Holzsandwich für Lärmgeplagte

Die Brettstapeldecke ist eine bewährte Deckenform die jetzt von zwei Unternehmen neu definiert und konstruiert wurde. Entwickelt wurde eine geschraubte Systemdecke nach dem Sandwichprinzip mit einer Holzfaser-Zwischenlage. Das Pilotprojekt wurde in einem Anbau des Schraubenherstellers Heco eingebaut.

Normalerweise bestehen Brettstapeldecken aus hochkant unter hohem Druck miteinander vernagelten Brettern gleichen Typs. Das Unternehmen Heco und die Zimmerei Lamprecht aus Schramberg haben nun dieses System modifiziert. Statt Nägeln werden Schrauben verwendet und mit einer Holzfaserdämmplatte als Wechsellage bekommen die Deckenelemente ganz neue Eigenschaften.

Das merken vor allem die Mitarbeiter der Firma Heco, die ihre Büroräume in dem neuen Anbau bezogen haben. „Es ist ein angenehmes Raumgefühl, das mir über die Decke vermittelt wird. Nicht nur akustisch, sondern auch vom Raumklima her gestaltet sich das Arbeiten deutlich angenehmer als zuvor“, meint Stefanie Schondelmaier. Die Vertriebsmitarbeiterin arbeitet seit 2010 im Großraumbüro des Anbaus. Wegen des Aufbaus mit Konstruktionsvollholz und Holzfaserplatte liegt eine diffusionsoffene Deckenstruktur vor, die einen regelmäßigen Luftaustausch mit positivem Effekt auf das Raumklima ermöglicht. Auch akustische Anforderungen wie Geh- und Sprechgeräusche werden durch die Systemdecke positiv beeinflusst. Hierbei entkoppelt die Weichfaserplatte die Körperschallübertragung von der Tragstruktur, was die Schallübertragung in angrenzende Räume deutlich reduziert. Gleichzeitig wird die Schallreflexion im Raum gemindert.

 

Ein geschraubtes Brettstapelsystem für eine optimale Lastabtragung

Für die etwa 173 m2 große Deckenfläche des Gebäudes wurden Module der Größe 1 m x 6 m x 0,2 m (B/L/H) gefertigt und zusammengefügt. Sie bestehen aus hochkant gestelltem Konstruktionsvollholz (KVH), das im Wechsel mit Gutex-Holzfaserdämmplatten gestapelt und maschinell unter Druck verschraubt wird. Den Vorteil einer Verschraubung sah Dieter Kazenwadel, Zimmerermeister und Inhaber der Lamprecht GmbH, darin, dass über das Gewinde der Schrauben hohe Zug- und Druckkräfte aufgenommen und abgeleitet werden können. „Unser Ziel war es, eine Systemdecke zu entwickeln, die mehr Lasten tragen kann und sich in der Akustik und im Raumklima noch besser verhält als konventionelle Brettstapeldecken“, so Kazenwadel. Daher sei auch die Idee geboren im Sandwich-Prinzip zu arbeiten. Die dazwischen gelegten Holzfaserplatten wirken wie Puffer und gleichen die Spannungen, die bei Belastung der Decke unweigerlich entstehen, aus. Die Sandwich-Struktur wiederum brachte neue Anforderungen an die Befestigungstechnik. Die Vorüberlegungen, welche Schrauben für die Module in Frage kämen, erklärt Ulrich Hettich, Leiter der Entwicklungsabteilung von Heco: „Wir mussten auf eine Schraube zurückgreifen, die hohe Lasten aufnehmen kann und gleichzeitig die Platten zusammenzieht.“ Die vollständige Lösung dieser Anforderungen bot schließlich die bauaufsichtlich zugelassene Holzschraube TOPIX-CombiConnect von Heco. Sie besteht aus zwei Gewinden unterschiedlicher Steigung, die nicht nur das Zusammenziehen der zu verbindenden Bauteile bewirken, sondern auch die Übertragung hoher Zug- und Druckkräfte über das Gewinde gewährleisten.


Systemdecke verhält sich wie ein geschlossenes System

Während die Verschraubung bei dem neuen Deckenelement für den notwendigen Zug zwischen den einzelnen Bestandteilen sorgt, gleicht die gepresste Holzfaserplatte in den Zwischenräumen das Quell- und Schwindverhalten des Naturwerkstoffs Holz aus. Die neu entwickelte Systemdecke verhält sich daher wie ein geschlossenes System. Es ist an den Auflagern keine Dehnungsfuge mehr notwendig, da die Dehnung im Element selbst beseitigt wird. Zudem sind Horizontallasten möglich, da die Schrauben den Zug in Quer- und Längsrichtung aufnehmen. Je nach Anforderung kann die Systemdecke durch geeignete zusätzliche Verschraubungen so erweitert werden, dass sie baustatisch als vollwertige Scheibe betrachtet werden kann.


Ein Sandwich für mehr Wertschöpfung im Zimmereibetrieb

Neben den technischen Vorteilen bringt die neue Brettstapeldecke auch für den Handwerksbetrieb wirtschaftliche Vorteile mit sich. Im Holzbaugewerbe hat die Verwendung von Fertigteilen und damit die Montage vor Ort drastisch zugenommen. Da die Fertigteile meist industrieller Herkunft sind und der Zimmerer nur noch zur Montage gerufen wird, gelingt es den Betrieben immer weniger eigene, handwerkliche Wertschöpfung zu generieren. Eine Systemdecke, die sich im Betrieb vormontieren und zwischenlagern lässt, bietet dagegen die Chance diese Werte wieder in den Betrieb zurückzuführen. Daher hat Kazenwadel die Werkstücke so konzipiert, dass sie selbst in einem Kleinbetrieb umgesetzt werden können. Sein Ziel ist, durch die Vergabe von Lizenzen, das Konzept seiner Brettstapeldecke in anderen Zimmereibetrieben zu verankern und dadurch langfristig das Handwerk und dessen Ansehen aufzuwerten.  

Die Module der Decke lassen sich auf kleinen Montagetischen mit pneumatischen Spannelementen vormontieren und in der Lagerhalle aufstapeln. Bei dieser Größenordnung kann der Betrieb entweder bevorraten oder je nach Auftrag mit genügend Vorlauf vorproduzieren. Auf die Frage, wie sich die Arbeit mit der neuen Systemdecke entwickelt, meint Kazenwadel: „Bisher haben wir erfreuliche Erfolge erzielt. Wir sind noch dabei die Wirtschaftlichkeit der Brettstapeldecke zu optimieren. Aber sobald wir hier beständig gute Zahlen generieren, steht der Lizenzvergabe nichts mehr im Wege.“ Die Überlegungen hierzu laufen auf Hochtouren, meint der Zimmerermeister und fügt hinzu: „ Wenn ich dann noch erreichen kann, dass bei der Produktion unserer Decke nur regionale Produkte verwendet und das Nahnetzwerk beschäftigt wird, dann habe ich meinen Auftrag auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit erfüllt“.  

 

Autor


Andreas Hettich ist Leiter Produktmanagement bei der Heco Schrauben GmbH und zusätzlich für die Anwendungstechnik zuständig.


„Über die neue Decke wird mir ein angenehmes Raumgefühl vermittelt“

Bei der Deckensystem ist keine Dehnungsfuge mehr notwendig, weil die Dehnung im Element selbst beseitigt wird

wDurch die Vergabe von Lizenzen soll die Fertigung des Systems auch durch andere Zimmereibetriebe möglich werden

Bautafel


Ausführender Betrieb Zimmerei Lamprecht GmbH, Schramberg/Heiligenbronn

Planer/Urheber Dieter Kazenwadel, Zimmerei Lamprecht GmbH

Deckenfläche Rund 173 m2

Produkte Konstruktionsvollholz: 28,00 m3

Gutex Holzfaserdämmplatte: 6,50 m3

Heco-TOPIX-CC-Schrauben: rund 3000 Stück

Bauzeit Fertigung der Module im Betrieb: 1,5 Tage,

Einbau vor Ort: 1 Tag

„Wir wollen mehr Wertschöpfung in den Betrieb zurückholen“



Die neue Brettstapeldecke hat Vorteile beim Schallschutz und macht den Einbau konstruktiv einfacher. Durch die Vorfertigung ist es möglich, kurze Einbauzeiten zu garantieren. Wir haben beim ausführenden Zimmereibetrieb nachgefragt.

 

dach+holzbau: Herr Kazenwadel, woher stammt überhaupt die Idee zur Systemdecke?  

Dieter Kazenwadel: Beim Einbau konventioneller Bettstapeldecken hat uns schon immer das Quell- und Schwindverhalten dieser Decken Kopfzerbrechen bereitet. Dies zu optimieren und unseren Kunden eine zuverlässigere Deckenlösung anzubieten hat uns sehr gereizt. Darüber hinaus war uns wichtig, mit Hilfe der Vormontage der Deckenmodule langfristig wieder mehr Wertschöpfung in den Betrieb zurück zu führen.

 

Wie erfolgt die Vorfertigung im Betrieb?

Die Fertigung erfolgt in fünf Arbeitsschritten: Zunächst werden die Konstruktionsvollhölzer vorbereitet, das heißt auf Maß gebracht, danach werden sie mit den Holzfaserdämmplatten von Gutex im Wechsel auf den Montagetisch gestapelt. Der erste Stapel – bestehend aus drei Hölzern und den Faserplatten im Wechsel – wird danach pneumatisch vorgespannt, dann erfolgt die Verschraubung mit der Heco-Topix-cc-Schraube, die mit ihrem Zusammenzieheffekt den nötigen Halt bringt.


Welche Anwendungen haben Sie mit der neuen Systemdecke vor Augen?

Wir setzen die neue Deckenlösung für massive Deckenelemente, entweder sichtbar oder nicht sichtbar ein. Ebenso als Elemente, die über eine Schallschutzwirkung verfügen müssen. Die Entkoppelung durch die eingebrachten Holzfaserplatten kommt uns hierbei sehr gelegen. Darüber hinaus ist die Anwendung als massives Wandelement möglich. 


Apropos Schallschutz – gibt es schon genaue Erhebungen zur Verbesserung der Schallschutz-Werte?

Die Messungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass uns aktuell noch keine endgültigen Messwerte vorliegen. Anhand der ersten Testergebnisse lassen sich aber deutliche Vorteile in der Schalldämmung erkennen.

 

Liegt die Brettstapeldecke direkt auf den Pfetten oder sind diese noch einmal schallentkoppelt?

Der Lasteintrag erfolgt über die Pfetten und Wandauflager ohne Entkoppelung. Den Schallschutz erreicht die Platte durch die Sandwichbauweise.

 

Sie überlegen Lizenzen zur Vorfertigung zu vergeben: Wie weit sind Sie hier und wer vergibt sie?

Bisher wurde noch keine Lizenz vergeben. Die Vergabe soll aber durch die Zimmerei Lamprecht oder in Verbindung mit der Firma Heco erfolgen.

 

Herr Kazenwadel, wir bedanken uns für das Gespräch.




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