Wohnen zwischen Holz und Beton in Berlin-Lichtenberg

In Berlin-Lichtenberg ist ein sechsgeschossiges Wohnhaus für Studenten in Holz-Beton-Hybridbauweise entstanden. Die Wände und Stützen sind aus Holz und haben eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten. Die Brettsperrholz-Außenwände sind hinter einer Schicht Mineralfaserdämmstoff versteckt.

Die Fassade des neuen Wohnhauses für Studenten in Berlin-Lichtenberg sieht aus, als würde sie aus Holz bestehen. Es ist aber kein Holz, sondern ein Anstrich, der an eine Holzoberfläche erinnert. Darunter steckt ein Wärmedämmverbundsystem mit Mineralfaserdämmstoff. Unter der Dämmung steckt dann tatsächlich Holz: Die tragenden Außenwände des Hauses bestehen aus Brettsperrholz. Für die Stützen des Hauses verwendete man Brettschichtholz, die Geschossdecken bestehen aus Beton. Der Keller und die Bodenplatte des Wohnhauses bestehen ebenfalls aus Beton. Nach nur acht Monaten Bauzeit eröffnete das sechsgeschossige, U-förmige Wohngebäude zum Sommersemester 2017. Eine besondere Herausforderung beim Bau war der enge Zeitrahmen bis zur Fertigstellung. Das bauausführende Unternehmen Brüninghoff setzte daher auf die Vorfertigung einzelner Bauteile und verlagerte wesentliche Arbeitsschritte ins Werk.

Das Haus ist teilunterkellert und bietet auf einer Bruttogrundfläche von 3700 m² Platz für 129 Apartments – davon zwölf barrierefrei – und einen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss. Jede Wohneinheit mit mindestens 16 m² Größe hat ein eigenes Bad, das als vollständig vorgefertigte und vorinstallierte Nasszelle auf die Baustelle kam, und eine integrierte Küche. Die Fenster sorgen für eine gute Belichtung der Räume, eine Fußbodenheizung für zusätzlichen Komfort.

Tragende Außenwände und Stützen aus Holz

Für das Gebäude wurden möglichst viele Fertigteile verwendet, hergestellt im Werk der Firma Brüninghoff in Villingen-Schwenningen. Der natürliche Baustoff Holz ist in vielen Bereichen des Gebäudes nach der Fertigstellung, noch sichtbar: So sorgen die Oberflächen der Holzwände im Inneren für ein natürliches und warmes Raumgefühl. Unter den Fenstern in den Apartments sind Sitzbänke aus Holz eingebaut. Die Fensterlaibungen bestehen aus Lärchenholz und transportieren den natürlichen Charakter des Gebäudes nach außen. Für den Brand- und Schallschutz ergaben sich erhöhte Anforderungen. Weil die tragenden Bauteile des Gebäudes aus Holz bestehen, war im Rahmen des Brandschutzkonzepts eine Abweichung bei der zuständigen Behörde zu beantragen. Alle tragenden Wände und Stützen im Gebäude mussten demnach eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten (F90) aufweisen. Auf eine separate Kapselung der tragenden Außenwände aus Brettsperrholz konnte ver­zichtet werden. Allerdings wurde für den Brandschutz der Wände im Werk eine 20 cm dicke Dämmung aus Mi­neralfaserdämmstoff von außen aufgeklebt (siehe Foto unten).

Die Brettsperrholz-Außenwände an sich haben eine Dicke von 20 cm. Während der Bauzeit waren die Außenwände in Schutzfolie eingepackt. Die Folien schützten die innenseitig sichtbaren Holzoberflächen vor Beschädigungen und Verschmutzungen während der Bauzeit. Außerdem sorgten sie dafür, dass das Holz und die außen angebrachte Mineralfaserdämmung während der Bauzeit trocken blieben.

Trennwände in Trockenbauweise

Die zwölf Zentimeter dicken Geschossdecken aus Stahlbeton wurden ebenfalls als Fertigteile im Werk produziert und auf der Baustelle montiert. Dabei wirkt sich der Beton – als nicht brennbarer Baustoff der Baustoffklasse A1 – positiv auf den Brandschutz aus. Die Trennwände zwischen den Apartments bestehen aus zweischalig aufgebauten Trockenbauwänden und sind feuerbeständig. Eine Konstruktion mit zwei tragenden Stützen aus Brettschichtholz, in die auch die Eingangstür und ein Versorgungsschacht integriert sind, schließt die Apartments zum Flur hin ab.

Wichtiges Thema: Schallschutz

Das Gebäude steht im Stadtteil Berlin-Lichtenberg an der Storkower Straße. In unmittelbarer Nähe des rund 2200 m² großen Grundstücks liegen eine viel befahrene Bahnstrecke und die Landsberger Allee. Letztere ist eine der Hauptverkehrsadern der östlichen Berliner Bezirke. Der Schallschutz war daher ein wichtiges Thema bei der Planung, daher wurden die Empfehlungen für den erhöhten Schallschutz (nach Beiblatt 2 zu DIN 4109) eingehalten. Besonders berücksichtigt wurde dabei der Schallschutz der vertikalen Bauteile. Der Fußbodenaufbau über der zwölf Zentimeter dicken Stahlbetondecke hat eine Dicke von 17 cm. Eine elastisch gebundene Splitt-Schüttung sorgt für zusätzliche Masse und Schalldämmung. Darüber verlegte man eine Trittschalldämmung und raumweise einen schwimmenden Estrich. Unterhalb der Fertigbäder wurden zudem Elastomerlager angeordnet, um die Schallübertragung in den Baukörper zu verringern.  Die Fassadengestaltung übernahm die Firma Graco Berlin Urbane Lebensformgestaltung. Sie gestaltete die Fassade mit dem Anstrich, der an eine Holzoberfläche erinnert. Mehr über eine Fassade in Berlin-Neukölln, die Graco Berlin ebenfalls täuschend echt mit einem Stuckmuster bemalte, lesen Sie hier auf bauhandwerk-online.

Autorin

Mareike Wand-Quassowski ist geschäftsführende GbR-Gesellschafterin der Agentur Kommunikation 2B in Dortmund und unterstützt die Firma Brüninghoff bei der Presse- und Medienarbeit.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherr Berlinovo Grundstücksentwicklungsgesellschaft GmbH, Berlin, www.berlinovo.de

Tragwerksplanung, Bauphysik, Akustik und Brandschutz Arup Deutschland GmbH, Berlin,

www.arup.com

Generalunternehmer Brüninghoff GmbH & Co. KG, Heiden, www.brueninghoff.de

Bauzeit 10/2016 – 5/2017  (7 Monate)

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