Der Begeisterer

In weniger als einem Vierteljahrhundert hat der gelernte Schreinermeister Günter Schmitz aus kleinsten Anfängen einen 100 „Mitunternehmer“ starken Handwerksbetrieb geformt, der sogar eine eigene Weiterbildungsakademie betreibt. Sein Erfolgsrezept: Kunden und Mitarbeiter verwöhnen!

Der Begriff „Karma“ ist eine vor allem im Hinduismus und Buddhismus verbreitete Idee, die – stark vereinfacht – besagt, dass alles was wir sagen oder tun, das Positive ebenso wie das Negative, Folgen hat, die in diesem oder auch erst in einem späteren Leben erkennbar werden. Günter Schmitz ist der lebende Beweis dafür, dass dieses Konzept tatsächlich wirkt, denn er vertritt im privaten wie im geschäftlichen Leben Ansichten und Werte, wegen denen er von anderen Handwerkern oder Geschäftspartnern schon öfter als naiv oder als weltverbessernder Spinner eingeschätzt wurde – jedenfalls bevor sie die beeindruckende Erfolgsgeschichte seines Unternehmens erfahren haben, oder bevor er sie im persönlichen Kontakt mit seinen Thesen angesteckt hat.

Geiz ist gar nicht geil

Das Geheimnis hinter dem Geheimnis des Erfolgs von Coplaning, so der Name der in Luxemburg-Junglinster ansässigen Firma, liegt in der Persönlichkeit von Günter Schmitz begründet: Erstens, das eigene Denken und Handeln immer wieder hinterfragen, sich immer wieder den Spiegel vorhalten (lassen) und sich aktiv um Rückmeldungen bemühen und deren Resultate in Veränderungen umsetzten. Und zweitens die Fähigkeit, anderen Menschen – Mitarbeitern, Geschäftspartnern, Nachbarn – ihren Erfolg und ihre Zufriedenheit nicht nur gönnen zu können, sondern sie aktiv darin zu unterstützen. „Die meisten Menschen sind viel zu geizig, um erfolgreich zu sein“, meint der gelernte Schreinermeister, der 1992 im benachbarten Luxemburg eine kleine aber feine Firma gründete, die sich auf den Verkauf von Haustüren und Fenstern spezialisiert hatte. Aus diesem Grund holt er nicht mehrere Angebote ein, um den Preis drücken zu können oder versucht nicht seinen Mitarbeitern einen möglichst geringen Lohn auszuzahlen. Auf der anderen Seite brauchen auch seine Kunden gar nicht erst den Versuch zu unternehmen zu feilschen. „Rabat(t) ist eine Stadt in Marokko und sonst gar nichts“, lautet eine seiner griffigen Formeln, die sofort im Gedächtnis bleiben.

Auf der „Walz“

Mit 30 Jahren fasste der nahe Bitburg in der Eifel aufgewachsene Schreiner, der das Geld für seine Weiterbildung zum Schreinermeister als Musiker auf den Bühnen der Region verdiente, den Entschluss, sich selbständig zu machen. Zuvor hatte er bei einer selbstgewählten, „modernen Form der Walz“ Erfahrungen in unterschiedlichen Betrieben gesammelt. „Ich habe nur gefragt, ob ich in einer Firma mitarbeiten kann und nicht nach dem Gehalt. So habe ich viel Wissen für wenig Lohn erworben“, erinnert sich Schmitz an diese lehrreiche Zeit, in der er zuletzt in leitender Stellung in einem Werkstattbetrieb mit 80 Mitarbeitern in Luxemburg arbeitete.

In einem angemieteten Wohnhaus mit Garage starte er vor 24 Jahren sein Unternehmen mit dem ausdrücklichen Ziel, klein bleiben zu wollen. Da er aber gleichzeitig von Anfang an auf höchste Qualität setzt, stellt sich schnell Erfolg ein, und er wird quasi dazu gezwungen, zu wachsen und weitere Mitarbeiter einzustellen, von denen einige noch heute im Unternehmen sind. Dabei wird auch schnell klar, dass das Unternehmen die Zufriedenheit der Kunden nur sicherstellen kann, wenn es auf möglichst alle Schritte von der Verkaufsberatung bis zur Montage Einfluss hat – durch eigene Mitarbeiter. So werden zunächst zwei eigene Montageteams eingestellt, die wie alle Mitarbeiter des Unternehmens auf das abc-Prinzip (anders, besser, cleverer) eingeschworen werden.

Monteur im Mittelpunkt

Mittlerweile nehmen die Monteure innerhalb der Coplaning-Prozesse eine zentrale Rolle ein. „Ohne Monteure, gibt es für uns kein Geschäft“, bringt Günter Schmitz es auf den Punkt. Dass die Monteure absolut erstklassiges Handwerk abliefern, gilt dabei als Grundvoraussetzung, um überhaupt für Coplaning arbeiten zu dürfen. Darüber hinaus müssen aber auch die sozialen Kompetenzen passen. „Auch eine perfekte Ausführung der Arbeit wird den Kunden nicht begeistern, wenn der Monteur unpünktlich, ungepflegt oder unfreundlich war“, weiß Schmitz.

So erscheinen Coplaning-Monteure stets in frisch gewaschener, gut riechender Arbeitskleidung beim Kunden. Bevor sie dort den Klingelknopf drücken, legen sie vor der Haustür eine hochwertige Coplaning-Fußmatte aus, die sie nach Beendigung der Arbeiten dort liegen lassen. „Das signalisiert dem Kunden: Wir achten auf Sauberkeit und gehen achtsam mit deinem Eigentum um“. Auch im Badezimmer hängen die Monteure ihre eigenen Handtücher auf und benutzen nicht die des Kunden. Die Montage selbst erfolgt so staub- und schmutzarm wie möglich und immer raumweise, so dass abends – außer an den bereits verbauten Produkten – nicht zu erkennen ist, dass dort überhaupt eine Baustelle ist. Alle Fenster werden nach dem Einbau perfekt geputzt, übrigens mit einem Reinigungsmittel, dessen Duft mit dem des Coplaning-Showrooms korrespondiert.

„Mitunternehmer“ begeistern die Kunden

Um zu erreichen, dass die Monteure so auftreten, dass die Kunden begeistert sind, setzt Günter Schmitz nicht nur auf perfekt durchorganisierte Prozesse und intelligentes Qualitätsmanagement, sondern vor allem auf Motivation. „Man kann nur dann andere begeistern, wenn man selber begeistert ist“. Sein Anspruch: Alle Mitarbeiter sollen sich wie „Mitunternehmer“ fühlen – und auch so handeln. Eine außergewöhnlich gute Bezahlung ist dabei nicht das Mittel, sondern eine notwendige Voraussetzung und Selbstverständlichkeit. „Wer Geldsorgen hat, ist blockiert und kann sich nicht auf die Arbeit konzentrieren, aber als alleiniges Motivationsmittel taugt Geld auch nichts; die Menschen wollen stolz sein, auf das was sie tun und abends zufrieden nach Hause gehen.“

Ein Mittel, dies zu erreichen, ist bei Coplaning, jedem „Mitunternehmer“ möglichst viel Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume zu geben, die allerdings von sehr klaren Strukturen und Prozessen flankiert werden. Ein anderes Mittel ist es, Mitarbeiter zu verwöhnen. So gibt es in dem neuen, 2001 bezogenen Firmengebäude ein eigenes Restaurant mit professioneller Küche, in dem Küchenchef Achim Bauler schon frühmorgens ein kostenloses Frühstück anbietet. Außerdem können die Mitarbeiter mittags aus zwei unterschiedlichen Gerichten auswählen. Wenn die Mon­teure im Winter von der Baustelle kommen, erwartet sie heißer Tee und eine warme Suppe.

Darüber hinaus gelte es, jeden Mitarbeiter individuell wahrzunehmen und auf deren unterschiedliche Bedürfnisse einzugehen. „Der Arbeitsplatz soll so komfortabel passen wie ein Maßschuh. Für den einen kann das bedeuten, mehr Leistungsbonus zu bekommen, für den anderen, einen Teil der Arbeit von zu Hause aus zu erledigen, um als Alleinerziehender am Nachmittag fürs Kind da sein zu können“.

Verwöhnmaßnahmen rechnen sich

Für Günter Schmitz sind solche Grundsätze kein idealistischer Selbstzweck, sondern die Grundlage für ein äußerst profitables Geschäftsmodell. „Nur begeisterte Mitarbeiter begeistern auch die Kunden!“, so Schmitz. Und um die Kunden zu begeistern, gibt es bei Coplaning eine ganze Reihe von „Verwöhnmaßnahmen“, die auf den ersten Blick wie betriebswirtschaftlicher Selbstmord anmuten, die sich aber nachweislich rechnen.

So bietet Coplaning allen Kunden einen lebenslangen, kostenlosen Kundendienst an und zwar 365 Tage im Jahr rund um die Uhr. Auch nachts werden Anfragen nicht von einem Anrufbeantworter, sondern von einem Mitarbeiter angenommen und bei Bedarf sofort bearbeitet, zum Beispiel wenn nach einem Einbruch oder einem Unwetter ein Fenster kaputt ist. Nach dem Einsatz erhalten die Kunden zwar eine Rechnung, die den Wert der Kundendienstleistung in Euro ausweist, die Forderung wird jedoch durch einen „Begeisterungsbonus“ auf Null gesetzt verbunden mit der Bitte, Coplaning weiterzuempfehlen. Dieses Weiterempfehlungsmarketing funktioniert offensichtlich so gut, dass man sich über fehlende Aufträge nicht beklagen kann. Und auch nicht über mangelnde Liquidität. „80 Prozent aller Kunden zahlen 80 Prozent der Auftragssumme im Voraus – und das bei einer Lieferzeit von durchschnittlich 15 Wochen“, berichtet der Unternehmer. Dadurch sei Coplaning weitgehend unabhängig von Banken. Möglich wird dieser in Euro messbare Vertrauensvorschuss der Kunden durch das Geben und vor allem durch das Einhalten von Versprechen.

Diese wiederum können eingehalten werden, weil ausschließlich die besten Produkte angeboten und von Mitarbeitern verkauft werden, die in der Regel einen technischen Hintergrund haben wie Schreinermeister, Holztechniker oder Diplom-Ingenieure und daher den Arbeitsaufwand einschätzen können. Unterstützt werden sie dabei von einer ausgefeilten Logistik, die sich auf eine von der eigenen EDV-Abteilung programmierten Software stützt. Dadurch ist es möglich, den Kunden schon bei der Angebotspräsentation, die grundsätz­lich im „Showroom“ stattfindet, einen verbindlichen Anfangs- und Fertigstellungstermin zu nennen. Viele Auftraggeber entscheiden sich dann dazu, einen Großteil der Auftragssumme anzuzahlen, um so vom Skonto, dem einzigen Rabatt, den Coplaning gewährt, zu profitieren.

Für eine „begeisternde“ Beratung der Kunden bietet das 2001 eröffnete neue Firmengebäude mit dem großen Showroom beste Voraussetzungen. Herzstück ist die so genannte „Designwerkstatt“, in der den Kunden wie bei einem Juwelier alle Oberflächen und Materia­li­en sehr geschmackvoll präsentiert und deren optische und haptische Eigenschaften erlebbar gemacht werden. Außerdem bietet das mit einer großen Photovoltaikanlage ausgestattete Gebäude Platz für Lager, Werkstatt, Restaurant, Sozialräume, Büros und eine Bühne mit professioneller Technik für Veranstaltungen. Unterstützt wird der Verkauf durch sehr hochwertig gestaltete Verkaufsunterlagen, die, genauso wie alle Werbemittel und auch die Seminarunterlagen der Weiterbildungsakademie „Denkhouse“, von einer fest angestellten Mediengestalterin entwickelt werden. Darüber hinaus finden hier auch die Seminare des Schwesterunternehmens „Denkhouse“ statt. „Die ursprüngliche Idee war, eine Möglichkeit für die Schulung der eigenen Mitarbeiter zu schaffen“, berichtet Günter Schmitz. Nachdem er aber immer wieder interessierten Geschäftspartnern und Unternehmern seine Ideen und Konzepte erläutert hatte („Schmitz, wie machst Du das?“), reifte der Entschluss, daraus eine Weiterbildungsakademie zu machen. Mittlerweile haben über 3000 Teilnehmer die Kurse für Unternehmer, Verkäufer und Monteure der Akademie besucht. Denkhouse ist über die Jahre nicht nur zu einem profitablen Unternehmensteil herangereift, die Akademie bietet Günter Schmitz auch eine Bühne, auf der er sein Talent und seine Leidenschaft, Menschen zu begeistern, ausleben kann.

Vielfach ausgezeichnet

Dass Coplaning ein gutes Unternehmen ist, lässt sich Günter Schmitz gerne von externe Seite durch die Teilnahme an Wettbewerben bestätigen. So erreichte er 2006 das Finale des Wettbewerbs „Unternehmer des Jahres“ und wurde 2009 mit dem Luxemburger Qualitätspreis ausgezeichnet. Darüber hinaus wurde das Unternehmen drei Jahre in Folge im Bonitätsindex der Wirtschaftsauskunft Creditreform in die bestmögliche Kategorie „hervorragend“ eingestuft. „Bei einem Jahresumsatz von rund 20 Mio. Euro haben wir nur wenige tausend Euro Außenstände“, berichtet Schmitz. 2013 und 2016 nahm Coplaning am Wettbewerb „Great place to work“ teil und errang beide Male den Sieg als bester Arbeitgeber Luxemburgs. Die jüngste Ehre erhielt Coplaning im Juni 2016, als das Unternehmen in Dublin zum zweitbesten Arbeitgeber in ganz Europa in der Klasse der Unternehmen mit 50-500 Mitarbeitern ausgezeichnet wurde („Great Place to Work Europe“). Zudem erhielt das Unternehmen einen Sonderaward für seine Herzlichkeitsbeauftragte in Person von Roswitha Schmitz.

Coplaning ist nicht nur ein familäres Unternehmen, sondern auch ein Familienunternehmen, in dem Sohn Marco Schmitz und Ehefrau Roswitha mitarbeiten. Roswitha Schmitz wacht als HERZlichkeits-Beauftragte unter anderem darüber, dass die von den Mitarbeitern selbst formulierten Grundsätze Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Respekt und Zuverlässigkeit nach innen wie nach außen eingehalten werden. Außerdem leitet sie die Initiative „Helfen mit Herz“, die in Luxemburg bedürftigen Menschen finanziell, aber vor allem auch mit tatkräftiger Unterstützung unter die Arme greift. Für die Zukunft sieht Günther Schmitz sein Unternehmen gut aufgestellt, nicht zuletzt deshalb, weil er gut delegieren kann und bewusst dafür sorgt, ersetzbar zu sein. Eine Verteilung der Verantwortung auf mehrere Geschäftsführer sorgt dafür, dass bei Coplaning alles läuft wie am Schnürchen, auch wenn der Chef mal nicht da ist. Oder wenn er eines Tages beschließt, sich zur Ruhe zu setzen.

Autor
Thomas Schwarzmann ist Redakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

                ,,Ich lese bauhandwerk,

weil die Redakteure ihre Leser genauso begeistern wollen,               wie ich meine Kunden und Mitarbeiter.

„Rabat(t) ist eine Stadt in Marokko und sonst gar nichts“

Alle Mitarbeiter sollen sich wie „Mitunternehmer“ fühlen – und auch so handeln

Lebenslanger Kundenservice 365 Tage im Jahr rund um die Uhr

COPLANING S.à r.l.

1, rue Nicolas Glesener

Z.A.C. Laangwiss

L-6131 Junglinster

Luxembourg

Tel. +352/7272121

Fax +352/727214

begeisterung@coplaning.lu

http://coplaning.lu

www.denkhouse.com

Betriebsgründung 1992 durch Schreinermeister Günter Schmitz. Ehefrau Roswitha und Sohn Marco Schmitz arbeiten im Unternehmen mit.

Betriebsgröße 95 „Mitunternehmer“ darunter 55 Monteure und Handwerker, 20 Verkäufer, 2 Informatiker, 1 Koch, 2 Mediengestalter, Buchalter, Empfangs- und Ser­­­vicedamen.

Arbeitsschwerpunkte Verkauf und Montage hochwertiger Türen, Tore, Fenster und Veranden. Zukünftig werden komplette Renovierungen und Umbauten aus einer Hand angeboten.

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