Neue Möglichkeiten für den Sonnenstrom

Die veränderte Förderungspolitik hat zu einem Rückgang beim Zubau von PV-Anlagen geführt. Die verpflichtende Direktvermarktung schreckt offenbar viele Interessenten ab. Der Beitrag zeigt: So groß ist der bürokratische Mehraufwand gar nicht.

Vorausgeschickt sei, Photovoltaik wird für private und gewerbliche Anwender immer attraktiver. Grund dafür sind sinkende Komponentenpreise bei gleichzeitig steigender Leistung. Aber auch neue Möglichkeiten für den Stromverkauf wie die Direktvermarktung, neue Stromspeichertechnik sowie ein steigender Netzstrompreis machen die eigene Stromerzeugung mit Sonnenkraft immer wirtschaftlicher und unabhängiger von staatlicher Förderung.

Früher: wirtschaftlich dank EEG

Noch vor 4 Jahren errechnete sich die Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlage aus den ins Netz eingespeisten Kilowattstunden, die mit einer festen EEG-Vergütung pro Kilowattstunde abgerechnet wurden. Bei neuen Anlagen speisen Anwender ihre selbst erzeugte Energie nicht nur einfach in das Stromnetz ein, sondern sie nutzen den größten Teil dank neuer Speichertechniken und intelligenten Energiemanagements selbst. Nur noch der überschüssige Strom, der nicht selbst verbraucht werden kann, wird in das Stromnetz eingespeist. Er wird mit einer festen Förderung nach EEG vergütet. Das gilt für Anlagen mit einer Leistung von bis zu 100 kW.

Ab 100 kW: Direktvermarktung

Neu ist seit dem ersten Januar 2016, dass für Photovoltaikanlagen ab 100 kW Leistung die sogenannte Direktvermarktung verpflichtend wird. Dabei erfolgt die Vergütung des ins Netz eingespeisten Stroms in zwei Komponenten. Bei einer Komponente der Direktvermarktung verkauft der Anlagenbetreiber seinen überschüssigen Strom direkt an der Strombörse. Das macht er natürlich nicht selbst, sondern über einen professionellen Dienstleister, der den Stromhandel im Auftrag für viele PV-Anlagenbetreiber übernimmt. Die Differenz zwischen Börsenstrompreis und EEG-Förderung wird dem Anlagenbetreiber aber erstattet, so dass Erzeuger, die nach dem Direktvermarktungsmodell ihren Strom ins Netz einspeisen, den Anlagenbetreibern, die nach klassischer EEG-Vergütung Strom ins Netz einspeisen, finanziell gleichgestellt sind. Die Förderung mit der Direktvermarktung ist für 20 Jahre staatlich garantiert.

Somit hat sich für Anlagenbetreiber wenig geändert und sie werden im Prinzip so behandelt, wie bei der klassischen EEG Vergütung. Der Unterschied besteht in der Zweiteilung der Einkünfte, die sich aus den monatlichen Überweisungen des Stromhändlers und den Zahlungen des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber, die aus der Differenz zur theoretischen EEG Vergütung errechnet werden, zusammensetzt. Die Idee hinter dem etwas umständlichen Verfahren ist, die Erneuerbaren Energien an den Strommarkt heranzuführen, weil ihnen aus Sicht der früheren Hauptakteure im Strommarkt – die großen Stromkonzerne – wegen der staatlichen Förderung die Kompetenz fehlte, am Marktgeschehen teilzunehmen.

Heute stellt sich die Situation allerdings so dar, dass die klassischen Energiekonzerne wie Vattenfall, e.on und RWE Probleme mit ihrem Geschäftsmodell haben. Sie haben zu lange auf alte Energietechnik gesetzt während die Erneuerbaren Energien stetig an Fahrt aufnehmen, egal welche Knüppel ihnen von Politik und Lobbyisten zwischen die Füße geworfen werden. Das liegt sicher auch daran, dass laut einer aktuellen Umfrage des BDEW (Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft e.V.) 85 Prozent der Deutschen Erneuerbare Energien gut oder sehr gut finden.

Möglichst hoher Eigenverbrauch

Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit einer neuen PV-Anlage ist heute nicht die Förderung, sondern ein möglichst hoher Eigenverbrauch des selbst erzeugten Sonnenstromes. Der Erzeugerpreis liegt bei heutigen Anlagen bei weniger als der Hälfte des Netzstrompreises. Je größer die Anlage, desto günstiger wird auch der Strompreis des selbst erzeugten Stroms. Das neue Direktvermarktungsmodell ist für den Anlagenbetreiber nicht wesentlich aufwendiger als die klassische EEG Förderung, lediglich eine Komponente – der Stromhändler – kommt dazu. Er übernimmt den Handel an der Strombörse im Auftrag des Anlagenbe­treibers. Die Differenz zwischen Börsenstromverkaufspreis und EEG-Fördersatz wird in Form der Marktprämie vom Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber ausgezahlt. Gegenüber dem klassischen EEG Fördermodell hat sich für den Anlagenbetreiber also wenig geändert. Der Anlagenbetreiber hat das Recht, den Dienstleister für den Stromverkauf  binnen Monatsfrist zu wechseln. Das hat auch zur Folge, dass im Falle der Insolvenz des Stromhandelsunternehmens der Verlust der Einnahmen durch das Direktmarketing auf maximal einen Monat begrenzt ist.

Um die neuen Bedingungen professionell umzusetzen, helfen ausgewiesene Fachpartner, die von der bedarfsgerechten Anlagenauslegung bis zu Stromvertrieb, Wartung und Anlagenüberwachung dem Anlagenbetreiber einen kompletten Service liefern.

Neben der bedarfsgerechten Anlagenauslegung spielen aber auch immer noch Förderprogramme für Stromspeicher und Photovoltaikanlagen eine wichtige Rolle bei der Wirtschaftlichkeit eines modernen Sonnenstromsystems. Je nach Anwendung und Anlagengröße erhalten Photovoltaikneubauten auch 2016 noch interessante Zuschüsse, entweder im Rahmen des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG)  oder durch regionale Förderprogramme, wie das bayerische 10 000 Dächer Programm. Letzteres bietet vor allem für private Neubauprojekte interessante Fördermöglichkeiten für PV in Kombination mit Wärmepumpe und Stromspeicher. Auch eine Anfrage beim regionalen Stadtwerk lohnt sich. Von den rund 600 registrierten Stromlieferanten bieten einige eigene Förderprogramme für Erneuerbare Energien.

Anwender-Lastprofil analysieren

Für Gewerbebetriebe mit einem Strombedarf von über 20 000 kWh im Jahr ist die Direktvermarktung, die seit Januar 2016 für Anlagen ab einer Leistung von 100 kW verpflichtend ist, interessant. Voraussetzung für eine wirtschaftliche Sonnenstromanlage für Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie ist die exakte Analyse des Anwender-Lastprofils und die Abstimmung der daraus erarbeiteten Ergebnisse mit dem Direktvermarktungsmodell.

Für Dachdecker- und Zimmereibetriebe, die mit dem Thema Erneuerbare Energien konfrontiert werden, empfiehlt es sich einen zuverlässigen Partner aus dem Bereich Solarstrom zu suchen und mit diesem zusammenzuarbeiten. Die moderne Sonnenstromerzeugung ist ein komplexes Geschäft, dass neben technischen auch regulatorische Herausforderungen mit sich bringt, und der Kunde will ein Dachsystem, dass langfristig sein Hab- und Gut schützt und auf dem der Solarstromgenerator mindestens 20, besser 30 Jahre zuverlässig  seine Arbeit verrichtet.

Für den Anlagenbetreiber ist eine auf Eigenverbrauch optimierte Photovoltaikanlage nicht nur eine langfristige Sicherung des Strompreises, sondern auch eine gute Geldanlage. Wer heute in einen Sonnenstromgenerator investiert weiß genau, zu welchem Preis die Anlage über die Laufzeit von mindestens 20 Jahren Strom produziert, er weiß aber auch, dass er den Generator, wie eine Immobilie, am Markt als Renditeobjekt handeln und verkaufen kann. Das ist vor allem für Unternehmen interessant, die mit einem Verkauf ihrer Photovoltaikanlage ohne Kredit Gelder zum Beispiel für neue Investitionen freisetzen können.

Autor
Manfred Gorgus ist Herausgeber des digitalen Fachmagazins für Photovoltaik und erneuerbare Energien SOLAR-professionell. Er lebt und arbeitet in Tutzing am Starnberger See.
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