Runddächer mit exaktem Aufmaß eindecken

Keilziegel als objektbezogene Sonderanfertigungen von Erlus

Ein Sattel- oder Pultdach mit verfalzten Dachziegeln zu decken, ist eine Standardaufgabe für Dachhandwerker. Wie sieht es aber aus, wenn dieses Dach im Grundriss bogenförmig gekrümmt ist? Hier helfen konische Spezialziegel, sogenannte Keilziegel. Wir zeigen, wie sie produziert und verlegt werden.

Vorrangig bei alten, oft denkmalgeschützten Sakralgebäuden finden sich einzelne Gebäudeteile wie Türme, Kuppeln oder Apsiden, die als Dach eine Kegelform oder zumindest ein über einem gekrümmten Grundriss errichtetes „gebogenes“ Sattel- oder Pultdach haben. Solche Gebäude wurden historisch meist mit einer Kupfer- oder Zinkblechdeckung oder mit einer kleinteiligen Schiefer- oder Biberschwanzdeckung eingedeckt. Dabei treten im Sanierungsfall in der Regel kaum Probleme auf, wenn man das ursprüngliche Deckungsmaterial nutzt. Wobei auch eine Kegeldachdeckung mit Biberschwanzziegeln mit erheblichem Mehraufwand gegenüber einer planebenen Dachfläche verbunden ist und eher nur von spezialisierten Fachbetrieben ausgeführt werden sollte. Technisch betrachtet ist aber mit Biberschwanzziegeln eine gekrümmte Dachfläche relativ einfach regensicher einzudecken, durch das Bearbeiten (konische Verjüngen) der Ziegel an einer oder besser beiden Seiten. Ein außergewöhnliches Beispiel hierfür ist die Münchner Pfarrkirche Sankt Rupert mit kleeblattförmigen Grundriss mit Sattel- Ringpultdach und Vierungsturm.  

Gekrümmte Dächer richtig eindecken

„Eckhaus“ mit durchgehender Dachziegeldeckung
Foto: Erlus

„Eckhaus“ mit durchgehender Dachziegeldeckung
Foto: Erlus
Ungleich größere Probleme ergeben sich jedoch, wenn das Dach anstatt mit unprofilierten, kleinformatigen Deckelementen mit heute üblichen, an Kopf, Fuß und Seiten verfalzten Tondachziegeln gedeckt werden soll. Noch schwieriger wird es, wenn diese Ziegel ein Großformat mit einem Flächenbedarf von etwa 10 Stk./m² aufweisen. Denn hier lassen sich nicht einfach die Seiten der Ziegel schräg wegschneiden. Dazu kommt: Bei modernen Gebäuden mit gekrümmten Dachflächen handelt es sich in der Regel nicht um Kirchen oder Türme, sondern häufig um große Bebauungsriegel, die aus städteplanerischer Sicht Straßen- oder Grundstücksgrenzverläufen angepasst werden müssen. Bei solchen Projekten sind  Eindeckungen mit im Flächengewicht sehr schweren, in der Verlegung zeitintensiven und relativ gering regensicheren Biberschwanzziegeln normalerweise keine Alternative.

Muss also der Planer respektive der Bauherr auf eine langlebige, hagelsichere Deckung aus verfalzten Tondachziegeln verzichten, wenn sein Gebäude ein gekrümmtes Dach hat? Nein, vorausgesetzt, es werden geeignete Produkte mit technischem Know-how kombiniert.

Ziegel in Keilform, objektbezogen hergestellt

Ziegelverlegung auf einer gerundeten Dachfläche mit gefalzten Ziegeln
Foto: Erlus

Ziegelverlegung auf einer gerundeten Dachfläche mit gefalzten Ziegeln
Foto: Erlus
„Keilziegel“ lautet hier das Stichwort. Das sind Ziegel, die, anders als üblich, nicht oben und unten die gleiche Deckbreite haben, sondern individuell auf das Objekt bezogen durch den Ziegelhersteller konisch verjüngt produziert werden. Keilziegel sind also am Ziegelfuß schmaler oder breiter als am Ziegelkopf.

Eine ganz entscheidende Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz dieser Spezialziegel ist ein möglichst exaktes Aufmaß der Dachfläche. Für eine erste Machbarkeitseinschätzung und überschlägliche Mengenermittlung reichen zwar zumeist die theoretischen Planmaße aus. Für die finale Festlegung der genauen Zuschnittsbreiten der Ziegel empfiehlt sich aber immer ein händisches Aufmaß vor Ort, nachdem die Unterkonstruktion (Sparrenlage, evtl. Schalung, idealerweise auch schon Trauf- und Firstausbildung) fertig gerichtet ist. Eine enge Zusammenarbeit zwischen ausführendem Dachhandwerker und Ziegelhersteller ist in diesem Fall also nicht nur wünschenswert, sondern zwingend erforderlich. Solche Werkplanungen sind von den Erlus-Technikern mehrmals pro Jahr gefordert.

Konvex und Konkav: Mathematik am Dach

Bei einem über einem gleichmäßig gekrümmten Grundriss aufgeschlagenen Satteldach beispielsweise wird einmal die konkav gebogene Innenseite als Bogenmaß an der Traufe und am First gemessen. Auch die Sparrenlängen müssen natürlich vorliegen, um genau festlegen zu können, mit wieviel Ziegelreihen übereinander gerechnet werden muss. Ziegel mit größerem Decklängenschiebespiel bieten hier den Vorteil, dass ein Variieren der Reihenanzahl um eine, eventuell zwei Reihen mehr oder weniger möglich ist, was wiederum den Spielraum bei der Deckbreitenanpassung vergrößert.

Dann wird die konvex gebogene Außenseite ebenfalls als Bogenmaß an der Traufe und am First gemessen, die Sparrenlängen ebenso. Das Firstmaß sollte natürlich in beiden Fällen gleich groß sein, Traufe innen und Traufe außen werden sich aber – ja nach Gebäudelänge, Gebäudebreite und Krümmungsradius – teils sehr deutlich unterscheiden. Liegen die exakten Maße endgültig vor, beginnt die eigentliche Planungsleistung des Ziegelherstellers. Die Firma Erlus bietet ihren Kunden diese Serviceleistung kostenlos an.

Technische Beratung schon bei der Bemusterung

Zuerst wird dabei in Absprache mit dem Kunden festgelegt, welches Ziegelmodell sich in Bezug auf die vorhandene Dachneigung, die technische Verwendbarkeit als Keilziegel und die optischen Vorstellungen des Planers/Bauherren am besten eignet. Dabei sind auch sehr flach geneigte Dächer mit Keilziegeln aus dreifach verfalzten Sonderflachdachpfannen wie etwa dem „Ergoldsbacher Karat“ oder „E 58 RS“ realisierbar. Aber auch steilere Dachneigungen, etwa mit Glattziegeln oder extra großformatigen Ziegeln wie dem „Ergoldsbacher E 58 Plus“ (ab 7,4 Stk./m²) sind möglich. Jedem der einsetzbaren Ziegelmodelle sind eine minimale und eine maximale Deckbreite (DB), ungeachtet der üblichen Deckbreitentoleranz im Seitenfalz, zugeordnet. Mit diesen Werten gilt es nun, die ermittelten Maße von Trauflinie und Firstlinie über die gleiche Anzahl an Ziegelreihen (in der Breite) abzudecken. Bei geringen Längenunterschieden kann es so durchaus ausreichen, wenn lediglich zum Beispiel jede  fünfte, siebte oder achte Reihe als Keilziegelreihe ausgebildet wird. Je größer die Abstände zwischen zwei Keilziegelreihen sind, umso weniger gleicht dabei der Trauf- und Firstlinienverlauf allerdings einem echten Kreisbogen, sondern wird eher zu einem gleichmäßigen Streckenzug. Umgekehrt kann es bei sehr starken Krümmungen auch erforderlich werden, dass sogar jede einzelne Reihe als Keilziegelreihe ausgeführt werden muss, was dann aber auch eine kreisrunde Traufe, etwa bei einem Kegeldach, ergibt.

Ermittlung der Keilziegelreihen

Nachdem die notwendige Anzahl der Keilziegelreihen ermittelt ist, werden diese planerisch seitens des Ziegelherstellers auf das betreffende Dach verteilt und positioniert. Die komplette Planung wird in einem Verlege-Schema festgehalten, das dem Dachhandwerker zur Verfügung gestellt wird. In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass an einem Dach (zum Beispiel bei ungleichmäßiger Krümmung, geraden Teilabschnitten, etc.) auch eine unregelmäßige Verteilung der Keilziegelreihen und/oder sogar unterschiedlich geschnittene Keile notwendig werden. Eine ziegelgenaue Positionierungsvorgabe sowie deren identische Umsetzung sind dann besonders wichtig.

Zubehör und Gesamtbedarf werden errechnet

Neben dem Positionierungsplan wird dem Kunden der Gesamtziegelbedarf inklusive der Zubehörteile mitgeteilt, so dass dieser eine Bestellung auslösen kann. Erst nach dem Eingang der Bestellung wird mit der Produktion der Keilziegel begonnen. Dazu werden die ausgewählten Ziegel mit einem Wasserstrahlschneider nach Vorgabe in Längsrichtung schräg aufgetrennt. Anschließend werden je ein rechtes und ein linkes schräg zugeschnittenes Teilstück aus vormals zwei Standardziegeln mit dauerhaft haltbarem und UV-beständigem Zweikomponenten-Keramikkleber zu einem neuem Keilziegel zusammen geklebt. Die Keilziegel werden unterseitig und beim Traufziegel beginnend, aufsteigend nummeriert, anschließend jeweils als eine komplette Reihe auf einer separaten Palette verpackt. Auf diese Weise ist eine eindeutige Zuordnung der Keilziegelreihe als Ganzes an ihren Einsatzort, wie auch der Position der einzelnen Keilziegel untereinander innerhalb einer Reihe selbst unter Baustellenbedingungen stets gewährleistet. Da Schnitt und Klebenaht immer nur in der Ziegelmitte angesetzt werden, bleiben über- und unterdeckender Seitenfalz von der Bearbeitung unberührt. Somit steht das normale Deckbreitenschiebespiel auch bei Keilziegeln zur Verfügung und kann gegebenenfalls bei kleinen Ungenauigkeiten am Objekt mit ausgenutzt werden.

Regensicherheit bleibt bei Keilziegeln erhalten

Da also die komplette Ringverfalzung auch bei werkseitig konisch geformten Keilziegeln erhalten bleibt, wird auch die Regensicherheit des Ziegels nicht beeinträchtigt und die angegebene Regeldachneigung kann weiterhin angesetzt werden. Das bedeutet, dass bei einem gekrümmten Dach, das nach herkömmlicher Deckmethode nur mit vielen Graten und Kehlen hätte realisiert werden können (was in der Folge zumindest zu einer weiteren erhöhten Anforderung hinsichtlich der regensichernden Zusatzmaßnahme geführt hätte), in der Ausführung mit Keilziegeln mit nur geringem Zeitverlust durchgedeckt werden kann. So kann unter Umständen sogar eine aufwendigere Zusatzmaßnahme vermieden werden. Das gilt sogar für Pultdächer: Erlus bietet auch Keil-Pultziegel als oberen Abschluss einer Keilziegelreihe an.

Schöner Bogen mit Tondachziegeln

Das Keilziegelsystem kommt ohne Übersetzerziegel aus – anders als etwa beim Kegelsystemdach für Ergoldsbacher Mönch- und Nonnenziegel, das mit von Hand geformten und in der Breite variierenden Ziegeln eine besonders denkmalgerechte Lösung darstellt. Dadurch fügen sich die geschnittenen Keilziegel durch ihre gleichmäßige Optik so gut in das Gesamtdach ein, dass bei weniger stark gekrümmten Dachflächen oft gar nicht ohne weiteres zu erkennen ist, wie die Deckung „in den Bogen gedrückt“ werden konnte. Selbst Kegeldächer lassen sich mit Keilziegeln mit einem gerade durchgehendem Seitenfalzverlauf technisch sicher, fachregelkonform und optisch gelungen umsetzen.

Optik, Regensicherheit und Kosten

Gegenüber normalen Standardziegeln sind Keilziegel zwar deutlich teurer. Durch den Entfall von Schneide- und Blecharbeiten für Grate und Kehlen sowie das schnellere Durchdecken und bei flachen Dachneigungen sogar oft noch zusätzlich den Entfall eines sonst notwendigen Unterdachs werden allerdings sehr viel Arbeitszeit und Material eingespart. Dass dadurch selbst eine gekrümmte Dachfläche noch wirtschaftlich vertretbar mit Tondachziegeln gedeckt werden kann, ist sicher auch vielen Experten noch neu und sollte bei aller Freude über die gelungene Ausführung und die perfekte Optik nicht vergessen werden.

Weitere Informationen und den Kontakt zur Erlus AG finden Sie online unter www.erlus.com/kontakt .

Autor

Stefan Thomas ist Technischer Berater beim Dachziegelhersteller Erlus in Neufahrn.

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