Gute Lüftung, gutes Klima

Die Sicherstellung eines Mindestluftwechsels in Wohnungen ist wichtig, um Schäden an der Bausubstanz zu vermeiden und die Gesundheit der Bewohner nicht zu gefährden. Eine Herausforderung, der sich auch das Handwerk stellen muss, denn der Planer kann später haftbar gemacht werden.  

dach + holzbau: Weshalb verlangt die aktuelle Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) neben der luftdichten Ausführung der Gebäudehülle auch die Sicherstellung eines Mindestluftwechsels?

Till Reine: Seit einigen Jahren gilt bei Bauvorhaben die Maxime, Gebäude annähernd luftdicht zu realisieren. Das ist hinsichtlich der geringeren Energieverluste auch sinnvoll. Dabei wird aber leider häufig kaum berücksichtigt, dass der Luftaustausch dadurch ebenfalls gestoppt wird, was zu Lasten einer gesunden Raumlufthygiene geht. Ein Mindestluftwechsel ist jedoch notwendig, um etwa Schimmelwachstum zu vermeiden. Es sollte mehrmals täglich stoßgelüftet werden – in Räumen, die genutzt werden, kann das auch vier bis fünfmal pro Tag bedeuten. Denn Feuchtigkeit, die beispielsweise durch Kochen, Duschen oder Waschen entsteht, muss aus den Wohnräumen hinaustransportiert werden. Anderenfalls setzt sie sich an kalten Stellen an den Wänden nieder und dann droht Schimmelbildung. Dies kann sowohl die Bausubstanz als auch die Gesundheit der Bewohner gefährden.

 

Reicht denn nicht das normale Fensteröffnen?

Eigentlich kann doch jeder selbst lüften!

Theoretisch schon, doch praktisch ist das heutzutage für viele nicht mehr so einfach umzusetzen – insbesondere, wenn man regelmäßig lüften will – und das ist in modernen oder modernisierten Gebäuden eher mehr als dreimal am Tag notwendig. Früher, als aufgrund von Gebäudeundichtheiten nur ein bis zweimal Lüften pro Tag völlig ausreichte, war in der Regel immer jemand zu Hause. So  übernahm oft die Hausfrau diese Aufgabe. Heute sind meist mehrere Personen im Haushalt berufstätig und auch privat sind die Menschen häufiger unterwegs.

 

Vermieter können Mieter dazu anhalten regelmäßig zu lüften. Bin ich als Vermieter dann aus dem Schneider?

Der Hinweis an Mieter, regelmäßig zu lüften, reicht oft nicht mehr aus. Es ist rechtlich mehr als kritisch, von einem berufstätigen Mieter zu erwarten, mehr als zweimal täglich zu lüften. Dies zeigen auch Gerichtsurteile. In diesen Fällen ist auch die DIN wichtig. Die DIN 1946-6 konkretisiert die Anforderung an den Mindestluftwechsel so, dass bei vielen Gebäuden ein nutzerunabhängiges Lüften sichergestellt werden muss. Die Verantwortung, für ausreichenden Mindestluftwechsel zu sorgen, liegt bei Architekten, Fachplanern und Handwerkern.

 

Welche Lösungen gibt es und unterscheiden sie sich bei Alt- und Neubau?

Beim Neubau ist eine mechanische Ventilationsanlage sicher eine geeignete Lösung. Doch gerade bei der energetischen Sanierung im Bestand ist die Installation einer solchen Anlage sehr aufwendig und die Kosten wie auch der Aufwand können unverhältnismäßig hoch werden. Bedenken Sie alleine den nachträglichen Einbau von Lüftungsschächten in vorhandene Räume. Wir empfehlen deshalb als Alternative den Einsatz von automatischen Dachfenstern. Per Funksteuerung legen Mieter einfach regelmäßige Lüftungszeiten fest und können damit den Mindestluftwechsel bequem sicherstellen. Die Fenster sorgen so für ein gesundes Raumklima, ohne dass die Bewohner täglich mehrmals daran denken müssen zu lüften.

Indem der Planer, also der Architekt, ausführende Unternehmer oder Handwerker automatische Fenster für nutzerunabhängiges Lüften anbietet und das Thema aktiv mit dem Bauherren bespricht, kann er das Risiko von Schimmelbildung minimieren und somit seiner Pflicht nachkommen. Bei später auftretender Schimmelbildung kann er dann kaum in die Haftung genommen werden.

 

Ist eine automatisierte Lüftung nicht kritisch, zum Beispiel wenn es regnet?

Die automatischen Dachfenster von Velux verfügen über einen Regensensor. Dieser schließt die Fenster, sobald er die ersten Tropfen registriert. Wenn sie noch geschlossen sind, verhindert er, dass sie sich bei Regen öffnen. Um Wasserschäden muss sich also niemand mehr Sorgen machen.

 

Wie funktioniert die automatische Fensterlüftung – reicht dabei die Öffnung nur eines Fensters?

Für einen effektiven Luftwechsel empfehle ich die Öffnung mehrerer Fenster. Innerhalb von wenigen Minuten kann so über weit geöffnete Fenster das gesamte Luftvolumen ausgetauscht werden. Der Luftwechsel erfolgt dabei durch die Kräfte der Natur: Der Winddruck auf das Gebäude und der Temperaturunterschied zwischen innen und außen sorgen für Frischluft. Synchron geöffnete Fassaden- und Dachfenster verstärken diesen Effekt deutlich. Dann tritt der sogenannte natürliche Kamineffekt auf: Durch die unterschiedliche Höhe der Fenster steigt warme, verbrauchte Luft nach oben. Diese zieht durch das Dachfenster ab, während unten automatisch kühlere, frische Luft nachströmt.

 

Lüften bedeutet doch immer auch einen Energieverlust – muss ich bei der Fensterlüftung nicht mit deutlich höheren Heizkosten rechnen?

Nein, Sorgen über zu hohe Energie- beziehungsweise Wärmeverluste sind unbegründet, wenn richtig gelüftet wird. Der Großteil der Wärme wird in der thermischen Masse des Gebäudes, oder auch in den Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen gespeichert. Während kurzer Lüftungsintervalle entweicht nur wenig Heizenergie und die Frischluft erwärmt sich dann schnell wieder. Mehrere kurze Intervalle über den Tag verteilt, die einen vollständigen Luftaustausch sicherstellen, sind aus energetischer Sicht unproblematisch.

 

Ein elektrisch betriebenes Dachfenster hört sich nach viel Montageaufwand an. Muss da nicht auch der Elektriker kommen?

Keinesfalls! Mit dem Solarfenster haben wir eine Lösung, bei der weder für die Stromversorgung noch für die Bedienung eine Verkabelung erforderlich ist. Mit dem Solar-Nachrüst-Set können Dachhandwerker sogar vorhandene, manuell bedienbare Velux-Dachfenster in kürzester Zeit automatisieren. Die Steuerung erfolgt bei den Fenstern per Funk.

Herr Reine, wir bedanken uns für dieses Gespräch.

Richtiges Lüften vermeidet Schimmelbildung


Wenn die Entstehung von Schimmel vermieden werden soll, nimmt neben richtiger Planung, Dämmung und Heizen das Lüftungsverhalten eine wichtige Rolle ein. Der regelmäßige Austausch der verbrauchten, feuchten Raumluft gegen frische Außenluft ist notwendig. Diesen Umstand berücksichtigt inzwischen auch die Energieeinsparverordnung (EnEV 2009). Neben der luftdichten Ausführung der Gebäudehülle verlangt sie auch die Sicherstellung eines Mindestluftwechsels. In Paragraph 6, Absatz 2 der EnEV heißt es: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist.“ Schimmelbildung wird so vorgebeugt. Der Einbau manueller Fenster verbunden mit dem Hinweis an den Mieter, regelmäßig zu lüften, reicht also in der Regel nicht mehr aus. Zumal die DIN 1946-6 die Anforderung an den Mindestluftwechsel so konkretisiert, dass ein nutzerunabhängiges Lüften für viele Gebäude sichergestellt werden muss. Die Verantwortung dafür liegt beim Planer, also dem Architekten, ausführenden Unternehmer oder Handwerker. Indem der Handwerker solche automatischen Fenster dem Bauherrn wenigstens anbietet und im besten Fall auch einbaut, kann er das Risiko der Schimmelbildung minimieren und schützt sich zudem vor der Haftung für Schimmelschäden.

Zweckmäßiges Lüften

Monat                               Stoßlüftung ca. in Minuten             Häufigkeit mindestens         
Dezember bis Februar      4 - 6                                               3 - 4 x täglich

März und November          8 - 10                                            3 - 4 x täglich

April und Oktober             12 -15                                            3 - 4 x täglich

Mai und September           16 - 20                                          3 - 4 x täglich

Juni bis August                 25 - 30                                          3 - 4 x täglich

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