Neue Dächer für das Bundesbildungszentrum in Kassel

Asbest-Rückbau, Neue Schalung, Dämmung und Neudeckung mit Eternit-Wellplatten

Das Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes in Kassel wurde energetisch saniert. Die alten, asbestbelasteten Faserzementplatten wurden dafür fachgerecht von den Dachflächen zurückgebaut. 5500 m² Dachflächen wurden neu gedämmt und mit Wellplatten eingedeckt. 

Die Historie des Bundesbildungszentrums in Kassel reicht zwar zurück bis in das Jahr 1927. Das heute auf dem rund 13 000 m² großen Grundstück in Kassel gelegene Gebäudeensemble stammt aber zu einem großen Teil aus den 1980er Jahren. Damals entstanden fünf Werkstatthallen, eine modern ausgestattete Maschinenhalle, mehrere Schulungsgebäude und der von 1980 bis 1983 errichtete Hauptkomplex des Bundesbildungszentrums. Das Wachstum des Bildungszentrums lässt sich gut an seinen unterschiedlich alten Gebäudeteilen ablesen. Einige davon wurden vor zwei Jahren einer energetischen Sanierung unterzogen.

Mit der Sanierung der Dachflächen wurde die Kühne GmbH aus ­Kassel beauftragt. Der Handwerksbetrieb führt Dachdeckerarbeiten am Steil- und Flachdach, Bauklempnerei- und Holzbauarbeiten aus. Michael Kühne und Thomas Becker, die Geschäftsführer des Handwerksbetriebs, waren gemeinsam mit Dachdeckermeister Dirk Flörke für die Sanierung der Dachflächen verantwortlich. „Das Bundesbildungszentrum wurde immer wieder erweitert. Neue Gebäude wurden errichtet und Anbauten ergänzt. 2003 kam die Dachdeckerhalle als letzter Gebäudeabschnitt hinzu. Es ging also nicht um die energetische Ertüchtigung der Dachkonstruktion für einen zusammenhängenden Gebäudekomplex, sondern um die Bearbeitung unterschiedlicher Dachkonstruktionen“, erklärt Dirk Flörke. Die gute Zusammenarbeit zwischen dem SSP Planungsbüro, GGS Architekten, dem Bundesbildungszentrum und der Kühne GmbH sorgte dabei für einen schnellen Baufortschritt.

Mehr über die Sanierung lesen Sie im Interview mit Thomas Becker von der Kühne GmbH.

Walmdach, Flachdächer und Sheddächer

Von oben betrachtet zeigt sich die gewachsene und unterschiedlich strukturierte Dachlandschaft des Bundesbildungszentrums (siehe Foto vorherige Seite): große Sheddächer werden von kleineren Flachdachbereichen abgelöst. Markant ist das große Walmdach des Seminar- und Weiterbildungsbereiches. Insgesamt mussten 36 Dachflächen von insgesamt rund 5500 m² Fläche saniert und gedämmt werden. Ausgenommen blieb nur die Dachdeckerhalle.

Asbestbelastete Wellplatten zurückgebaut

Bereits die Demontage der alten Dacheindeckung erforderte eine vorausschauende Planung und sorgsames Arbeiten. Thomas Becker, Geschäftsführer der Kühne GmbH, berichtet: „Die meisten Dächer hatten eine alte Eindeckung aus asbestbelasteten Wellplatten, die fachgerecht zurückgebaut und entsorgt werden mussten. Es musste darauf geachtet werden, dass dabei so wenig Staub wie möglich entsteht, der in die Dachkonstruktionen oder sogar in die Unterrichtsräume hätte eindringen können.“ Unter der Eindeckung fanden die Dachdecker dann auf den verschiedenen Gebäudeabschnitten ganz unterschiedliche Aufbauten. Die ältesten Gebäude verfügten über keinerlei Dämmung. Dort wurden nur die alte Lattung und die Holzschalung entfernt. Später errichtete Dächer waren teilweise mit einer dünnen Zwischensparrendämmung ausgestattet, die im Zuge der Sanierung komplett entfernt wurde.

Sanierung im laufenden Betrieb

Alle Dacharbeiten erfolgten bei laufendem Schulbetrieb. Das verlangte eine konsequente Einhaltung des Bauzeitenplans. „Erst wenn wir die neue Holzschalung auf einem Dach aufgebracht hatten, konnte darunter der Unterricht weitergehen. Entsprechend war eine engmaschige Abstimmung mit der Leitung des Bildungszentrums notwendig“, erinnert sich Michael Kühne, der mit Thomas Becker die Geschäftsführung der Kühne GmbH bildet.

Auf den neu verlegten Holzschalungen wurden in einem ersten Arbeitsschritt zunächst Dampfbremsbahnen verlegt („Rocktect Vapotop“). Darüber verlegten die Handwerker nichtbrennbare Steinwolldämmplatten („Masterrock NB kaschiert“) in einer Dicke von 160 mm. Da diese Dämmplatten mit werkseitig aufkaschierten Unterdeckbahnen geliefert werden, war der Witterungsschutz für die Dämmung und Dachkonstruktion direkt nach der Verlegung gegeben. Die Unterdeckbahnen auf den Dämmplatten mussten nur über Selbstklebestreifen im Überlappungsbereich verklebt werden. Vor allem während diverser Schlechtwetterperioden waren die aufkaschierten Unterdeckbahnen vorteilhaft.

Eindeckung aus Eternit-Wellplatten

Nach dem Verlegen der Dämmung wurden zuerst die Konterlattung und dann die Traglattung mit Maßen von 60 x 60 mm gemäß einer zuvor erstellten Schraubenstatik montiert. Bis auf wenige Ausnahmen sollten die neuen Dächer wieder eine Eindeckung aus Eternit-Wellplatten erhalten. Dabei entschied man sich für das Wellplattenprofil 6 ¾ von Eternit, einer Weiterentwicklung des Großformats Profil 6 für den Hallenbau. Während das Profil 6 mit einer seitlichen Überdeckung von 47 mm verlegt wird, bietet das Profil 6 ¾ eine erweiterte Überdeckung von einem ganzen Wellenberg.

Dank der schalldämpfenden Eigenschaften der Faserzement-Wellplatten werden Geräusche unter dem Dach deutlich gedämpft. So soll beispielsweise bei starkem Regen oder Hagel nur eine geringe Lärmbelastung entstehen. Die Eternit-Wellplatten sind nicht brennbar (A2-S1, d0 nach DIN EN 13501-1) und bieten Sicherheit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme. Um das Gewicht der Wellplatten pro Quadratmeter aufnehmen zu können, wurde eine etwas stärkere Traglattung gewählt. Befestigt ist der gesamte Dachaufbau mit 300 mm langen Schubschrauben, die in einem Winkel von 90° Grad eingeschraubt wurden, sowie 320 mm langen Sogschrauben, die im 60° Grad-Winkel eingedreht wurden. Die Schrauben für die Aufsparrendämmung stammen von der Firma Würth, die in diesem Fall auch die Schraubenstatik erstellt hat.

Bildungszentrum als Schulungsobjekt

Erschwert wurden die Arbeiten durch einige besonders komplexe Dachformen und diverse komplizierte Anschlussbereiche. Gerade die Sheddächer über den Werkstatthallen erforderten Erfahrung und Augenmaß, vor allem beim exakten Zuschnitt der Dämmplatten.

Mit dem Ergebnis der Sanierung ist aber nicht nur die Firma Kühne zufrieden, sondern auch die Leitung des Bundesbildungszentrums um Geschäftsführer Dipl.-Ing. Helmhard Neuenhagen und den Leiter für Sonderprojekte, Dr.-Ing. Holger Schopbach. „Die sanierten Gebäude erhielten eine vorgehängte, hinterlüftete Fassade mit Mineralfaserdämmung und einer Boden-Deckel-Schalung aus vorvergrautem Lärchenholz“, erklärt Helmhard Neuenhagen, „hinzu kamen neue Fenster mit Wärmeschutzverglasung und die Sanierung der Dächer. So konnte der Energieverbrauch des Bundesbildungszentrums auf ein zeitgemäßes Niveau gesenkt werden.“ Ziel der Arbeiten sei es dabei gewesen, den Aufwand für anschließende Putz- und Anstricharbeiten im Inneren der Bestandsgebäude so gering wie möglich zu halten. „Insofern erschien uns die von der Kühne GmbH realisierte Aufsparrendämmung als perfekte Lösung, darüber hinaus war die Verwendung nichtbrennbarer Dämmstoffe Teil des Brandschutzkonzeptes“, sagt Helmhard Neuenhagen.

Exkursionen mit Auszubildenden

So ganz nebenbei dienten die Dacharbeiten natürlich auch manchem Lehrbeauftragten als willkommene Gelegenheit für einen Baustellenbesuch mit den Auszubildenden. „Nicht nur mit den angehenden Dachdeckern haben unsere Kollegen die eine oder andere Exkursion auf eines der Dächer unternommen. Die Arbeit von Michael Kühne, Thomas Becker und ihrem Team hat nahezu jede Schülerin und jeden Schüler interessiert. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass sie die Dacharbeiten auch einmal aus der Nähe sehen konnten“, sagt Helmhard Neuenhagen. Die Auszubildenden und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Weiterbildungslehrgängen, die im Bundesbildungszentrum Kassel unterrichtet werden, dürften nun eine sehr konkrete Vorstellung davon haben, wie eine energetische Gebäudesanierung abläuft.

Die Sanierung wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung gefördert. 

Mehr über die Sanierung lesen Sie im Interview mit Thomas Becker von der Kühne GmbH.

Autor

Dipl.-Ing. Matthias Becker ist Produktmanager im Bereich Hochbau der Rockwool GmbH & Co. KG in Gladbeck.

Bautafel (Auswahl)

 

Projekt Energetische Sanierung des Bundesbildungszentrums des Zimmerer- und Ausbaugewerbes in Kassel

Bauherr Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes gGmbH, 34123 Kassel, www.bubiza.de

Bauleitung Architektengemeinschaft Groger Grund Schmidt (GGS Architekten), 34121 Kassel, www.ggs-architekten.de

Planer SSP AG Architekten/Ingenieure Integrale Planung, 44801 Bochum, www.ssp.ag

Dachdecker Kühne GmbH, 34253 Kassel/Lohfelden, www.kuehne-meisterbetriebe.de

 

Herstellerindex (Auswahl)

Dämmung Steinwolldämmplatten „Masterrock NB kaschiert“, 160 mm Dicke; Dampfbremse „Rocktect Vapotop“, Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG, 45966 Gladbeck, www.rockwool.de 

Eindeckung „Wellplatten Profil 6 ¾“ in dunkelgrau, Eternit GmbH, 69126 Heidelberg, www.eternit.de

Aktuelle Situation im Bundesbildungszentrum:

Online-Unterricht und kleine Klassen

Auch der Schulungs- und Weiterbildungsbetrieb im Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes (BuBiZa) in Kassel bleibt nicht von den Auswirkungen der Corona-Krise verschont. Zurzeit besuchen dort nur Auszubildende im Zimmererhandwerk des dritten Lehrjahrs den theoretischen und praktischen Unterricht (Stand Mai 2020). Sie bereiten sich derzeit auf ihre Gesellenprüfungen vor, die im Juni stattfinden. Während sich zu normalen Zeiten 75 Schüler in den Werkstatthallen für Zimmerer aufhalten dürfen, sind es zurzeit nur 50. 

Dachdeckerlehrlinge des dritten Lehrjahrs bereiten sich ebenfalls in kleineren Gruppen als sonst am BuBiZa auf ihre Gesellenprüfungen im Juni vor. Wenn die Auszubildenden des dritten Lehrjahrs ihre Prüfungen absolviert haben, werden auch die Azubis im zweiten Lehrjahr für die überbetriebliche Ausbildung in das BuBiZa zurückkehren. Die Zwischenprüfungen für das zweite Lehrjahr fallen dieses Jahr aus. Für Auszubildende im Zimmererhandwerk im dritten Lehrjahr bietet das BuBiZa kostenfreien Online-Unterricht. Dabei wird alle 14 Tage eine praktische Aufgabe in einer Online-Videokonferenz vorgestellt. Die Schüler müssen die Aufgabe in einer bestimmten Zeit lösen. Gemeinsam mit Ausbildern des BuBiZa werden die Lösungen zu den Aufgaben in einem erneuten Onlinemeeting besprochen. Zurzeit nutzen laut Helmhard Neuenhagen, Geschäftsführer des BuBiZa, 130 Zimmerer-Auszubildende aus ganz Deutschland das Online-Angebot. Auszubildende können sich für den Online-Unterricht anmelden unter www.bubiza.de/ausbildung/anmeldung-online-unterricht.html.

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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