Stück für Stück wiederhergestellt

Kernstück moderner Denkmalpflege ist der subtile Umgang mit der historischen Substanz ohne Beeinträchtigung der vollen Funktionalität. Als Fallbeispiel für die Umsetzung dieses Grundsatzes wird hier die sorgfältige Restaurierung einer Haustüranlage eines Bauernhauses im westfälischen Münsterland beschrieben.

Bevor mit den Restaurierungsarbeiten begonnen werden kann, ist eine genaue Vermessung und die vollständige Auflistung aller Türbestandteile erforderlich. Mit gleicher Sorgfalt muss der Handwerker sämtliche Schäden feststellen, die es in der Folge zu reparieren gilt.

 

Bestands- und Schadensaufnahme

Die Haustüranlage besteht aus Eichenholz, besitzt zwei Flügel und ist dreiteilig aufgegliedert. Beide Türen bestehen aus je einer Rahmenkonstruktion mit senkrechten und waagrechten Rahmenfriesen. Der rechte Flügelteil ist als Drehtür zweiteilig gegliedert.

An beiden Rahmenflügeln sind an 20 Schlitz - und Zapfenverbindungen der Brüstungen offene Fugen ent­standen. Bei vier senkrechten Rahmenhölzern sind Brüstungsteile im Mittelteil ausgebrochen. Die Zapfen der Querhölzer sind locker, jedoch gut und brauchbar.

Die drei Sprossen mit zwei Kreuzsprossen sind an den Zapfenverbindungen spröde und ausgefault, vier Zapfen fehlen. Der Glasfalz im mittleren Teil des Querstücks der Tür ist weggefault, die unteren doppelten Querstücke an der Rahmentür sind angefault und unbrauchbar.

Die vier überschobenen Füllungen sind stark nachgetrocknet, die Nut hat faule und spröde Stellen, gleiches gilt für die aufgesetzten Schmuckteile. An den querlaufenden sechs Sockelaufdoppelungen sind im Ansatzbereich poröse Stellen vorhanden. An den zwei senkrechten Schlagleisten sind beide Sockelstützen im unteren Teil verrottet.

Die vier Drehbänder sind unbrauchbar, desweiteren fehlen das aufgeschraubte Schloss mit Drückergarnitur und zwei Feststellriegel. Glasscheiben sind nicht mehr vorhanden; das Fehlen eines Farbanstrichs ist möglicherweise der Verwitterung geschuldet.


Reparaturarbeiten

Beide Holzflügelrahmen werden Stück für Stück zerlegt, die profilierten Schmuckteile abmontiert. Ebenso werden die zwei Schlagleisten mit Sockelstützen von beiden Rahmen entfernt. Gegebenenfalls kennzeichnet man die Teile.

Die Reparaturarbeiten werden von Hand in der Werkstatt durchgeführt. Zur Bearbeitung kommen sechs senkrechte Rahmenfriese. Bei den Brüstungen und an den Querfriesen müssen die schadhaften Stellen vorsichtig ausgestemmt und mit passendem Eichenholz ausgeleimt werden. An elf Querfriesen sind im Falz darüber hinaus fehlende Holzteile mit altem Eichenholz auszugleichen.

Zwei Sockelquerstücke müssen neu angefertigt werden. Die fünf Sprossenteile bekommen je zwei neue Zapfen. Die überschobenen Füllungen werden auf der Federseite mit Holz verstärkt. An zwei Schlagleisten und Teilen der Sockelpartie, sowie an den Schmuckelementen werden die Ausbruchstellen ausgeleimt und von Hand alle Faulstellen nachgehobelt und angepasst.

 

Verputzen, vorschleifen, verleimen

Die ausgebesserten Teile werden von Hand bündig geputzt, vorgeschliffen und zusammengepasst. Nun kann auch der Blockrahmen für die Haustüranlage aus altem Eichenholz mit Schlitz und Zapfen neu angefertigt werden. Beide Flügel werden mit überschobenen Füllungen und den neuen Sockelteilen zusammengestellt und zügig verleimt. In einem zweiten Schritt können die profilierten Schmuckelemente, die Schlagleisten und die Wasserschenkelsockel geleimt und platziert werden. Nach 12 Stunden Trockenzeit wird die Eichentüranlage gesäubert und gut durchgeschliffen.

 

Oberflächenbearbeitung und Beschläge

Beide Flügel werden zweimal mit einer Lasur mit Zwischenschliff gestrichen, danach können Drehbänder, Schloss und Drückergarnitur montiert werden. Am linken Flügelteil wird unten und oben je ein Feststeller eingelassen der im Blendrahmen oben und unten in der Anschlagwinkelschiene einrastet.


Autor

 

Heinrich Grohn ist Schreinermeister, Restaurator und Ausbilder in der Denkmalpflege i. R. und freier Autor der bauhandwerk.


Holztür-Restaurierung: Die historische Substanz erfordert einen subtile Umgang

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