Neubau der Firmenzentrale der Fritz Egger Holzwerkstoffe in St. Johann in Tirol

Die Firmenzentrale der Fritz Egger Holzwerkstoffe GmbH ist seit 1961 in St. Johann in Tirol. Der Spatenstich für das neue Verwaltungsgebäude erfolgte 2014. Ziel war es, so viele firmeneigene Produkte wie möglich zu verwenden. Im Mittelpunkt stand dabei die „OSB 4 TOP“-Platte von Egger.

Das neue Gebäude ist ein viergeschossiger Holzbau und bietet insgesamt Platz für über 250 Arbeits- und 48 Schulungsplätze. Ein Mitarbeiterrestaurant mit 220 Sitzplätzen ist ebenfalls Teil des Gebäudes. Viel Wert wurde darauf gelegt, dass alle Holzwerkstoffe aus der eigenen Fertigung stammen.

Bewährte Modulbauweise

Begonnen hat alles 2008 mit einem Architektur-Wettbewerb für das Verwaltungsgebäude im Egger-Werk in Radauti (Rumänien). Bei der Ausschreibung ging es darum, ein modulares Gebäude zu entwickeln, welches eine zentrale Fertigung zulässt und den Anforderungen an verschiedenen Standorten gerecht wird. Der Architekt Bruno Moser aus Breitenbach hatte damals mit seiner Idee eines modularen Systems überzeugt. Die „OSB 4 Top“-Platte im Maximalformat 11,40 x 2,80 m steht dabei im Mittelpunkt. Das „Stammhaus“ in St. Johann ist bereits das vierte Gebäude, das in dieser Bauweise errichtet wurde.

Das Atrium verbindet

Zwei durch ein Atrium mit Glasdach und Stegen verbundene viergeschossige Gebäudeteile bilden das Stammhaus. Sie kommen jeweils auf eine Gesamtlänge von rund 58 m bei einer Breite von 15 m. Jeweils fünf Grundelemente (ein Grundelement misst 11,40 m x 2,80 m = Maximalformat „OSB 4 Top“) ergeben ein Modul und fünf Module ergeben wiederum ein Geschoss. Die wechselnde Anordnung der Module ergeben ein Schachbrettmuster, das für die Egger-Architektur charakteristisch ist.

Kontinuierliche Entwicklung

Die Modulbauweise wurde mit jedem neuen Bauprojekt verfeinert. Aufgrund der erhöhten Erdbebenbelastung wurden beim Verwaltungsgebäude in Radauti noch alle 11,40 m Stahlrahmen zur Aussteifung eingesetzt. Im Folgeprojekt „TechCenter“ in Unterradlberg (Österreich) ersetzten Massivholzscheiben diese Stahlrahmen. Die Deckenelemente wurden dann so ausgebildet, dass die Lasten in der Decke an vier Punkten abgetragen werden.

Die Gebäudekonstruktion ist beim Verwaltungsgebäude in Brilon im Sauerland gleich wie beim „TechCenter“. Die einzige Änderung betrifft die Heizung beziehungsweise Kühlung. Im Eingangsbereich gibt es Heiz- und Kühldecken und im restlichen Gebäude Bodenkonvektoren. Diese reagieren schneller auf Unterschiede in der Raumtemperatur.

Beim Verwaltungsbau in St. Johann in Tirol schließlich wurden alle technischen Errungenschaften aus Brilon umgesetzt. Es gibt jedoch drei klare Veränderungen: das Atrium, die umlaufenden Balkone und die Holzfassade. Beim Stammhaus entschloss man sich für eine Holzfassade mit Balkon statt einer Kupferfassade, wie bei den anderen Gebäuden. Die Lärchenlamellen dienen als Sichtschutz und durch die Anordnung in der Fassade entsteht ein Schachbrettmuster. Der umlaufende Balkon schützt zum einen vor einem Brandüberschlag und die Holzfassade vor Witterungseinflüssen und zum anderen erleichtert er auch die Reinigung der Verglasung.

Einmalig für Tirol – Viergeschossigkeit

Die Viergeschossigkeit eines Holzgebäudes stellte bei dem Bau eine besondere Herausforderung dar. Es musste vor allem auch ein entsprechendes Brandschutzkonzept umgesetzt werden.

Ab der Kellerdecke ist das Gebäude eine reine Holzkonstruktion, die Tiefgarage ist jedoch aus Stahlbeton in Massivbauweise. Die Innenwände wurden in Trockenbauweise realisiert. Holzbau Saurer aus Höfen fertigte die einzelnen Holzbau-Elemente vor und lieferte sie nach St. Johann in Tirol. Jedes Geschoss ist eine in sich geschlossene Einheit mit Lüftung, Heizkreislauf, Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik sowie Elektroverteilung. Alle Leitungen von der Lüftung, Heizung, Abluft und Kühlung werden in den Hohlkastenelementen geführt.

Dach, Wand und Decke

Aufgrund ihrer Verfahrenstechnologie und Produktausprägung erfüllen „OSB 4 Top“-Platten mit bauaufsichtlicher Zulassung wichtige Holzbau-Anforderungen. Die definierte hohe Rohdichte von über 600 kg/m3 führt zu einer sehr guten Luftdichtheit der Platte, wodurch robuste und zuverlässige Konstruktionen ohne den zusätzlichen Einsatz von Folien, ausgebildet werden können. Darüber hinaus verleiht die sichtbar geschliffene und oberflächenbehandelte Platte den Innenräumen ein harmonisches Erscheinungsbild. Gegen das Nachdunkeln sind die Platten weiß lasiert.

Die Außenwandelemente bestehen aus 28 cm starken ausgedämmten KVH-Stielen, innen mit einer „OSB 4 Top“ 22 mm und außen mit einer Weichfaser Unterdeckplatte mit 30 mm beplankt.

Die Decken sind Hohlkastenelemente aus Brettschichtholz (52 cm hoch x 20 cm breit), welche statisch sicher und hochbelastbar sind. Die Last wird dabei an den Eckpunkten des Elements abgetragen. Das Besondere an den Elementen ist die Spannweite von 11,40 m, da so die doppelte Spannweite wie beim Einsatz von Massivholzplatten möglich ist. Für die Deckenelemente wurde ebenfalls die statisch tragende „OSB 4 Top“-Platte verwendet. Der Kies auf der Platte sorgt für den Schallschutz und in der oberen Ebene wurden die Leitungen für die Haustechnik verlegt.

Das Atrium verbindet

Das Besondere am Stammhaus ist das Atrium, welches beide Baukörper miteinander verbindet. Die Dachkonstruktion ist aus Brettschichtholz und OSB Platten gefertigt. Diese wurde bewusst so umgesetzt, um, eine Art Piazza also einen öffentlichen Raum zu schaffen, an dem sich Mitarbeiter treffen und austauschen können. Im Atrium ist auch der Empfangsbereich angesiedelt und man erreicht darüber das Mitarbeiterrestaurant, Seminar- und Schulungsräume. Die Treppe und der Liftschacht – ebenfalls aus „OSB 4 Top“-Platten – sind das Herzstück des Atriums. Die Treppe ist direkt an den Lift, der bis ins Untergeschoss fährt, angebaut. Sieben zusammengeleimte „OSB 4 Top“-Platten tragen die Last der Treppe und des Schachts ab.

Die Decke zwischen dem Erdgeschoß und dem ersten Obergeschoss ist so konstruiert, dass sie einen Feuerwiederstand von 90 Minuten aufweist (REI90). Sie wird dabei so ausgeführt, dass ein Einbrand in einen Deckenhohlraum für 90 Minuten ausgeschlossen werden kann. Innerhalb der Hohlräume gibt es keinerlei Zündquellen. Hinsichtlich des Feuerwiederstandes entspricht die Decke in vollem Umfang einer Stahlbetondecke.

Brandschutz

Im Gebäude wurde auch konstruktiv auf den Brandschutz reagiert (Decke zwischen EG und 1. OG = REI90). Für das Brandschutzkonzept wurde das Gebäude in mehrere, in sich geschlossene, Brandabschnitte aufgeteilt: das Untergeschoss, das Erdgeschoss mit Atrium und die restlichen drei Geschosse. Zum Konzept gehören die zwei außen liegenden Treppenhäuser, aus nicht brennbarem Stahl, sowie das Treppenhaus im Atrium als Fluchtweg. Zudem ist das gesamte Verwaltungsgebäude mit einer Brandmeldeanlage und mit Fassadensprinklern im Atrium ausgestattet.

Die Verglasung der Büros schafft eine erhöhte Übersichtlichkeit. So können die Mitarbeiter einen Brand in der Regel bereits in der Entstehungsphase optisch, durch Brandgeruch oder Brandgeräusche erkennen.

Es gibt zudem viele Fluchtwegmöglichkeiten, zentral sind die mittlere Brücke und die zwei außen liegenden Treppentürme, im EG gibt es noch acht direkte Ausgänge.

Aufgrund der brandlastarmen Ausstattung des Atriums ist in Verbindung mit der beidseitigen Sprinklerung die Ausbreitung eines Brandes nahezu aus­geschlossen. Weiterhin ist die zentrale, offene Treppenanlage inklusive der Verbindungsbrücken in den Sprinklerschutz einbezogen.

Hohe Vorfertigung, schnelle Bauzeit

Das Fazit von Architekt Bruno Moser fällt positiv aus „Wir haben ein Gebäude geschaffen, das für den Holzbau ein Zeichen setzt. Die Viergeschossigkeit mit sichtbarer Holzkonstruktion ist rein technisch kein Problem, aber nur mit einem fundierten Brandschutzkonzept umsetzbar. Durch die Modulbauweise konnte die Vorfertigung rationalisiert und eine dementsprechend schnelle Bauzeit erreicht werden.“

Autorin
Sarah Mauracher arbeitet als Projektverantwortliche Kommunikation in der Marketingabteilung der „EGGER Building Products“ in St. Johann in Tirol. Rüdiger Sinn ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Die OSB 4 TOP Platte im Maximalformat stand im Mittelpunkt der Planung in Modulbauweise

„Das Gebäude setzt für den Holzbau ein Zeichen“

Beheizung und Klimatisierung

Das Gebäude entspricht dem Niedrigenergiehaus-Standard und wird mittels Fernwärme beheizt, sowie über eine Grundwasserkühlung gekühlt. Die Heizenergie wird in diesem Fall aus der eigenen Abwärme aus dem Werk St. Johann gewonnen.

Die Energie wird dann mittels Bodenkonvektoren (über vier Leitsysteme) ins Büro gebracht. So kann in einem Büro geheizt und im nächsten Büro gekühlt werden. Die Büros sind mechanisch be- und entlüftet und der Luftwechsel liegt bei 35 m³ pro Person und Stunde, zudem besteht auch die Möglichkeit der natürlichen Lüftung über die Kippfunktion der Fenster.

Baubeteiligte (Auswahl)

Projekt Neubau Egger-„Stammhaus“, St. Johann in Tirol / Österreich

Bauherr Fritz Egger Holzwerkstoffe GmbH & Co. OG, www.egger.com

Architekt Bruno Moser, A-6252 Breitenbach am Inn., www.archimos.at

Brandschutzkonzept Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG, 38518 Gifhorn, www.kd-brandschutz.de

Holzbau Holzbau Saurer, A-6604 Höfen, www.holzbau-saurer.com

Baudaten (Auswahl)

Bauzeit März 2014 bis März 2015

Maße Bauhöhe ohne UG inkl. Technik­zentrale am Dach: 15 m

Länge: 58 m, Breite: 15 m

Verwende Produkte

1150 m3 Egger OSB 4 Top

185 m3 Weichfaserplatten

30 m3 MDF, 95 m3 Lärche

1480 m3 Leimholz

175 m3 Vollholz (Latten, Duo, KVH)

Fritz Egger GmbH – ein Familienunternehmen

Im Jahr 1961 errichtete Fritz Egger Senior am Firmensitz in St. Johann die erste Rohspanplattenanlage und legte damit den Grundstein für das heutige Familienunternehmen Egger Holzwerkstoffe. Egger hat heute 17 Werke in fünf europäischen Ländern, Russland und der Türkei und zählt mit über 7200 Mitarbeitern zu den führenden Herstellern von Holzwerkstoffen. Die Firmenzentrale befindet sich nach wie vor am Standort in St. Johann in Tirol und wurde durch den Bau des „Stammhauses“ noch gestärkt.

Im Internet finden Sie weitere Fotos vom Bau des „Stammhauses“ von Egger in St. Johann. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.

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