Dachdecker nutzt Drohnen für Dachinspektionen

Normalerweise sind Hubsteiger oder Leitern nötig, um Dächer und Dachrinnen zu inspizieren, Aufmaße zu erstellen oder Schäden auf dem Dach zu begutachten. Bei der Dächer von Hunold GmbH in Detmold übernehmen Drohnen diese Arbeiten. Wir haben zwei Drohneneinsätze begleitet.

Passanten bleiben stehen, blicken in die Höhe. Ein durchdringendes Surren von Propellern ist zu hören. Eine kleine, weiße vierpropellerige Drohne steigt schnell vom Boden auf. Thomas Potthast, Dachdeckermeister aus Detmold, steuert mit seiner Fernsteuerung die Drohne über das Dach eines alten Fachwerkhauses. Auf dem Bildschirm seines Smartphones ist das Bild, das die Drohne aufnimmt. Der Hausbesitzer blickt Thomas Potthast interessiert über die Schulter. „Die Rinne ist voll mit Laub“, stellt der Dachdeckermeister fest, macht Fotos und ein Video. Das Ganze dauert weniger als zehn Minuten, dann steuert er die Drohne zurück auf den Gehweg. „In der Meisterschule haben wir noch Witze über den Einsatz von Drohnen gemacht“, sagt Thomas Potthast, „doch inzwischen haben wir zwei Stück im Betrieb und fliegen drei Mal pro Woche.“ Der Dachdeckermeister arbeitet seit sieben Jahren bei der Dächer von Hunold GmbH in Detmold. Insgesamt 15 Mitarbeiter arbeiten dort, davon drei Azubis, drei Dachdeckermeister und ein Zimmermeister. Seine zwei Drohnen nutzt der Betrieb für Dach- und Rinneninspektionen und um Dachaufmaße zu erstellen.

2014 hat Thomas Potthast die erste Drohne für seinen Betrieb gekauft. Für die „DJI Phantom 2 Vision +“, Gewicht knapp 1240 g, inklusive Zubehör, hat er damals fast 2300 Euro bezahlt. Heute gibt es diese Drohne schon deutlich günstiger.

Zum Fliegen musste Thomas Potthast eine allgemeine Aufstiegserlaubnis bei der Bezirksregierung Münster beantragen. Sie gilt für zwei Jahre und hat einmalig 250 Euro gekostet. Inzwischen ist diese Aufstiegserlaubnis erst bei Drohnen ab fünf Kilo Gewicht nötig. Dachdeckermeister Thomas Potthast musste außerdem eine Flugerlaubnis-Schulung machen. „Das war kein großes Ding“, sagt Potthast, „ich hatte schon Erfahrungen im Modellflug, die ich vorweisen konnte.“ Jens Eickmeyer, Inhaber der Dächer von Hunold GmbH, ist seit einigen Jahren ebenfalls geschult darin, Drohnen zu lenken. Inzwischen haben die Dachdecker aus Detmold eine zweite Drohne angeschafft, die „DJI Phantom 4“. Sie ist kleiner und wendiger als ihr Vorgänger und wiegt unter 2 kg. „Die haben wir marktfrisch für 2500 Euro gekauft“, sagt Potthast, „inklusive Transportkoffer, drei Akkus, Auto-Ladegerät und Ersatzrotoren.“ Ein Akku reicht für etwa zwanzig Minuten Flugdauer. Zwei hat Potthast immer als Reserve dabei.

Ein typischer Drohnen-Tag

Dreimal pro Woche rückt Thomas Potthast mit der Drohne aus. Jeden Einsatz berechnet er mit etwa 100 Euro. Das richtet sich aber nach der Dachgröße und Flugdauer. Für Flüge direkt in Detmold muss eine vorübergehende Erlaubnis eingeholt werden, denn in der Stadt gibt es einen ehemaligen Militärflughafen, der von Modellfliegern und Segelfliegern genutzt wird. Die Erlaubnis hat Thomas Potthast auf der Website des Herstellers DJI eingeholt. Sie ist kostenlos und drei Tage gültig. Am Tag, als wir den Dachdeckermeister besuchen, sind  zwei Termine geplant. Der erste Einsatz ist die Martin-Luther-Kirche in Detmold. Die Kirche liegt in der engen Altstadt. Bei einer Höhe von 30 Metern machen sich die Vorteile direkt bemerkbar. Der Einsatz von Hubsteigern wäre deutlich aufwendiger, „mit der Drohne kann ich gezielt das ganze Dach überfliegen“, sagt Potthast.

Rotoren und Smartphone befestigen

An der Martin-Luther-Kirche wartet Herr Jasper schon. Er arbeitet für den Bauausschuss der Kirchengemeinde Detmold. Thomas Potthast packt seine Drohne aus dem Koffer, die vier Rotoren hat er für den Transport entfernt. Mit einem einfachen Drehgriff steckt er sie einzeln auf die Motoren des Quadrocopters, wie die Drohne auch genannt wird. Dann stellt er die Drohne auf die Bügel. Sein Smartphone schiebt er in eine Halterung an der Fernbedienung. „Man braucht kein besonderes Smartphone, um die Drohne zu steuern, es braucht einfach nur die richtige App“, sagt Thomas Potthast. Er benutzt die „DJI Go-App“. Die zeigt das Bild der Drohnenkamera, die aktuelle Flughöhe und weitere Daten. Verloren gehen kann die Drohne eigentlich nicht: Verliert sie einmal den Empfang zum Steuerer, kehrt sie automatisch zum Ausgangspunkt zurück.

Wind ist kein Problem, Regen schon

Das Wetter spielt an diesem Tag mit. Es ist bewölkt,  aber es regnet nicht. „Bei Regen kann ich nicht fliegen, Wind dagegen ist kein Problem, ich bin auch schon bei Windstärke acht geflogen“, sagt Potthast. Die Drohne  – GPS-gesteuert – stabilisiert sich bei solch starkem Wind selbst in der Luft.

Wir sind startbereit: Thomas Potthast drückt einen Knopf an der Drohne. Sofort fangen die vier Rotoren an, sich zu drehen und zu dröhnen. Potthast geht ein paar Schritte zurück, dann lässt er die Drohne steigen. Auf dem Bildschirm seines Smartphones sieht er, was die Drohne sieht. Er lässt sie am Kirchturm hinaufsteigen, inspiziert erst den Turm, dann das Dach des Kirchenschiffs. Dabei blickt ihm Herr Jasper vom Bauausschuss neugierig über die Schulter. Nur ab und zu geht der Blick 20 bis 30 Meter nach oben, wo die Drohne fliegt. Regelmäßig lässt die Martin-Luther-Kirchengemeinde das Kirchendach per Drohne inspizieren. Dieses Mal findet der Dachdeckermeister wenig zu beanstanden. Nur ein, zwei Ziegel des Schieferdachs haben sich gelöst und sind verrutscht. 

Bisher keine Unfälle mit Vögeln

Als die Drohne das Kirchendach überfliegt, steigen drei Vögel auf. „Oh, die Dohlen fühlen sich gestört“, sagt Herr Jasper besorgt. „Zum Glück sind wir laut genug, damit es keine Konfrontation mit den Vögeln gibt“, beruhigt Thomas Potthast. Versichert ist die Drohne übrigens über den Fuhrpark der Dächer von Hunold GmbH. Die Versicherung kostet etwa 120 Euro pro Jahr. Nach nicht mal zwanzig Minuten ist die Inspektion vorbei. Thomas Potthast drückt die „Home“-Taste, die Drohne kehrt per GPS-Steuerung automatisch zu ihm zurück. Das Video ist in der Drohne gespeichert. Ausgewertet wird es später am Computer.

Weiter geht es zum nächsten Objekt: dem Weinlokal ChaLu. Das kleine Fachwerkhaus liegt an einem Bach, auf der anderen Seite ist eine enge Gasse. Eine malerische Lage, aber hier mit einem Steiger heranzufahren wäre nicht ganz leicht.

Drohne blickt in die Rinne

Gegenüber dem Weinlokal, auf einem Gehweg, packt der Dachdeckermeister seine Drohne aus. Wieder nimmt er die Fernbedienung, die fast so groß ist wie die Drohne selbst. An der Oberseite spannt er sein Smartphone ein, die Antennen der Fernbedienung klappt er aus. Dann geht der Flug los.

Das Weinlokal hat eine Besonderheit: Es wurde 2016 komplett saniert. Neben dem kleinen Fachwerkhaus steht eine alte Kastanie. „Dadurch haben wir das Problem, dass die Dachrinne schnell mit Laub verstopft ist“, sagt Thomas Potthast. Er startet die Drohne, fliegt über den schmalen Fluss und schon ist sie über dem Dach. „Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht in das Geäst der Kastanie fliege“, sagt er. Er positioniert die Drohne über der Dachrinne und muss, während er erklärt, gar nichts an seiner Steuerung machen. Die Drohne bleibt selbständig in der Luft, genau über der Dachrinne stehen. „Die Dachrinne ist komplett voll, obwohl sie im letzten Herbst gesäubert wurde.“ Sofort ist klar: Hier müssen die Dachdecker noch einmal anrücken, mit Regenhosen und Leitern, um die Dachrinne sauber zu machen.

Die Diagnose per Drohne geht in den meisten Fällen deutlich schneller als mit einem Steiger oder mit Leitern. „Kunden und Passanten sind durchweg begeistert von der Drohne, oft stehen sie hinter mir, wenn ich die Drohne steuere und schauen mir über die Schulter“, sagt Thomas Potthast.

Drohnenbilder im Büro auswerten

Nach den beiden Flugeinsätzen geht es zurück ins Büro. Hier steckt Thomas Potthast die Drohne per USB-Kabel an den Computer und überträgt Fotos und Videos. Das Kirchendach sieht er sich noch einmal genauer an und findet ein, zwei Stellen, die sanierungsbedürftig sind. Die Bilder sind gestochen scharf. Aus den Videos, die die Drohne gemacht hat, kann der Dachdeckermeister sogar einzelne Fotos nehmen. Außerdem sind die Drohnenfotos für Potthast nützlich, um Dachaufmaße zu erstellen. Das macht er mithilfe des Programms „3D Dach CAD“ von SDS Systems. „Das dauert etwa 20 bis 40 Minuten pro Dach, je nach Größe und Aufbau“, sagt er. In Detmold ist die Dächer von Hunold GmbH einer der ersten Betriebe, der Drohnen einsetzt. „Die Kollegen von den anderen Dachdeckereien und Zimmereien sind schon neugierig“, sagt Thomas Potthast. Ob er wohl Lust hätte, für die Handwerkskammer Schulungen zum Steuern von Drohnen zu geben? Potthast lacht und sagt: „Dafür fehlt mir bei den ganzen Aufträgen leider die Zeit.“

Mehr Infos über die Dächer von Hunold GmbH finden Sie hier:

www.daecher-von-hunold.de

Autoren

Stephan Thomas ist verantwortlicher Redakteur, Rüdiger Sinn freier Mitarbeiter der Zeitschrift dach+holzbau.

Auf einen Blick: Drohnen für Dachdecker

Dachdecker haben mit Drohnen mehrere Möglichkeiten: Für eine Begutachtung des Dachs muss nicht auf Arbeitsbühnen zurückgegriffen werden. Das Dach und seine schlecht einsehbaren Stellen werden mit Drohnen schnell abgeflogen. Dabei lassen sich Aufnahmen erstellen, die man später am Computer aus- wertet. Vor allem aber sieht man direkt vor Ort per Bildübertragung das Bild der Drohnenkamera auf dem Smartphone/Tablet.

Durch den Einsatz bestimmter Software lassen sich Aufmaße aus den Luftaufnahmen erstellen. Auch eine schnelle Überprüfung von Dachrinnen und das Auffinden von Schmutzablagerungen sind mit einer Drohne schnell erledigt. Drohnen lassen sich auch zur Prüfung von Photovoltaikanlagen mit Wärmebildkameras ausstatten, um Schadstellen zu erkennen.

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