Schnell gebaut und eingerichtet in Würzburg

Die Nachfrage nach schlüsselfertigen Bauten zur Unterbringung von Flüchtlingen ist hoch. Auch Fertighaus-Unternehmen mischen bei der Errichtung mit. In Würzburg und Ibbenbüren entstanden ein- und mehrgeschossige Bauten. Abstriche machten die Planer beim Schallschutz und der Dämmung.

Allerorts entstehen derzeit Flüchtlingsunterkünfte. Im Unterschied zu früheren Jahren werden aber nicht mehr Baracken aufgestellt, sondern es entstehen Bauwerke, die optisch ansprechend sind. Auch wird im Vergleich zu früher viel mehr in Holz gebaut. Die Möglichkeit der hohen Vorfertigung hat ein breites Spektrum an Baumöglichkeiten ergeben. Die FH Bau GmbH & Co. KG in Lienen baut Flüchtlingswohnheime mit einem hohen Grad an Vorfertigung. Denn Holzrahmenelemente sind in Sachen Produktion, Transport und Errichtung eine günstige Alternative zu Containerlösungen und außerdem langlebiger. Damit ist zum Beispiel die Möglichkeit einer Nachnutzung gegeben, sei es für günstigen Wohnraum für Stundenten oder im Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Immer mehr Kommunen denken weiter als nur für den Zeitraum, in dem Flüchtlinge dort leben.

Das Unternehmen FH Bau hat derzeit 26 Unterkünfte, sowohl ein- als auch zweigeschossig im Auftrag. In der Stadt Ibbenbüren wurden die ersten drei Unterkünfte aufgestellt, hier war die FH Finnholz als reiner Lieferant der Holzkonstruktion tätig. Weitere Unterkünfte wurden in Würzburg, Marktheidenfeld und Aschaffenburg schlüsselfertig aufgestellt.

Unterkünfte für 20 bis 40 Personen

In Ibbenbüren stehen drei eingeschossige Gebäude, in Würzburg wurden fünf zweigeschossige Flüchtlingsunterkünfte errichtet. Davon sind vier Wohngebäude mit 36 Wohneinheiten. Eines ist ein Sonderbau mit nur vier Wohneinheiten, der Rest sind Gemeinschaftsräume.

Die Unterkünfte beinhalten Schlaf- und Wohnräume, sowie Küchen und Toiletteneinheiten. In einer eingeschossigen Unterkunft gibt es vier Wohneinheiten, in denen insgesamt bis zu 20 Personen Platz finden. Die Gemeinschaftsbauten bestehen beispielsweise aus Hauswirtschaftsräumen, Lager, Schulungsräumen, Arzt- oder Betreuungszimmern sowie Toiletten.

„Just in time“-Montage

Die Vorfertigung der Wand-, Decken- und Bodenelemente findet in den unternehmenseigenen Werkhallen der FH Finnholz in Lienen statt und beträgt für eine eingeschossige Unterkunft etwa vier Tage. Allerdings werden für die Projekte immer einzelne Baugruppen vorgefertigt. Ein großer Vorteil ist die wetterunabhängige Elementfertigung, so kann die Montagezeit verkürzt werden.

Am ersten Tag auf der Baustelle liefert ein LKW Bodenelemente und Lärchenschwellen für zwei Häuser und die Bodenelemente werden verlegt. Am Folgetag werden Erdgeschosswände für beide Häuser geliefert, die Elemente bis mittags verarbeitet und im Anschluss die sichtbare Massivholzdecke montiert. An Tag drei wird eine LKW-Ladung Obergeschosswände geliefert und das Obergeschoss gerichtet. Auch wird an diesem Tag mit der Sandwichdacheindeckung begonnen, um das Gebäude zeitnah komplett schließen zu können. Damit es auf der Baustelle reibungslos abläuft, ist immer ein Bauleiter der FH Gruppe vor Ort.

Die Aussparungen für Elektro- und Sanitärinstallationen erfolgten bei den Holzrahmenbauwänden bereits in der Fertigung, wo ebenfalls Leerrohre und Hohlwanddosen eingesetzt wurden, um auf der Baustelle Zeit zu sparen. Die Montage erfolgt durch verschiedene Partner aus einem vorhandenen Netzwerk aus Subunternehmern der FH Gruppe. Im Anschluss folgen die Ausbaugewerke, sodass eine schlüsselfertige Unterkunft nach sechs Wochen bezugsbereit ist.

Gründung meist auf Streifenfundamenten

Gegründet werden die Unterkünfte aus Zeit- und Kostengründen meist auf Streifenfundamenten. Nur in Würzburg entschieden sich die Auftraggeber für eine Bodenplatte. Auf das Fundament wird eine Sperrfolie aufgebracht und darauf im Abstand von einem Meter Distanzstücke, worauf die Lärchenschwellen befestigt werden. Zur vollflächigen Lastabtragung werden die Hohlräume mit Quellmörtel unterfugt. Im Anschluss werden die Bodenelemente durch die Konstruktion auf den Schwellen verschraubt und untereinander durch ein Wechselfalz verbunden. Die Außenwände werden dann in der Hinterlüftungsebene von außen mit Stahlblechen an die Bodenelemente geschraubt.

Die äußere Anmutung der Gebäude wird von einer hinterlüfteten Sandwichblechfassade geprägt. Innenseitig ist diese mit einer 12,5 mm Gipsfaserplatte (Fermacell Vapor) beplankt und mit 140 mm Mineralfaserdämmung gedämmt. Der Wandaufbau schließt mit einer 15 mm diffusionsoffenen Holzfaserplatte ab, auf welcher die Lattung und das Fassadenblech montiert werden. Die Fassade wird mit Trapezblechen verkleidet und das Dach mit 100 mm Sandwichpaneelen eingedeckt. Die 16,8 cm starken Außenwände haben einen U-Wert von 0,28 W/ m²K.  Dazu kommen die Außenlattung und das Montageblech.

Errichtet wird die reine Holzkonstruktion auf der Baustelle innerhalb von drei Tagen. Da alle Gebäude baugleich sind, sorgen hohe Stückzahlen und identische Bauabläufe für kurze Bauzeit.

Die Gebäude haben eine Abmessung von 15 x 10,50 m und pro Geschossebene etwa 160 m² Wohnfläche. Sie werden auf Wunsch schlüsselfertig und voll möbliert in Auftrag genommen. Vorteile der Holzbauweise sind ein gutes Raumklima im Vergleich zu Stahl und Stahlcontainern, sowie bessere Brandschutzeigenschaften. Außerdem sind die Energiekosten vergleichsweise gering.

Sonderregelungen greifen bis Ende 2018

Zum Lieferumfang gehören nicht nur die prüffähige Statik, die Werk- und Montageplanung für die Konstruktion, sondern auch die komplette Abwicklung und Lieferung bis zur schlüsselfertigen Unterkunft. Auf Wunsch kann jedoch auch nur die reine Holzkonstruktion geliefert werden.

In Ibbenbüren und Würzburg sind bereits solche Unterkünfte entstanden. Auftraggeber sind Bauämter, Kommunen und Betreibergesellschaften, die bezahlbare Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber benötigen. Bei diesen temporären Bauten wurden allerdings keine besonderen Anforderungen an Schallschutz oder EnEV gestellt. Solche temporären Bauten können von den Anforderungen an die EnEV und den Schallschutz ausgenommen werden. Die Bauämter hatten sich dafür entschieden. Die Brandschutzklasse dieser Gebäude ist aber bereits jetzt R30.

In einem überarbeiteten Baukonzept werden jedoch sämtliche Anforderungen erfüllt. Zukünftig will die FH Finnholz ihre Flüchlingsunterkünfte nur noch nach dem neuen Konzept bauen. Dadurch wird jedes Haus etwa 40 000 Euro teurer. Der Grund für das neue Konzept ist die bessere Nachnutzbarkeit. Denn in fünf bis sechs Jahren gelten die Ausnahmen von EnEV, Schallschutz und Baurecht für Flüchtlingsunterkünfte nicht mehr. Um die Häuser dann weiter zu nutzen, müssen sie allen aktuellen Anforderungen entsprechen.

Autoren
Elena Seliger arbeitet im Marketing und betreut die Öffentlichkeitsarbeit der FH Finnholz Handelsgesellschaft in Lienen.
Rüdiger Sinn ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Die Montage der Holzkonstruktion auf der Baustelle dauert nur drei Tage

Bautafel (Auswahl)

Projekt Flüchtlingsunterkünfte, ein- und mehrgeschossig in Ibbenbüren und Würzburg

Bauweise Holzrahmenbau, Dämmung mit Mineralfaser, hinterlüftete Blechfassade

Planung / Architektur FH Finnholz Holzbaustatik

Holzbau & Vorfertigung FH Finnholz Handelsgesellschaft mbH, 49536 Lienen, www.fh-finnholz.de

Montagezeit 6 Wochen

Preis für schlüsselfertige Häuser 198 000 Euro (eingeschossig), 296 000 Euro (zweigeschossig)

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