Ein Container wird zur Spielkiste

KuKuk Kultur e.V. baut mobilen Spielplatz für Waisenhaus im Nordirak

Der Verein Kukuk Kultur e.V. hat jahrelange Erfahrung im Bau von Spielplätzen für Kinder in Not- und Krisengebieten weltweit. Für die Kinder eines Flüchtlingscamps im Irak baute der Verein einen Seefrachtcontainer zum Spielplatz um. Beim Aufbau packten Kinder und Jugendliche vor Ort mit an.

Ein Spielplatz im Seefrachtcontainer – dieses Konzept wurde vom Stuttgarter Verein Kukuk Kultur e.V. speziell für den Einsatz in Kriegs- und Krisengebieten entwickelt. Die Spielcontainer werden in Deutschland (um)gebaut und von dort aus an ihren Einsatzort transportiert. Vor Ort sind sie an einem halben Tag montiert und können durch Zusatzelemente wie Schaukeln oder Sonnensegel ergänzt werden. Sollte ein Spielcontainer nicht mehr benötigt werden, kann er versetzt werden und an einer anderen Stelle zum Einsatz kommen.

Spielplatz für Waisenhaus im Nordirak

Im März 2018 baute der Verein gemeinsam mit Studenten der Leuphana-Universität Lüneburg einen solchen mobilen Spielplatzcontainer. Der Container war für das Waisenhaus „Our Bridge“ am Rande des Flüchtlingscamps Xhanke im Nordirak bestimmt. Für seinen Einsatz als Spielplatzcontainer mussten zunächst Wand- und Dachausschnitte erstellt und entgratet werden. Danach erhielt der Container einen Boden aus hellem Robinienholz – ein wichtiger Schritt, um aus dem Frachtcontainer eine riesige und sichere „Spielkiste“ zu machen. Der containertypische Boden wurde dafür herausgenommen, massive Kanthölzer angebracht und Robinienhölzer aufgeschraubt. Für den Innenausbau der Seecontainer greift der gemeinnützige Verein auf Robinienholz zurück, da es sich gut für die langfristige Nutzung im Außenbereich eignet.

Robinienholz mit Metallbohrern bearbeitet

„Wir nutzen für den Bau unserer Spielplätze meist aus Ungarn importierte, natürlich gewachsene Robinien, die entrindet und entsplintet werden. Das Kernholz ist langfaserig, damit stabil und biegbar, sehr widerstandsfähig und hat eine extrem hohe Lebensdauer“, erklärt Bianca Elgas, Projektleiterin des Vereins Kukuk Kultur. Die teilweise krumm gewachsenen Stämme sind für den Bau von Spielplätzen gut geeignet, sie haben einen hohen Spielwert und regen, so die Erfahrung der Spielplatzbauer, die Fantasie der Kinder an. Für die stehend im Container verschraubten Robinienhölzer durchbohrten die Spielplatzbauer das Metall des Containers. Die Hölzer wurden via Schlüsselschrauben und Unterlegscheiben direkt mit dem Container verbunden. „Wir nutzen aufgrund der Härte des Robinienholzes Metallbohrer für das Holz und Schleifscheiben, die eigentlich für Edelstahl konzipiert sind“, sagt Bianca Elgas.

Innenausbau der Seecontainer

Die Containerspielplätze entsprechen der DIN 1176 für Spielplätze. Schraubenhersteller wie Spax und Maschinenhersteller wie Festool unterstützen den Verein Kukuk Kultur mit Sachspenden, so können hochwertige Maschinen, Werkzeuge und Verbindungsmittel für den Bau der Spielplätze genutzt werden. Der Hersteller Spax etwa spendet dem Verein seit einigen Jahren den Jahresbedarf an Schrauben. Schlüsselschrauben erhält der Verein durch die Firma Lederer. „Wir bauen pro Jahr etwa acht bis 15 Spielplätze, damit ist das eine riesige Unterstützung für unsere Sache“, sagt Bianca Elgas. Der Verein arbeitet außerdem mit einem großen Maschinenpool, da oft Projekte mit 50 oder mehr Menschen auf der Baustelle umgesetzt werden. Rund 20 Winkelschleifer, 20 Akkuschrauber, drei Kettensägen, zwei Handkreissägen, Stichsägen und eine große Bohrmaschine gehören zum Maschinenpool des Vereins. „Die Elektrowerkzeuge begleiten unsere Arbeit im Rahmen der Nachhaltigkeit über ihre komplette Lebensdauer hinweg“, erklärt Bianca Elgas. Die Geräte müssen bei ihren Reisen weltweit viel aushalten: Hitze, Kälte, außerdem die große Härte des Werkstoffes Robinienholz. Dazu kommt, dass oft Neulinge mit den Maschinen arbeiten, die mit der Bedienung noch nicht vertraut seien, erklärt Elgas. „Wir arbeiten aber mit gängigen Holzverbindungen, diese können wir auch handwerklichen Laien relativ schnell beibringen“, erklärt die Projektleiterin. So auch bei der Fertigstellung des Spielplatzes im Irak.

Aufbau des Spielplatzcontainers im Nordirak

Ende März 2018 wurde der Spielplatzcontainer nach Xhanke transportiert und dort aufgebaut. Zunächst wurde der Container platziert und die Materialien darin ausgepackt. Die im Container verstauten Aufbauten für das Dach wurden per Kran auf das Dach gehoben und dort fixiert. Außerdem wurden Außenaufbauten angebracht. Die Kinder und Jugendlichen vor Ort packten dabei mit an – und sorgten so für einen schnellen Baufortschritt. Gemeinsam wurden Löcher gegraben und Fundamente für weitere Spielgeräte erstellt, die vor Ort aus Robinienholz gebaut wurden. „Die Jugendlichen vor Ort durften dabei alle scharfkantigen Teile mit dem Winkelschleifer bearbeiten – was für sie ein absolutes Highlight war“, berichtet Bianca Elgas.

Drei Tage später war der Containerspielplatz fertig. Kriechtunnel, Spielhütten, ein Klettergerüst und ein Balancebalken stehen ab sofort für die Kinder des Flüchtlingscamps bereit. Ein Sonnensegel schützt einen Teil des Spielplatzes vor den Strahlen der Sonne, sodass die Kinder auch im Schatten spielen können. Eine Nestschaukel gehört ebenfalls zum Spielplatz und erfreute sich vom ersten Augenblick an größter Beliebtheit.

Weiterentwicklung der Container

„Unsere Spielcontainer können immer noch besser werden, was Spielwert, Konstruktion, Standardisierung und Kosten angeht. Aktuell tüfteln wir zum Beispiel an einer ganz andersartigen Lösung gemeinsam mit einem Architekturbüro. Der entstehende Container wird im November nach Äthiopien verschifft“, erklärt Bianca Elgas.

Förderung durch das Land Baden-Württemberg

Die Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ) unterstützte den Bau des Spielplatzes für das Flüchtlingscamp Xhanke mit 25 000 Euro. Das Geld dafür kam aus Sondermitteln des Landes Baden-Württemberg für humanitäre und Soforthilfe-Projekte in der Provinz Dohuk im Nordirak. Durch eine Crowdfunding-Aktion spendeten außerdem insgesamt 143 Menschen eine Gesamtsum­me von 11 851 Euro für den Bau des Spielplatzcontainers. „Diese große Spende, bestehend aus vielen kleinen Spenden, freut uns besonders, da sie zeigt, wie groß das Interesse und die Unterstützung für das Pro­jekt sind“, sagt Bianca Elgas. Die Kosten für den Transport des Containers in den Irak (etwa 3500 Euro) übernahm die Engagement Global gGmbH fast voll­ständig, die Gesellschaft wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert.

Autor

Stephan Thomas ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

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