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Hybridbauweisen sind für das Baugewerbe heute nichts Neues mehr. Vor allem in Verbindung mit „
Building Information Modelling“ (BIM) sind sie effizient. Im optimalen Fall werden die Hybrid-Bauteile zentral in einem Werk gefertigt. Oder in einem vorübergehenden Werk in der Nähe der Baustelle.

Mindestens zwei Materialien bekommen bei der ­Hybridbauweise Eigenschaften, die sonst nur ein einzelner Werkstoff bieten kann. Dazu ein Beispiel: Das „H7“-Hybridhochhaus in Münster hat tragende Außenwände aus Brettschichtholz. Ab der ersten Etage kommen hier Holzwände zum Einsatz. Hier wären normalerweise Stahlbetonwände benutzt worden. Mit dem Bau des Hybridhochhauses sollte aber gezeigt werden, dass mit Holz in Kombination mit Stahlbeton der Bau von Häusern mit bis zu sieben Geschossen möglich ist. Den gängigen Materialien für Primär- und Sekundärkonstruktionen kommt beim Hybridbau eine besondere Bedeutung zu: Holz, Beton, Stahl und Aluminium. Mit diesen vier Materialien entstehen hybride Bauteile. Individuelle Systeme werden entwickelt, konstruiert und gefertigt. Dabei ist es von Vorteil, die Systeme nicht auf der Baustelle zu produzieren, sondern in der stationären Fertigung. So wie in Münster, hier wurden die Außenwände des Hybridhochhauses im Werk produziert. Die Holz-Beton-Decken aber wurden in einer vorübergehenden Produktionsstätte in der Nähe der Baustelle zusammen geschraubt. Es gibt bereits einige erprobte Ansätze von Hybridbauweisen mit Vorfertigung – zum Beispiel den Life Cycle Tower (LCT One) im österreichischen Dornbirn oder das H7 in Münster. Die Hybridbauweise unterscheidet sich im Vergleich zu konventionellen Bauweisen dadurch, dass sich mit ihr Prozesse und Bauverfahren verändern. Dabei sollten die neuen Systeme in den Herstellkosten vergleichbar zu bekannten Bauverfahren sein. Ob ein Bauvorhaben sich für die Hybridbauweise eignet, lässt sich an den folgenden Punkten erkennen:

Bauort: Innerstädtisch. Im Gewerbegebiet oder auf dem Land hätte man genug verfügbare Fläche, um Bauteile vor Ort zu fertigen.

Konstruktionen: Primärkonstruktionen wie Stützen und Pfeiler und Sekundärkonstruktionen wie die Fassade

Baustellenumgebung: eng. Bauzeit: kurz

Die Hybridbauweise ist etwas umweltfreundlicher als die reine Betonbauweise, wenn Beton etwa durch Holz ersetzt wird. Durch die Vorfertigung im Werk verringern sich Baustellenstaub und -lärm.

Effizienz und Nachhaltigkeit

Die Projektierung von Hybridbauweisen macht es erforderlich, sich mit den Hauptprozessen entlang der Prozesskette auseinander zu setzen. Sowohl auf Seiten des Kunden als auch auf Seiten des Unternehmens. Dabei kommt den Übergängen vom Kundenprozess zum Prozess beim ausführenden Unternehmen besondere Bedeutung zu.

Integration bedeutet immer auch das „Wir-Gefühl“ zu stärken. Innerhalb des Eigenleistungs-Clusters tragen integrierende Ansätze zur effizienten Projektentstehung und -abwicklung bei. Sowohl bei der Veränderung der Unternehmens- als auch bei der Baukultur. Bedeutende Punkte des integralen Ansatzes lösen sich von konventionellen Herangehensweisen, die in der Projektierung und Projektabwicklung von Bauvorhaben bis heute gängig sind. Der integrale Ansatz besteht aus „Building Information Modeling“, integraler Produktion, modellorientierter Logistik und Nachhaltigkeit und wird nachfolgend erläutert:

Building Information Modeling (BIM)

Im Zusammenhang mit intelligenten Hybridbauweisen wird BIM umfassend angewendet. Es bezieht sich nicht nur auf die physikalischen und funktionalen Eigenschaften eines Gebäudes. Das effiziente Handling von möglichst allen projektrelevanten Informationen ist das erklärte BIM-Ziel. Dazu gehören Ressourcen, Prozesse, schriftliche Dokumentationen, Kontakte, Plandokumentationen sowie weitere Informationen, die zum Projekterfolg beitragen und mit anderen Werkzeugen gebündelt werden. Durch die stationäre Vorfertigung von Hybrid-Systemen sind produktionsnahe Unternehmen bereits seit Jahren in der Lage, BIM in der Praxis umzusetzen. Für die Hybridbauweise bedeutet das: Durch die Anwendung von BIM mit den Eigenschaften von Materialien und Bauweisen können ganze Bauteile und Systeme zu einem Produkt in einem einzigen Datenmodell aufgebaut werden.

Integrale Produktion

Die integrale Produktion begleitet das Bauvorhaben von der Projektidee bis zum fertigen Produkt. Entlang des integralen Produktionsansatzes liegen die Prozesse Entwickeln, Konstruieren, Produzieren und Montieren in einer Hand. Besonders effizient ist dieses System, wenn die hybriden Elemente an einem zentralen Standort produziert werden.

Für die Hybridbauweise bedeutet eine integrale Produktion erhebliche Vorteile, um auch eine anspruchsvolle, individuelle Architektur zu realisieren. Eine solche Produktion lässt gerade in der Konzeptionsphase neuer Produkte den Prototypenbau zu. Von einem Einzelprojekt bis zur Serien-Produktion werden verschiedene Varianten betrachtet. Sie geben frühzeitig wertvolle Informationen darüber, welche Materialien und Verfahren bei Bedarf optimiert werden müssen.

Modellorientierte Logistik

Das Arbeiten im BIM-Verfahren sowie die integrale Produktion sind die Grundpfeiler einer bauteilbezogenen Termin- und Statusplanung. Auf Basis der physikalischen und funktionalen Eigenschaften des Gebäudemodells werden pro Bauteil oder Bauteilgruppe ein angepasster Status und ein Endtermin gepflegt. Dadurch bekommt das gesamte Gebäudemodell sowohl einen visualisierten als auch berechneten Teil- und Gesamtstatus – zu vergleichen mit dem Sendestatus eines Paketversenders.

Die Wege und Prozesse auf dem Weg zur Baustelle sowie das Arbeiten vor Ort werden durch diese Verfahren effizienter. Vor allem unter dem Gesichtspunkt der modellorientierten Logistiksteuerung. Insbesondere bei hybriden Fertigteilen sind transparente und schnell verfügbare Termininformationen wichtig.

Nachhaltigkeit

Die Hybridbauweise hat einen hohen Anspruch an die Qualität, von der Planung bis zur Ausführung. Die integralen Ansätze für eine Null-Fehler-Toleranz tragen dazu bei, verstärkt Nachhaltigkeitsaspekte in die Realität umzusetzen. Die Vorteile auf einen Blick:

Material- und Bauteilpaarungen aus verschiedenen Materialien tragen dazu bei, ressourcenschonender mit einzelnen Rohstoffen umzugehen

Mit Hilfe der integralen Produktion an einem zentralen Standort können entstehende Abfälle – zum Beispiel aus der Holzverarbeitung – zur Energieerzeugung wiederverwendet werden.

Die serielle Vorfertigung von Bauteilen und Tragwerken zu hybriden Fertigteilen beeinflusst auch Transport- und Baustellenabläufe. Die wasser-, staub- und emissionsreduzierte Bauweise senkt den gesamten Energieeinsatz für ein Bauvorhaben

Der Baustoff Holz aus einer nachhaltig betriebenen Waldwirtschaft trägt als natürlicher Klimaschützer dazu bei, CO2-Belastungen zu begrenzen (siehe Grafik S. 58)

Intelligente und hybride Bauweisen

Der integrale Ansatz, den intelligente Hybridbauweisen erfordern, trägt dazu bei, dass sich Baukulturen und Unternehmensphilosophien einem erheblichen Veränderungsprozess stellen müssen. Kunden- und Nutzerbedürfnisse wie transparente Wirtschaftlichkeit, individuelles Nutzerverhalten, Wohlbefinden durch natürliches Raumklima und nachhaltige Lebenszyklen verändern Gebäudewelten in besonderem Maße: Immobilienprodukte müssen sich zukünftig zu individuellen Produktlösungen mit System und hoher Anpassungsfähigkeit entwickeln. Intelligente Hybridbauweisen stehen bereits gegenwärtig für Beständigkeit. Sie sind eine ausgereifte und zuverlässige ­Produktions- und Bautechnologie, die genügend Spielraum für Veränderung und Fortschritt bietet.

Autor

Dipl-Ing. (FH) Frank Steffens studierte Wirtschafts­inge­­nieur­­wesen an der FH Oldenburg. Er ist Geschäftsführer der Brüninghoff GmbH & Co. KG in Heiden im Münsterland.
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