Mit Holz in die Zukunft

Der Holzbau wird immer öfter auch beim Bau von Bildungseinrichtungen eingesetzt. In Limeil-Brévannes, einer Stadt südlich von Paris, wurde der größte Schulkomplex Frankreichs in Holzbauweise errichtet. Zum Einsatz kamen auch vorgefertigte Holzbauteile aus Deutschland, Holzbau Amann realisierte das Projekt.

Drei Kindergärten, zwei Grundschulen und Wohnanlagen markieren nach der Fertigstellung das urbane Großprojekt. Bei einer Bruttogeschossfläche von 9480 m² wurden in den Schulen 2936 m³ Holz verarbeitet. Véronique Klimine, einer von zwei kreativen Köpfen hinter dem Entwurf des Schulkomplexes in Limeil-Brévannes, erzählt von den positiven Reaktionen auf das Baumaterial Holz: „Die Kleinen merken den Unterschied zur Bauweise in der Umgebung, sie lieben das Holz.“

Das Material strahlt visuellen, akustischen und thermischen Komfort aus und erfüllt zugleich hohe ökologische Standards. „Holz genießt die Gunst der Bevölkerung, es wird als Material geschätzt. Bei allen Schulen, die wir aus Holz gebaut haben, haben wir im Nachhinein gehört, dass die Kinder in einer mit Holz gestalteten Umgebung viel ruhiger sind“, erklärt die Architektin des Projektes weiter.

Die beiden kreativen Urheber hinter dem Projekt, Véronique Klimine und der aus Finnland stammende Kunstprofessor und Architekt Olavi Koponen, planten und realisierten gemeinsam mit dem im Südschwarzwald ansässigen Holzbauunternehmen Amann die Gebäude. Zwei große Herausforderungen begleiteten das Projekt von Anfang an: Bis September 2012, also nach nur knapp einem Jahr Planungs- und Bauzeit, sollten 50 Klassen in die neuen Kindergarten- und Schulgebäude einziehen können. Zudem sollten auf einem Bauplatz von nur 9500 m² sowohl die Schulen, Kindergärten und eine große Mensa entstehen als auch noch ausreichend Platz für außerschulische Aktivitäten sein.

Planerische Präzision und Vorfertigung der Holzteile

„Diese Hürden ließen sich nur mit einem hohen Vorfertigungsgrad, mit einer minutiösen Planung und Logistik bewältigen“, sagt Tobias Döbele von Holzbau Amann. Lignotrend, deutscher Hersteller von Holzbausystemen aus dem Schwarzwald, lieferte mehrere Arten von Brettsperrholz-Rippenelementen, die in den Decken zum Einsatz kamen. „Die Holzdecken von Lignotrend haben gute Eigenschaften hinsichtlich Statik, Schall- und Brandschutz – es konnten Elemente für Spannweiten bis zu sieben Metern vorgefertigt werden“, erklärt Tobias Döbele. Das überragende Argument hinsichtlich Bauzeit und Ausbauaufwand war jedoch, dass die Deckenelemente bereits ab Werk mit endgefertigter Holzoberfläche und eingebautem, raumakustisch wirksamem Absorber geliefert wurden, wodurch Innenausbauarbeiten unter der Decke in vielen Gebäudebereichen überflüssig waren.

Die Planung dieser Bauteile erfolgte dementsprechend bis in die Ausbaudetails: So konnten beispielsweise schon in der Vorfertigungsphase beim Holzbauunternehmen technische Versorgungsleitungen in die standardmäßig vorhandenen Hohlräume in den Brettsperrholz-Rippendecken eingebaut werden.

Offenheit, Transparenz, Bezug zur Umwelt

Die Auftraggeber in Limeil-Brévannes setzten den Einsatz von Holz für den Bau der öffentlichen Gebäude im neu entwickelten Stadtquartier voraus. Das architektonische Konzept der Schulen basiert dabei auf drei wichtigen Komponenten: Offenheit, Transparenz und Bezug zur Umwelt. Das Baumaterial selbst trägt insofern dazu bei, als es warm, hell und vertraut wirkt. Durch bodentiefe Fenster ohne Brüstung werden die Räume visuell mit der Außenwelt verbunden, die Schüler erleben im Innenraum auch den Außenraum, so wie die von ihnen gestalteten Freiplätze oder etwa die Witterung. Sichtbezüge zwischen den einzelnen, individuell gestalteten Teileinrichtungen und den Außenanlagen sowie zwischen dem Gebäudekomplex und der umliegenden städtebaulichen Situation stellen ein Schlüsselelement im Entwurf dar.

Bauliche Details

Die Gebäudeteile fügen sich perfekt in den Bauplatz ein, dazwischen bleibt genügend Freiraum für abgegrenzte Pausenhöfe. Es entsteht so ein Dialog zwischen bebauter und begrünter Fläche, wobei jede Schule oder jeder Kindergarten individuell gestaltet wurde, sich letztendlich aber doch in einer stimmigen Gesamtheit wiederfindet.

Bei der Schalldämmung der Trenndecken zwischen den Geschossen und über den unter Pausenhöfen liegenden Klassenräumen war die besondere Beachtung des Trittschallschutzes notwendig. Die Hohlräume in den Brettsperrholz-Rippenelementen Ligno Block Q3 BV und Ligno Rippe Q3 BV, die hier in den Decken zum Einsatz kamen, wurden mit Splitt befüllt und weisen dadurch in diesem Bereich sehr gute Eigenschaften in der Geräuschdämpfung auf, wie sie mit herkömmlichen Holzdecken nur unter erhöhtem Aufwand erreicht werden können.

Auch der Lärmschutz in den Innenräumen wurde berücksichtigt. Hierfür wurden teils die Decken ab Werk mit Akustikprofilen ausgerüstet, teils kamen Echtholz-Akustikpaneele Ligno Akustik light als Wandverkleidungen zum Einsatz. Hinter einer fein lamellierten Oberfläche aus sehr hellem Holz liegen Absorber aus Holzfasern, die die Akustik deutlich verbessern.

In der Fassade finden sich ebenso Elemente von Lignotrend. Die Unterkonstruktion der Fassade besteht aus den 200 mm tiefen Dämmständern U*psi F, die mit Zelluloseflocken befüllt sind und somit zu einem sehr guten Dämmwert beitragen. Die geforderten Dämmwerte wurden hier um 25 Prozent unterschritten, Wärmebrücken sind auf ein Minimum reduziert.

Die sichtbaren Oberflächen der horizontalen Holzstrukturen, also der Decken und Böden, sind aus vorwiegend im Schwarzwald gewonnener Weißtanne hergestellt. Durch astreine Verarbeitung – eine Spezialität des Herstellers – wirken sie ruhig und edel.

Daneben dominiert an der wellenförmig ausgeführten Außenverkleidung witterungsresistentes Lärchenholz. Gestaltungselemente in den Außenanlagen sind sowohl aus massiver Lärche und Weißtanne als auch aus thermisch modifizierter Buche hergestellt. Zum Gesamtaspekt der luftig und offen gestalteten Gebäude tragen zudem 2500 m² Glas bei, geringfügig Beton sowie Backstein.

Farbgestaltung, Lichtspiele, Kunst am Bau

Für die Fassadenverkleidung wurde das Lärchenholz im Wellenprofil ausgebildet, um das Material haptischer und erlebbarer zu machen. Der finnische Maler und Kunstprofessor Lauri Ahlgrén genehmigte zudem eine Reproduktion eines Gemäldes für die Wandgestaltung eines lichtdurchfluteten Eingangsbereichs und des markanten Turms. Um die Ost-, West- und Südfassaden vor Sonneneinstrahlung zu schützen, wurden vertikale Lamellen aus perforiertem Stahlblech vorgehängt. Diese sind in den gleichen Farben wie das Kunstwerk gestaltet und legen sich wie ein Band um das Gebäude. Dennoch kann Tageslicht permanent in die Klassenräume einfallen, jedoch ohne zu blenden.

Das Projekt, eine französische, deutsche und finnische Zusammenarbeit wurde mit großem Engagement gebaut von allen Seiten baulich getragen. Das Material Holz ist dabei das verbindende Element.

Autorin


Ursula Rothe-Klaiber ist Fachjournalistin mit den Schwerpunkten Ökologie, Forst- und Holzwirtschaft, Umwelt, Architektur und Innenarchitektur.

Die Holzumgebung macht die Kinder ruhiger

Holz war bei dem Projektverantwortlichen das verbindende Element

Bautafel (Auswahl)

Projekt Schulzentrum Pasteur in Limeil-Brevannes Architekten r2k, Grenoble (F)

Holzbau Holzbau Amann, Weilheim-Remetschwiel

Verwendete Produkte Dach Brettsperrholz-Kastenelemente Ligno Block Q3

Verwendete Produkte Decke Brettsperrholz-

Rippenelemente Ligno Rippe Q3, Brettsperrholz-Akustikpaneele Ligno Akustik light, Dämmständer U*psi F

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