Dachwohnungen aus Holzmodulbausteinen

Existierende Immobilien um ein oder mehrere Geschosse aufzustocken, ist für Bauherrn eine interessante Alternative, um Wohnraum zu gewinnen oder aufzuwerten. In Köln entschied sich eine Wohnbaugesellschaft ein Mehrfamilienhaus um ein Vollgeschoss mit einem System aus massiven Holzmodulen aufzustocken.

Wohnbauten aus den 1960er Jahren entsprechen oft nicht mehr heutigen Ansprüchen. So sollte auch in Köln-Hürth ein Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1963 mit seinen zwölf Mietwohnungen grundlegend saniert werden. Eine zeitgemäßere Lösung erforderte vor allem das Flachdach, das aus einer Betondecke mit Dachpappe bestand, die schon brüchig geworden war. Der Eigentümer, die Wohnungsbaugesellschaft GWG Rhein-Erft, entschloss sich zur Aufstockung des Gebäudes um ein Vollgeschoss mit vier zusätzlichen Wohnungen. Die GWG prüfte zunächst diverse Alternativen in Massiv- und Holzbauweise. Zur Ausführung kam schließlich die Holzbauweise unter Verwendung des Schweizer Holzbausystems Steko. „Neben den reinen Kostenvorteilen war es vor allem die kurze Bauzeit, die trockene Bauweise, statische Vorteile und nicht zuletzt die folienfreie Holzkonstruktion aus kleinteiligen Massivholzteilen, die uns zu einer Entscheidung für das System bewogen haben“, sagt Dipl.-Ing. Manuel Franke von der GWG Rhein Erft. Die relativ leichten Vollholzelemente ermöglichten den gesamten Aufbau ohne statische Ertüchtigung des vorhandenen Mauerwerks.

Flexible und zeitgemäße Holzmodule

Das Holz-Bausystem eignet sich für alle Anwendungsbereiche des Hochbaus, insbesondere auch dort, wo es auf Energieersparnisse und ein optimales Wohlfühlklima ankommt. Steko kann sowohl für Innen- wie auch für Außenwände eingesetzt werden und zusammen mit den verschiedenen Dämmmaterialien unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Die Wände werden je nach Geschmack sichtbar belassen oder dienen als Verlegeunterlage für die üblichen Innenausbaumaterialien wie Gips oder Holzwerkstoffplatten. Außen werden hinterlüftete Werkstoffe oder kompakte Verputzsysteme verwendet.

Bei der Aufstockung in Köln-Hürth arbeiteten mehrere Bau- und Planungsunternehmen Hand in Hand: Auftragnehmer für die schlüsselfertige Ausführung war der Steko-Partnerbetrieb Franz Poorten GmbH aus Kalkar, unterstützt von einem weiteren Partner, der Zimmerei Klesse aus Remscheid, und dem Vertriebsbüro Nord aus Hannover, das für die technische Beratung, Ausführungs- und Montagepläne sowie für die Bauleitung verantwortlich war. Die Firma Poorten, seit mehreren Generationen ein klassischer Schreinereibetrieb, baut seit einigen Jahren mit wachsendem Erfolg mit dem Baukasten-System. Florian Poorten, Tischlermeister und Juniorchef, ist überzeugt, dass mit diesem Holzbausystem auch kleinere Betriebe erfolgreich nachhaltige und architektonisch anspruchsvolle Bauvorhaben errichten können. „Auf dieses zusätzliche Standbein möchte ich in meinem Betrieb zukünftig, auch aus wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr verzichten“, erzählt er.

Wenige Grundelemente, zusammen eine Wand

Das Holz-Bausystem basiert auf wenigen Grundelementen, die wie bei einem Spielbaukastensystem zusammengesteckt werden. Das Kernstück bildet ein etwa 6,5 kg schweres Grundmodul aus nordeuropäischem Nadelholz mit einer Länge von 640 mm und einer Höhe von 320 oder 240 mm. Es besteht aus fünf Lagen Massivholz, die kreuzweise punktuell geklebt sind. Die Breite beträgt bei allen Bauteilen 160 mm. Die Module haben an den Unterseiten Zapfen, die in die jeweiligen Dübellöcher (immer auf der Moduloberseite) gesteckt werden. Durch unterschiedliche Modullängen können die Wände individuell gestaltet werden.

Ein zusätzliches Geschoss in nur zwölf Wochen

Nachdem die beiden Treppenöffnungen in die massive Betondecke geschnitten waren, wurde auf die Dachdeckung eine Ausgleichs-Lastverteilungslage aus KVH und BSH ausgelegt und in den späteren Standbereichen von Wänden mit OSB abgedeckt. Auf diesen Flächen errichtete Steko innerhalb weniger Tage die Wände aus den vorkonfektionierten Modulen und dämmte diese mit Zellulose-Einblasdämmung (rechnerischer U-Wert 0,126 W/m2K). Danach richteten die Handwerker die flach geneigte Pultdachkonstruktion auf und brachten eine Lage Weichfaser-Dämmplatten  auf. Die offene Tragkonstruktion der Bodenplatte ermöglichte anschließend die Verlegung sämtlicher Sanitär-, Heizungs- und Elektrogrundleitungen. Erst danach wurden die KVH-Träger vollflächig mit OSB-Platten abgedeckt und der gesamte Hohlraum ebenfalls mit Zelluloseflocken ausgeblasen. Die vorgefertigten Fenster und Fenstertüren montierte die Zimmerei Klesse bereits 21 Tage nach Baubeginn, so dass danach in der dichten Hülle mit dem Innenausbau begonnen werden konnte. Zur Dacheindeckung wurden Stehfalzbleche von Zambelli verlegt und die vorgehängte hinterlüftete Fassade mit Calcit-Blechen verkleidet.

Die beiden vorhandenen massiven Treppenläufe wurden durch Massiv-Fertigteile um eine Geschosshöhe erweitert. Insgesamt dauerte der gesamte Bau nur zwölf Wochen. Ein Mobil-Kran wurde an lediglich vier Tagen benötigt, und aufgrund der anstehenden Fassadendämmung (140 mm Isocell Zellulosedämmung hinter 22 mm Holzweichfaser Top 220 von Schneider Best Wood) war das Gebäude ohnehin eingerüstet. Die restlichen Gewerke führten regionale Handwerksbetriebe, die zum Teil auch mit der Sanierung des Restgebäudes befasst waren, aus.

Mit der Aufstockung konnte neuer Wohnraum geschaffen werden, die vier neu entstandenen Mietwohnungen verfügen jeweils über eine Wohnfläche von 60 m2 und haben alle eine Dachterrasse von 16 m2.

Eine Chance für kleine Handwerksbetriebe

„Steko ermöglicht auch Kleinstbetrieben Holzbauprojekte von größerem Ausmaß auf höchsten Niveau zu realisieren“, ist Franz Poorten überzeugt. Immer wenn auch kleinere Handwerksbetriebe in den Auftrag eingebunden werden sollen, erlauben die Holzbau-Module aufgrund ihrer modularen und einfach planbaren Bauweise den Einsatz ohne größeren Aufwand. „Ein Holzbau in dieser Größe ohne individuelle Vorfertigung in der Halle lässt sich wirtschaftlich erfolgreich für kleinere Betriebe mit diesem System realisieren“, meint auch Zimmermeister Robert Klesse.

Autorin

Martina Zingler ist freie Journalistin und PR-Beraterin in Salzgitter. Sie betreut unter anderem die Firma Steko bei der Pressearbeit.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Aufstockung eines Mehrfamilienhauses in Köln-Hürth

Bauherr GWG Rhein-Erft, 50354 Hürth

Beratung Vertriebsbüro Steko Nord, 30167 Hannover, www.steko-nord.de

Schreinerei, Innenausbau Poorten GmbH, 47564 Kalkar, www.poorten-niederrhein.de

Holzbau Zimmerei Klesse, 42899 Remscheid

Tragwerksplanun Ing.-Büro für Tragwerksplanung, Dipl.-Ing. Stallkamp, 31061 Alfeld

Hersteller Steko Holzbausystem AG, CH-9008 St. Gallen, www.steko.ch

„Das System ermöglicht auch kleinen Betrieben, Holzbauprojekte von größerem Ausmaß zu realisieren“

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