Vorgehängt und hinterlüftet

Fassaden haben sich aus den regionalen Baumaterialien, der handwerklichen Tradition und der Anpassung an das Wetter entwickelt. Die vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) ist sehr universell. Sie lässt sich vom Einfamilienhaus über den Industriebau bis zum Wolkenkratzer anwenden.

Bei der vorgehängten, hinterlüfteten Fassade besteht eine strikte Arbeitsteilung zwischen tragender Wand und der eigentlichen Fassade. Die „hängt“ nämlich, durch eine Luftschicht getrennt, als eigenständiges Bauteil vor der tragenden, gedämmten Wand. Sie übernimmt den ersten Wetterschutz und repräsentiert das Gebäude.

Die Auswahl an Materialien, mit denen ein Gebäude „bekleidet“ werden kann, ist groß. Es gibt keramische, zement- und harzbasierte Platten, aber auch Platten aus Ziegeln und Metall. Unter den metallischen Materialien zählen Kupfer, Zink und Aluminium zu den am häufigsten verwendeten. Bei der Auswahl des passenden Baumaterials spielen neben der gewünschten Optik der Fassade vor allem die technischen Eigenschaften eine Rolle. So kann eine VHF, ganz unabhängig vom eigentlichen Tragwerk, kompakt, leicht, farbig, schlicht, groß- oder kleinteilig sein. Und sie ist über ihren  Nutzungszeitraum sehr vielseitig. Denn jede Unterkonstruktion kann verschiedene Materialien und Formen aufnehmen.

Eine vorgehängte hinterlüftete Fassade besteht üblicherweise aus einer tragenden Wand (Mauerwerk, Beton), einer Unterkonstruktion mit Dämmung, einer Luftschicht und der Bekleidung. Als Dämmmaterial kommen oft mineralische Dämmstoffe der Wärmeleitgruppen 040 und 035 zum Einsatz. So werden die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz ebenso erfüllt wie die an den Brandschutz, ganz unabhängig von der Gebäudehöhe. Die Dämmung kann mechanisch befestigt oder geklebt werden. Für die Verklebung ist eine „dauerhafte Abreißfestigkeit“ gefordert.  Durch die recht freie Wahl des Abstandes zwischen Fassade und tragender Wand lässt sich die Dicke der benötigten Dämmung einstellen. Die Dämmung ist dabei, abhängig von der Fugenausbildung, gut bis vollständig vor Feuchtigkeit geschützt. Dennoch eingetragene Feuchte wird durch die Zirkulation in der Luftschicht schnell abgeführt. Die Dämmung bleibt so trocken und kann ihre Aufgabe zuverlässig und langlebig erfüllen. Anfallender Wasserdampf findet stets den kürzesten Weg in die Umgebungsluft. Die Gründe dafür sind das Dampfdruckgefälle von innen nach außen und die Diffusionsoffenheit der VHF.

Lochprofile für Belüftung

Die Tiefe der Hinterlüftung muss dazu grundsätzlich mindestens 20 mm betragen; nur in Einzelfällen kann der Abstand auf 5 mm reduziert werden. Außerdem muss im Sockel- wie im Dachbereich ein Belüftungsquerschnitt größer als 50 mm²/m geplant und ausgeführt werden. Das wird durch Lochprofile erreicht, die zusätzlich Kleintiere abhalten sollen.

Die Unterkonstruktion einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade besteht heute sehr oft aus stranggepressten Aluminiumprofilen. Diese sind systemisch aufeinander abgestimmt, so dass schnelles, variables und sicheres Arbeiten erleichtert wird. Seltener sind UKs aus korrosionsfestem Stahl. Und natürlich werden nach wie vor Konstruktionen aus Holz verbaut, und  zwar vor allem dort, wo der Umgang mit dem Werkstoff Holz dem eigenen Gewerk vertraut ist. Die Holz-UK ist sehr variabel und schnell zugerichtet, doch wer beabsichtigt, in größerem Maßstab VHF zu errichten, der sollte sich durchaus einmal für die Aluminiumvariante interessieren.

Die Verankerung der Profile in der tragenden Wand muss statisch nachgewiesen werden. Entsprechende Dübel (Rahmendübel für Stahlbeton, Verbunddübel („Klebeanker“) bei Mauerwerk) verfügen in der Regel über eine Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung und sind so unproblematisch im Gebrauch.

Diese Unterkonstruktionen sind unkompliziert justierbar, wodurch sie auch beträchtliche Unregelmäßigkeiten im Tragwerk ausgleichen und überdecken können. Die Unterkonstruktion der vorgehängten hinterlüfteten Fassade gleicht außerdem Größenänderungen des Bekleidungsmaterials aus. Holz quillt und schwindet bekanntlich durch die Aufnahme und  Abgabe von Feuchtigkeit, und Metalle sowie andere Materialien verändern ihre Ausdehnung durch thermische Einflüsse. Aluminium weist bei einem Temperaturunterschied von 100 Kelvin eine maximale Wärmeausdehnung von 2,4 mm/m auf. Um dieses Maß kann das Material also „arbeiten“. Die möglichen Veränderungen müssen in der Konstruktion durch Gleitlager aufgefangen werden.

Darüber hinaus ist die Unterkonstruktion aber auch in der Lage, Bewegungen des Gebäudekörpers, etwa durch Setzungen, in gewissem Rahmen aufzunehmen. Schäden an der Fassade, wie Risse im Putz oder in Fugen, werden durch eine fachgerecht ausgeführte VHF vermieden.

VHF und Aluminium-Verbundplatten

Verbundmaterialien gelangen immer dort zum ­Einsatz, wo die technischen Eigenschaften zweier Werkstoffe miteinander kombiniert werden können. Aluminium-Verbundplatten sind deshalb als Bekleidungsmaterial für vorgehängte, hinterlüfftete Fassaden eine gute Möglichkeit. Die Platten bestehen aus drei Schichten, sind sehr biegesteif und korrosionsfest. Gleichzeitig lassen sie sich gut bearbeiten und in vielerlei Form bringen. Zur Bearbeitung können CNC-Fräsen ebenso eingesetzt werden wie Handmaschinen auf der Baustelle. Sie eignen sich für Großbauten in gleicher Weise wie für Ergänzungsbauten oder Hybridfassaden. Und in Zusammenarbeit mit der hier beschriebenen VHF lassen sich mit ihnen problemlos Gebäude bekleiden, die sämtlichen Anforderungen an die Bauphysik, den Brandschutz und nicht zuletzt die Ästhetik erfüllen.

Autor

Kay Rosansky ist Architekt, Journalist und betreibt das Agenturbüro rosansky-presse in Verl. Er unterstützt Alucobond bei der Pressearbeit.

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