Holzfasern lassen Wasserdampf durch

Nach über 55 Jahren Nutzung war es an der Zeit, die Johanneskirche in Pirmasens zu sanieren. So bekam sie einen barrierefreien Zugang, der Kirchturm sowie das große Dach wurden saniert und die moderne Holzkassettendecke des Kirchenschiffs von oben mit ökologischer Holzfaserdämmung gedämmt.

Die protestantische Johanneskirche am Exerzierplatz in Pirmasens wurde ursprünglich im Jahr 1758 fertiggestellt und ist nach dem französischstämmigen Reformator Johannes Calvin benannt. Mit dem 40 Meter hohen Kirchturm aus Rotsandstein und der geschmückten Westfassade ergänzte der Kirchbau die kleinteilige, historisch gewachsene Nachbarbebauung aus dem 18. Jahrhundert. Nach der Zerstörung im zweiten Weltkrieg war von dem barocken Stadtensemble wenig erhalten. Der einstige Saalbau der Johanneskirche wurde – 200 Jahre nach der ersten Fertigstellung – in den Grundmauern wieder aufgebaut. Der Kirchturm mit barocker Schweifhaube und die Eingänge mit geschwungenen Giebelportalen zeugen vom alten Glanz. Die Generalsanierung nach über 55 Jahren leitete Dipl.-Ing. Architekt Andreas Hupprich, der nach der Bestandsaufnahme insbesondere am Dach Handlungsbedarf attestierte. So drohten der über 450 Quadratmeter großen Holzkassettendecke durch ein unzureichendes Diffusionsverhalten der alten Mineralwolle-Dämmung ernste Feuchteschäden. Auch die Dacheindeckung mit Biberschwanzziegeln war in Teilen sanierungsbedürftig. Dazu wurden Gauben, Dachrinnen, Fallrohre, Schneefanggitter und der Blitzschutz entsprechend dem historischen Vorbild von der Dachdeckerei Karl Jost aus Riegelsberg erneuert.

Schutz vor Feuchteschäden

„Bereits vor zwei Jahren haben wir den Turm der Johanniskirche saniert und gut mit Bauherr, Architekt und Denkmalschutz zusammengearbeitet. Dass wir auch die Ausschreibung zur Sanierung des gesamten Kirchdaches gewinnen konnten, komplettiert die Sache für uns“, erläutert Dachdecker- und Zimmerermeister Dominik Blankenburg, Geschäftsführer der Dachdeckerei Karl Jost. Eine Herausforderung für die Dachdecker war zum Beispiel die Deutsch eingebundene Biberkehle – eine Kehle, die man nicht allzu oft sieht. Schwerpunkt hierbei war es, den in der Traufe stehenden Kamin in Walzblei-Falztechnik einzufassen. Zudem mussten die Handwerker die neuen Schneefanggitter sicher in die Biberschwanzdeckung integrieren, da die Schneelasten auf einem solch großen Dach nicht zu unterschätzen sind.

Neben der Sanierung der baufälligen Bereiche war eine energetische Optimierung der Kirche gewünscht. Da der Dachboden auch zukünftig nicht genutzt ­werden kann und die Dachkonstruktion an sich gut erhalten ist, waren aufwendigere Baumaßnahmen inklusive Öffnung der Dachhaut und Einbau einer Zwischensparren- oder Aufdachdämmung nicht notwendig. Stattdessen entschieden Architekt und Bauherr sich für die einfachste und wirksamste Methode, um kurzfristig und schnell den Dämmstandard des Gebäudes zu verbessern – die Geschossdeckendämmung. Denn auch für eine Kirche gilt: warme Luft steigt nach oben und je besser ein Gebäude gegen Wärmeverluste gedämmt ist, umso kostengünstiger ist seine Unterhaltung.

Zu beachten ist dabei aber, dass warme aufsteigende Luft Feuchtigkeit aus dem Innenraum mitbringt, die durch das Dach entweichen können muss. Demnach sollte die neue Dämmung auf der obersten Geschossdecke eine sorptive Entfeuchtung und ein sehr gutes Diffusionsverhalten haben. Eigenschaften, die die alte alukaschierte Dämmung aus Mineralwolle nicht hatte und daher die Holzkassettendecke zunehmend in Mitleidenschaft zog. Bauherr und Architekt entschieden sich für eine Holzfaserdämmung von Homatherm, die kapillar leitfähig ist und als Feuchtepuffer die aufgenommene Feuchtigkeit nicht als Tauwasser ausfallen lässt, sondern an die Raumluft abgibt. Zudem bietet die Dämmung dank ihrer hohen Wärmespeicherfähigkeit einen sehr guten Wärmeschutz im Winter und gleichzeitig einen hohen Hitzeschutz, von mehr als zehn Stunden, im Sommer. Die druckfesten und flexiblen Dämmstoffe werden im Trockenverfahren hergestellt und haben ein geringes Gewicht. Die Dachkonstruktion ist an der „äußeren Grenze der Tragfähigkeit“ errichtet, das zeigen zahlreiche Hin­­weisschilder an den Stützen.

Zum Teil begehbar

Da der Dachboden zwar nicht aktiv genutzt, zu Revisionszwecken in Teilen aber zugänglich sein muss, kamen sowohl flexible Dämmmatten als auch druckfeste Dämmplatten zum Einsatz. Auf der roh belassenen Kassettendecke aus den 1950er Jahren legten die Dachdecker zwei je 40 mm dicke Dämmschichten aus. Während sich die flexiblen, 1220 x 580 mm großen „HolzFlex standard“-Dämmmatten optimal an die örtlichen Gegebenheiten anpassen und die Tragkonstruktion vollständig und nahezu wärmebrückenfrei umschließen, führt mit den druckfesten, 1250 x 600 mm großen „HDP-Q11 standard“-Dämmplatten ein „Weg“ über die oberste Geschossdecke, um die jährliche Inspektion des Daches zu gewährleisten. An den Rändern wurde das ein Meter dicke Mauerwerk ­zusätzlich mit der „holzFlex“-Dämmmatte 50 cm weit überdämmt. Die vollflächige, trockene und fugenfreie Verlegung der stumpf aneinander stoßenden Dämmschichten erfolgte im Stoß versetzt. Für den Zuschnitt vor Ort ließen sich die Dämmstoffe schnell und einfach mit Dämmstoffmesser, Fuchsschwanzsäge oder Bandsäge bearbeiten. Auf die gängigen Raster abgestimmte Formate und deren beidseitige Verwendbarkeit machen eine nahezu verschnittfreie Verarbeitung möglich.

In der Regel schließt eine schwimmend verlegte Holzwerkstoffplatte den Fußbodenaufbau in zugänglichen Bereichen ab. In der Johanneskirche hat man darauf mit Blick auf die erforderliche Dampfdiffusion verzichtet. Für die Dämmung der 470 m2 großen obersten Geschossdecke waren zwei bis drei Werktage, mit je vier Handwerkern der Dachdeckerei Karl Jost nötig.

Fazit von Dominik Blankenburg, Geschäftsführer des Riegelsberger Handwerksbetrieb: „Die Verlegung ging zügig und professionell über die Bühne, beigetragen hat dazu auch die Berechnung durch den Hersteller und die technische Beratung durch den Anwendungstechniker von Homatherm.

Autor
Monique Hahnemann hat Handels- und Vertriebsmanagement studiert und ist Marketingmanagerin bei Homatherm in Berga.

Die Kassettendecke ist durch die Holzfaserdämmung besser gegen Feuchtigkeit geschützt

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