Liebe Leserin, lieber Leser,

fragen Sie sich auch manchmal „wie man so wohnen kann“? Mir geht es nicht nur beim Anblick irgendwelcher Wohncontainer so, sondern täglich – egal wo ich hinschaue. Sei es das mausgrau einer Fassade, die Nähe zur vielbefahrenen Straße oder der zugepflasterte Grünbereich. Nun ist mein Eindruck natürlich subjektiv geprägt, doch gibt es auch ganz faktisch Merkmale von Standorten, die ein Wohnen – also Leben – angenehmer machen oder eben nicht. „Artgerechte Menschenhaltung“ sollte daher der Buchtitel sein, des Buches, das ich noch nicht geschrieben habe.

Letzten Herbst haben sich Studenten des Instituts für Entwerfen und Architekturtheorie der Uni Hannover – angeregt durch die Flüchtlingsdiskussion – Gedanken gemacht und ein ähnliches Thema mit dem Buch „Refugees Welcome – Konzepte für eine menschenwürdige Architektur“ aufgegriffen. Das Buch plädiert unter anderem für eine „angemessene Unterbringung der Neuankömmlinge im Herzen unserer Städte“ und zeigt damit schon zwei Attribute des menschengerechten Bauens auf: Erstens „nicht isoliert“ und zweitens „angemessen“, denn behaglicher Wohnraum an schönen Orten lässt die Menschen zufriedener sein.

Nun sollten wir nicht den Anspruch haben, dass sich dies schnell in der Architektur der Städte niederschlägt, aber allein die Diskussion darüber hilft und es gibt viele Beispiele, die Hoffnung machen. Und dass guter Wohnraum nicht nur wohnlich, sondern auch günstig sein kann, zeigen die Beispiele, die wir im aktuellen Heft in der Themenrubrik „Initiative bezahlbarer Wohnraum“ für Sie aufbereitet haben. Die Initiative ist vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie dem deutschen Architekturmuseum und dem Bauverlag (in dem auch die Zeitschrift dach+holzbau erscheint) gegründet worden.

Im aktuellen Heft können Sie sich ab der Seite 12 im Top Thema einen Überblick über kostengünstiges Bauen in Holz verschaffen, bei der Baustelle des Monats ab Seite 17 stellen wir eine Flüchtlingsunterkunft in München vor. Diese ist ein interessantes Beispiel dafür, dass auch an eine Nachnutzung gedacht wird. Mit dem Architekten David Meuer sprach ich über den Bau und menschenwürdige Architektur. Sein Fazit: Architektur ist oft an äußere Rahmenbedingungen geknüpft, also zum Beispiel an ortspezifische Vorgaben und es ließe sich – hätte man freie Hand – mehr architektonisch umsetzen. Trotzdem seien viele Aspekte einer menschenwürdigen Unterbringung bei diesem Bau verwirklicht worden. Allein, dass Holz oder Farben in der Gestaltung von Häusern eine immer größere Rolle spielen, lässt den Schluss zu, dass die Ghettoisierung mancher Vorstädte mit farblosen Wohnblöcken und entsprechenden sozialen Problemen der Vergangenheit angehört.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre mit reichlich Diskussionsstoff für das menschengerechte Bauen der Zukunft!

„Menschengerechtes Bauen“ mit ansprechenden Holzbauten muss nicht teuer sein


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