Tante Ju kommt unter die Metallhaube

Die „JU 52“ von Junkers ist eines der bekanntesten Flugzeuge der Luftfahrtgeschichte. Weltweit gibt es aber nur noch acht flugfähige Exemplare. In Rheydt bei Mönchengladbach steht eines davon. Das schützenswerte Flugzeug hat seinen eigenen Hangar, eingedeckt mit fast durchgehenden Aluminiumprofilen.

Nach ihrem Erstflug im Mai 1932 bewährte sich die erste „JU 52“so gut, dass die Lufthansa sie zu ihrem Standardflugzeug machte. Sechs Jahre später wurden fast 75 Prozent des gesamten Luftverkehrs mir ihr abgewickelt. Ihre markante Silhouette macht sie unverwechselbar, ihre Robustheit nahezu unverwüstlich. Von den ehemals 4800 gebauten Maschinen sind heute aber nur noch acht Exemplare übrig.

Eine „JU 52“, auch liebevoll von den Freunden des Vereins historischer Luftfahrzeuge „Tante Ju“ genannt, steht heute am Airport in Rheydt bei Mönchengladbach. Es ist der Geburtsort von Hugo Junkers, der das Flugzeug entwickelt hat. Schon lange plante der in Rheydt ansässige Verein an einer würdigen Präsentation seiner alten Flugmaschine. Nun hat das historische Flugzeug einen neuen Hangar bekommen. Die Silhouette des Neubaus hat die typische, gebogene Form eines traditionellen Hangars und überspannt eine lichtdurchflutete Halle. Die Planung und Montage der Fassade, des Daches, und der Metallleichtbauelemente übernahm der Handwerksbetrieb Werder Bedachungen aus Leutersdorf in Sachsen.

Große Spannweiten

Das Tragwerk besteht aus einer Stahl- und Beton-Konstruktion. Die Wände bestehen aus Beton, das Tragwerk aus Stahl. Die gebogene Dachform lässt die Außenwand und das Dach ohne Materialwechsel miteinander verschmelzen. Allerdings geht das Dach nicht in die Wand über, sondern ist durch eine Regenwasserrinne von der Wand getrennt. Über eine sechsteilige Toranlage lässt sich der Hangar betreten. Er steht in direkter Nähe zum Terminalgebäude und damit im Erfassungsbereich der Radaranlagen. Deshalb musste vor Baubeginn die Verträglichkeit des Baukomplexes mit dem Radar und dem Instrumenten-Landesystem (ILS) untersucht werden. Denn unzulässige Störungen des Instrumenten-Landesystems können eine ungünstigere Einstufung des Flughafens bei den Instrumenten-Anflugverfahren bewirken. Die Konsequenz daraus wäre, dass der Flughafen nicht mehr bei jedem Wetter angeflogen werden könnte. Die Toranlage musste deshalb sowohl für den Radar als auch für das ILS entstört werden. Für den Fassadenbau bedeutete das eine Gestaltung mit reflexionsarmen Werkstoffen. Der Bauherr entschied deshalb, die Toranlage aus hochfrequenztransparenten Glas- und Metallleichtbauelementen bauen zu lassen.

Auf etwa 1100 m² Nutzfläche dient der Neubau unter anderem als Garage für die „JU 52“. Im seitlichen Gebäuderiegel befinden sich drei Seminarräume, ein großzügig angelegtes Foyer und eine moderne Küche. Prägend für den Industriebau ist jedoch das 24 m breite und 6,5 m hohe, sechsteilige Rollschiebetor, das für den Hugo Junkers Hangar angefertigt wurde.

Aluminiumbahnen als äußere Schicht

Als Bekleidungsmaterial für die Längsseiten der Gebäudehülle wählten die Architekten die Aluminiumprofilbahnen mit dem „Rib-Roof“-System von Zambelli. Zum Einsatz kam das Aluminiumprofil „Rib-Roof Speed 500“ in 1 mm Dicke, mit einer Breite von 500 mm. Das Metalldachsystem ist dank der nicht erforderlichen Bördelung so konzipiert, dass keine Spannungen bei Windlasten auftreten. Die Profilbahnen sind über Halteclips verschraubt, so kann sich das Aluminium bei Temperaturen zwischen -20 °C und 80 °C ausdehnen.

Die Aluminiumbahnen sind auf einer Dachschicht aus gebogenen Stahlträgern und Trapezprofilen verschraubt. Unter den Bahnen liegt eine Steinwolldämmung, abdgedeckt mit einer Dampfsperrfolie. Verschraubt sind die einzelnen Bahnen mit Halteclips auf den Profilstegen. Zur Vorbeugung von Kippbewegungen oder Hebelwirkungen ist der jeweilige Halteclip exakt auf die Steghöhe der Profilbahn angepasst. So ist das Dach dauerhaft regendicht. Im Gegensatz zu herkömmlichen Metalldachsystemen muss der Handwerker die Bahnen nicht noch auf der Baustelle maschinell bördeln.

Dach und Fassade als eine Einheit

Insgesamt etwa 2000 m² Aluminiumbahnen wurden für den Hangar-Neubau produziert. Davon lieferte Zambelli die Längen mit 39,75 m direkt auf die Baustelle nach Mönchengladbach und bombierte sie mit einer mobilen Bombieranlage passgenau, damit sie den richtigen Radius für das Dach haben (unter bombieren versteht man die wölbende Verformung von Blechen). Weitere 600 m² „Rib-Roof“-Aluminiumprofilbahnen wurden werkseitig vorbombiert angeliefert.

Die Bauabwicklung und Logistik stellte an die Monteure hohe Anforderungen. Hier erwiesen sich eine gute Vorplanung und das versierte Handling mit dem Material von großem Vorteil. Die Bauausführung erfolgte nur feldweise. Zug um Zug wurde das Dämmmaterial und darauf die Aluminiumbahnen verlegt. So konnten die Trapezprofile immer nur baufeldweise geordert werden. Der Schwertransport des Materials, inklusive Begleitfahrzeug, musste rechtzeitig vor Anlieferung bei der Bauleitung beantragt und von der örtlichen Flughafenverwaltung genehmigt werden.

Die beiden Stirnseiten des Gebäudes betonen segmentartig geformte und den entsprechenden Radien passgenau angeglichene, aufgesetzte Ortgangblenden. Auch die Anschlüsse und Aussparungen für Türen, Tore, Schornsteine, Fenster, Lüftungen und Glaselemente konnten mit gekanteten Profilen schnell und passgenau gebaut werden. Für die Wartung der technischen Aufbauten installierten die Metallbauer ein Rückhaltesystem in Form einer Seilanlage. Die offizielle Einweihung und Inbetriebnahme des Event-Hangars fand im Juni 2015 statt. Die Stadt Mönchengladbach ehrt damit einen ihrer größten Söhne und präsentiert im Hugo Junkers Hangar lebendige Flugzeug- und Technikgeschichte.

Autorin
Susanne Ruhrländer betreibt das PR-Büro Ruhrland-PR in Dorsten und betreut den Hersteller Zambelli bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Bautafel (Auswahl)

Planung Entwicklungsgesellschaft der Stadt Mönchengladbach (EWMG)

Bauherr Event-Hangar Mönchengladbach GmbH, 41061 Mönchengladbach

Architekten KG5 Architekten, 40233 Düsseldorf, www.kg5.de

Gebäudehülle Zambelli Rib-Roof GmbH & Co. KG, 94569 Stephansposching, www.zambelli.de

Dachdecker Werder Bedachungen GmbH, 02794 Leutersdorf/Sachsen, www.werder-bedachungen.de

Stahltragwerk Stahlbau Wolters GmbH,

47589 Uedem, www.stahlbau-wolters.de

Bauzeit April 2014 – Juni 2015

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 02/2012

Metallprofildach mit einfacher Montage

Der Hersteller Zambelli präsentiert die Technik der zwängungsfreien Metalldach- montage, das sogenannte Rib-Roof-Prinzip. Dabei steht die hohe Gleitfähigkeit der Profilbahnen im Vordergrund – bei...

mehr
Ausgabe 05/2020

Kuppeldach für Synagoge in Regensburg

1_Zambelli_RIB-ROOF_Synagoge_Regensburg_01.jpg

Im Frühjahr 2015 hatte die jüdische Gemeinde in Regensburg einen Architekturwettbewerb für ein neues Gemeindezentrum mit Synagoge ausgelobt. Gewonnen hatte ihn das Büro Staab Architekten aus...

mehr
Ausgabe 05/2014

Metalldachsystem mit großem Einsatzspektrum

Gestaltung, Funktion, Wirtschaftlichkeit: So lautet das Spannungsdreieck im Bereich Dachausführung für den Hersteller Zambelli. Man wollte mit der Neuentwicklung nicht nur optisch überzeugen,...

mehr
Ausgabe 05/2013

Neues Dach für Wien Beeindruckende Stahlkonstruktion überspannt Hauptbahnhof

Der neue Durchgangsbahnhof beeindruckt die Architekturszene mit seiner einzigartigen Dachkonstruktion. Die 14 rautenförmige Bahnsteigdächer scheinen über den Bahngleisen zu schweben. Aus der Ferne...

mehr
Ausgabe 05/2021

Unternehmenszentrale unter Aluminiumdach

Zambelli_DICTUM_01.jpg

In einem Gewerbegebiet der Kleinstadt Plattling in Niederbayern entstand 2018 die Firmenzentrale des international tätigen Werkzeugherstellers Dictum. Die Architekten der Koch & Holzapfel GmbH...

mehr