Bürogebäude in Hybridbauweise bei Mainz

Ein Bürogebäude in Hybridbauweise wurde jüngst in der Nähe von Mainz errichtet. Es basiert auf einem Forschungsprojekt mit dem Namen „iBuilding“ und sieht Hybrid-Bauteile aus Holz, Beton und Aluminium vor. Damit sollen Planbarkeit, Schnelligkeit und Ressourcen schonendes Bauen vereint werden.

Im Objektbau sollte es, wenn möglich, schnell, wirtschaftlich und planbar zugehen – so zumindest sind die Erfahrungen von Frank Steffens, einer von drei Geschäftsführern der Brüninghoff GmbH Co. KG. Das Unternehmen aus Heiden im Münsterland hat seit über 40 Jahren Erfahrung im Objektbau. Ursprünglich ein Zimmermannsunternehmen, gründete Josef Brüninghoff 1974 das Unternehmen und fertigte bald mit den Grundbaustoffen Holz, Aluminium, Stahl und Beton landauf, landab Objektbauten – schlüsselfertig.

Mit viel Erfahrung zum „iBuilding“

Aus der langjährigen Erfahrung, was die Kundschaft möchte, und mit der Kompetenz der vier Baustoffe, lag es 2014 nahe, das Konzept „iBuilding“ („i“ steht dabei für „intelligent“) zu entwickeln. Intelligent sind die Bauten laut Steffens deshalb, weil sie für die Kundschaft (oft Mittelständler) kalkulierbar sind und eine Alternative zum Massivbau bieten. Geschäftsführer Steffens kann Quadratmeterpreise für Wände und Decken aber nur deshalb genau kalkulieren, weil die Grundmaße des Gebäudes immer gleich sind, die Bauteile wiederkehrend und damit in bestimmte Raster passen. Das gilt sowohl für Deckenelemente mit 2,5 m Breite und maximaler Länge von 7,5 m als auch für Fassadenelemente mit wiederkehrenden Fenstermaßen und fest definierten Höhen. Vereinfachung (das heißt planbaren Vorgaben) ist also das eine, individuelle Lösungen (zum Beispiel die Raumaufteilung, die Dachgestaltung, die Anzahl der Geschosse) das andere.

Die Fertigteile sind zum größten Teil aus Holz oder Holzwerkstoffen und werden – vorgefertigt im Werk – just in time auf der Baustelle montiert. Der große Holzanteil bei den Fassadenelementen, den Decken und auch beim Innenausbau ist dabei entscheidender Bestandteil der Philosophie: „Wir wollen ein energetisch hochwertiges Gebäude fertigen, aber auch bei der Herstellung die graue Energie, also die Herstellungsenergie der Baustoffe, nicht unberücksichtigt lassen“, sagt Steffens. Entwickelt wurde eine Hybridbauweise, die Beton und Holz bei den unterschiedlichen Bauteilen verbindet. Dies gelingt bei den Deckenkonstruktionen mit Unterzügen aus Holz, bei den Fassadenelementen kommen Brettsperrholzelemente mit einer Holzständer-Bauweise sowie Aluminiumfenster-Elemente zum Einsatz. Ein Betonkern mit der Erschließungsebene als Treppenhaus und einem Aufzug fungiert in der Gebäudemitte als aussteifendes Element.

Planbar, wirtschaftlich, schnell

Das „iBuilding-Konzept“ sieht Mehrgeschosser vor. „Wir haben für alle 16 Landesbauordnungen in Deutschland die Genehmigungsfähigkeit bis zur dritten Geschossebene“, sagt Steffens und erklärt, weshalb sich aus seiner Sicht das Konzept durchsetzen wird. „Unsere Kunden wollen planbare, wirtschaftliche und schnelle Lösungen haben. Das können wir mit Standardmaßen, dem Hybridbau und einer hohen Vorfertigung erreichen.“

Ein weiteres Argument untermauert die Planbarkeit für die Kunden. „Unsere Erfahrung hat gezeigt: Je länger wir auf der Baustelle sind und damit Gewerkeschnittstellen vermeiden, desto besser“, erläutert Steffens und ergänzt: „Bei diesem Gebäude kommt die individuelle Planung, die Herstellung und die Montage aus einer Hand. Das Gebäude ist 100 Prozent Brüninghoff, das heißt, dass alle Gebäudeteile von uns vorgefertigt sind. Komponenten wie die Profile oder die Dämmstoffe werden natürlich zugekauft, jedoch ist die Endfertigung zu einem gesamten System bei Brüninghoff vereint.“

Das erste umgesetzte „iBuilding“-Projekt, das auf diesem Hybridbau-Konzept basiert, steht in Hochheim bei Mainz. Der Bürobau, bei der Besichtigung bereits in der Ausbauphase, bildet am Rande eines neu angelegten Gewerbegebiets einen Kontrast zu den übrigen Bauten. Maßgeblichen Anteil daran hat die unbehandelte Lärchenholzverschalung mit farbigen Elementen in Kombination mit Alucobond-Fassadentafeln.

Einsparmöglichkeit von grauer Energie

„Der Grundgedanke ist – neben dem wirtschaftlichen – auch ein ressourcensparendes Bauen“, sagt Frank Steffens mit Blick auf die vorgehängte hinterlüftete Fassade, die hier mit Mineralwolle gedämmt ist, aber ebenso gut mit einer Zellulose-Einblasdämmung oder anderen nachwachsenden Dämm-Materialien ausgeführt werden kann. Der Grundaufbau der Fassadenelemente besteht aus 160 mm Brettsperrholz (Hersteller Binderholz) und auf der Außenseite eine Holzrahmenkonstruktion (200 mm Dämmung). Dann folgt die vorgehängte hinterlüftete Fassade. Innen also Sichtholz-Optik (hier weiß lasiert), außen Lärche natur. Und auch die Holz-Beton-Verbunddecken strahlen mit ihren sichtbaren Deckenbalken Wärme aus. Sie wurden im Werk in Heiden vorgefertigt und beim Aufrichten in den Haupt-Deckenunterzug aus Stahlbeton eingehängt.

Bei der Montage wurden zunächst die Seitenelemente aufgerichtet, danach die Deckenelemente für das Erdgeschoss eingehängt. Dann wurde die Decke mit den Stößen vergossen, um die Scheibenausbildung zu erreichen. Das erste Obergeschoss errichteten die Montageteams nach dem gleichen Prinzip. Das Flachdach ist nicht begrünt, kann aber – wie bei dem gesamten Konzept – individuell gestaltet, also auch begrünt oder mit PV belegt werden.

Wirtschaftlich mit BIM

Wirtschaftlich bauen – das verdeutlicht dieses Projekt – gelingt durch verschiedene Ansätze. Der hohe Vorfertigungsgrad gehört dazu, das Ineinandergreifen von Gewerken (das bei Brüninghoff, mit Gewerken in allen Baubereichen, mit wenig Reibungsverlusten läuft) und – nicht ganz neu, aber nun immer mehr gefordert – das sogenannte BIM (Building Information Modeling), das den Workflow vereinfachen soll.

Frank Steffens setzt voll auf BIM und erläutert am Beispiel des Neubaus, wie das bei diesem Bauvorhaben eingeflossen ist. Auf Grundlage eines softwarebasierten Geschäftsprozesses werden alle Bauschritte grafisch für alle am Bau Beteiligten (inklusive des Auftraggebers) nachvollziehbar visualisiert. Die Idee dahinter ist, Informationen zwischen einzelnen Teilprozessen für alle abrufbar zu haben. „In welcher Bauphase befindet sich das Projekt und wie entwickeln sich die Kosten – das sind Faktoren, die – nachvollziehbar aufgeführt – für absolute Transparenz sorgen“, sagt Steffens. Transparenz ist das Wort, das der Geschäftsführer an diesem Tag häufig sagt. „Die Kunden wollen heutzutage die Dinge verstehen, sie möchten auf dem Laufenden bleiben und keine Überraschungen erleben.“ Unangenehme Bauverzögerungen oder ein Finanzplan, der aus dem Ruder läuft, sollen so ausgeschlossen werden. „Wenn alle Baubeteiligten immer über den aktuellen Stand auf dem Laufenden sind, dann wird die Gefahr, dass die Kosten in die Höhe schnellen minimiert“, ist Steffens überzeugt.

Das sind sie im Fall des Bürogebäudes in Hochheim nicht. Zumindest nicht ungeplant. Anfangs hatte der Bauherr, der neben dem Bürotrakt – ebenfalls von Brüninghoff – eine Lagerhalle hat bauen lassen, ein völlig anderes Bürokonzept im Kopf gehabt, ließ sich dann aber während der Planungszeit umstimmen. „Wir haben uns im gesamten Planungsverlauf von einem gewöhnlichen Massivbau mit WDVS zu unserem Hybridbau-Konzept mit „Lärche Natur“ als Fassadengestaltung hinentwickelt“, sagt Steffens und schmunzelt. Dazu war natürlich allerhand Beziehungsarbeit notwendig, aber auch die Nachvollziehbarkeit, die das Konzept eröffnet hat. Das alles habe zu jeder Menge CO2-Einsparung bei den Baustoffen, also bei der grauen Energie, geführt. Von der Optik ganz zu schweigen. Die ersten Gespräche mit dem Bauherrn gab es übrigens im März 2014, konkret in die Planung sei man dann im Sommer eingestiegen. Das bedeutet nur ein Jahr von der Planung bis zur Fertigstellung.

Weitere Projekte sind bereits in der fortgeschrittenen Planung. So entsteht in Hamburg eine Schule in Brettsperrholzbauweise und in Münster wird laut Frank Steffens das größte Gebäude in Hybridbauweise aktuell in Deutschland realisiert. Basierend auf den Erkenntnissen und Berechnungen des Konzeptes wird zukünftig bei Brüninghoff sicherlich verstärkt auf die intelligente Kombination der Baustoffe gesetzt werden – immer in Verbindung mit modellorientiertem Arbeiten in Form von BIM.

Autor
Rüdiger Sinn ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

„Das Gebäude ist 100 Prozent Brüninghoff“

Arbeiten mit BIM soll den Workflow zwischen allen Beteiligten vereinfachen

Bautafel (Auswahl)

Projekt Bürogebäude mit angeschlossener Produktions- und Lagerhalle, 65239 Hochheim am Main

Bauherr Public Address Exhibition & Design GmbH

Auftragsleistung GU Leistung, schlüsselfertig, ­Brüninghoff GmbH Co. KG, 46359 Heiden

Konstruktion Holz-Beton-Hybridbauweise (vollständig vorgefertigt), Holz-Beton-Deckenelemente, Brettsperrholz als tragendes Wandelement (iBuilding-Konzept)

Gebäudedaten (Auswahl)

Grundfläche 383,46 m² (29,8 x 12,9 m)

Nutzfläche gesamt 632,76 m²   

Bauzeit 2 Monate Produktionszeit, 4 Montage vor Ort

Beauftragte Leistung 1,0 Mio. Euro

40 Jahre Projektbau

Die Brüninghoff-Gruppe ist seit 40 Jahren auf den Projektbau spezialisiert. Der Hauptsitz des Unternehmens ist im münsterländischen Heiden. Weitere Niederlassungen gibt es in Hamburg, Niemberg und Villingen-Schwenningen. 400 Mitarbeiter realisieren europaweit bis zu 160 Bauprojekte im Jahr. Das Kerngeschäft des Familienunternehmens ist die Produktion von vorgefertigten Bauelementen aus Beton, Stahl, Holz, Aluminium sowie die ganzheitliche Konzeption, Planung und schlüsselfertige Ausführung von Bauprojekten.

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