„Leinen los“ für die kleinen Piraten

Holztechniker aus Frankfurt bauen Spielgeräte für Kinderwelt Waldaschaff

In der Kinderwelt Waldaschaff toben und spielen die Kinder im Außenbereich wie kleine Piraten. Angehende Holztechniker der Philipp-Holzmann-Schule aus Frankfurt haben als gemeinsames Abschlussprojekt ihrer Ausbildung zwei neue Spielgeräte für die Kita gebaut: ein Schiff und einen Leuchtturm.

Die Gemeinde Waldaschaff liegt auf halber Strecke zwischen Würzburg und Frankfurt, umgeben von den Wäldern des Naturparks Bayerischer Spessart. Hier findet man die Kita Kinderwelt Waldaschaff, die im letzten Jahr zwei Attraktionen hinzugewonnen hat: Bei gutem Wetter können die Kita- und Kindergartenkinder im Außenbereich auf einem 7,5 m langen und 2,2 m breiten Spielschiff und einem 3,5 m hohen Leuchtturm aus Holz spielen. Das Besondere an den neuen Spielgeräten ist, dass sie von 18 Schülerinnen und Schülern der Philipp-Holzmann-Schule aus Frankfurt am Main geplant und gebaut wurden.

Die Schüler der Fachschule für Technik (Fachrichtung Holztechnik) erlangen nach einer zweijährigen schulischen Ausbildung den Abschluss Holztechniker. Sie übernehmen dann Führungsaufgaben in holzverarbeitenden Betrieben: vom Innenausbau über die Möbelproduktion, Holzwerkstoffproduktion bis zum Fertighausbau. Holztechniker sind dabei Handwerksmeistern gleichgestellt, aber es gibt Unterschiede: Während der Meister ausbildet und mehr praktisch im Betrieb mitarbeitet, sind Holztechniker eher verwaltend tätig. Bevor es für die Schüler der Abschlussklasse 2017 aber ins Berufsleben ging, entschieden sie sich, im Rahmen ihres letzten Jahresprojekts eine Außenspielanlage für die Kinderwelt Waldaschaff zu bauen.

Sponsoren mussten erst gefunden werden

„Im Rahmen des Jahresabschlussprojekts ist es üblich, dass wir Schüler uns ein Projekt überlegen, das wir gemeinsam in Angriff nehmen“, erklärt Jens Möhrlein, Absolvent der Philipp-Holzmann-Schule. Für die Schüler war die soziale Komponente des Projektes wichtig. Daher einigten sie sich darauf, den Kindern eines Kindergartens mit dem Bau von Spielgeräten eine Freude zu bereiten. „Wir hatten viele Ideen, doch letztlich fiel die Entscheidung auf ein Spielschiff und einen Leuchtturm“, sagt Absolvent Möhrlein. Nachdem die Absolventen sich überlegt hatten, was sie bauen wollten, mussten sie einen Kindergarten aus dem Einzugsgebiet der Philipp-Holzmann-Schule finden, der das Projekt – auch finanziell – mittragen würde. Außerdem mussten Sponsoren gefunden werden, die das Vorhaben unterstützen wollten.

Kindergarten leistete finanziellen Beitrag

„Wir haben uns sehr über die Anfrage der Philipp-Holzmann-Schule gefreut. Anhand der Skizzen, die die Schüler mitbrachten, als sie uns ihr Vorhaben präsentierten, konnten wir uns sehr gut vorstellen, wie unsere Außenspielanlage später aussehen würde. Wir wussten, dass die Kinder begeistert von den neuen Spielgeräten sein würden“, erzählt Bettina Nöth-Nowakowski, Leiterin der Kinderwelt Waldaschaff. „Daher waren wir gerne bereit, einen finanziellen Beitrag zu leisten, damit das Projekt realisiert werden konnte“, so Nöth-Nowakoswki.

Einmal aufgebaut, dann wieder zerlegt

Bevor gebaut werden konnte, mussten sich die Schülerinnen und Schüler zunächst mit baurechtlichen Normen vertraut machen. Die DIN 1176 legt die Sicherheitsstandards von standortgebundenen Spielgeräten fest, auch bei Kindergärten. So durften beispielsweise keine vorbehandelten Hölzer bei der Konstruktion verwendet werden. „Unsere Wahl fiel daher auf Robinie und Lärche“, sagt Absolvent Jens Möhrlein. Beide Holzarten sind aufgrund ihrer Witterungsbeständigkeit besonders für den Außenbereich geeignet. Das Schiff und der Leuchtturm wurden zunächst auf dem Bauhof der Philipp-Holzmann-Schule vorgefertigt. „Wir haben die Spielgeräte einmal komplett aufgebaut, bevor wir sie in größere Einzelteile zerlegt und in der Kinderwelt Waldaschaff wiederaufgebaut haben“, erklärt Möhrlein.

Konstruktion aus Robinie und Lärche

Die Schüler der Fachschule für Holztechnik entschieden sich, Robinie für die Unterkonstruktion des Turms zu verwenden. Das von Natur aus widerstandsfähige Holz ist einerseits biegsam und andererseits sehr fest und hart. Es weist entsprechend gute Festigkeitswerte auf, die deutlich über denen anderer Harthölzer liegen. Das Robinienholz bleibt zudem ohne chemische Konservierung bei einer Nutzung im Außenbereich lange stabil und ist daher für den Bau von Geräten auf Kinderspielplätzen gut geeignet. Für die Beplankung des Turms verwendete die Schulklasse Lärche – eines der schwersten und härtesten einheimischen Hölzer mit sehr guten Festigkeitseigenschaften. Das Holz erfüllt die Sicherheitsstandards für standortgebundene Spielgeräte. Das Balkenwerk des Schiffes und seine Beplankung wurden ebenfalls aus Lärche gefertigt.

6000 Edelstahlschrauben gespendet

Auch bei der Schraubenwahl war Sorgfalt geboten. Die Verbindungsmittel sollten nicht nur langlebig sein, sie mussten aufgrund der Vorgaben auch aus Edelstahl sein. Jens Möhrlein kontaktierte bei der Sponsorensuche daher den Schraubenhersteller Heco-Schrauben. „Er erzählte uns von dem geplanten Projekt und davon, dass die Schulklasse auch auf Spenden angewiesen sei, um es in die Realität umzusetzen“, erklärt Andreas Hettich, Leiter Produktmanagement und Marketing bei Heco-Schrauben. Der Schraubenhersteller war schnell vom Projekt überzeugt und lieferte als Materialspende die 6000 benötigten Edelstahlschrauben. Bei der Konstruktion der Spielgeräte kamen „Heco-Topix“-Schrauben mit 50 und 60 mm Länge zum Einsatz.

„Leinen los“ für das Schiff aus Holz

Nicht immer sind sich die Jungen und Mädchen der Kinderwelt Waldaschaff so einig wie an dem Tag, an dem sie das erste Mal die neuen Spielgeräte ausprobieren durften: „Leinen los!“, schallte es da über den Spielplatz. Ein besseres Fazit der kleinen Seemänner und Seefrauen hätte es für die Fachschulabsolventen nicht geben können. Inzwischen haben sie übrigens den Start ins Berufsleben geschafft, wie die Philipp-Holzmann-Schule auf Anfrage mitteilt.

Autorin

Mirjam Seibold ist PR-Beraterin bei der Agentur Ansel & Möllers in Stuttgart und betreut Heco bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

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