Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die große Koalition hat sich im Oktober auf Eckpunkte für ein Einwanderungsgesetz geeinigt. Wenn das Gesetz so in Kraft tritt, wie es das Papier vorsieht, könnte es den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Fachkräfte aus anderen Ländern vereinfachen.

Das Papier sieht vor, dass Fachkräfte mit Berufsausbildung für sechs Monate nach Deutschland kommen dürfen, um eine Arbeit zu suchen. Ihren Lebensunterhalt müssten sie in dieser Zeit selbst bestreiten, ohne Anspruch auf Sozialleistungen. Das käme Handwerksbetrieben entgegen, denn bisher durften nur Akademiker mit Hochschulabschluss aus anderen Ländern für sechs Monate zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen.

Im Eckpunktepapier geht es auch um Zuwanderer, die geduldet in Deutschland leben. Wer nur geduldet ist, muss jederzeit damit rechnen, abgeschoben zu werden. Geduldete Zuwanderer sollen daher einen so genannten „verlässlichen Status“ erhalten. Voraussetzung ist, dass sie durch ihre Arbeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind.

Handwerksbetriebe wie die Dachdeckerei und Spenglerei Spindler könnten davon profitieren. Vor drei Jahren hat der Betrieb in Ingolstadt einen jungen Mann aus dem Kongo als Auszubildenden eingestellt. Er ist schon im dritten Lehrjahr, hat aber keine Aufenthaltserlaubnis. „Die Abschiebung droht ihm permanent“, sagt Jutta Spindler, die im Betrieb für die Auszubildenden zuständig ist.

Das Problem sei, so Spindler, dass der junge Mann seinen Pass weggeworfen habe, bevor er nach Deutschland gekommen sei. So wollte er sich anscheinend eine bessere Bleibeperspektive sichern. Der fehlende Pass wird ihm jetzt aber zum Verhängnis, denn ohne das Dokument ist eine dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis nicht zu bekommen. „Es ist momentan an ihm, einen Identitätsnachweis zu erbringen. Leider gestaltet es sich ziemlich schwierig, amtliche Dokumente aus dem Kongo zu bekommen“, sagt Spindler.

Sobald der junge Mann seine Identität nachweisen kann, würde die 3+2-Regel für ihn in Kraft treten. Sie besagt, dass Zuwanderer drei Jahre für eine Ausbildung und zwei Jahre danach zum Arbeiten in Deutschland bleiben dürfen. Die Regel gilt bereits bundesweit, wird aber je nach Bundesland unterschiedlich angewendet. In den Eckpunkten zum Einwanderungsgesetz wird ein bundesweit einheitliches Vorgehen angestrebt. Aber es ist eben nur ein Eckpunktepapier und noch kein Gesetz. Bis das Gesetz in Kraft tritt, kann es noch dauern.

Schon jetzt gilt aber: Der bürokratische Aufwand, einen Zuwanderer als Lehrling einzustellen, ist gar nicht so hoch. Das meint zumindest Jutta Spindler. Sie hat schon mehrmals Zuwanderer als Auszubildende eingestellt und sagt: „Es ist immer mit Bürokratie verbunden, einen Lehrling einzustellen – das ist bei Flüchtlingen nicht anders. Ehrenamtliche Helfer und die Mitarbeiter des Ausländeramts haben uns aber immer unterstützt.“

In diesem Sinne: Viel Erfolg bei der Fachkräftegewinnung!

„Handwerksbetriebe könnten von einem neuen Einwanderungsgesetz profitieren.“

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