Weinmann-Treff 2021 zieht viele Besucher an

Trotz Pandemie lockt die Präsenzveranstaltung Besucher aus dem In- und Ausland

Unter Pandemiebedingungen ist vieles anders, da muss manchmal auch der Beginn einer Veranstaltung kurzerhand nach hinten verlegt werden: Der Anlagenbauer Weinmann ludt wie üblich im November zum Weinmann-Treff nach Lonsingen. In der Woche zuvor hatte man sich – pandemiebedingt – darauf geeinigt, dass sich alle Besucher vor Beginn testen lassen. Das hatte zunächst einmal lange Warteschlangen vor den Teststationen zu Folge. Die Verantwortlichen verlegten daher den Eröffnungsvortrag kurzerhand eine halbe Stunde nach hinten.

Pro Sekunde werden 124,7 Tonnen Baustoffe benötigt

Der Weinmann-Treff gilt zum einen als Vernetzungstreffen für die Branche, zum anderen bietet er Vorträge, die andere Blickwinkel ermöglichen. Den Beginn machte Christoph Jost von Schuler Consulting. Er zeigte anhand von Zahlen auf, dass die Weltbevölkerung 7,85 Mrd. Menschen beträgt (Zahlen von 2020) und derzeit um 3 Menschen pro Sekunde wächst. Damit ergibt sich ein Wachstum von rund 95 Mio. Menschen jährlich. Diese Menschen wollen leben und müssen irgendwo wohnen. Mit einem anderen bildhaften Vergleich verdeutlichte Jost dies: Pro Sekunde werden 124,7 Tonnen Baustoffe weltweit benötigt. Würde man dies zu einer Mauer rund um den Äquator aufschichten, 1 m breit, so würde diese Mauer 1000 Meter hoch sein.

Dieser unglaubliche Rohstoffverbrauch hat Folgen für die Umwelt. Der CO2-Ausstoß, der doch eigentlich gesenkt werden muss, steigt mit jedem konventionellen Baustoff. Als logische Schlussfolgerung vollzog Jost den Dreh zum Holzbau. Aber haben wir genügend Holz, wenn wir alle Bauaufgaben mit Holz machen würden? Der Klimafolgenforscher Hans Joachim Schellnhuber hatte darauf kürzlich in einem Interview eine klare und einfach Antwort: Ja! Dem Megatrend „Urbanisierung“ müsse dann aber der Megatrend „Aufforstung“ folgen, sagte Jost.

Hilfe bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens

Jost stellte den Zuhörern die Frage, ob deren Unternehmen „Fit für die Zukunft“ seien und gab selbst die Antwort: Viele Betriebe würden nicht an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens arbeiten. Es sei aber nicht so, dass sie nicht wollen, sondern weil der Tagesablauf es nicht zulasse. Er und sein Unternehmen helfen Betrieben bei der strategischen Ausrichtung. Da er und die Beratungsfirma Schuler Consulting glauben, dass der Holzbau ein „riesiges Potential“ habe, gelte es, dieses Potential zu wecken. Um der Massivbaubranche Marktanteile abzunehmen, müsse sich die Branche industrialisieren, betonte Jost. Unterfüttert wird diese Forderung durch die nackten Zahlen: Von den 70 000 Holzbaubetrieben in Deutschland (durchschnittliche Mitarbeiterzahl = 6) haben nur 39 Betriebe mehr als 50 Mitarbeiter. Um mit einer Holzbauoffensive zu punkten müsse aber die Element- und die Modulbauweise weiter fortschreiten, das bedeute Standardisieren, Automatisieren, Industrialisieren und bestehende Kapazitäten besser nutzen.

Wohnungen schnell und planbar bauen

Josef Zerle, Geschäftsführer bei Weinmann, berichtete – trotz Pandemie und damit knapper Materialverfügbarkeit – von einem stetigen Wachstum 2020. Die Zahl der Beschäftigten in Lonsingen stieg um 50 auf nun 200. Hier entstehen die Prototypen und die komplexen Weinmann-Anlagen für die Holzbearbeitung. „In Lonsingen haben wir unsere Ingenieurskapazitäten und unsere Kompetenzen“, sagte Zerle. Die Frage für die Zukunft des Bauens müsse sein, ob man Wohnungen schnell und planbar bauen könne. Zerle verglich den konventionellen Hausbau mit der früheren Einzelanfertigung von Autos und sprach sich für die industrielle Hausbau-Fertigung, zum Beispiel durch den Modulbau, aus. Damit ein Holzbaubetrieb wisse, welche Anlagengröße er benötige, brauche es entsprechende Beratung. Als Rückgrat für das wirtschaftliche Wachstum bezeichnete Josef Zerle mittelständische Unternehmen wie die Zimmerei Wissel aus Mömbris. „Die haben mit der Abbundanlage „Wallteq M 120“ ihre Produktion von sechs auf elf Häuser gesteigert“, berichtet Zerle.

Roboter in der Fertigungszelle

Von den unterschiedlichen Anlagen konnten sich die Besucher des Weinmann-Treffs in der Produktionshalle ein Bild machen. Erstmalig wurde der Roboter „Feedbot W-300“ zum automatischen Platten auflegen in einer „Fertigungszelle“ präsentiert. Der Roboter, der die Platten auf den Werktisch liefert, korrespondiert mit einer „Wallteq M 120“-Zimmermeisterbrücke. Im Vortrag „Digital und Nachhaltig“ von Prof. Hannes Schwarzwälder von der Hochschule Biberach ging es ebenfalls um den riesigen Rohstoff- und CO2-Verbrauch der Baubranche. Sein Credo: Digitalisierung sei gut, aber nur, wenn sie zu einer nachhaltigeren Bauwirtschaft führe. Derzeit sei es so, dass viel mehr Energie in die Digitalisierung des Baus einfließe als Energie damit gespart werden könne. Die Holzbauquote in Deutschland müsse von derzeit 17 auf 50 Prozent gesteigert werden. Hier müssten auch Planer in die Pflicht genommen werden. Ausschreibungen würden heute noch viel zu oft in Massivbauweise umgesetzt, weil die Übersetzung in Holzbauweisen kompliziert sei.

Der Weinmann-Treff war gut besucht und international aufgestellt: An  drei Tagen kamen insgesamt 350 Interessierte aus 16 verschiedenen Ländern nach Lonsingen.

Mehr Informationen online unter https://www.homag.com/weinmann

Autor

Rüdiger Sinn ist freier Text- und Bildjournalist und freier Mitarbeiter der Redaktion dach+holzbau.

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