Chancen der Digitalisierung

Serie zur Digitalisierung, Teil 1: Digitale Bestellprozesse

Von Handwerkersoftware über den Drohneneinsatz bis zum Smart Home: In vielen Bereichen des Dachdecker- und Zimmererhandwerks hält die Digitalisierung Einzug und wirft neue Fragen auf. Wir sorgen in einer Artikelserie für Klarheit. Im ersten Teil geht es um digitale Bestellmöglichkeiten.

Wie gut sind Handwerksbetriebe digital aufgestellt? Mit dieser Frage hat sich das Forschungsprojekt „Digitalisierungsbarometer für das Bau- und Ausbauhandwerk“ beschäftigt und den Grad der Digitalisierung im Bauhandwerk analysiert. Ein Ergebnis des Projekts ist, dass die Digitalisierung im Handwerk angekommen ist. Über alle untersuchten Gewerke hinweg hätten Betriebe die Bedeutung des Themas erkannt, zeigt das „Digitalbarometer“. Jedoch zeigt die Studie auch, dass besonders bei kleinen, familiengeführten Handwerksbetrieben zum Teil noch eine große Unsicherheit besteht, wie sich Digitalisierung umsetzen lässt, vielen Betrieben eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie fehlt und Entscheidungen zu Digitalisierungsprozessen eher ad hoc umgesetzt werden als im Zuge längerfristiger Planungen (mehr Informationen zum Digitalbarometer lesen Sie im Infokasten am Textende).

Dabei bietet die Digitalisierung viele Vorteile für Handwerksbetriebe: Digitale Lösungen können, wenn sie richtig eingesetzt und auf die Bedürfnisse des Betriebs angepasst sind, Prozesse vereinfachen und beschleunigen. Mit unserer Artikelserie möchten wir daher Handwerksbetriebe mit Ideen für die Digitalisierung des eigenen Betriebs unterstützen. Im ersten Teil geht es um digitale Vertriebs- und Bestellmöglichkeiten.

Schnelle Verfügbarkeit und kurze Lieferzeiten

Nicht nur in der Dach- und Holzbaubranche zeigt sich, dass eine hohe Nachfrage nach schnellen und zuverlässigen Einkaufsmöglichkeiten besteht. Hier bietet der digitale Einkauf Vorteile: Bestellungen rund um die Uhr, Lieferungen direkt in den Betrieb oder auf die Baustelle, im besten Fall transparente Preise und einen einfachen Bestellprozess.

Digitale Bestellmöglichkeiten

Einige Baustoffhändler haben die Vorteile digitaler Vertriebsmodelle erkannt und bieten Online-Shop-Systeme und zusätzliche Services wie eine Express-Lieferung über Nacht an. Andere Fachhändler hingegen sind noch nicht so weit. Die Bandbreite ist recht groß und der Grad der Digitalisierung im Dachbaustoffhandel sehr unterschiedlich. Generell lässt sich aber sagen: Digitale Bestellmöglichkeiten per Mail, über Shop-Systeme oder Apps sind auch im Dachdeckerhandwerk angekommen. So nutzt beispielsweise Dachdeckermeister Dieter Berheide, Geschäftsführer der Berheide & Kozlik Bedachungen in Harsewinkel, für den Materialeinkauf digitale Bestellwege. Normalerweise funktioniere das gut, erklärt Berheide, aktuell müsse er aber fast jeden Preis zusätzlich telefonisch erfragen. „Im Moment haben wir eine Ausnahmesituation. Vor allem bei Holz, Stahl, Kunststoffe und Dämmung gibt es Materialengpässe und wir erhalten fast nur noch Tagespreise“, sagt Berheide.

Urs Nies, CDO des Online-Dachbaustoffhändlers Dachdeckermarkt24, sagt dazu: „In der Tat sind viele Online-Verkaufssysteme darauf ausgelegt, aktuelle Preise anzuzeigen. Oft werden diese aber nur in geschützten Kundenbereichen individuell angezeigt.“ Daher sei es für den Betreiber des Online-Shops oft schwer, diese Preise aktuell zu halten. „Als offene Plattform legt Dachdeckermarkt24 großen Wert auf Transparenz und Verlässlichkeit“, sagt Urs Nies, „daher sind bei uns die Preise für Produkte auch ohne Kundenkonto ersichtlich.“

Dennoch ist auch Dachdeckermarkt24 von aktuellen Preissteigerungen betroffen, wie Heiko Mohnberg, CEO von Dachdeckermarkt24 (DDM24) im Interview erklärt: „Es gibt zurzeit wenige Produkte, bei denen wir keine Preissteigerungen verzeichnen. Unser großes und breit aufgestelltes Lieferanten- und Produzentennetzwerk ermöglicht es uns aber, die Preise auf DDM24 lange stabil halten zu können.“ Ein ausführliches Interview mit den Machern von Dachdeckermarkt24 lesen Sie hier.

Bei großen Bestellmengen sei das Gespräch mit dem Händler wichtig, so die Erfahrung

Dachdeckermeister Dieter Berheide reagiert auf die aktuellen Preisschwankungen, indem er jetzt schon große Materialmengen für Projekte einlagert, die später im Jahr durchgeführt werden. So hat der Dachdeckerbetrieb im Moment größere Mengen an Holzfaser- und Mineralwolldämmstoffen sowie Bitumenbahnen als sonst eingelagert. Das ist für den Dachdeckerbetrieb ungewöhnlich, denn normalerweise lässt er solches Material direkt auf die Baustelle liefern und dort verarbeiten. Das sei jetzt anderes, erklärt Dieter Berheide und nennt ein Beispiel: Vor kurzem habe er eine große Menge an Dachbahnen für ein anstehendes Großprojekt eingelagert, das erst im September durchgeführt werde – es handle sich um insgesamt 16 000 m² FPO-Dachbahnen, erklärt Berheide. Solche großen Mengen würde er eher nicht online bestellen, sondern mit dem Dachbaustoffhändler vor Ort dafür einen Preis vereinbaren, sagt Berheide, denn: „Wenn ich einen ganzen Sattelzug mit Dachabdichtungsbahnen bestelle, ist der Preis ein anderer, als wenn ich nur drei Rollen bestelle.“ Wenn es um große Bestellmengen gehe, sei das persönliche Gespräch mit dem Händler immer noch sehr wichtig, weiß Dachdeckermeister Berheide aus Erfahrung.

Uneindeutige Positionen auf der Rechnung klären

Was den Einkauf im (Online-)Fachhandel angeht, sieht Dieter Berheide weiteres Verbesserungspotential. Seine Erfahrung ist: „In Online-Verzeichnissen, Webshops und Einkaufslisten werden häufig Materialnamen und Bezeichnungen vergeben, die aus meiner Sicht nicht eindeutig sind. Oft ist es so, dass wir Produkte auf der Rechnung anhand des Namens nicht identifizieren können und erst recherchieren müssen, was sich hinter den Bezeichnungen verbirgt.“ In solchen Fällen müsse der Händler kontaktiert werden, um unklare Positionen auf der Rechnung zu klären – ein zusätzlicher Aufwand, der sich vermeiden ließe. Auch dieses Problem ist dem Team von Dachdeckermarkt24 bekannt: „Wir legen großen Wert auf eine korrekte Bezeichnung der Produkte, sowohl im Warenkorb als auch später in der Rechnung“, sagt Heiko Mohnberg von Dachdeckermarkt24, „denn nichts ist für unsere Kunden ärgerlicher, als Rechnungen auf Korrektheit zu kontrollieren, schließlich gilt auch in Handwerksbetrieben: Zeit ist Geld!“

„Hinsichtlich der digitalen Bestellprozesse gibt es noch viel zu tun.“

Insgesamt gebe es noch viel Potential bei der Digitalisierung im Baustoffhandel, meint René Grupp, Geschäftsführer Vertrieb bei BMI Deutschland (siehe Interview auf der folgenden Seite): „Hinsichtlich der digitalen Bestellprozesse zwischen Handel und Industrie gibt es noch viel zu tun.“ Fax, Telefon und E-Mail seien nach wie vor die beherrschenden Bestellkanäle, inklusive aller damit verbundenen Fehleranfälligkeiten bei der Auftragsübermittlung und -erfassung. Eine gemeinsame Kraftanstrengung von Handel und Industrie für einen Innovationsschub sei dringend erforderlich, so Grupp Hier sind sowohl Fachhändler als auch Hersteller gefordert, eigene Shop-Systeme zu entwickeln und zusätzliche Services anzubieten. Mit einheitlichen Artikelnamen und -bezeichnungen könnten sowohl der Handel als auch Hersteller für eine bessere Vergleichbarkeit und Auffindbarkeit von Produkten sorgen.

„Als digitaler Fachhändler begrüßen wir es, in Zusammenarbeit mit der Industrie tragfähige, transparente und faire Lösungen für den gemeinsamen Vertrieb von Produkten zu finden“, sagt Urs Nies von Dachdeckermarkt24 und ergänzt: „Die BMI Group in Deutschland als einer der großen Hersteller im Markt nimmt in diesem Prozess sicherlich eine Schlüsselrolle ein.“

Software, Apps und weitere digitale Werkzeuge

Im nächsten Teil unserer Serie zur Digitalisierung stellen wir Ihnen Software, Apps und weitere digitale Werkzeuge für den Einsatz im Betrieb vor. Außerdem zeigen wir, wie Hersteller auf den Trend zur Digitalisierung reagieren und digitale Servicemodelle für das Handwerk entwickeln. Der zweite Teil unserer Artikelserie erscheint in der dach+holzbau 6.2021.

Autor

Stephan Thomas ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Projekt „Digitalisierungsbarometer“

Das „Digitalisierungsbarometer“ ist ein Forschungsprojekt, das den Grad der Digitalisierung im Bau- und Ausbauhandwerk abbildet. Das Forschungsprojekt berücksichtigt nicht nur die Perspektive des Handwerks, sondern auch die Einschätzung von Kunden und Jugendlichen, also den potenziellen Fachkräften von morgen. Insgesamt 1800 Handwerksbetriebe, 1000 Endkunden und 900 Jugendliche wurden für das Projekt befragt.

Die Studie wurde im September 2020 veröffentlicht und im Rahmen der Zukunftsinitiative „Handwerk 2025“ vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg gefördert. Herausgeber der Studie sind der Baden-Württembergische Handwerkstag und das Konstanzer Online-Start-up wirsindhandwerk GmbH.

Die Ergebnisse der Studie sind online abrufbar unter https://digibarometer-handwerk.de.

Deutscher Dachpreis 2022

Digitalisierung ist ein komplexes Thema, bietet aber für Dachhandwerker viele Chancen. Richtig eingesetzt, verhelfen digitale Lösungen Handwerksbetrieben zu mehr Erfolg und effizienteren Prozessen. Daher möchte die Redaktion dach+holzbau digitale Vorreiterbetriebe im Dachdeckerhandwerk unterstützen und im kommenden Jahr mit dem „Deutschen Dachpreis 2022“ auszeichnen. Der Deutsche Dachpreis wird gemeinsam vom Bauverlag, dem Online-Fachhändler Dachdeckermarkt24 und anderen Branchenvertretern ausgelobt. Neben der Kategorie „Bester digitaler Auftritt eines Dachdeckerbetriebs“ werden Preise in weiteren Kategorien wie Nachhaltigkeit, Nachwuchs und Unternehmensführung ausgelobt. Die Preisverleihung findet auf der Messe digitalBAU (15.-17.02.2022) in Köln statt. In den kommenden Ausgaben der  dach+holzbau und auf unserer Website (www.dach-holzbau.de) erfahren Sie demnächst mehr über den „Deutschen Dachpreis 2022“.

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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