Architekten Schmidtmann und Klemp wurde hierfür ein fünfschiffiger, symmetrisch gegliederter Gebäudekomplex errichtet, der den Jugendstil Darmstädter Prägung reflektierte und mit moderner Zweckmäßigkeit verband.

Der unternehmerische Erfolg ließ die Belegschaft im Herner Werk vor der Weltwirtschaftskrise der Zwanzigerjahre auf 1520 Personen anwachsen. Es folgte eine äußerst unrühmliche Phase der Firmengeschichte, als sich die Geschäftsführung der NSDAP-Ideologie anschloss, was nach dem 2. Weltkrieg übergangsweise zu einer Stilllegung des Betriebs führte. Während der Zeit des Wiederaufbaus in den Sechzigerjahren konnte der Enkel des Firmengründers, Friedrich Heinrich Flottmann, das Unternehmen nochmals beleben, aber in den Siebzigerjahren begann der letzten Endes doch unaufhaltsame, unternehmerische Abstieg. Die Flottmann-Hallen wurden für die Produktion nicht mehr benötigt, verwaisten und begannen zu verfallen.

Rettung vor dem Abriss und Denkmalschutz

1980 übernahm die Stadt Herne die Immobilie und 1983 stand der Abriss kurz bevor. Der konnte jedoch noch einmal abgewendet werden, und 1986 erfolgte die Erteilung des Denkmalschutzes. Damals begann bereits der Kulturbetrieb, und die „wohnungsnahe Freizeit- und Erholungsanlage mit integrierter Begegnungsstätte“ erarbeitete sich einen guten Ruf in der überregionalen Kulturszene. Doch der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich zusehends, die Nutzung war nur noch sehr eingeschränkt möglich.

Risse und andere Undichtigkeiten in der alten Dachverglasung führten zu Wassereinbrüchen und Temperaturextremen in den Hallen
Foto: Glasolux

Risse und andere Undichtigkeiten in der alten Dachverglasung führten zu Wassereinbrüchen und Temperaturextremen in den Hallen
Foto: Glasolux
Die Dachflächen waren komplett ungedämmt und die noch aus den Vorkriegsjahren stammenden Fenster mit eingekitteten Einscheibenverglasungen schlossen nicht mehr richtig. Unterhalb der Oberlichter trugen zudem 1,5 bis 2 cm breite Luftspalten über die gesamte Länge ebenfalls zu Undichtigkeiten bei. „Vor der Sanierung haben wir hier immer wieder massive Wassereinbrüche erleben müssen. Außerdem war es im Winter in den Hallen oftmals viel zu kalt und im Sommer mit manchmal mehr als 45 Grad wiederum deutlich zu heiß für Veranstaltungen und Ausstellungen. Teile der Flächen insbesondere in der Ausstellungshalle konnten wir oftmals nicht nutzen. Daher waren wir bei der Gestaltung unseres Kulturprogramms eingeschränkt, und eine umfassende Sanierung war unausweichlich“, sagt Thomas Witt, der die Verwaltung der Flottmann-Hallen leitet.

Das bestätigt auch Sabine Albrecht, die bei der Stadt Herne dem Team Bauleitung des Fachbereichs Gebäudemanagement vorsteht: „Den baulichen Wärmeschutz zu gewährleisten, bildete einen Schwerpunkt der Sanierungsmaßnahmen. Darüber hinaus mussten auch die Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen erneuert werden, und die Barrierefreiheit war eine weitere wichtige Aufgabe. Über allem stand dabei, den Denkmalschutz zu beachten.“

Dies galt beispielsweise für den barrierefreien Zugang zum Gebäude, denn die schweren Stahltüren durften nicht entfernt werden. Zum Glück bot der Einbau neuer Technik für das erleichterte Öffnen und Schließen eine relativ einfache Lösung. Auch der Einsatz einer neuen Lüftungsanlage sowie der Austausch der Beleuchtung durch moderne LED-Tiefstrahler und -Langfeldleuchten stellten hinsichtlich des Denkmalschutzes keine großen Hürden dar.

Energetische Sanierung und Erhalt der Architektur

Anders verhielt es sich mit den Verglasungen, die mit rund 600 m² weite Teile der Dachflächen ausmachen. Sabrina Gronotte vom Architekturbüro gronotte.architekten wurde mit der Sanierungsplanung beauftragt. Sie erläutert die Anforderungen: „Notwendig war eine energetische Sanierung mit vollständigem Austausch der Einscheiben-Schrägverglasungen, jedoch ohne architektonische Veränderungen. Die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes und den Denkmalschutz auf einen Nenner zu bringen, war keine leichte Aufgabe. Der Baustil der Flottmann-Hallen besitzt einen zugleich typischen und doch ganz eigenen industriellen Charme, und das ursprüngliche Erscheinungsbild musste natürlich erhalten bleiben.“

Dies war bei den großen Fensterflächen alles andere als einfach umzusetzen, denn die traditionelle Stahlkonstruktion war sehr filigran gearbeitet. Moderne Wärmeschutzgläser, deren Einbau hier unumgänglich war, erfordern aber einen stärker belastbaren Rahmen. „Zum Glück war Glasolux in der Lage, entsprechend filigrane und zugleich stabile Aluminiumeinfassungen zu fertigen, die für dreifach verglaste Fenster uneingeschränkt geeignet sind“, so die Architektin.

Dank der Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ war die Finanzierung der Umbauten der Flottmann-Hallen mit dem Bewilligungsbescheid vom September 2021 gesichert. Die Ausschreibung konnte erfolgen, und Glasolux erhielt den Zuschlag für die Fertigung und Montage von vier großen Firstverglasungen und insgesamt zehn Lichtbändern.

2,5 Mio. Euro für die Sanierung der Infrastruktur

Für die Sanierung der gesamten Infrastruktur standen 2,5 Mio. Euro zur Verfügung, der Eigenanteil der Stadt Herne belief sich auf 250 000 €. Den ersten beiden Hallen widmete man sich ab 2022, die nächsten beiden folgten 2023. Die Sanierung der Dachflächen begann mit dem Anbringen der mehrschichtigen Wärmedämmung in den Satteldächern auf einer Fläche von rund 1400 m² inklusive einer neuen bituminösen Abdichtung und dem Schließen der Luftspalten. Mit der Demontage der bestehenden Firstverglasungen und Lichtbänder wurde Glasolux beauftragt. Innengerüste gewährleisteten hierbei – wie auch bei den späteren Montagearbeiten – die Arbeitssicherheit.

Bis zu 20 Meter lang sind die Firstverglasungen und Lichtbänder, die Glasolux für die Flottmann-Hallen fertigte und montierte
Foto: Cornelia Suhan

Bis zu 20 Meter lang sind die Firstverglasungen und Lichtbänder, die Glasolux für die Flottmann-Hallen fertigte und montierte
Foto: Cornelia Suhan

Die neuen Firstverglasungen und Lichtbänder unterscheiden sich zwar optisch nicht von den früheren Ausführungen, wohl aber hinsichtlich ihrer Funktionalität und Energieeffizienz. Energieeinsparungen von bis zu 30 Prozent sind laut Architektin Sabrina Gronotte realistisch zu prognostizieren. Neben dem Klima- und Ressourcenschutz ist die nachhaltige Verbesserung der klimatischen Bedingungen ein weiterer wichtiger Faktor. So sind die Dachverglasungen mit 26 Öffnungsmodulen ausgestattet, die einfach zu steuern sind und zur bedarfsgerechten Klimatisierung beitragen.

Thomas Witt von der Verwaltung der Flottmann-Hallen nennt einen weiteren Vorteil: „Die früheren Werkstatt-Glasfenster waren deutlich weniger transparent als die jetzigen Elemente. Deshalb können wir nun mehr natürliches Tageslicht nutzen, und das ist gerade für Kunstausstellungen sehr gut.“

Die neuen Elemente, hier die Firstverglasung, sind mit Wärmeschutzgläsern versehen und weisen eine höhere Transparenz als zuvor auf, dadurch gelangt mehr Tageslicht in die Hallen
Foto: Cornelia Suhan

Die neuen Elemente, hier die Firstverglasung, sind mit Wärmeschutzgläsern versehen und weisen eine höhere Transparenz als zuvor auf, dadurch gelangt mehr Tageslicht in die Hallen
Foto: Cornelia Suhan

Ob Theater, Tanz, Musik, Kabarett, Comedy, Figurentheater, junge Kultur und Kleinkunst oder Ausstellungen: Der Austausch der Dachverglasungen ist für die Stadt Herne eine wichtige Facette in dem Unterfangen, die revitalisierten Flottmann-Hallen über die Ruhrmetropole hinaus noch stärker in den Fokus kulturinteressierter Menschen zu rücken.

Autor

Frank Beushausen ist Inhaber der Agentur Perfect Sound PR in Bissendorf bei Osnabrück und betreut die Glasolux GmbH bei der Pressearbeit.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 01/2025

Rotklinkervilla in Hamburg umgebaut und mit einem Anbau in Holzbauweise erweitert

Neue Oberlichter im Anbau spenden viel Tageslicht

Nach gut zwei Jahren Sanierung und Renovierung inklusive Um- und Anbau war es im Juni 2024 so weit: Die Familie Hauschildt konnte in ihr neues Zuhause, eine wiederhergestellte Rotklinkervilla im...

mehr
Ausgabe 05/2024

Begehbare Oberlichter erfüllen Brandschutzvorgaben

Einbau von blickdichten und begehbaren Glasolux-Oberlichtern auf dem Dach des Atriums des Hohenlohe-Gymnasiums in Öhringen

Im Zuge der Erweiterung des Hohenlohe-Gymnasiums in Öhringen entstand ein neuer Eingangsbereich für die Schule. Dabei sollte eine Verbindung zwischen der Decke des Atriums und dem darüber liegenden...

mehr
Ausgabe 06/2023

Neue Oberlichter sorgen für viel Tageslicht

Modular Rooflights von Velux Commercial Deutschland
Modular Rooflights Monolight Variante Flachdach

Die „Modular Rooflights“ von Velux Commercial sollen für eine besonders hohe Lichtausbeute sorgen. Die Oberlichter sind sowohl als einzelnes „Monolight-Flachglas-Element“ wie auch als...

mehr
Ausgabe 08/2024

Alte Bausubstanz behutsam integriert

Firstverglasung von Glasolux im Dach eines ehemaligen Stalls eingebaut

Landwirtschaft wird auf dem 1864 gegründeten Vierseithof im oberfränkischen Bad Rodach-Roßfeld bereits seit den 1950er Jahren nicht mehr betrieben. Stattdessen wird dort nun der Austausch über...

mehr
Ausgabe 07/2023

Neue Oberlichter auf bestehenden Aufsetzkränzen montiert

Rathaus in Hamburg-Altona mit Lichtkuppeln und Absturzsicherungen von Kingspan Light + Air ausgestattet
1_Rathaus_Hamburg_Altona_historische_Fassade_01.jpg

Das Rathaus am Platz der Republik ist eine der größten, architektonischen Sehenswürdigkeiten des Hamburger Stadtbezirks Altona. In unmittelbarer Nähe des Elbufers gelegen, sticht das Gebäude aus...

mehr