Deutscher Meister der Zimmerer 2025 im Porträt

Ludwig Benz: „Das war ein richtiger Fiebertraum!“

Ludwig Benz hat viel ausprobiert – und bei den Deutschen Meisterschaften Gold gewonnen. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum er sich für das Zimmererhandwerk entschieden hat. Im Artikel verrät Ludwig Benz außerdem, warum er seltener krank ist und was er jungen Leuten rät.

Der 26-jährige Wahl-Brandenburger liebt es, mit Holz zu arbeiten und ist mit Leib und Seele Zimmerer
Foto: ZDB/Claudius Pflug

Der 26-jährige Wahl-Brandenburger liebt es, mit Holz zu arbeiten und ist mit Leib und Seele Zimmerer
Foto: ZDB/Claudius Pflug
Vom 8. bis zum 10. November 2025 fanden im bayerischen Feuchtwangen die Deutschen Meisterschaften im Bauhandwerk statt. Über 60 Nachwuchshandwerkerinnen und -handwerker aus 9 verschiedenen Gewerken zeigten in spannenden Wettbewerben, was Präzision, Können und Leidenschaft bedeuten. Unter ihnen auch die Zimmerer, die an drei Wettbewerbstagen verschiedene Aufgaben meisterten: Nach dem händischen Abbinden, musste zunächst ein ungleich geneigter Dachstuhl errichtet werden, in den anschließend eine Spitzgaube mit steigendem First eingebaut wurde. Insgesamt waren es, so berichtet Zimmerer Ludwig Benz, drei herausfordernde Wettbewerbstage mit viel Aufregung, sehr wenig Schlaf und – trotz des Wettkampfes – einem starken Gemeinschaftsgefühl mit gegenseitiger Unterstützung. Der brandenburgische Landessieger hat den Wettbewerb hautnah miterlebt, er trat im Wettbewerb der Zimmerer an und stellte sich der anspruchsvollen Aufgabe, mit Erfolg: Er sicherte sich dieses Jahr eine Goldmedaille.

„Over the top!“

Im Wettbewerb musste ein ungleich geneigter Dachstuhl mit einer Spitzgaube mit steigendem First gebaut werden
Foto: Ludwig Benz

Im Wettbewerb musste ein ungleich geneigter Dachstuhl mit einer Spitzgaube mit steigendem First gebaut werden
Foto: Ludwig Benz
Doch lassen sich die Wettbewerbsaufgaben mit der täglichen Praxis im Betrieb überhaupt vergleichen? Obwohl die Tendenz sei, dass die Wettbewerbe immer mehr an die betriebliche Praxis angelehnt werden sollen, sei ein Vergleich schwierig, so Ludwig Benz. „So komplizierte Modelle zeichnerisch zu schiften, macht man heutzutage eigentlich nicht mehr“, sagt er. „Eine Spitzgaube mit steigendem First werde ich wohl auch nie im Leben auf der Arbeit bauen. Wir machen bei uns im Betrieb zwar viel Handabbund, sodass es da schon Überschneidungen gab, aber dennoch waren die Wettbewerbsaufgaben ‚over the top‘ und sogar über dem Niveau einer Meisterschule.“

Zimmerermeister ist Ludwig Benz zwar noch nicht, aber dennoch konnte er im Wettbewerb mit seinem handwerklichen Können überzeugen. Warum aber hat ausgerechnet er bei den Deutschen Meisterschaften gewonnen? Wenn man ihm diese Frage stellt, wird er nachdenklich: „Schwierige Frage. Ich glaube, die räumliche Vorstellung, zu verstehen was man gerade macht, und das Thema Schiften – das liegt mir einfach. Natürlich gehört auch Glück dazu. Und ich habe es geschafft, die Ruhe zu bewahren. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich älter bin und vielleicht schon etwas mehr erlebt habe als die anderen Teilnehmenden, von denen manche erst 19 Jahre alt waren.“ Und in der Tat, mit seinen 26 Jahren hat Ludwig Benz schon viel Lebenserfahrungen gesammelt.

Die Gewinner im Zimmererhandwerk bei den Deutschen Meisterschaften im Bauhandwerk 2025 (ab dem 3. v. l.): Camillo Julius Bielenberg (Silber, Schleswig-Holstein), Ludwig Benz (Gold, Brandenburg) und Urs-Uwe Tolksdorf (Bronze, Baden-Württemberg) mit den Mitgliedern des Bewertungsausschusses
Foto: ZDB/Claudius Pflug

Die Gewinner im Zimmererhandwerk bei den Deutschen Meisterschaften im Bauhandwerk 2025 (ab dem 3. v. l.): Camillo Julius Bielenberg (Silber, Schleswig-Holstein), Ludwig Benz (Gold, Brandenburg) und Urs-Uwe Tolksdorf (Bronze, Baden-Württemberg) mit den Mitgliedern des Bewertungsausschusses
Foto: ZDB/Claudius Pflug

Von Australien zum Weltacker

Der Zimmerer Ludwig Benz aus Brandenburg gewann die Goldmedaille bei den Deutschen Meisterschaften 2025 im Bauhandwerk
Foto: ZDB/Claudius Pflug

Der Zimmerer Ludwig Benz aus Brandenburg gewann die Goldmedaille bei den Deutschen Meisterschaften 2025 im Bauhandwerk
Foto: ZDB/Claudius Pflug
Gebürtig aus Baden-Württemberg, zieht es ihn nach dem Abitur zunächst in die weite Welt: Australien, Thailand, die Mongolei. Später dann lockt ihn der Studiengang „Wald-Ökosystem-Management“ in das brandenburgische Eberswalde. Das Studium an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung gibt er während der Corona-Pandemie jedoch auf und widmet sich fortan mehr der Praxis. In verschiedenen Praktika probiert der Wahl-Brandenburger sich aus, so auch auf dem Bau in Mecklenburg-Vorpommern. Auf einem sogenannten „Weltacker“ entsteht ein Neubau für Seminarräume als Forschungsprojekt für ökologisches Bauen und Ludwig Benz ist von Anfang an dabei. Hier kann er sich in sämtlichen Gewerken ausprobieren: vom Aufsägen der Bäume und Schälen der Stämme über das Abbinden von Ständer- und Fachwerk, der Schalung und Mauerarbeiten bis hin zu Wasser- und Stromleitungen verlegen und Dachdecken. Auch Zimmerarbeiten führt Ludwig Benz aus, was ihn schließlich am meisten fasziniert. Vor allem der Werkstoff lässt ihn seitdem nicht mehr los: „Holz ist einfach ein schöner Werkstoff und es macht mir sehr viel Spaß, damit zu arbeiten, weil man so viel daraus machen kann. Holz ist nicht immer gleich, jede Faser ist anders.“ Natürlich wäre Tischler auch noch eine Alternative zum Zimmererberuf ­gewesen, aber das bleibt sein Hobby: „Ich habe nach dem Praktikum privat für mich angefangen zu tischlern“, sagt Benz. „In dem Mehrfamilienhaus, in dem wir wohnen, gibt es eine Gemeinschaftswerkstatt mit Hobel- und Drechselbank, das ist echt praktisch. Aber beruflich hätte mir als Tischler die frische Luft gefehlt. Ich bin sehr gerne draußen, das tut mir gut. Seitdem ich als Zimmerer arbeite, bin ich seltener krank.“

Familie, Ausbildung und Wettbewerbe unter einem Hut

Ludwig Benz entscheidet sich also für den Beruf des Zimmerers und macht sich auf die Suche nach einem Ausbildungsplatz, aber das gestaltet sich im kleinen Eberswalde schwierig: Er bewirbt sich im Umkreis von 20 km bei sämtlichen Zimmereibetrieben, bis er schließlich im September 2022 bei der Zimmerei Radfor einen Platz bekommt. Und dann wird er kurz vor Ausbildungsbeginn auch noch Vater, für ihn war das ein besonders schönes Ereignis, denn Familie ist ihm sehr wichtig. Dennoch ist es für ihn eine große Herausforderung, die junge Familie, die Ausbildung, später noch den Landeswettbewerb und schließlich die Deutschen Meisterschaften zusammenzubringen. Die Vorbereitungen zum Landeswettbewerb im Oktober 2025 muss der spätere Landessieger in der Freizeit treffen. Zwei Wochen lang übt er jeden Abend von 20 bis 23 Uhr, wenn sein Sohn im Bett ist: „Da habe ich die Zähne zusammengebissen. Mit Kaffee gings“, so Ludwig Benz. Fleiß und Durchhaltevermögen sind weitere ­Eigenschaften, die er als Gründe für seinen Erfolg im Wettbewerb nennt.

„Ein richtiger Fiebertraum!“

Bei den Vorbereitungen in Kassel, war Ludwig Benz jeden Tag von 7 bis 22 Uhr am Modell am Üben und war dabei immer der letzte, der das Gebäude verließ
Foto: Ludwig Benz

Bei den Vorbereitungen in Kassel, war Ludwig Benz jeden Tag von 7 bis 22 Uhr am Modell am Üben und war dabei immer der letzte, der das Gebäude verließ
Foto: Ludwig Benz
Dass Ludwig sehr fleißig ist, sieht man an seinen Vorbereitungen auf die Deutschen Meisterschaften. Dafür wird er freigestellt und fährt mit seinen Mitstreitern in ein Vorbereitungscamp des ZDB in Kassel – und trotzdem opfert er darüber hinaus auch hier noch seine Freizeit: „Ich war immer von 7 Uhr morgens bis 22 Uhr am Modell üben. Einmal sogar von 7 Uhr bis 2 Uhr nachts. Das hat einfach so Bock gemacht, das war ein richtiger Fiebertraum!“ Trotz allem Fleiß – dass er gewinnt, das hätte Ludwig nicht gedacht: „Ich habe gehofft, mindestens Fünfter zu werden, aber dass ich aufs Treppchen komme und dann noch Deutscher Meister werde, damit hab' ich nicht gerechnet.“

Rund um den Kirchturm

Die Radfor GmbH Zimmerei und Dach aus Melchow in Brandenburg baut Einzelstücke, wie zum Beispiel Treppen
Foto: Ludwig Benz

Die Radfor GmbH Zimmerei und Dach aus Melchow in Brandenburg baut Einzelstücke, wie zum Beispiel Treppen
Foto: Ludwig Benz
Die Radfor Zimmerei und Dachbau GmbH, wo Ludwig Benz seine Ausbildung absolviert hat und nun als ­Geselle arbeitet, sei eine typische „Dorfzimmerei“, wie er sagt. Sie erledigt alles „rund um den Kirchturm“ herum, etwa kleine Zimmerarbeiten wie z. B. ein Carport, eine Treppe oder Terrasse. Größtenteils machen sie Sanierungen, dabei auch viele Flachdächer, da sie Zimmer-, Dachdecker- und Klempnerarbeiten anbieten. „Wir machen nichts von der Stange“, so der Zimmerergeselle. „Es ist sehr abwechslungsreich und macht viel Spaß, weil man nie das gleiche Produkt zweimal baut. Mal einen Balkon und dann mal eine Treppe, die ums Eck geht.

Alles sind Einzelkonstruktionen, wie zum Beispiel ein Gartentor mit Sondermaßen oder ein konisch zulaufender Carport.“ Weil sie im Betrieb nur zu dritt sind, muss Ludwig Benz ­überall mit anpacken. Dabei machen ihm die Zimmerarbeiten am meisten Spaß, sagt der Deutsche Meister: „Bei einer typischen Flachdachsanierung muss man abreißen, Sparren verstärken oder austauschen, verschalen und wieder abdichten. Da machen mir dann die Holzbauarbeiten am meisten Spaß.“

Ein Handwerk zu erlernen, schafft Selbstvertrauen

Die meisten Projekte der Zimmerei, in der Ludwig Benz arbeitet, sind Einzelkonstruktionen, wie zum Beispiel ein Gartentor mit Sondermaßen oder ein konisch zulaufender Carport
Foto: Ludwig Benz

Die meisten Projekte der Zimmerei, in der Ludwig Benz arbeitet, sind Einzelkonstruktionen, wie zum Beispiel ein Gartentor mit Sondermaßen oder ein konisch zulaufender Carport
Foto: Ludwig Benz
Und wie geht’s für den Deutschen Meister nun weiter? „Erstmal praktische Erfahrung sammeln, und dann mache ich auf jeden Fall meinen Meister. Irgendwann möchte ich mich dann selbstständig machen, aber die Familie hat natürlich Priorität und wächst. Und das Land braucht ja auch Nachwuchs.“ Und was würde der Deutsche Meister der Zimmerer dem Nachwuchs beruflich empfehlen? Hier hat Ludwig eine ganz klare Haltung: „Es studieren zu viele junge Menschen, und hinterher wissen sie gar nicht, wo und was sie damit arbeiten sollen. Aber das liegt auch am Schulsystem, wir werden in Richtung Studium gedrückt. Meine Meinung ist, dass die meisten jungen Menschen Handwerker werden sollten, weil es ihnen guttun würde. Man lernt etwas und hat mindestens ein Gebiet, wo man etwas gut kann, und das gibt Selbstvertrauen! Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ein Handwerk ausüben zum Wohlbefinden beiträgt, ja fast schon glücklich macht.“ Aber es muss nicht unbedingt der Zimmererberuf sein, sagt Ludwig Benz: „Dem einen liegt Holz mehr, dem anderen Stein. Aber alle Gewerke haben gemein, dass man in der echten Welt ist und nicht eine Exceltabelle ausfüllt, die dann in irgendeinem Ordner verschwindet.“

Autor

Dennis Rabeneick ist Volontär in den Redaktionen der Zeitschriften dach+holzbau und bauhandwerk.

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