Runde Formen in Walzblei gekleidet

Walzblei eignet sich aufgrund seiner Kaltformbarkeit besonders zum Eindecken komplexer, unebener Dachflächen. Auf Rundgauben und Tonnendächern kommt der traditionsreiche Werkstoff daher oft zum Einsatz. Dabei gibt es verschiedene Varianten, runde Unterkonstruktionen mit Walzblei einzukleiden.

Sie setzen attraktive Akzente am Dach, bergen aber auch bauliche Herausforderungen: Runde Dachelemente wie Rundgauben und Tonnendächer müssen besonders zuverlässig vor Witterungseinflüssen geschützt werden, damit sie keine Schwachstellen am Gebäude sind. Der Grund liegt insbesondere in der mangelnden Neigung am Scheitelpunkt, der zum Ansammeln und Eintreten von Feuchtigkeit führen kann. Auch der komplexe Anschlussbereich zum restlichen Dach und allgemein die Montage auf einer gebogenen Unterkonstruktion erfordern besondere Sorgfalt.

Typische Schwachstellen

Die Folgen einer ungeeigneten Eindeckung lassen sich an historischen Gebäuden beobachten, an denen die Rundgauben zum Beispiel mit Schiefer eingedeckt und auf dem Scheitelpunkt mit einer eher „improvisierten“ Abdeckung – etwa aus einem einfachen Walzbleiblech – versehen sind. Hier sind unter Umständen weder Feuchtigkeitsschutz noch Windsogsicherheit ausreichend gegeben. Beispielsweise wiesen zwei historische Objekte, die in jüngster Zeit saniert wurden, deutliche Schäden in diesen Bereichen auf: Das Alte Stadthaus in Bonn auf seinen zahlreichen runden Fenstergauben und das Aachener Villengebäude der Stiftung Ludwig auf ihrem Tonnendach (siehe Kasten auf Seite 23).

Neueindeckung in Walzblei

In beiden Fällen entschieden sich die Architekten, die herkömmliche Schiefereindeckung komplett durch Walzblei zu ersetzen – und damit die vormaligen funktionalen Schwachstellen zu vermeiden. Denn der traditionsreiche Werkstoff ist als biegsamstes Baumetall hervorragend für den Einsatz auf gebogenen Dachflächen geeignet. Walzbleibleche lassen sich individuell vor Ort zuschneiden und direkt am Objekt anformen. Diese Flexibilität ermöglicht eine optimale Anpassung an die Rundung, gerade auch beim Anschluss. Das Gewicht sorgt für eine hohe Windsogsicherheit. Da die Schare überwiegend durch Falztechniken befestigt und miteinander verbunden werden, kommt Walzblei in der Regel mit einfachen Befestigungshilfen und oft auch ohne Schweißarbeiten aus. Ein weiteres Argument ist die hohe Witterungsbeständigkeit von Walzblei, es ist häufig der langlebigste Werkstoff am Dach.

Große und kleine Gauben

Rundgauben und Tonnendächer können ganz verschiedene Größen aufweisen, sie unterscheiden sich auch in der gewünschten Optik und darin, wie gut sie einsehbar sind. Entsprechend gibt es unterschiedliche Varianten zur Montage einer Bleieindeckung – zunächst aber auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten, die immer zu beachten sind. Dazu zählt vor allem, dass die Größe der Bleischare aufgrund der thermischen Ausdehnung begrenzt ist – die jeweils zulässigen Maße hängen unter anderem von der Dicke des Blechs und der Neigung des Dachs ab, sie werden entsprechend in den technischen Regeln der Gütegemeinschaft Saturnblei e.V. aufgelistet. Bei sehr kleinen Gauben kann mitunter ein einziger Schar zur Abdeckung ausreichen. Meistens jedoch werden zwei oder mehr Schare verarbeitet, die untereinander durch Falze verbunden sind.

Varianten der Befestigung

Falzverbindungen können thermische Längenveränderungen des Metalls aufnehmen und bieten sicheren Halt, ohne dass die Bleche durch Nägel befestigt oder geschweißt werden müssen. Bei einer größeren Rundgaube oder einem Tonnendach werden mehrere Reihen von Blechen hintereinander montiert, so dass die Falzverbindungen senkrecht entlang der Rundung verlaufen und die Bleche sich vertikal wie Dachziegel überlappen. Wenn die Rundgaube hingegen zum Beispiel nur mit zwei Scharen bedeckt wird, können diese auch auf dem Scheitel horizontal verfalzt werden.

Bewährt: der einfache liegende Falz

Die gängige Falztechnik an Rundgauben ist der einfache liegende Falz. Dabei werden die Enden der Schare im Verhältnis von etwa 25 zu 50 mm gegeneinander aufgekantet. Die höhere Aufkantung wird um die niedrigere herumgeschlagen, anschließend wird der Falz flach auf die Dachfläche gepresst. Zur Stabilisierung wird ein an der Unterkonstruktion befestigter Kupferhaft in die Falz integriert. Diese Verbindung passt sich der Biegung der Gaube gut an und ist optisch dezent. Exponiertere Falze, also Hohl- und Holzwulste, eignen sich zum Teil für eine horizontale Verbindung der Schare auf dem Scheitel der Gaube.

Anspruchsvolle Treibarbeiten

Ein wichtiger Aspekt aller Bleiverkleidungen von Rundgauben und Tonnendächern sind die Treibarbeiten. Mit einem stumpfen Werkzeug, etwa einem Klopfholz, müssen die Schare an die Biegung der Unterkonstruktion – die meist aus einer Schalung oder Holzbalken besteht – angeformt werden. Dies erfordert Sorgfalt. Anspruchsvoll ist vor allem der Anschluss zur ebenen Dachfläche: Hier kommen die Biegung der Gaube und die Biegung der Aufkantung zusammen. Bei vielen Gauben lässt sich der Anschluss durch Aufkantung direkt aus den Scharen erstellen, die die Gaube eindecken. Die Aufkantungen müssen möglicherweise eingeschnitten und mit Zwickeln verschweißt werden, damit die Bleche dort nicht zu sehr ausgedünnt werden. Bei einer größeren Konstruktion lässt sich der Anschluss auch aus separaten, mit Haften befestigten Bleiblechen bilden.

Schutz des Scheitelpunktes

Werden mehrere Reihen von Scharen installiert, so bietet sich eine Firstbohle auf dem Scheitel an, auf die ebenfalls Walzblei getrieben wird. Sie verhindert noch zusätzlich ein Ansammeln von Wasser um den neigungslosen Bereich, zumal die Schare in dieser Variante nicht horizontal verfalzt sind und ein Spalt im Scheitelbereich zum Eindringen von Wasser führen kann.

Autor
Jürgen Seifert ist seit 2004 Anwendungstechniker bei Röhr + Stolberg in Krefeld. In dieser Funktion berät und schult er Handwerker in der Verarbeitung von Walzblei an Dach und Fassade.

Walzblei ist häufig der langlebigste Werkstoff am Dach

Sanierung der „Villa Ludwig“ in Aachen

Irene und Peter Ludwig gehörten zu den bedeutendsten deutschen Kunstsammlern, unter anderem errichteten sie das Museum Ludwig in Köln. Ihr villenartiges, in den 1950er Jahren errichtetes Privathaus in Aachen ist mittlerweile der Sitz der Stiftung Ludwig und wurde von Dezember 2013 bis Juli 2015 saniert.

Ein besonderes Augenmerk lag auf dem Tonnendach, das den Eingangsbereich des Gebäudes ziert: Hier wies die Schiefereindeckung auf der Holzunterkonstruktion derartige Schäden auf, dass stattdessen eine Kompletteindeckung in Walzblei gewählt wurde. Das Metall wird traditionell in Verbindung mit Schiefer eingesetzt, so dass die neu eingekleidete Dachfläche mit dem restlichen Schieferdach gut harmoniert.

Die Arbeiten führte die Aachener Firma Vogel Bedachung KG aus. Sie ist erfahren in Denkmalprojekten wie dem Aachener Rathaus und spezialisiert insbesondere auf Schiefer- und Klempnerarbeiten, vor allem Ornamentik. Zum Einsatz kam 2 mm starkes Saturnblei der Röhr + Stolberg GmbH. Die 150 mal 70 cm großen Bleischare wurden auf einer Fläche von rund 25 m2 verlegt. Gewählt wurde ein Liegefalzsystem, ergänzt um Kupferhafte sowie zusätzliche Bleibefestigungen an den horizontalen Kanten der Schare. Der Anschluss wurde aus separaten Scharen erstellt und auf dem Scheitel eine Firstbohle installiert. Das Ergebnis ist ein vor der Witterung geschütztes Tonnendach, das einen harmonischen Akzent an dem geschichtsträchtigen Gebäude setzt.

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