Qualitätssicherung mit Gütezeichen

Der Markt im Holzbau- und Dachgewerbe entwickelte sich in den letzten Jahren sehr positiv, ist aber auch umkämpft. Um für Planer und Verbraucher zuverlässige Kriterien bereitzustellen, wurden für das Dach- und Holzgewerbe Gütezeichen eingeführt.

Der Markt bietet heute eine Unzahl hochentwickelter Bauprodukte und Halbfertigteile für äußerst differenzierte Anwendungsbereiche. Mit dieser Vielfalt steigen die Ansprüche an den gesamten Bauablauf von der Ausschreibung über die Herstellung bis zum Betrieb und zur Entsorgung eines Gebäudes. Hinzu kommt, dass sich technische Regeln wie Normen, Richtlinien, Fachregeln, bauaufsichtliche Zulassungen und Verarbeitungshinweise der Produkthersteller immer schneller ändern. Daneben sehen sich Zimmereibetriebe einem harten Preiskampf ausgesetzt, der zu Lasten der Ausführungsqualität geht.  

Dagegen ist vor allem positiv zu vermerken, dass der Holzbau in den vergangenen 20 Jahren eine ungeheure Entwicklung vollzogen und sich in der Bauwelt als ernstzunehmende Größe in Deutschland etabliert hat. Der Anteil von reinen Holzgebäuden oder auch Mischkonstruktionen hat am Gesamtbauvolumen deutlich zugenommen.

Bauherren wie ausschreibende Planer sehen sich nun allerdings einer Vielzahl von Anbietern gegenüber, die es ihnen nicht leicht macht, einen zuverlässigen und qualifizierten Partner zu finden. In dieser Situation hilft bereits seit zehn Jahren die Holzbaubranche mit der Vergabe verschiedener RAL-Gütezeichen, um alle wesentlichen Leistungsbereiche des Zimmerer- und Holzbaugewerbes abzusichern und die Betriebe besser am Markt zu positionieren.

 

Qualitätszeichen für den Holzbau

Die in Berlin ansässige Gütegemeinschaft Holzbau-Ausbau-Dachbau (GHAD) vergibt mittlerweile vier Gütezeichen für Zimmereibetriebe. Sie ist eine vom Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung (RAL) anerkannte Organisation. Neben den nachfolgend beschriebenen RAL-Gütezeichen „GZ 422 Holzhausbau“ und „GZ 429 Dachbau“ lassen sich weitere Gütezeichen zum Ingenieurholzbau sowie zum Treppen- und Geländerbau erwerben. Bestimmungen für das aktuelle Thema „Bauen im Bestand“ sind derzeit in Arbeit.  

Ein RAL-Gütezeichen erhalten nur solche Produkte oder Leistungen, die anspruchsvolle Güte- und Prüfbestimmungen erfüllen. Besonderer Wert wird auf eine kontinuierliche und dokumentierte Eigenüberwachung im Betrieb sowie die regelmäßige neutrale Fremdüberwachung durch Sachverständige und Prüfinstitute gelegt. RAL-Güte- und Prüfbestimmungen liegen in ihren Anforderungen immer über den gesetzlichen Vorgaben oder gültigen Normen.   

Damit verfügt der Holzbau über eine einzigartige flächendeckende Qualitätssicherung, die im deutschen Baugewerbe ihresgleichen sucht. Jedem Zimmerei- und Holzbaubetrieb steht es frei, mit diesen Gütezeichen die Qualität der vom ihm hergestellten Gebäude oder Bauteile und deren Montage glaubhaft zu belegen. Er signalisiert dem Auftraggeber nicht nur die zuverlässige Erbringung der gestellten Anforderungen, sondern auch seine hohen Ansprüche an Produkt und Leistung. Der Betrieb schützt sich selbst durch das Gütezeichen vor minderer Bauqualität und kann seinem Kunden reklamationsarme Leistungen gewährleisten. Am Ende steht die Sicherheit für alle Beteiligten. Alles Faktoren, die helfen, sich am Markt zu profilieren.

 

Gütezeichen RAL-GZ 429 Dachbau

Für die klassische Zimmerei, die nicht dem Holzhausbau nachgeht, vergibt die GHAD das „RAL-Gütezeichen RAL-GZ 429 Dachbau“. Das Gütezeichen gilt für die Ausführung des Rohbaus von Dachkonstruktionen aus Holz und Holzwerkstoffen. Dazu gehört auch die Herstellung von witterungs- und strömungsdichten Hüllen, also die Dacheindeckung. Die Güte- und Prüfbestimmungen betreffen zusätzlich den Dachbau und Umbau von Dachgeschossen und schließen auch die Dachdeckung und Dachentwässerung ein. 

Jeder Zeicheninhaber hat zur Einhaltung der Güte- und Prüfbestimmungen die Eigenüberwachung durchzuführen und sorgfältig zu dokumentieren. Die Aufzeichnungen sind nach den gesetzlichen Bestimmungen mindestens für die Gewährleistungsdauer, im eigenen Interesse auch länger – mindestens sieben Jahre – aufzubewahren.

Die Fremdüberwachung erfolgt zweimal im Jahr und wird stichprobenartig durchgeführt. Sie kontrolliert in erster Linie die Ausführung von Bauleistungen auf der Baustelle und die Herstellung von Bauteilen im Werk. Dabei wird kontrolliert, ob die in der Bau- und Leistungsbeschreibung dargestellten Leistungsmerkmale eingehalten werden und die Bauausführung den statisch konstruktiven und bauphysikalischen Anforderungen gerecht wird. 

Gütezeichen RAL-GZ 422 Holzhausbau

Das Gütezeichen RAL-GZ 422 Holzhausbau betrifft dem gegenüber die komplette Herstellung und Montage von Holzhäusern. Eine besondere Rolle spielt hierbei, dass Wand-, Dach- und Deckenbauteile heutzutage multifunktionale Gebilde sind, die in der Regel als vollständig geschlossene Elemente auf die Baustelle geliefert werden. Die im Werk verbauten Materialien lassen sich hier nicht mehr überprüfen. Das Gütezeichen RAL-GZ 422 Holzhausbau setzt dafür die gesetzlich geforderte Bauteilüberwachung, also das Ü-Zeichen, voraus.  

Die Gütesicherung erfasst alle vorgefertigten sowie einseitig beplankte Elemente und andere Konstruktionen. Sie gilt nicht nur für den Holzrahmen- und Holztafelbau, sondern auch für den Holzskelett- und den Massivholzbau. Auch hier vermittelt das Gütezeichen über die Herstellung der Elemente hinaus eine Aussage zur Qualität des gesamten Bauprozesses, angefangen bei den verwendeten Produkten und der Fertigung der Bauteile bis zur Montage und Endkontrolle des vollständigen Gebäudes auf der Baustelle.  

Gütezeicheninhaber verfügen über qualifiziertes Führungs- und Fachpersonal, geeignete Produktionsstätten und Maschinen sowie optimierte betriebliche Abläufe. Darüber hinaus unterliegen die Bauprodukte konkreten Anforderungen. So wird beispielsweise nur trockenes Bauholz oder Konstruktionsvollholz verwendet. Der Wärmeschutz gemäß der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) wie auch Standsicherheit, Brandschutz, Schallschutz und Feuchteschutz sind nach den geltenden technischen Regeln garantiert.

Gerade die Luftdichtheit ist im Holzhausbau ein elementares Kriterium, von dem die dauerhafte Funktionstüchtigkeit der Konstruktion abhängt. Ein Nachweis der Luftdichtheit gemäß DIN 4108-Teil 7 ist somit Teil der Gütesicherung. Wie beim Gütezeichen „Dachbau“ werden sensible Bereiche wie Umweltschutz, Abfallentsorgung oder die Mitarbeiterweiterbildung ebenfalls berücksichtigt.

 

Gute Perspektiven durch das Gütesiegel

Die Unzahl von Produkten, Systemen und technischen Regeln muss also zumindest im Holzbau nicht verunsichern. Sie ist Grundlage wie Herausforderung für das Entstehen anspruchsvoller Holzbaukonstruktioen. Dabei stellt die Vergabe der RAL-Gütezeichen eine große Hilfe dar, da die gesamte Branche, ob handwerklich oder industriell strukturiert, seit zehn Jahren einen einheitlichen Qualitätsstandard garantiert. Die Beauftragung eines Betriebes mit diesen Gütezeichen garantiert eine weit über dem Üblichen liegende Bauleistung.  

Positiv ist zu vermerken, dass sich infolge guter Erfahrungen mit den Gütezeichen ein ernsthaftes Qualitätsbewusstsein durchsetzt. Dies ist etwa bei Banken spürbar, die zunehmend die RAL-Gütezeichen zur Voraussetzung für die Finanzierung und Beleihung eines Gebäudes machen. Auch die Versicherungen räumen bei Verhandlungen mitunter günstigere Konditionen ein. Und nicht zuletzt werden der private Bauherr wie auch die öffentliche Hand kritischer. Sie verlangen zu Recht bei der Auftragsvergabe einen Befähigungsnachweis, dem Zimmereibetriebe mit Gütezeichen gerne nachkommen.

Autor


Dipl.-Ing. (FH) Johannes Niedermeyer ist Bauingenieur, Zimmerer und Gebäudeenergieberater. Er ist Referent der Gütegemeinschaft Holzbau-Ausbau-Dachbau.

Das RAL-Gütezeichen wird im Holzbau schon seit zehn Jahren vergeben

Die Inhaber des RAL-Gütezeichens garantieren hohe Standards bei der Fertigung

x

Thematisch passende Artikel:

Nachruf auf einen Pionier des modernen Holzbaus

Adam Sommerrock, ehemaliger Präsident des Deutschen-Holzbau-Instituts, gestorben
Sommerrock_Adam.tif

Der 1935 in Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) geborene Adam Sommerrock absolvierte Anfang der 1950er Jahre eine Lehre als Zimmerer. 1956 schrieb er sich für ein Studium des Bauingenieurswesens an der...

mehr