18 Jahre Strohballenbau ohne Schäden
Architekt Otto Merz berichtet über seine Erfahrungen mit der StrohballenbauweiseArchitekt Otto Merz aus Hüfingen hat das Strohballenhaus in Engelswies geplant und gemeinsam mit den Handwerkern und dem Bauherrn umgesetzt. Mit der Redaktion dach+holzbau sprach er über die Entwicklung im Strohballenhausbau, hartnäckige Vorurteile gegenüber der Bauweise und Dinge, die man bei der Planung und Ausführung unbedingt beachten sollte.
dach+holzbau: Herr Merz, Sie haben schon 13 Häuser in Strohballenbauweise gebaut, erinnern Sie sich noch an ihr erstes?
Otto Merz: Das erste Strohballenhaus habe ich in Wolterdingen bei Donaueschingen gebaut. Der Bauherr war ein Allergiker, der ein ökologisches und wohngesundes Haus wollte. So bin ich zur Strohballenbauweise gekommen.
Was hat sich zu heute verändert?
Zu Beginn haben wir die Strohballen auf der Baustelle wie Ziegelsteine in die Konstruktion gestapelt. Da war es dann auch schwierig, eine gerade Wand herzustellen. Zu der Zeit war Stroh als Baustoff noch nicht bauaufsichtlich zugelassen, das änderte sich 2014. Seither ist Stroh einfach ein zugelassener Dämmstoff wie jeder andere auch. Vorher war man immer im Bereich des experimentellen Bauens.
Neben Bewunderung für die Strohballenbauweise gibt es das Vorurteil, dass sich Tiere und Ungeziefer ins Stroh einnisten. Das hält sich ja beharrlich. Was sagen Sie dazu?
Immer wieder stößt man auf solche Ängste, aber ich kann aus meiner Erfahrung sprechen: Seit 18 Jahren baue ich mit Stroh und habe noch keine Schäden mit Ungeziefer oder Tieren gehabt. Allerdings muss man auch manche Dinge beim Bauen berücksichtigen.
Was gibt es zu beachten?
Man darf kein feuchtes Stroh einbauen und es darf nicht ins eingebaute Stroh reinregnen, denn das trocknet nicht mehr. Deshalb ist das Wetter beim Aufrichten wichtig. Zudem baue ich kein Strohballenhaus mehr im Herbst. Zum einen, weil die Zeitfenster mit gutem Wetter beim Aufrichten kürzer sind. Aber auch wegen des Verputzens. Durch den Lehmputz, der auf der Innenseite der Außenwände aufgespritzt wird, wird das Stroh feucht. Das macht solange nichts aus, bis es wieder zügig abtrocknet. Ist das aufgrund der Witterung nicht der Fall, kann Schimmel entstehen und dann kommen die Läuse.
… die Läuse?
Ja, sogenannte Staubläuse ernähren sich von den Schimmelsporen. Ist das Stroh zu nass und kann nicht abtrocknen, schimmelt es. Bei einem Haus hatte ich diesen Fall, eigentlich ist es nicht so schlimm, aber die vielen Läuse sehen grässlich aus. Man muss ruhig bleiben und dann weiter die Feuchtigkeit abführen. Das klappt aber eben nicht so gut, wenn die Witterung schlecht ist oder nicht gut gelüftet wird.
Das heißt, dass der Lehmauftrag gekonnt gemacht sein muss?
Ja, auf jeden Fall. Wir spritzen insgesamt etwa 5 cm Lehm nass auf, dann geht er eine Verbindung mit dem Stroh ein. Das muss in drei Lagen passieren, sonst wird es mit dem Abtrocknen schwierig. Lüften ist das A und O.
Was muss bei der luftdichten Ebene im Innenbereich beachtet werden?
Der Lehmputz ist als Dampfbremse grenzwertig, da er sehr diffusionsoffen ist. Beim Trocknen schwindet er und das merken wir an den Bauteilgrenzen, also an Schnittstellen von Lehm zu Holz. Hier kann ein Spalt entstehen, wo warme, feuchte Luft in die Dämmung gelangt. Dann „säuft“ die Strohdämmung regelrecht ab und fault. Das wird dann ein Sanierungsfall und muss natürlich verhindert werden. An Innenwänden muss daher immer noch ein luftdichtes Papier zwischen solchen neuralgischen Stellen eingebracht werden. Schwindrisse in der Fläche vermeidet man durch eine vollflächige Armierung in der obersten Putzlage. Wenn man diese Punkte beachtet, hat man mit einem Stroh-Lehmhaus ein wohngesundes und allergikerfreundliches Gebäude mit einem guten Raumklima.
Herr Merz, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Rüdiger Sinn, freier Mitarbeiter der Redaktion dach+holzbau.
Mehr über den Bau des Strohballenhauses in Engelswies, das Otto Merz geplant hat, lesen Sie hier.
Kontakt zu Architekt Otto Merz: https://otto-merz.eu/