Praktikum in der Zimmerei Holzbau Vorderwisch in Gütersloh

Nur über die Arbeit von Zimmerleuten zu berichten, das war Stephan Thomas aus der dach+holzbau-Redaktion zu wenig. Deshalb war er zwei Wochen mit den Zimmerern von Holzbau Vorderwisch unterwegs. Hier erzählt er, was er erlebt hat: von Fassaden aus Lärchenholz bis zum Richten eines Dachstuhls.

Schon um 6 Uhr morgens stehe ich in der Halle von Holzbau Vorderwisch, mehr aufgeregt als müde und frage mich, was ich am ersten Tag meines Zimmereipraktikums machen werde. In der Halle stehen weiße Transporter mit dem Schriftzug „Holzbau Vorderwisch“, an den Wänden sind lange Holzbretter gestapelt. Es riecht nach Farbe und frischem Holz, die Morgensonne strahlt durch die Fenster eines großen Tors. Noch ist niemand da.

Da erscheint Hans-Peter Vorderwisch, der Inhaber der Zimmerei (www.vorderwisch.de) und begrüßt mich: „Überpünktlich, sehr gut“, sagt er, lächelt und schüttelt mir die Hand. Er zeigt mir seinen Betrieb. In der großen Halle steht eine Abbundanlage von Hundegger, davor ist ein Platz für den Holzrahmenbau, nebenan ist ein Lager für Schrauben und Werkzeuge. Ein Planungsbüro für den Zimmerermeister gibt es auch, das liegt neben der kleinen Tischlerei. Nach dem kleinen Rundgang unterhalten wir uns kurz. Herr Vorderwisch ärgert sich, dass heute keiner seiner Azubis kommt: „Obwohl wir drei Azubis ausbilden, einen in jedem Lehrjahr, ist im Moment keiner im Betrieb. Zwei sind in der überbetrieblichen Ausbildung und einer steht kurz vor der Gesellenprüfung. Gut, dass du jetzt als Praktikant da bist.“ Nach und nach treffen die ersten Mitarbeiter ein. Natürlich sind alle sofort per Du. Nachdem alle eingetroffen sind, verteilt der Chef die Aufgaben für den Tag. Er steht vor einer Wand mit fünf Fächern, eines für jeden Wochentag. In jedem Fach steckt ein Klemmbrett mit Papieren. Herr Vorderwisch zieht das Klemmbrett für Montag heraus, dann sagt er, dass ich mit Ralf Tietz, Zimmerergeselle und Martin Exner, Tischlermeister, fahren darf. Die beiden sind das Team für die Fassaden. Wir packen Werkzeuge, Schrauben und jede Menge sägeraue Lärchenholzbretter auf den Transporter und fahren los – nach Bethel, einem Stadtteil von Bielefeld. Hier entsteht das Dorf Sentana, ein Gnadenhof für kranke und alte Tiere, die hier ein letztes Zuhause finden sollen. Im Moment ist es aber nur eine große Baustelle. Zwei Wohnhäuser in Holzrahmenbauweise stehen schon. Einer der Stahlbetonbauer, der nebenan Draht für eine Beton-Stahlbewehrung verdrillt, nennt die Holzrahmenhäuser scherzhaft „Hühnerhütten“. Bevor wir die Lärchenholzbretter an der Fassade montieren, gibt mir Ralf einen Hammer und Kammnägel in die Hand. „Damit kannst du dich erstmal austoben“, sagt er und zeigt mir, was ich machen soll: Winkel befestigen, die zwischen Holzrahmenwänden und Böden in den Häusern sitzen und die bisher nur mit Stahlbetonankern befestigt sind. Nach dem Versenken von ein paar Nägeln bin ich geschwitzt, aber merke: Das macht richtig Spaß.

Bretter befestigen ist Maßarbeit

Draußen wird es langsam heiß, im Holzrahmenbau ist es aber angenehm kühl. Das ist kein Wunder, denn die Wände und die Decke sind gut gedämmt. Nachdem ich alle Winkel mit Nägeln befestigt habe, gehe ich zurück zu Ralf und Martin, die gerade die Montage von Lärchenholzbrettern an der Fassade vorbereiten. Ich trage die Bretter vom Transporter bis an die Fassade, oben auf dem Gerüst schraubt Ralf die Bretter fest, unten richten wir sie aus. Das Ausrichten und Festschrauben jedes Brettes braucht seine Zeit und ist richtige Maßarbeit.

Abfahrt und Feierabend – oder doch nicht

Gegen 16 Uhr beschließen Ralf und Martin, Feierabend zu machen. Da taucht eine Architektin auf, die den Bau betreut. Sie hat Fragen zur Fassade und bespricht sich mit Martin. Ralf und ich packen schon mal die Sachen und warten – eine halbe Stunde in der prallen Sonne – bis die beiden alles besprochen haben. Gegen 16.30 Uhr fahren wir zurück in den Betrieb. Ich stelle mich darauf ein, jetzt den Transporter abzuladen. Ralf aber winkt ab und sagt: „Hast du mal auf die Uhr geguckt? Feierabend, morgen ist auch noch ein Tag.“ Pünktlicher Feierabend ist den Handwerkern wichtig und wird auch eingehalten.

Holz schwebt durch die Luft

Nachdem wir eine Woche lang die Fassade des Holzrahmenbaus mit Lärchenholzbrettern bekleidet haben, steht in der zweiten Woche meines Praktikums eine neue Aufgabe an: das Richten von Dachstühlen. Wir sind unterwegs mit einem Lkw, auf dem Anhänger ein ganzes Dach: Sparren, Pfetten, Holzrahmenwände für die Gauben, alles einzeln verpackt und bereit, vom Kran auf den Rohbau gehoben zu werden. Ich bin mit Markus Vollmer, Zimmerermeister, Geselle Ingo Oesterwinter und Azubi Max Niermann zum Richten eines Dachstuhls in Bielefeld unterwegs. Eben haben wir uns noch gemütlich im Führerhaus des Lkw unterhalten, jetzt stehe ich schon zusammen mit Azubi Max auf der Ladefläche. Über uns taumeln zwei schwere Eisenketten, Markus Vollmer lässt sie langsam über unseren Köpfen herab. Wir greifen sie aus der Luft und wickeln sie um die Holzbalken. Es ist ein aufregendes Gefühl, wenn die langen Holzbalken fast senkrecht über dem Lkw in der Luft schweben.

Später stehe ich im Dachgeschoss, meine nächste Aufgabe: Sparren vernageln. Ich lerne, dass Schraubzwingen eines der wichtigsten Hilfsmittel für einen Zimmermann sind, für die Fassade benutzte Geselle Ralf Tietz sie sehr oft. Jetzt rückt Zimmerermeister Markus die Sparren mit einer Schraubzwinge in die richtige Position und zieht sie an die Pfetten heran, um sie zu vernageln. Als ich auf die Kehlbalken steige, merke ich meine Höhenangst. „Daran gewöhnt man sich“, beruhigen mich die Zimmerleute. Ein paar Tage später: An meinem letzten Praktikumstag haben wir noch einmal Glück mit dem Wetter, zumindest morgens. Die Sonne strahlt, wir sind auf dem Dach eines Rohbaus in Bielefeld. Wir schießen Firstlaschen mit dem Gasnagler an und befestigen Windrispenbänder. Als wir gegen 12 Uhr die Windrispenbänder auf den Sparren festnageln, fängt es an zu regnen. Es hört so schnell nicht wieder auf und nach einer halben Stunde entschließen wir uns, abzufahren. Zurück im Betrieb laden wir nasse Schraubenpakete, Holzstücke und vom Regen durchnässte Gurte ab. Ich sortiere die Schrauben und werfe durchweichte Pappschachteln in den Müll. Nach einiger Zeit kommt einer der Zimmerer vorbei und sagt: „Zeit für den Feierabend.“ Ein verregneter, letzter Praktikumstag geht zu Ende. Im Aufenthaltsraum treffe ich noch einmal auf alle Kollegen und verabschiede mich. Geselle Ralf fragt, ob ich das Praktikum nicht verlängern will. Leider muss ich aber zurück in die Redaktion. Aber es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich mit den Zimmerern von Holzbau Vorderwisch unterwegs war.

Mehr über das Praktikum und weitere Fotos finden Sie auf der dach+holzbau-Facebookseite unter www.facebook.com/dachundholzbau.

Autor

Stephan Thomas war von 2016-2018 Volontär in der Redaktion der Zeitschriften dach+holzbau und bauhandwerk in Gütersloh, heute ist er verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

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