Wasserwächter in der Attika

Früher wurde die Attikaentwässerung von Flachdächern mit einem Loch in der Attika gleichgesetzt. Heute sind bei dieser Dachform leistungsfähige Attikagullys für die Notentwässerung im Einsatz, die sogar die Hauptentwässerung übernehmen können.

Attikagullys entwässern, wie der Name schon sagt, über eine Durchdringung in der Attika oder Brüstung. Definiert als außenliegende Entwässerung bieten sie eine Reihe von Vorteilen. Sie erfordern keine Durchdringung des Dachbereiches und keine innenliegenden Rohrleitungen – also keine Rohre, die durch das Gebäude gehen – und tragen so dazu bei, Wärmebrücken zu minimieren. In Passivhäusern ist das System bereits sehr verbreitet. Handwerker, aber auch Bauherren, schätzen die Montagefreundlichkeit sowie die leichte Erreichbarkeit aller Installationselemente bei Wartungs- und Reparaturarbeiten. Eventuelle Undichtigkeiten können bei sichtbarer Verlegung der Fallleitungen sehr schnell geortet und behoben werden. Da Attikagullys eine direkte Ableitung auf schadlos überflutbare Flächen erlauben, sind sie die erste Wahl für die Notentwässerung.

Notentwässerung ist Pflicht

Abgesehen von kleinen Dächern, für die ein einfacher Speier ausreicht und Dächern, auf denen eine planmäßige Regenrückhaltung vorgesehen ist, zum Beispiel Gründächer, ist die Notentwässerung von Flachdächern heute in der DIN 1986-100 und der DIN EN 12056-3 verbindlich vorgeschrieben. Angesichts der klimatischen Veränderungen, die sich immer häufiger in Starkregenereignissen zeigen, wurden die Richtlinien in den letzten Jahren angepasst. Heute haften Planer und Ausführende für ihre Arbeit, was vielen nicht bewusst ist.

Gewichtige Regenlast

Jeder Starkregen ist eine statische Extrembelastung für die Dachkonstruktion. Sind die angeschlossenen Entwässerungsleitungen überlastet, stauen sich sekundenschnell Wassermassen auf dem Dach. Ein nur 10 cm hoher Wasseranstau entspricht in etwa einem Gewicht von 100 kg pro Quadratmeter, was für ein 200 m2-Dach eine Zusatzlast von 20 000 Kilogramm bedeutet, das Gewicht von etwa 20 Pkw. Immer häufiger sind auch die öffentlichen Kanäle der Kommunen überlastet, was ebenfalls zu einem Rückstau auf das Dach führt. Einige Kommunen, die sich immer wieder mit überlasteten Kanalsystemen und deren Folgen konfrontiert sehen, haben bereits mit Einleitbeschränkungen reagiert. Attikagullys entwässern frei auf schadlos überflutbare Freiflächen, entlasten also nicht nur das Dach, sondern auch das öffentliche Kanalnetz. Keinesfalls dürfen sie an die Entwässerungsleitungen der Hauptentwässerung angeschlossen werden, die bei einem Starkregen sowieso schon überlastet sind.

Heute müssen zwei Werte in die Entwässerungsplanung einfließen: erstens der Berechnungsregen r(5,5) und zweitens der Jahrhundertregen r(5,100). Nach DIN 1986-100 muss jedes Flachdach gegen das Fünfminutenregenereignis des Jahrhundertregens, das einmal in 100 Jahren am Gebäudestandort erwartet wird, abgesichert werden. Dass mit einem solchen Starkregenereignis öfter als nur einmal in hundert Jahren zu rechnen ist, das haben die Wetterereignisse der letzten Jahre gezeigt. Niederschlagsmengen fallen regional sehr unterschiedlich aus. Bei der Berechnung sind daher die am Gebäudestandort zu erwartenden Regenmengen zu berücksichtigen, die zum Beispiel im Anhang der DIN 1986-100 oder im KOSTRA-Katalog des Deutschen Wetterdienstes einzusehen sind. Während Bremen zum Beispiel mit einem Berechnungsregen von 205 l/s/ha und einem Jahrhundertregen von 304 l/s/ha als regenarm einzustufen ist, gilt Traunstein mit einem Berechnungsregen von 523 l/s/ha und einem Jahrhundertregen von 1030 l/s/ha als besonders starkregenreich.

Attika als „Notausgang“ für Starkregen

Entwässerungsanlagen werden in ein Haupt- und ein Notablaufsystem unterteilt. Obwohl Attikagullys verrohrt auch für die Hauptentwässerung eingesetzt werden können, übernehmen sie meistens die Aufgabe des Notablaufes. Das Notablaufsystem ist so zu planen, dass es mindestens die Differenz zwischen Berechnungs- und Jahrhundertregen sicher abführt. Erreicht die Wassersäule auf dem Dach die berechnete Anstauhöhe, läuft die Notentwässerung an.

Die „kleine“ Lösung

Die Wahl der richtigen Attikaentwässerung wird in erster Linie von der Dachgröße bestimmt. Für kleinere Dächer, die nur relativ geringe Regenmengen sammeln, reicht in der Regel ein Speier, zum Beispiel der „SitaSpy“, der „SitaEasy“ aus Polyurethan oder der „SitaRondo“ aus Edelstahl – also Attikagullys, die die Regenspende frei durch die Attika auf das Grundstück „speien“. Mit auf 800 mm verlängerten, runden Anschlussrohren überbrücken diese Modelle auch dick gedämmte Attikaaufbauten. Um die Fassade zu schützen, die Optik zu optimieren und die Ablaufleistung zu erhöhen, können sie aber auch mit Fallrohren aus Kunststoff oder Edelstahl kombiniert werden.

Die Turbo-Lösung

Eine ganz andere Leistungsklasse definiert der „SitaTurbo“-Attikagully aus Edelstahl. Durch das strömungsgünstige Rechteckrohr und den größeren freien Anströmungsquerschnitt leistet dieser Edelstahlgully beim Übergang auf ein 100er-„SitaAttika“ Rohr zum Beispiel das Zehnfache, was der „SitaEasy“ bei 55 mm Anstauhöhe leisten kann. Mit seinem 800 mm langen Ablaufrohr überbrückt er dickste Attiken und sichert gleichzeitig den geforderten Abstand zur Attika beziehungsweise aufgehenden Bauteilen, von > 300 mm. Um die vor Ort geforderte Anstauhöhe zu erreichen, stehen vier Anstauelemente von 25 mm bis zu 55 mm zur Verfügung.

Der „SitaTurbo“ ist leistungsstärker, als die DIN 1986-100 vorschreibt. Dürfen nach dieser Norm die 100er-Fallleitungen bis maximal 10,7 l/s belastet werden, schafft der „SitaTurbo“ bis zu 29,0 l/s vom Dach – eine nicht zu unterschätzende Sicherheit. In der Praxis bedeutet dies weniger Durchdringungen, schnellere Montage und höhere Sicherheit. Um die Montage in der Wärmedämmebene zu beschleunigen und Wärmebrücken zu reduzieren, ist ein vorprofilierter Dämmkörper erhältlich. Der leistungsstarke „SitaTurbo“-Attikagully aus Edelstahl empfiehlt sich vor allen Dingen für etwas größere Flachdächer.

Die EnEV-freundliche Lösung

Mit ständig steigenden Primärenergiekosten wächst auch der Wunsch, Energieverluste zu vermeiden. Dank einer extrem flachen Bauweise und einem Einlauftopf aus wärmedämmendem Polyurethan-Integral-Hartschaum leistet der „SitaIndra“-Attikagully einen Beitrag zu effektiver Wärmedämmung. Nur 98 mm hoch, fügt sich das schlanke Bauteil problemlos in anspruchsvolle Wärmedämmaufbauten ein. Um eine lückenlose EnEV-gerechte Montage sicherzustellen, wird der Gully von einem passenden Dämmkörper begleitet. Für den Einsatz als Notentwässerer wird er mit dem gelben Anstauelement aufgerüstet. Mit seinem großen, runden 189 mm Einlauftopf, erweist er sich als effektiver Wasserwärter auf dem Flachdach, der in Verbindung mit dem SitaAttika Rohrsystem bis zu 15 Liter pro Sekunde schluckt.

Ansprüche gestiegen

Extremwetterereignisse, gestiegene Anforderungen auf Normenebene und ein neues Vorsorgedenken stellen höhere Sicherheitsansprüche an Planer, Ausführende und Produkte. Aber auch die optischen Anforderungen sind gestiegen. Wo früher das berühmte Loch ausreichte, wird die Durchdringung in der Attika heute hinter optisch attraktiven Fassadenplatten verborgen. Und anstelle der Wasserspeier geht der Trend zu edlen Übergangsstücken und Fallrohren aus Edelstahl. Schön, wenn letztere dann gleichzeitig die Ablaufleistung und somit die Sicherheit erhöhen.

Autor
Rainer Pieper ist Prokurist und Technischer Leiter bei der Sita Bauelemente GmbH in Rheda-Wiedenbrück.

Attikagullys entwässern auf Freiflächen, entlasten also das Dach und das Kanalnetz

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