Sanierung mit diffusionsfähiger Dämmung

In Deufringen, einem kleinen Ort nahe Stuttgart, wurde im November 2010 das Dach eines Mehrfamilienhauses energetisch saniert und neu eingedeckt. Da eine Sanierung von innen nicht möglich war, wählte der ausführende Dachdecker ein diffusionsoffenes Auflattendämmsystem für die Sanierung von außen.

Für das 1983 errichtete Gebäude stand der Dachdecker vor der Herausforderung die gültige Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) und das Fachregelwerk des Jahres 2010 anzuwenden und umzusetzen. Die Warmwasserbereitstellung und die Wohnraumheizung der sechs Wohneinheiten geschah mit elektrischem Strom. Dabei schlugen die Energieverluste durch eine nicht mehr zeitgemäße Gebäudehülle in Zeiten stetiger Preissteigerungen jedes Jahr mehr zu Buche. Das merkten auch die Bewohner. Seit Fertigstellung des Gebäudes vor 27 Jahren haben sich die Energiekosten pro Kilowattstunde mehr als verdoppelt.

Bei der Suche nach dem besten Konzept entschieden sich der Dachdecker und der Hausverwalter getreu dem Motto: „Die günstigste, ökologischste und damit beste Energie ist die, die ich gar nicht erst verbrauche.“

Um das Ziel einer hochwertigen energetischen Gebäudehülle mit möglichst geringen Energieverlusten zu erreichen, war ganzheitliches Denken und handwerkliches Vorgehen bei der Sanierung erforderlich. Die Wärmeabstrahlung eines Baukörpers lässt sich wesentlich reduzieren, in dem Dämmschichten aus Materialien mit geringer Wärmeleitfähigkeit eingebaut werden. Bei dem zu sanierenden Objekt in Deufringen geschah dies als Auflattendämmung über den Sparren. Natürlich haben die Dachdecker dabei beachtet, dass gleichzeitig mit dem U-Wert auch die Dichtheit der Gebäudehülle entschieden verbessert werden muss.

 

Verwendung von Alt- und Neumaterialien

Die Dachdeckerei Daniel Paarsch aus Gäufelden-Nebringen bekam den Auftrag die Sanierungsarbeiten durchzuführen. Das Angebot sah vor, die vorhandenen 14 cm Mineralfaserzwischensparrendämmung in den Gefachen zu belassen und wo es nötig sein sollte punktuell zu ergänzen. Die alte Dämmung zeigte altersbedingte Verfärbungen, hatte Fehlstellen und wies mehr oder minder große Lücken zu angrenzenden Bauteilen auf. Sie war trocken, obwohl die unterseitige Kaschierung aus Aluminiumkraftpapier nicht verklebt und zum Teil beschädigt war. Der Innenausbau bestand aus Gipskartonplatten in den Sanitärräumen und aus Profilbrettern in den Wohnräumen. Von einer durchgängigen luftdichten Schicht auf der Innenseite der Dachkonstruktion konnte nicht ausgegangen werden.

 

Alte Dachlage mit Betondachsteinen

Oberhalb von Sparren und Faserdämmstoff befand sich eine alte Gitterfolie, Konterlattung, Traglattung und die Eindeckung mit Betondachsteinen. Die Sparrenhöhe selbst betrug 18 cm.

Um die Unwägbarkeiten in Zusammenhang mit der vorhandenen Dämmung rechnerisch zu berücksichtigen, wurde die Wärmeleitfähigkeit der alten Dämmung schlechter angesetzt, als dies bei neuer Dämmung der Fall wäre. Der neue U-Wert des Daches beträgt demnach U = 0,136 W/m2K. Durch den Einbau der Auflattendämmung wird nach der Sanierung 65 Prozent weniger Wärmeenergie verloren gehen. Der Grenzwert der EnEV 2009 wird rechnerisch um 43 Prozent unterschritten.

 

Abschnittsweise Dachsanierung

Während der Sanierung war es möglich, das Dach immer regensicher zu verlassen. Dazu öffneten und schlossen die Dachdecker täglich eine Teilfläche von rund 50 m². Dabei wurden die alten Dachsteine abgedeckt und vom Dach geschafft, die Lattung entfernt, eine neue Unterspannbahn verlegt, die Traufkonstruktion vorbereitet und wieder neu eingelattet. Die alte poröse Gitterfolie wurde herausgeschnitten und ebenfalls entfernt.

 

Besondere Sorgfalt beim Verkleben der Unterspannbahn

Um Undichtigkeiten in der Gebäudehülle, wie Ritzen, Spalten oder Löcher sicher in den Griff zu kriegen, musste unter der neuen Dämmung eine luftdichte Schicht eingebracht werden. Derartige Undichtigkeiten sind die Ursache für Wärme- und damit Energieverluste. Eine sorgfältig verlegte und an Dachdurchdringungen und Stößen verklebte diffusionsoffene Unterspannbahn vermeidet solche Undichtigkeiten. Sie wird in Zukunft dafür sorgen, dass keine warme Luft unkontrolliert entweicht und die teure Heizenergie einfach mitnimmt.

Am Ortgang konnte die Verbindung zwischen Abschnitten der Unterspannbahn und der verputzten Mauerkrone mit einer Primur Raupe von Siga hergestellt werden. Im zweiten Schritt wurden die Unterspannbahnen über dem außen liegenden Sparren mit einem Klebeband verklebt und mit der Konterlatte mechanisch gesichert. An der Traufe mussten zugeschnittene Polystyrolblöcke zwischen die Sparren luftdicht eingeklebt werden.

 

Verlegung der Auflattendämmung

Letzter Arbeitsgang eines jeden Arbeitstages war die Verlegung der Auflattendämmung Thermodach Universal Plus in der Stärke 160 mm. „Die Elemente sind handlich und konnten bei diesem Objekt schnell und problemlos verlegt werden“, sagt der Dachdecker- und Zimmermeister Arnold Alt, der die Baustelle in Deufringen leitete. Nach seiner Erfahrung würden große Nut- und Federplatten schnell aus dem Winkel geraten und dann nicht mehr lückenlos schließen. Besser gelingt es bei dem verwendeten System: „Mit den Elementen werden alte Dächer sehr gut ausgeglichen und die industrielle Verfalzung ist absolut dicht.“

Das Dach war mit der Auflattendämmung auch vor den nächtlichen Niederschlägen jederzeit gut geschützt. Aufgrund des formgeschäumten Herstellungsverfahrens in Verbindung mit einer industriellen Falztechnik ist diese Dämmung selbst absolut regensicher. Mit dieser vom zuständigen Institut Holzforschung-Austria nachgewiesenen Eignung als Behelfsdeckung kann der Hersteller die Dämmplatten als Zusatzmaßnahme der Klasse 3 einstufen.

Diffusionsfähigkeit schützt vor Feuchtigkeit

Ein weiterer Vorteil für den Einsatz des Auflattendämmsystems liegt in der Wahl des Materials. Der geschäftsführende Dachdecker- und Zimmerermeister Daniel Paarsch weiß als geprüfter Sachverständiger für Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik, dass das weiße Thermodachmaterial nicht nur im Winter die Wärme unterm Dach hält sondern auch einen hervorragenden sommerlichen Wärmeschutz bietet: „Ich verwende gern Polystyrol, weil es der Hartschaum mit der besten Ökobilanz am Markt ist.“ Das Verhältnis von eingesparter Energie beim Heizen zu eingesetzter Energie bei der Herstellung ist also positiv.

Positive Eigenschaften gibt es zudem in der Anwendung. „Ein Beispiel ist die hohe Diffusionsfähigkeit“, sagt Daniel Paarsch. So kann der Wasserdampf aus dem Gebäudeinneren gut nach außen diffundieren ohne innerhalb des Dachaufbaus zu kondensieren. Gerade diese Eigenschaft macht es möglich auf vorhandene Mineralfaserdämmungen aufzubauen – auch wenn keine (funktionierende) Dampfsperre vorhanden ist. Der erforderliche Nachweis des klimatischen Feuchteschutzes nach DIN 4108-3 gelingt problemlos, solange ein gewisses Verhältnis zwischen vorhandener Zwischensparrendämmung und neuer Auflattendämmung eingehalten wird. Die Wärmeleitfähigkeit des Materials beträgt λ = 0,035 W/mK.

 

Fazit: Energetische Sanierung von außen gelungen

Durch Fachkenntnis und den Einsatz moderner Baustoffe gelang es den Dachdeckern einen typischen 80er-Jahre-Bau optimal zu sanieren und das Dach energetisch auf ein neues Level zu bringen. Dabei war es möglich die Grundsubstanz des Gebäudes nicht zu verändern und vorhandene Baustoffe teilweise weiterzuverwenden. Der Nutzen für die Bewohner liegt im wesentlich besseren Wohnklima und sinkenden Energie-
kosten bei der Heizung. Die Möglichkeit, alle notwen-
digen Arbeiten von außen vornehmen zu können, war für die Bewohner ebenfalls ein entscheidender Vorteil.

Autor


Dipl.-Ing. Ralph Unger ist Leiter der Anwendungstechnik der Firma Thermodach Dachtechnik Vertriebs GmbH.

„Die beste Energie ist die, die ich nicht verbrauche“

Der Schnitt oben zeigt den schematischen Dachaufbau im Gefach vor der Sanierung. Der theoretisch vorhandene Wärmedurchlasskoeffizient beträgt U = 0,388 W/m²K. Voraussetzung für diesen Wert ist allerdings eine vorhandene Zwischensparrendämmung in einwandfreiem Zustand. Das heißt: trocken, vollflächig und lückenlos. Dass diese Vorstellung bei Bestandsgebäuden selten der Realität entspricht, ist unter Dachhandwerkern kein Geheimnis. Heute würde dieser Aufbau bei weitem nicht mehr die aktuell gültige Anforderung gemäß dem Bauteilverfahren für Wohngebäude von U ≤ 0,24 W/m²K erfüllen.
Unten: der Dachaufbau im Gefach nach der Sanierung (U = 0,136 W/m²K).
Schematische Zeichnung: Thermodach
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