Neue Gefälledämmung und Dachabdichtung

Real-Warenhaus in Hildesheim saniert

Die Zeit hatte ihre Spuren auf dem 12 000 m² großen, über 35 Jahre alten Dach eines Warenhauses in Hildesheim hinterlassen. Im Zuge der Sanierung wurde ein nichtbrennbares Gefälledämmsystem auf dem Dach verlegt, die Dachentwässerung erneuert und das Dach mit Kunststoffdachbahnen abgedichtet.

Auf der gesamten Dachfläche des Einkaufszentrums in Hildesheim gab es nach mehr als drei Jahrzehnten Risse, Wölbungen und geflickte Leckagen in der Abdichtung. Daher entschied sich der Bauherr für die vollständige Demontage des alten Dachaufbaus. Dieser bestand aus einer etwa 40 bis 50 mm dicken Polystyrol-Schicht und einer an manchen Stellen fast ebenso dicken Bitumenabdichtung. Zusätzlich lag auf dem gesamten Flachdach eine 50 mm dicke Kiesauflast. „Um das Dach pünktlich vor dem nächsten Regenschauer wieder dicht zu bekommen, haben die Dachdecker je nach Wetterlage unterschiedlich große Flächen bis auf das Trapezprofil zurückgebaut und direkt den neuen Dachaufbau verlegt“, erklärt der verantwortliche Projektleiter und Sachverständige Andreas Klein. An sonnigen und regenfreien Tagen sanierte das im Schnitt 15 Mann starke Team der mit den Dacharbeiten beauftragten Lanzenstiel GmbH zwischen 300 und 400 m2 Dachfläche pro Tag. Während oben auf dem Dach die Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden, konnten die Kunden wie gewohnt unten im SB-Warenhaus einkaufen.

Neue Lichtkuppeln

Parallel zur Entfernung der alten Bitumen- und Polystyrol-Schichten, die weitestgehend getrennt entsorgt werden konnten, wurden auch die Lichtkuppeln im jeweiligen Dachabschnitt demontiert und durch neue ersetzt. Insgesamt sorgen heute 48 große und zehn kleine Lichtkuppeln für Tageslicht auf der Verkaufsfläche des Einkaufszentrums. Da viele der geplanten Wartungswege unmittelbar an den Lichtkuppeln vorbeiführen, wurden alle Öffnungen unter den Kuppeln mit Durchsturzsicherungen im Bereich der Aufsatzkränze ausgerüstet. Die Durchsturzsicherungen stammen vom Hersteller der Lichtkuppeln. Durch die Durchsturzsicherung ist die Nutzung der Wartungswege ohne persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz auch im geöffneten Zustand der Kuppeln möglich. Das ist zum Beispiel zur Wartung der Lichtkuppeln und NRA-Anlagen nützlich.

Notabdichtung und Dampfsperre

Nach der Reinigung der freigelegten Trapezprofile füllten die Dachdecker den Profilhohlraum im Anschlussbereich der Lichtkuppeln mit nichtbrennbaren Profilfüllern aus Steinwolle. Anschließend verlegten die Dachdecker auf der freigelegten Fläche, an wirklich regnerisch-trüben Tagen manchmal nicht mehr als wenige Dutzend Quadratmeter, die Notabdichtung und Dampfsperre („Bauder AG 4“). Die Längsnähte der Bitumenbahnen wurden dabei per Heißluftschweißgerät verschweißt. Prinzipiell können Bitumenbahnen wie die „Bauder AG 4“ laut Hersteller sowohl mit einem Gasbrenner als auch mit einem Heißluftfön oder Heißluftautomaten verarbeitet werden. Nach Angaben von Bauder werden aber geschätzt 95-98 Prozent aller Bitumenbahnen mit dem Gasbrenner verarbeitet, da es schneller geht und sich Bitumenbahnen mit dem Brenner auch in der Fläche verschweißen lassen. Die Heißluftverschweißung ist nur für den Nahtbereich geeignet. Dabei lassen sich lange, einfache Nähte mit Heißluftschweißgeräten gut fügen Außerdem bringt die Fügung der Nähte per Heißluft Vorteile im Brandschutz gegenüber einer Verschweißung mit dem Gasbrenner und offener Flamme. Nach dem Verlegen der Dampfsperrbahnen ging es an die Dämmung des Daches. Dabei entschied man sich für ein nichtbrennbares Gefälledämmsystem (A1) aus Steinwolle, im Einklang mit der aktuellen Verkaufsstättenverordnung und den Vorgaben des Bauherrn.

Gefälledämmung mit Kehlgefälleplatten

Zuerst wurde auf der Notabdichtung eine 90 mm dicke Grunddämmung aus „Durock 037“ Platten von Rockwool verlegt. Die Dämmplatten haben einen Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von 0,037 W/mK. Erhältlich sind sie im Kleinformat von 1000 x 600 mm oder im Großformat von 2000 x 1200 mm. Dabei bietet Rockwool die Dämmplatten in Dicken von 60 bis 180 mm an. Die „Durock“-Dämmplatten haben eine lastverteilende Oberlage und bieten so eine gute Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Beanspruchungen. Sie dürfen allerdings nicht bei genutzten Dachflächen eingesetzt werden, zum Beispiel bei intensiven Begrünungen oder unter Dachterrassen.

Über den Grunddämmplatten wurde, gemäß dem vom Hersteller erstellten Verlegungsplan und mithilfe des „Georock“ Gefälledachsystems, ein zweiprozentiges Gefälle erstellt. Die Gefälledämmplatten kamen auf Paletten sortiert in der Reihenfolge der Verlegung auf der Baustelle an. Eine Kennzeichnung der einzelnen Plattentypen als Hilfe für die Verlegung ist daher nicht nötig.

Auf den Gefälledämmplatten wurde wiederum mithilfe von „Keprock“-Kehlgefälleplatten die notwendige Punktentwässerung vorbereitet. Die montagefertig zugeschnittenen Kehlgefälleplatten haben ein Gefälle in zwei Richtungen. Sie werden mechanisch oder mit Auflast befestigt und leiten das Regenwasser zu einem der ebenfalls neu montierten Dachgullys.

Neue Dachgullys und Druckstromentwässerung

Insgesamt wurden 50 neue Gullys für die Haupt- und 50 Gullys für die Notentwässerung im Dach eingebaut. „Das Thema Entwässerung musste bei dieser Sanierung gründlich durchdacht und geplant werden, da einige der alten Fallrohre und Grundleitungen nicht mehr zuverlässig arbeiteten“, erläutert der damalige Projektleiter Andreas Klein.

Die Anschlussleitungen an die Kanalisation waren für Starkregenereignisse zu klein dimensioniert. Um auch für Extremwettersituationen gewappnet zu sein, wurden neue Anschlussleitungen verlegt und ein Auffangbecken für die Notentwässerung ausgehoben. Im Inneren des Marktes wurden die alten Fallrohre zurückgebaut und durch eine moderne Druckstromentwässerung ersetzt. Die neu verlegten Entwässerungsrohre wurden dabei über Schienen an die Binder der Dachkonstruktion und nicht an den Trapezblechen befestigt, sodass die Trapezbleche statisch durch die neuen Leitungen nicht belastet wurden. Die Berechnung der Entwässerung hatte der Sachverständige Andreas Klein zusammen mit dem Hersteller der Polyethylen-Rohre (PEHD-Rohre) für die Entwässerungsanlage übernommen.

Belastbare Dämmplatten für Wartungswege

Auf dem Dach sorgen an den Hochpunkten, zum Beispiel an Dachrändern und an den Hochpunkten der Dachreiter, bis zu 300 mm Steinwolle für den Wärme- und Brandschutz. Das Dachschichtenpaket wurde entsprechend der Vorgaben der gültigen EnEV geplant und umgesetzt. Für die Dämmung der zukünftigen Wartungswege, die insgesamt rund 700 m² Fläche in Anspruch nahmen, setzte das Dachdeckerteam auf die speziell dafür entwickelten „Megarock“-Verbundplatten von Rockwool. Durch den Verbund aus einer in diesem Fall 90 mm dicken, hoch verdichteten Steinwolldämmplatte mit einer anorganischen, faserverstärkten Beschichtung verfügen die Dämmplatten über eine Punktbelastbarkeit von mindestens 1800 N und eine Druckspannung von 80 kPa. Damit sollen die Verbundplatten für eine langfristig sichere Begehbarkeit der Wartungswege sorgen. Die „Megarock“ Verbundplatten wurden in Hildesheim direkt auf die Gefälledämmung verlegt, die Grundplatten entfielen in diesen Bereichen.

Sonderbahnen für Wartungswege

Danach mussten die Wartungs- und Revisionswege nur noch durch einen Abdichtungstreifen kenntlich gemacht werden, der sich farblich von der Abdichtung auf der übrigen Dachfläche unterscheidet. Hierzu wurde die vom Hersteller passend angebotene Sonderbahn für Wartungswege („Walkway“) in einer Breite von 74 cm auf die vorhandene Abdichtung aufgeschweißt. Zusätzliche lastverteilende Maßnahmen, wie das Verlegen von Betonplatten, waren nicht erforderlich. So entstanden in wenigen Arbeitsschritten Wartungswege in einer zur umliegenden Dachkonstruktion passenden Aufbauhöhe, was auch bei starkem Regen einen ungehinderten Wasserabfluss gewährleistet. Als Abdichtung wurden Kunststoffdachbahnen („Mapeplan T I“) auf dem Dach verlegt und mechanisch befestigt.

Während der Arbeit waren die Dachdecker durch ein Dachfanggerüst an der Attika gegen Absturz gesichert. Sämtliche Absturzkanten auf der Dachfläche wurden mit Absturzsicherungen in Form seilgeführter Systeme gesichert.

Dämmung und neues Entwässerungskonzept

„In dem für ein Flachdach natürlichen Sanierungszyklus war es uns bei diesem Objekt möglich, parallel eine tiefgreifende Neuausbildung des Entwässerungskonzeptes und einen zeitgemäßen Brand-, Schall- und Wärmeschutz auf dem Dach aufzubauen“, sagt Andreas Klein abschließend, „die reine Erneuerung der Entwässerung wäre um ein Vielfaches komplexer und teurer gewesen.“

Autor

Andreas Gebing ist Produktmanager Flachdach bei der Rockwool GmbH & Co. KG in Gladbeck.

Gefälledämmsystem aus Steinwolle

 

Das Gefälledämmsystem für Flachdächer „Georock“ besteht aus druckbelastbaren Steinwolldämmplatten, die werkseitig mit zwei Prozent Standardgefälle ausgestattet sind. Die Dämmplatten „Georock 038“ verfügen dabei über einen Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von 0,038 W/mK. Durch ihre lastverteilende Oberlage sind sie widerstandsfähig gegenüber mechanischen Beanspruchungen. Standardmäßig haben die Dämmplatten zwei Prozent, lieferbar sind sie aber auch mit einem oder drei Prozent Gefälle. Das Format der Platten mit dem Standardgefälle von zwei Prozent beträgt 1000 x 600 mm. Lieferbar sind die Dämmplatten in Dicken von 40 bis 160 mm. Die „Georock“-Dämmplatten sind nichtbrennbar und nicht glimmend.

Die nach der EnEV erforderliche Dämmstoffdicke wird durch die Kombination mit einer Grunddämmung erreicht, beispielsweise aus „Hardrock“ oder „Durock“-Dämmplatten. Zur Verlegung der Gefälledämmplatten wird vom Hersteller ein Verlegungsplan mit der gewünschten Entwässerungsform erstellt, entweder eine Punktentwässerung mit Kehlgefälleplatten oder eine Linienentwässerung. Mehr Informationen finden Sie unter www.rockwool.de .

Bautafel (Auswahl)

Projekt Sanierung des Daches eines Real-Warenhauses in Hildesheim

Bauherr Real SB Warenhaus GmbH

Planer Ingenieur- & Sachverständigenbüro Klein GbR, Andreas Klein, 46244 Bottrop, www.flachdachplaner.de

Dacharbeiten Lanzenstiel GmbH, 67661 Kaiserslautern, www.lanzenstiel.eu

Technische Beratung Rockwool GmbH & Co. KG, 45966 Gladbeck, www.rockwool.de   

 

Produkte (Auswahl)

Dampfsperrbahn „Bauder AG 4“, Paul Bauder GmbH & Co. KG, Stuttgart, www.bauder.de

Grunddämmung „Durock 037“ Dämmplatten;

Gefälledämmung „Georock“ Gefälledämmplatten mit 2 Prozent Gefälle und „Keprock“ Kehlgefälleplatten;

Wartungswege „Megarock“-Verbundplatten, Sonderbahn für Wartungswege „Walkway“; alle Produkte von Rockwool GmbH & Co. KG, Gladbeck, www.rockwool.de   

Dachabdichtung „Mapeplan T I“, Mapei GmbH, 63762 Großostheim, www.mapei.de

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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