Mit Ecken und Kanten

Die Rudolf Steiner Schule in Hamburg-Wandsbek präsentiert sich ganz im Stile der „Anthroposophischen Architektur“: Unterschiedlich große und geometrisch geformte Gebäudeteile fügen sich zu einem organisch wirkenden Gebäude zusammen. Die Sanierung des Daches war eine große Herausforderung.

Zunehmend auftretende Leckagen des alten Daches und ein nicht mehr zeitgemäßer Wärmeschutz des 1985 errichteten Gebäudes hatten dazu geführt, dass der Schulverein der Waldorfschule für die Investition in ein besser gedämmtes, neu abgedichtetes und eingedecktes Dach stimmte. Die Fläche des Daches beträgt 3700 m2 und verteilt sich aufgrund der Segmentierung auf über 40 einzelne Dachflächen (zwischen 20 und 580 m2). „Durch die besondere Dachgeometrie gab es jede Menge sorgfältig auszuführender Anschlussdetails, die einen hohen Bedarf an objektspezifischen Sonderlösungen mit sich brachte“, berichtet Marco Oestert, Geschäftsführer der Hagmans GmbH.

Vollständig erkennbar ist die Dachaufteilung des Gebäudes nur aus der Vogelperspektive: Große Schrägdachflächen mit einem Neigungswinkel von bis zu 60 Grad wechseln sich ab mit kleinen, wesentlich flacher verlaufenden Dachfeldern. „Während es unser Team auf manchen Flächen mit Sparren von bis zu 36 m Länge zu tun bekam, ergaben sich an anderer Stelle sehr kleinteilige Flächen, die in Kehlen oder Graten aufeinander zulaufen – eine Herausforderung gerade in puncto Luft- und Winddichtheit“, sagt Marco Oestert. Dach- und Sparrenüberstände von mehreren Metern, spezielle, in die Luftdichtebene zu integrierende Rauch-Wärmeabzüge, zahlreiche Dachfenster und Lüftungsleitungen sowie ein komplexes Dachentwässerungssystem hielten weitere Herausforderungen bereit.

Neben den technischen Anforderungen musste die Sanierung der Dachflächen bei laufendem Schulbetrieb und sehr eingeengter Baustelleneinrichtungsfläche erfolgen – mit allen logistischen Herausfor­derungen, die dazugehören: Während etwa 150 Containerladungen Abbruchgut abgefahren wurden, wurden 700 Kubikmeter Dämmstoffe und mehrere Lastzüge Holz und Dachziegel an den Schülerinnen und Schülern vorbei auf die Baustelle transportiert und mit zwei fest installierten Kränen auf die jeweiligen Einzeldachflächen gehoben. Die aufgrund des laufenden Schulbetriebes erforderliche Vermeidung von Lärm und Schmutzentwicklung führte dazu, dass die komplette Schalung sowie die Dachlattung nur geschraubt werden durfte. Ebenso mussten insgesamt 400 m Grate und 240 m Kehlen mit entsprechenden Ziegelschnitten versehen und eingedeckt werden. „Solche Aufgaben konnten nur durch den Einsatz spezieller Maschinentechnik, wie zum Beispiel dem Ziegelschneidesystem „Dachhexe“ mit Absaugvorrichtung der Firma Rabied Biedron, effektiv und mit geringer Belastung des Schulbetriebes ausgeführt werden“, sagt Geschäftsführer Oestert rückblickend. ↓

Alte Zwischensparrendämmung blieb erhalten

Eine in enger Abstimmung mit dem beteiligten Architekturbüro und der Deutschen Rockwool durchgeführte bauphysikalische Überprüfung hinsichtlich des Wärme- und Feuchteschutzes ergab eine gesunde Dach-Bausubstanz, auf die man aufbauen konnte: Das Holz des vorhandenen Dachstuhls war durchweg trocken und in gutem Zustand, ebenso wie die alte Zwischensparrendämmung, die entsprechend in der Konstruktion verbleiben konnte. „Wo wir Lücken in der Zwischensparrendämmung entdeckt haben, wurden diese geschlossen, bevor wir eine Holzschalung aufgebracht haben“, erläutert Marco Oestert. Auf diese wurde dann die Schalungsbahn „Rockfol DA“ verlegt. Sie schützt das Dach während der Bauzeit vor Witterungseinflüssen und bildet die luftdichte Ebene für das folgende „Meisterdach Plus“-System von Rockwool.

Die 180 mm dicke, nichtbrennbare Aufsparrendämmung aus Steinwolle bringt das zusätzliche Plus an Wärmedämmung auf das Dach der Schule. Die verwendeten großformatigen „Masterrock GF kaschiert“-Dämmplatten zeichnen sich durch ihre hohe Dämmleistung aus: Im Winter reduzieren sie spürbar die Verluste von Heizwärme, während sie in den warmen Monaten einen entscheidenden Beitrag zum sommerlichen Wärmeschutz leisten. Gleichermaßen positiv auf den Aufenthaltskomfort und die Lernumgebung wirkt sich der durch die Dämmplatten deutlich verbesserte Schallschutz aus. Die Diffusionsoffenheit des Dämmstoffes wirkt Feuchtigkeitsproblemen im gesamten Dachaufbau entgegen und schützt so die Bausubstanz.

Ein weiterer Vorteil der Dämmplatten ist die Zeitersparnis: Vor allem auf großen Dachflächen können sie die Handwerker einfach, ­sicher und zeitsparend verlegen. Sie verfügen werkseitig über eine kaschierte diffusionsoffene Unter­deckbahn, die an zwei Seiten überlappt und mit Kle­­bestreifen versehen ist. Der winddichte Anschluss der Unterdeckbahn über der Dämmung ist in der Fläche damit schnell erstellt.

Dennoch war ein hohes Maß an Genauigkeit gefragt: „Vor allem in den Übergängen der einzelnen Dachflächen sowie bei den Anschlüssen im Bereich der Dachüberstände, an denen die neuen Titanzink-Dachrinnen in einer Holzkonstruktion liegend hergestellt wurden, musste äußerst exakt gearbeitet werden“, so Marco Oestert. In diesen Übergangsbereichen zwischen Aufsparrendämmung und neuer Dachrinne beziehungsweise der darunter verlegten Bitumenverbundbahn wurde die reißfeste und thermostabile Unterdeckbahn „RockTect Drenatop“ verwendet. Sie eignete sich aufgrund der komplizierten Dachformen und Kehllängen von bis zu 20 m besser zur Abdichtung als normale First- und Kehlbahnen. Die Unterdeckbahn ist 1,5 m breit und ermöglichte so auch einfachere Korrekturen: Gängige First- und Kehlbahnen sind in der Regel wesentlich schmaler, die Toleranzen gegenüber einer nicht exakt geraden Verlegung damit wesentlich geringer. Darüber hinaus kann die Unterdeckbahn für den Fall, dass zum Beispiel Nacharbeiten durchgeführt werden müssen, problemlos wieder gelöst und später erneut verklebt werden – selbstklebende First- und Kehlbahnen müssten hingegen entsorgt werden.

Abdichtung der Schraubdurchdringungen

Vor dem Verschrauben der Konterlattung über der Aufsparrendämmung wurde jede Konterlatte mit dem Nageldichtband „RockTect Nailkit“ beklebt. Schraubdurchdringungen konnten so gemäß Fachregeln gesichert angeschlossen und gegen anstehendes Niederschlagswasser abgedichtet werden. Die Dachhandwerker mussten gerade bei den großen Dachflächen auf eine funktionierende Behelfsdeckung achten, da die Flächen längere Zeit bis zur endgültigen Eindeckung ungeschützt der Witterung ausgesetzt waren. Fixiert wurden die Latten mit 330 mm langen Doppelgewindeschrauben abwechselnd in einem Winkel von 60 beziehungsweise 120 Grad zur Konterlattenebene.

Sicher mit System

Die stark segmentierten Dachflächen sowie die durch die Dachsanierung notwendigen baulichen Veränderungen, wie zum Beispiel die Aufdopplung und Verlängerung der Traufen zum Ausgleich der 180 mm starken Dämmung sowie die ebenfalls notwendige Erhöhung der Dachfenster, machten die Arbeiten an vielen Stellen arbeits- und auch materialintensiv. Die Handwerker nutzen das „RockTect“-System (dazu gehören neben dem Nageldichtband und der Unterdeckbahn auch verschiedene Klebebänder und Dichtstoffe) um verschiedene Details an Ortgang und Traufe fachgerecht auszuführen.

Ein Dach vom Fach

Eingedeckt wurden die neuen Dachflächen mit Dachziegeln „F12 Ü Nord“ braun engobiert der Dachziegelwerke Nelskamp. Gemeinsam mit dem luftdichten und optimal dämmenden Dachaufbau von Rockwool stehen sie für „Ein Dach vom Fach“: Unter dieser Überschrift nämlich bündeln beide Unternehmen seit 2014 ihre Dachkompetenz und bieten Dachhandwerkern wie der Hagmans GmbH Produkt- und Beratungspakete an. Dass die Fertigstellung der Dachflächen bis zum hanseatischen Wintereinbruch gelang, sei vor allem dem Engagement seines Teams und der Erfahrung aller Mitarbeiter im Umgang mit den „Dach vom Fach“-Systemprodukten zu verdanken gewesen berichtet Marco Oestert.

Autor
Dipl.-Ing. Matthias Becker ist Bauingenieur und bekleidet seit 2013 die Funktion des „Produktmanagers Hochbau“ für die Segmente Schrägdach und Innenausbau bei der Deutschen Rockwool in Gladbeck.

Vor allem auf großen Dachflächen kann die Dämmplatte ihre Vorteile ausspielen und lässt sich schnell verlegen

Im Internet finden Sie weitere Fotos von der Sanierung der Rudolf Steiner-Schule in Hamburg. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.

Bautafel (Auswahl)

Bauherr Rudolf Steiner Schulverein Hamburg-Wandsbek e. V., 22159 Hamburg

Planung Architekt Werner Schmidt, 22397 Hamburg

Verarbeitung Hagmans GmbH, 21465 Reinbek

Technische Beratung Deutsche Rockwool Mineralwoll GmbH & Co. OHG, 45966 Gladbeck

Herstellerindex (Auswahl)

Dachdämmung / Systemhersteller Deutsche Rockwool Mineralwoll GmbH & Co. OHG,

www.rockwool.de

Dachziegel Dachziegelwerke Nelskamp GmbH,

www.nelskamp. de („F12 Ü Nord“ braun engobiert)

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