Wildbrücke aus Holz

Grünbrücke bei Thyrow mit Holztragwerk aus Brettschichtholzbindern und Brettsperrholzplatten

Für Europas größte Grünbrücke bei Thyrow über der B 101 erhielt ein Holztragwerk aus Brettschichtholzbindern und Brettsperrholzplatten den Zuschlag. Die Holzkonstruktion wurde mit Anstrichen gegen Witterung, Pilze, Fäulnis und Insekten geschützt.

70 Standjahre werden Brücken aus Betonschalen grundsätzlich zugebilligt, Holzbrücken lediglich 60. So muss eine Holzbrücke im wirtschaftlichen Vergleich entweder einen Baukostenvorteil oder eine konstruktive Lösung vorweisen, die der Betonschale zumindest ebenbürtig ist. Konstruktiver Holzschutz verleiht Holzbrücken in der Regel eine lange Gebrauchsdauer. Damit die Holzkonstruktion lange ihre Funktion erhält, muss sie vor Witterung, Pilzen oder Insekten geschützt werden. Daher wurde für die direkt bewitterte Gesimsverschalung der Holzbrücke bei Thyrow im Portalbereich acetyliertes Accoya-Holz verwendet. Ein mehrlagiger Lasuranstrich schützt die Holzkonstruktion der Brücke zusätzlich. 

2004 wurde die erste Grünbrücke (Wilmshagen bei Stralsund) in reiner Holzbauweise im Rahmen des Rügenzubringers an der B 96 von der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) als Auftragsverwalter des Bundes mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern entwickelt und gebaut. Bauherrin bei dem Projekt in Thyrow ist ebenfalls die DEGES GmbH.

Zwei parallele Bogentragwerke

Gegenüber anderen Grünbrücken weist die Wildüberführung bei Thyrow die Besonderheit auf, dass es zwei parallele Bogentragwerke mit unterschiedlicher Spannweite gibt. Je ein Bogenzug verläuft über die B101 alt (einspurig) und die B101 neu (zweispurig). Das gesamte Bauwerk erhielt auf der Oberseite eine Abdichtung und ist vollflächig mit einer Erdüberschüttung in unterschiedlicher Höhe überdeckt.

Brettschichtholzbinder und Brettsperrholzplatten in beträchtlichen Ausmaßen

Mit Stützweiten bis zu 30 m beträgt die lichte Höhe durchgängig 4,70 m, am First sogar bis zu neun Meter. Rund 2350 m2 Grünfläche befinden sich oberhalb der Brückentragwerke. Bei den Bogenbindern kommt Brettschichtholz (BSH) aus heimischer Lärche zum Einsatz in Abmessungen von 18/80 cm bis 36/100 cm. Breitere Querschnitte wurden dort eingesetzt, wo die Lasten entsprechend höher sind. Der an die Bogenbinder angepasste „Belag“ besteht aus 14 cm dickem Brettsperrholz (BSP). Damit ergibt sich eine Brückenläge von etwa 47 m. Die Portalbögen messen in der Höhe am First 142 cm und am Fuß 110 cm, haben eine Bogenlänge von etwa 36 m und lehnen sich mit 45° in die Konstruktion. Insgesamt besteht die Wildbrücke aus 80 Doppelbögen. Um alles miteinander zu verbinden, wurden Stahlverbindungsteile im Gesamtgewicht von 160 t benötigt.

Schweißbahnen, Filtervliese und Wurzelschutzfolien

Um die Abdichtung der Grünbrücke sicherzustellen, wurden verschiedene Elastomerbitumen-Schweißbahnen direkt auf den Brettsperrholzplatten verlegt. Zum zehnlagigen Gesamtaufbau gehören verrottungsfeste Trenn- und Filtervliese, ein engmaschiges Edelstahldrahtgitter als Nagetierschutz, Wurzelschutzfolien und Drainagebahnen.

Ein mehrlagiger Lasuranstrich für die vorhandene Gebrauchsklasse GK 3.1 nach DIN 68800 schützt die eigentliche Holzkonstruktion. Als Schalung der direkt bewitterten Portalbögen dient widerstandsfähiges Accoya-Holz. Zur dauerhaften Überwachung der Holzfeuchte wird ein Feuchtemonitoring durchgeführt. Holzschutz-Produkte von Remmers sollen dafür sorgen, dass die verschiedenen Holzkomponenten auch nach Jahrzehnten noch ihre Tragfähigkeit und ihre positiven Eigenschaften behalten.

Sowohl die Brettschichtholzbinder als auch die Brettsperrholzplatten für die Brücke wurden bei der Schmees & Lühn Holz- und Stahlingenieurbau GmbH & Co. KG allseitig mit Remmers „Aqua IG-15-Imprägniergrund IT“ behandelt. Das flüssige Holzschutzmittel auf Wasserbasis wirkt vorbeugend gegen Bläue, Fäulnis, Insekten und Termiten. Konzipiert wurde es für die Außenbehandlung von Hölzern ohne Erdkontakt. „Das Brettsperrholz ist wie das Brettschichtholz allseitig mit der Imprägnierung „IG-15“ behandelt. Da die BSP-Platten nur von einer Seite sichtbar sind, reicht eine einseitige (unterseitige) Behandlung mit HSL-35/m“, sagt Tobias Tebbel, Vertriebsleiter des ausführenden Unternehmens Schmees & Lühn. „Das Hirnholz haben wir mit „Remmers Induline SW-910“ behandelt“, führt Tebbel weiter aus. Das ebenfalls wasserbasierte Produkt ist diffusionshemmend, bleibt elastisch und begrenzt wirksam die feuchtigkeitsbedingte Volumenzunahme der behandelten Hölzer.

Vorfertigung und Montage auf der Baustelle

Die Vormontage der Träger fand bei Schmees & Lühn im Werk in Fresenburg (Emsland) statt. Jeweils zwei Bogenbinder bilden ein Paar. Im Werk brachten die Handwerker zudem die Querzugsverstärkung an, ebenso die Metallteile für die Fuß- und Firstgelenke. Auch der Korrosionsschutz der Stahlteile und der Holzschutz wurden werkseitig aufgebracht. Die Anlieferung auf die Baustelle erfolgte mit Lkw beziehungsweise Tieflader, zum Teil nachts als Sondertransport.

Die Montage auf der Baustelle erfolgte mit zwei Mobilkranen, beginnend am Nordportal, der größeren Bogenkonstruktion. Die gegenüberliegenden Binderpaare wurden mit Kränen eingehoben, die Bolzen sowohl in den Fußgelenken als auch im Firstgelenk eingesetzt.

Brettsperrholzplatten zur Stabilisierung

Auf die gekrümmten BSH-Träger wurden Brettsperrholzplatten mit einer Dicke von 140 mm als Brückenbelag aufgelegt. Sie dienen als oberer Abschluss der Bogenkonstruktion und leiten die Kräfte der Überfüllung in die Konstruktion ein. Zum anderen sind sie für die Stabilisierung der Bogentragwerke verantwortlich. Die Elemente sind je nach Lage vorgekrümmt, um sich dem Bogentragwerk anzupassen. Sie erhielten sofort nach der Montage eine Abdichtungsschicht auf Basis von Elastomerbitumenbahnen. Der Bereich zwischen den Bögen wurde mit schwerdurchlässigem Boden verfüllt. Gleichzeitig sorgen die oberseitige Gefälleausbildung und eine Drainage dafür, dass Sickerwasser abgeführt werden kann. Tobias Tebbel vom Holz- und Stahlingenieurbauunternehmen Schmees & Lühn berichtet von einer planmäßigen Abwicklung: „Nachdem die Grünbrücke im Dezember 2018 dem Verkehr übergeben wurde, mussten im Frühjahr 2019 nur noch Restarbeiten gemacht werden.“ Die Grünbrücke in der Nähe von Thyrow ist mittlerweile die fünfte Grünbrücke in Holzbauweise. Mit den zwei parallelen Bogentragwerken ist sie allerdings die erste in dieser Bauweise.

Autoren

Jürgen Dirkes ist Leiter Produktmanagement Holzfarben und Lacke bei der Remmers GmbH in Löningen.

Rüdiger Sinn ist freier Journalist und freier Mitarbeiter der Zeitschrift dach+holzbau. 

Holzschutz mit Lasur

„Aqua HSL-35/m-Profi-Holzschutz-Lasur 3in1“ von Remmers ist eine dekorative, wasserbasierte Holzschutz-Dünnschichtlasur für Holz im Freien ohne Erdkontakt. Das Produkt ist geeignet als Grund-, Zwischen- oder Schlussbeschichtung. Nicht geeignet ist es für die Beschichtung von Bodenflächen, wie etwa Terrassen oder Holzdecks. „3 in 1“ bedeutet, dass das Produkt als Imprägnierung, Grundierung und Lasur wirkt. Es schützt das Holz vor Feuchtigkeit und wirkt vorbeugend gegen Bläuepilze. In Verbindung mit konstruktivem Holzschutz (wie im Fall der Grünbrücke bei Thyrow) reduziert das Produkt das Risiko der Entstehung von Fäulnis. Ein erhöhter Festkörperanteil schützt Holz vor Wespenfraß und der Filmschutz gegen Schimmel und Algen. Die Lasur dringt tief ein, bleibt atmungsaktiv und blättert nicht ab. www.remmers.de

Bautafel (Auswahl)

Projekt Grünbrücke bei Thyrow (Brandenburg) in Holzbauweise

Projektmanagement DEGES GmbH – Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, 10117 Berlin, www.deges.de

Entwurfsverfasser Schwesig + Lindschulte GmbH, Beratende Ingenieure, 18055 Rostock

Ausführungsplanung HSW-Ingenieure Schiermeyer + Wiesner, 32547 Bad Oeynhausen, www.hsw-ingenieure.de

Holz-/Stahlbau Schmees & Lühn Holz- und Stahlingenieurbau GmbH & Co. KG, 49762 Fresenburg, www.schmees-luehn.de

Holzschutz Remmers GmbH, 49624 Löningen, www.remmers.de

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