Aufgestockt in Massivholzbauweise

Wohnraum in Innenstadtlage ist wertvoll – Dachaufstockungen sind ein Ansatz, um zusätzliche Wohnfläche zu gewinnen. Wie bei vielen bestehenden Mehrfamilienhäusern stand auch bei einem Haus in der Münchner Maxvorstadt das knapp bemessene Tragwerk einer Aufstockung eigentlich im Wege.

Das Büro- und Wohngebäude in München aus den 1980er Jahren hatte in den Fundamenten kaum statische Reserven für eine Dachaufstockung. Daher ließen Pool Leber Architekten das oberste Stahlbeton-Terrassengeschoss des Hauses abtragen und setzten stattdessen einen 2,5-geschossigen Neubau auf den Bestand. Sie wählten dafür einen gewichtoptimierten Massivholzbau aus Brettsperrholz mit hinterlüfteter Stahlfassade und Brandwänden aus Sichtbeton. Die hierfür erforderlichen Brandschutzauflagen umfassten im 4. OG eine komplette K2 60 Kapselung – eine komplette, brandschutztechnisch wirksame Verkleidung, die den Baustoff Holz für mindestens 60 Minuten vor Entzündung, Verkohlung und anderen Schäden schützen soll, wenn etwa die direkt hinter der Bekleidung gemessene Temperatur 270 °C beträgt. Für die beiden kleineren Wohneinheiten im 4.OG und die große Wohneinheit, die vom 4.OG bis ins Dach reicht, waren aufwendige Schottungen und zusätzliche Rettungswege notwendig. Das gesamte Brandschutzkonzept wurde mit einer gutachterlichen Betreuung erarbeitet und umgesetzt. Wohn- und Ausstiegsfenster mit Klapp-Schwing-Funktion von Velux dienen dabei zum Teil als Notausstieg und können auch vom Kaminkehrer als Dachausstieg genutzt werden.

Im Zuge der Aufstockung wurden nicht nur zusätzliche Geschosse gewonnen, sondern mit dem Wechsel vom Flach- zum Satteldach – mit Flachdacheinschnitten für Terrassen – entstand auch eine neue Dachform mit einer Edelstahlverkleidung. Die bewegte Dachlandschaft mit schräg vorspringenden Erkern, Balkonen und eingeschnittenen Terrassen formt das Dach nun zu einer Gesamtskulptur mit spannenden Innenräumen und Blickachsen, die von innen nach außen und wieder nach innen führen. So konnten die Architekten neben der hochwertigen Erweiterung der Innenräume auch den Wunsch des Bauherrn nach großzügigen Außenräumen und Terrassen mit Ausblicken in alle Himmelsrichtungen erfüllen. Die Belichtung und die Öffnung des Dachraums zum Außenraum realisierten sie durch ein bewegtes Fensterband, das durch sich verjüngende Sturz- und Brüstungsbänder geprägt ist, die auch die Terrassen und Balkone in den Gesamtkörper mit einbeziehen.

Holzbau unter dem Dach

Die Aufstockung war für die Holzbauer der ausführenden Frank Zimmerei und Holzbau GmbH & Co. KG keine gewöhnliche Aufgabe. „Das war eine komplexe Baustelle und natürlich hat sie ihre Tücken gehabt“, erinnert sich Bernhard Kilmarx, Zimmerermeister und Geschäftsführer der Münchner Zimmerei. Das Gebäude war bewohnt, deshalb musste während der Aufstockung auf die Bewohner Rücksicht genommen werden. „Ohne das große Wetterschutzdach hätten wir zudem die Aufstockung nicht so schnell abwickeln können. Gleichzeitig waren wir damit unter Zeitdruck, denn so ein Dach ist natürlich teuer und jeder Tag kostet Geld“, sagt Kilmarx. Bisweilen waren deshalb acht bis zehn Zimmerer auf der Baustelle, auch über den Winter. Der Bau mit Brettsperrholzelementen ist für die Holzbaufirma eine gängige Methode, allerdings gab es logistische Herausforderungen. „Die beengten Möglichkeiten zur Anlieferung und Lagerung der Elemente waren schwierig“, erinnert sich Kilmarx. Die vielen Sichtoberflächen erforderten zudem viel Sorgfalt bei der Arbeit mit den Brettsperrholzbauteilen. Unumgänglich sei die Einhausung auch aus diesem Grund gewesen: Damit wurden die Sichtoberflächen des Holzbaus vor Feuchtigkeit geschützt. Wand-, Dach- und Schrägdachelemente für die Aufstockung wurden von Züblin Timber aus „Leno“-Brettsperrholz angefertigt und geliefert. Das Aufmaß der Baustelle hatten die Zimmerer zuvor mit professioneller 3D-Lasertechnik getätigt. Dafür verwendeten die Zimmerleute einen 3D-Laserscanner von Faro. „Wir fahren mit dem

Laserscanner auf die Baustelle, scannen den Bestand und können dann am Computer mit einer entsprechenden Software die Weiterbearbeitung fortführen“, erklärt Bernhard Kilmarx.

Dachfenstereinbau gelingt nach Plan

Auf der Nordseite zur Straße hin werden die Räume mit ihren weit nach unten reichenden Dachflächen durch Velux-Dachfenster belichtet und belüftet. Bei Bedarf können Bewohner diese über Rollos verdunkeln. Der Einbau der Dachflächenfenster oblag der Spenglerei Lembcke aus Markt Indersdorf, die regelmäßig Velux-Dachfenster einbaut. „Mit dem Einbau gab es keinerlei Schwierigkeiten. Die Zimmerer haben die Öffnungen vorbereitet, wir haben die Dachfenster montiert und die Anschlüsse an das Blechdach auf Maß gefertigt“, beschreibt Dachdeckermeister Markus Lembcke die Ausführung. Das Stehfalzraster des Daches, die Dachhandwerker der Spenglerei Lembcke verlegten hier ein „Uginox“-Edelstahldach, sowie der anschließenden Fassade ist auf die Breiten der Velux-Dachfenster abgestimmt.

Dachfenster mit Fensterlüfter in den Bädern

Die Belichtung von oben schafft in den nördlich gelegenen Bereichen der Wohnungen eine beruhigende, helle Atmosphäre. Die von der Nord- bis zur Südseite reichenden Räume bringen ein interessantes Spannungsfeld aus gleißendem Südlicht und sanftem Nordlicht hervor. Zudem lässt sich mit einem im obersten Geschoss auf der Südseite gelegenen Dachfenster effektiv querlüften. Von der Galerie ermöglicht es einen hervorragenden Ausblick auf die Stadt.

In den Bädern setzen die Architekten auf Dachfenster in Kombination mit „Smart Ventilation“, einem Fensterlüfter, der für einen kontinuierlichen Luftaustausch sorgt. Damit werden laut Hersteller 81 Prozent der Wärme durch einen Wärmetauscher aus der Abluft zurückgewonnen und zum Erwärmen der einströmenden Frischluft genutzt. Der Abtransport der feuchten Luft soll so sichergestellt werden, ohne dass sich die Bewohner darum kümmern müssen.

Die Dachaufstockung in der Maxvorstadt schuf unter Einbeziehung des Bestands und trotz herausfordernder statischer Voraussetzungen 350 m² Wohnfläche in begehrter Münchner Innenstadtlage. Ein Beispiel, das auch für andere Innenstädte Schule machen könnte.

Autoren

Maik Seete ist bei Velux verantwortlich für Public Relations in den Regionen Deutschland, Österreich und Schweiz.

Rüdiger Sinn ist Journalist und freier Mitarbeiter der Zeitschrift dach+holzbau.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Dachaufstockung Büro- und Wohngebäude in München-Maxvorstadt

BGF (Aufstockung) 956 m², Wohnfläche der Aufstockung 568 m²

Architekt  Pool Leber Architekten, München, www.poolleberarch.de

Holzbau Frank Zimmerei und Holzbau GmbH & Co.KG, München, www.zimmereifrank.de

Dachdecker Markus Lembcke Spenglerei, Sattlerstraße 4, Markt Indersdorf  

Fassadenbau Spenglerei Erwin Miller, Krailing, www.dachdeckerei-miller.de/

Dachfenster Velux Deutschland GmbH, Hamburg, www.velux.de

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